Italienische Literatur

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Pierer 1860

[119]

Italienische Literatur.

Die J. L., wie auch die aller übrigen romanischen Völker, hat sich nicht auf durchaus selbständige Weise entfaltet. Ist auch die von Petrarca vertretene Ansicht, daß sie eine unmittelbare Fortsetzung der Römischen sei, längst veraltet, so haben doch die Erinnerungen an die alten römischen Zustände u. Ansichten einen bedeutenden Einfluß ausgeübt. Nächst letzteren bilden christlich-katholische Ideen u. poetische Anregungen von anderen romanischen Völkern die Grundelemente, aus welchen die J. L. sich entwickelt hat, u. an welchen sie sich anlehnend erwachsen ist. Dennoch ist es gerade die J. L., die am wenigsten eine ängstliche u. sklavische Nachahmung fremder Vorbilder zeigt; das Fremde hat zwar unläugbar die Anregung u. Anleitung gegeben, aber es ist ihm auch unverkennbar der Stempel der eignen Nationalität aufgedrückt worden. Die fremden Vorbilder, welche in dieser Weise auf den Entwickelungsgang der J. L. eingewirkt haben, sind vorzüglich drei. Zuerst bemerklich macht sich der Einfluß der Provençalen, welche für die Lyrik der Italiener einen durch alle Zeiten hindurchgehenden bestimmenden Einfluß geübt haben. Etwas später, aber um so energischer u. nachhaltiger begann der Einfluß der alten Klassiker auf allen Gebieten der J. L., vorzüglich aber im Epos, dem Drama u. der Didaktik, wie auch in der Prosa sich zu offenbaren. Erst in der neueren Zeit, etwa seit Ende des 17. Jahrh. als die französische Bildung ganz Europa blendete, wurden die französischen Dichter u. Philosophen auch in Italien vielfach nachgeahmt u. würden eine verderbliche Wirkung geübt haben, wenn nicht in Folge großer politischer Umwälzungen der nationale Geist wieder wach gerufen u. von echt italienischen Männern auf die alten Schätze der eigenen Literatur hingewiesen worden wäre. Hierzu kommt in neuester Zeit die Bekanntschaft der Italiener mit den Engländern u. Deutschen, deren Literaturen bereits ihren Einfluß, wenn auch erst in schwachen Anfängen, zu zeigen beginnen. Überblickt man im Allgemeinen den Gang u. Verlauf der literarischen Entwickelung der Italiener, so bietet dieselbe als ein erfreuliches Zeichen der inneren, unerschöpflichen Geisteskraft des Volkes nicht Einen entschiedenen Gipfel der geistigen Blüthe, sondern mehre Perioden der geistigen Erhebung u. Kraft. Man unterscheidet am passendsten fünf solcher Perioden.

I. Die erste Periode

zeigt das Erwachen der Poesie in der belebenden Atmosphäre des religiösen Glaubens u. reicht vom 12. bis gegen Ende des 14. Jahrh. Vor dem 12. Jahrh. wurde die Italienische Sprache nicht literarisch gepflegt; als Schriftsprache diente ein barbarisches Latein. Seit Verlegung der Residenz der römischen Kaiser nach Constantinopel im 4. Jahrh. n.Chr. war die Pflege von Literatur u. Wissenschaft unter den fortwährenden Einfällen germanischer Völker u. beständiger Kriege in Vergessenheit gerathen. Erst seit Karls des Großen Einfluß auf Italien u. seitdem Kaiser Lothar I. Schulen angelegt hatte, wurde eine neue Saat der Wissenschaft in Italien ausgestreut u. deren Gedeihen durch mehrere Päpste von Hadrian I. bis[119] auf Urban IV. gepflegt, doch wirkten bis zum 11. Jahrh. die Einfälle der Sarazenen u. Ungarn, im 11. u. 12. Jahrh. der Kampf zwischen Guelfen u. Ghibellinen störend u. hindernd auf das Wachsthum u. Gedeihen. Wichtige Pflegstätten derselben wurden seit dem 13. Jahrh. die Universitäten, bes. Bologna, dann Padua (1221), Rom (1248), Perugia (1307), Siena (1330) u. Pisa (1339). Nachdem seit dem Ende des 11. Jahrh. die Poesie der Provencalen erwacht war, überschritten im 12. u. 13. Jahrh. die provencalischen Troubadours die Grenzen ihres Vaterlandes, wo sie sich unter dem Namen der Giullari (Toculatores) an den Höfen der vielen kleinen Dynasten Italiens, namentlich im heutigen Sardinien u. der Lombardei zahlreich finden. Das fremde Beispiel reizte auch Italiener zur Nachahmung; unter den Namen der Dichter, welche in Provencalischer Sprache dichteten, werden auch viele Italiener genannt. Am berühmtesten unter denselben sind Folco aus Genua, später Bischof von Toulouse (st. 1213), u. vor Allem Sordello aus Mantua (geb. 1189); einzelne waren auch von hohem Stande, wie Alberto, Marchese di Malaspina. Bes. geehrt u. belohnt wurden französische u. italienische Provencalen an den Höfen des Azzo VII. von Este zu Ferrara u. Gherardo da Comino zu Trevigi; selbst der furchtbare Ezzelino da Romano war ihnen nicht abhold. Die ersten Dichtungen in Italienischer Sprache fanden in Sicilien ihre Entstehung u. sind im Dialekte dieser Insel abgefaßt. Als der älteste dieser sicilianischen Dichter gilt Ciullo d'Alcamo, von welchem noch ein Liebesgespräch vorhanden ist. Er dichtete wahrscheinlich im Anfange des 13. Jahrh. Die mächtigste Anregung fand aber die Poesie an dem Hofe Kaiser Friedrichs II., der bis 1212 in Palermo residirte u. hier eine große Anzahl talentvoller Männer um sich versammelte. Von seinem berühmten Kanzler Petrus de Vineis (Pietro delle vigne), von seinem natürlichen Sohne Enzo, König von Sardinien, haben sich einige Gedichte erhalten; Ziemlich gleichzeitig lebten Guido delle Colonne aus Messina, welcher außer mehreren italienischen Gedichten auch in Lateinischer Sprache eine Historia destructionis Trojae verfaßte, die in italienischer Übersetzung (von Filippo Cetti im 14. Jahrh.) unter dem Namen Il Trojano od. Il gran libro di Troja lange Zeit berühmt war; ferner Odo delle Colonne, einem Verwandten des Letztern; Jacopo da Lentino, Ranieri u. Ruggieri da Palermo; Stefano Protonotajo u. Mazzeo da Ricco, beide aus Messina. Auch lebte in Sicilien die erste italienische Dichterin, Nina, die sich, weil sie mit dem toscanischen Dichter Dante da Majano Liebeslieder wechselte, Nina di Dante nannte. War auch Palermo der erste Mittelpunkt für die Poesie der Italiener, so blieb doch das übrige Italien nicht zurück. Seit Anfang des 13. Jahrh. werden namentlich in Toscana u. im römischen Gebiete zahlreiche Dichter genannt, welche zwar immer noch im Geiste u. in der Form der Provencalen, aber doch in Italienischer Sprache dichteten. Dante erwähnt tadelnd od. rühmend mehrere derselben. Unter denen, welche er tadelt, weil sie sich nicht ihrer allgemeinen italienischen Schriftsprache, sondern einer Volksmundart bedienten, ist der berühmteste Fra Guittone d'Arezzo (st. 1294), von welchem man lyrische Gedichte u. 40 Briefe an Freunde besitzt; letztere sind das erste Beispiel von Briefstyl im Italienischen. Rühmend werden von Dante genannt Guido Guinicelli aus Bologna (st. 1276), Guido Ghislieri, Fabrizio u. Onesto aus Bologna, Guido Lapo u. Gotto aus Mantua; doch hat sich von diesen nur Weniges erhalten. Der einzige Dichter jener Zeit, der sich ernsten sittlichen Gegenständen zuwandte, war Graziolo Bambaginoli aus Bologna, mit seinem Trattato delle virtù. Außerdem sind noch bekannt Folealchiero de' Folcalchieri aus Siena, der schon im Anfange des 13. Jahrh. gelebt haben soll, ferner der schon oben erwähnte Dante da Majano, der gegen Ende des Jahrh. dichtete, u. auch mit Dante Allighieri bekannt war. Alle diese werden überragt von Guido Caralcanti (st. 1300) aus Florenz, welchen Dante den ersten seiner Freunde nennt. Seine tiefsinnige Canzone über das Wesen der Liebe ist vielfältig commentirt worden. Die Gedichte der Genannten u. viele andere finden sich in zahlreichen handschriftlichen Sammlungen auf den italienischen Bibliotheken u. sind auch zum großen Theile mehrfach, am besten von Nannucci (Manuale della letteratura del primo secolo della lingua italiana, Flor. 1837, 3 Bde.) herausgegeben worden. Vgl. Orelli, Beiträge zur Geschichte der italienischen Poesie, Zür. 1810, 2 Thle. Alle diese Dichter, wenn auch von verschiedenem Talente, stehen auf einer Stufe; in allen möglichen Formen der Canzone, in Sonetten u. längeren Gedichten von freierer Form, sprechen sie nichts als Liebesklagen, Wünsche u. Sehnsucht aus, ohne wahres u. tiefes Gefühl, ohne Naturanschauung u. politische Regung; sie machen im Ganzen denselben unerfreulichen Eindruck, wie die Lyrik der Provencalen; sie haben nur noch ein sprachliches Interesse. Vereinzelt stehet nur Fra Jacopone da Todi da, welcher eigentlich Jacopo de Benedetti hieß, erst ein wohlhabender Rechtsgelehrter war, dann aber in den Franciscanerorden trat u. 1306 starb. Man hat von ihm eine große Anzahl geistlicher Gedichte (gedruckt zuerst Flor. 1490, Ven. 1514, Rom 1558, Ven. 1617), welche in Bezug auf die Sprache zwar roh u. unbeholfen erscheinen, aber an Tiefe u. Innigkeit der Liebe, sowie an Kühnheit, womit er der kirchlichen Ausartung seiner Zeit entgegentritt, ihres Gleichen suchen. Mehrere schöne lateinische Lieder in gereimten Versen haben sich ebenfalls von ihm erhalten, darunter das bekannte Stabat mater, welches jedoch auch dem Papst Johann XXII. (1316–33) zugeschrieben wird. Auch Franz v. Assisi hat geistliche Lieder gedichtet; am sichersten gehört ihm das Lied der Creaturen; Altissimo, omnipotente, bon Signore (vgl. A. F. Ozanam, Les poétes Franciscains en Italie au 13. siècle, Par. 1812). Neben diesem Dichter zeichnete sich durch höhere politische u. wissenschaftliche Bildung noch Brunetto Latini, gest. 1294, Kanzler von Florenz u. Lehrer Dantes, aus, welcher in französischer Sprache den Tresor, ein encyklopädisches Werk (in beinahe gleichzeitiger italienischer Übersetzung von Bono Giamboni mehrmals gedruckt) verfaßte u. in seinem Tesoretto, in siebensylbigen paarweise gereimten Versen in der J-n L. das erste Beispiel allegorischer Einkleidung gab (herausgeg. von Zannoni, Flor. 1824). Ein ähnliches kleineres Gedicht ist das Faroletto, außer welchem dem Brunetto Latini noch einige Übersetzungen römischer Klassiker verfaßte. Unrichtigerweise wird ihm auch das schmutzige, dem 15. Jahrh. angehörige Gedicht, Il pataffio, zugeschrieben, u.[120] weil dieses in Terza rima abgefaßt ist, als Erfinder dieser Versart betrachtet. Einsam über alle diese Dichter erhebt sich ohne Vorgänger u. Nachfolger der Riesengeist Dantes (s.d.). Außer seiner unsterblichen Divina Commedia hat er auch in seinen lyrischen Dichtungen, die in der Vita nuova u. dem Convito enthalten sind, alle seine Vorgänger u. Zeitgenossen überflügelt u. in dem letztgenannten Werke zugleich das erste großartige Beispiel wissenschaftlicher Prosa gegeben. Es konnte nicht fehlen, daß Dantes große allegorische Dichtung mehrfach Nachahmer fand, die aber sämmtlich weit hinter ihrem Meister u. Vorbild zurückblieben. Dahin gehört vor allem das Quadriregio des Federigo Frezzo aus Foligno (gest. 1416), welches nicht ohne poetischen Werth ist, aber namentlich wegen seiner chaotischen Gliederung weit der Divina Commedia nachsteht u. den Eindruck eines blassen verworrenen Nachbildes macht. In dieselbe Klasse gehört noch Fazio degli Uberti (lebte um 1367) wegen seines großen Gedichtes Dittamondo, das jedoch eine langweilige u. geistlose Allegorie ist. Als Gegner Dantes zeigte sich Cecco d'Ascoli (wegen Ketzerei 1327 in Florenz verbrannt) in seiner Acerba, einem wunderlichen unpoetischen Gemisch von scholastischer Gelehrsamkeit, Scharfsinn, Aberglauben u. Unsinn. Als Dichter unbedeutend ist Francesco da Barberino (1264–1348), ein Rechtsgelehrter in Florenz, der in seinen Documenti d'amore Regeln für ein kluges, wohlgefälliges u. tugendhaftes Verhalten im Leben u. in einer zweiten Dichtung, Del reggimento e de' costumi delle Donne, sehr ins Einzelne gehende Lehren für Frauen jedes Alters u. Standes gibt. Neben dieser, meist in das Gewand der Allegorie sich kleidenden ethischen, religiösen u. didaktischen Richtung, welche ihren Höhepunkt in Dante findet, zieht sich durch alle Jahrhunderte der J-n L. bald sparsamer, bald reichlicher fließend der Strom der erotischen Lyrik, welche ihren Gipfel in Petrarca (s.d.), dem zweiten Koryphäen dieses Zeitraumes, erreicht. Während jedoch Dante ohne bedeutende Vorgänger plötzlich u. einsam sich über seine Zeit erhebt, ist Petrarca als der letzte u. höchste Gipfel einer sich allmälig zu ihm erhebenden u. nach ihm wieder herabsinkenden Reihe von Dichtern zu betrachten. Als die vermittelnden Glieder zwischen den oben erwähnten Lyrikern des 13. Jahrh. u. Petrarca sind zunächst Benuccio Salimbeni u. Bindo Boniechi, beide aus Siena u. zwischen 1330 u. 1340 gestorben, zu nennen, welche jedoch den Ersteren noch näher stehen. Über dieselben erhebt sich der berühmte Rechtsgelehrte Cino da Pistoja, mit seinem Familiennamen Sinibaldi, gest. 1336, von dessen Gedichten an seine Geliebte Selvaggio viele denen des Petrarca sehr nahe stehen (herausgeg. von Ciampi, Pisa 1826). Petrarca selbst gründete seinen Ruhm auf seine lateinischen Schriften, während man gewohnt ist, in ihm nur den Liebesdichter der Laura zu bewundern; er hat dieser Gattung von Poesie für alle Zeiten Sprache, Ton u. Farbe gegeben. Von den Zeitgenossen u. nächsten Nachfolgern Petrarcas in der Lyrik, welche aber, mit Ausnahme des erwähnten Cino u. des Boccaccio, in poetischer Hinsicht unendlich fern von ihm stehen, sind zu nennen: Antonio da Ferrara, gest. 1363, welcher eine Elegie auf den Tod Petrarcas dichtete; Francesco degli Albizzi, gest. 1348, ein Freund u. Verwandter Petrarcas; Senuccio del Bene, gest. 1349, einer der genauesten Freunde des großen Lyrikers, u. Zenone de' Zenoni aus Pistoja, ebenfalls mit Petrarca befreundet, auf dessen Tod er ein Gedicht Pietosa fonte schrieb. Einige unbedeutende religiöse Gedichte besitzt man von der heiligen Catarina da Siena, gest. 1380. Eigenthümlicher ist Antonio Pucci, ein florentinischer Glockengießer, gest. 1373, welcher in verschiedenen Dichtungen, wie in dem umfangreicheren Delle cose fiorentine, das erste Beispiel der burlesken Poesie gegeben hat. Als lateinische Dichter jener Zeit, in welcher überhaupt nur die lateinische Poesie des Lorbeers würdig schien, zeichnete sich außer Petrarca noch bes. Francesco Landino aus Florenz aus; sonst sind noch Convenuolo aus Prato, Petrarcas Lehrer, Barbato von Salmona, Zanobi da Strada, gest. 1361, Thomas von Caloria in Sicilien, Giovanni Barrili, ein Neapolitaner; der berühmteste, wenn auch an Talent von Landino übertroffen, ist Lino Colluccio Salutati (1330–1406). Selbst Versuche im Drama wurden in lateinischer Sprache gemacht, wie vom Geschichtsschreiber u. Staatsmann Albertinus Mussatus aus Padua (1261–1330), welcher zwei Tragödien (Eccerinis u. Achilleis) dichtete; selbst Petrarca hatte in seiner Jugend eine Comödia, Philologia, geschrieben.

Auch die Prosa erhob sich in dieser Zeit zu einer Reise u. Correctheit des Ausdruckes, welche von Vielen, wenn such mit Unrecht, als der noch nicht wieder erreichte Gipfel der Classicität betrachtet wird. Als Musterbild glänzt in dieser Beziehung Boccaccio, der dritte Stern des 14. Jahrh. Als das älteste Probestück italienischer Prosa wird gewöhnlich der Cantico del sole des Franz von Assisi, gest. 1226, hingestellt Fast ebenso alt ist die trefflich geschriebene Übersetzung Fra Guidottos da Bologna von Ciceros Schrift De oratore (um 1257). Mit Ende des 13. Jahrh. beginnt eine Reihe historischer Aufzeichnungen, von denen mehrere in Sprache, Ton u. Darstellung musterhaft zu nennen sind. Für den ältesten Geschichtsschreiber in italienischer Sprache gilt Matteo Spinelli aus Giovenazzo im Neapolitanischen, welcher eine chronikenartige Geschichte seiner Zeit verfaßte (1247–68), sich aber der neapolitanischen Mundart bediente. Gebildeter zeigt sich die Sprache in der Chronik Fiorita d'Italia des Armannino aus Bologna, sowie in dem Geschichtswerke des Ricordano Malaspini, gest. 1281, des ersten florentinischen Historikers, welche von dessen Neffen Francesco Malaspini bis 1286 fortgesetzt wurde. Ein Muster von wackerer Gesinnung u. Wahrheitsliebe, wie von Zierlichkeit u. Einfachheit in der Sprache, ist das Werk des Dino Compagni, welches die florentinische Geschichte von 1280–1312 schildert. Berühmter ist das große Werk des Giovanni Villani aus Florenz, gest. 1348, welches von dessen Bruder Matteo Billani, dann von dem Sohne dieses, Filippo Villani, bis 1364 fortgeführt wurde. Sonst sind noch zu nennen Pace da Certaldo, ein Freund Villanis u. Verfasser der Storia della guerra di Semifonte; Donato Velluti, welcher eine Cronica di Firenze dal 1300–1370 schrieb; Paolino Pieri, wegen seiner Cronica delle cose d'Italia dal 1080–1305; Lapo di Castiglionchio, wegen seines Ragionamento e lettere; Coppo Stefani, wegen seiner Storia di Marchionne; Monaldi, wegen[121] seines Diario; Simon della Tosa, wegen seiner Annali, u. viele Andere, welche zum Theil noch ungedruckt in den Bibliotheken liegen. Vgl. Gervinus, Geschichte der florentinischen Historiographie in dessen Historischen Schriften, Frkf. 1833. Seit 1842 hat eine Gesellschaft von Gelehrten zu Florenz in dem Archivio storica-italiano eine große Anzahl älterer historischer Werke herausgegeben. Einen wichtigen Platz in der historischen Literatur nehmen die Ricordanze od. Familienbücher, Actenstücke u. wahre Memoiren mehrer bedeutender florentinischer Familien ein. In vieler Hinsicht merkwürdig sind auch die Reiseberichte der Venetianer u. Genuesen aus jener Zeit, unter denen wohl Marco Polo u. Marino Sanuto die bekanntesten sind. Viele Geschichtswerke wurden in lateinischer Sprache abgefaßt; so das Geschichtswerk des Albertinus Mussatus, die Venetianische Chronik des Dogen Andrea Dandolo, gest. 1354, des Genuesen Caffaro etc.; mit letzterem beginnt die Reihe der zahlreichen Chroniken von Genua.

Allein nicht blos die politischen Begebenheiten u. Ereignisse der eigenen od. vergangenen Zeit, sondern auch die Vorkommnisse des alltäglichen Lebens, sobald dieselben etwas Interessantes boten, schienen der Aufzeichnung würdig. Es entstand eine eigene Form der Erzählung, die Novelle, welche den Italienern eigenthümlich ist u. künstlerisch ausgebildet wurde. Die ältesten Sammlungen dieser Art sind die Cento novelle antiche aus dem Ende des 13. od. Anfang des 14. Jahrh. Boccaccio aber gebührt das Verdienst, diese Gattung zuerst mit wahren Kunstsinn ausgebildet zuhaben. In seinem weltberühmten Decamerone hat er übrigens die italienische Sprache zuerst mit Absicht u. Bewußtsein künstlerisch ausgebildet. Seitdem ist die Novelle eine Lieblingsdichtung der Italiener geworden, welche davon viele Sammlungen, mehr od. weniger Nachahmungen des Decamerone, besitzen. Von Boccaccios Nachfolgern gehören jedoch nur zwei, Fr. Sacchetti u. Ser Giovanni, wegen seines Pecorone, in diese Periode. Bei der frühen Bekanntschaft mit den Franzosen u. Provencalen war es natürlich, daß sich die bei diesen so sehr beliebten Ritterromane auch nach Italien verpflanzten, wo sie theils übersetzt od. bearbeitet wurden, theils aber auch ähnliche Werke hervorriefen. Dahin gehören die I reali di Francia in Prosa, eine sagenhafte Genealogie Karls des Großen u. seines Geschlechts, aus welcher viele späteren Dichter geschöpft haben. Ferner der Guerrino di Durazzo od. Il Meschino, welcher bis in die neuere Zeit ein beliebtes Volksbuch geblieben ist; dann die Romane von Lancelot, Tristan, Meliadus, der Fortunatus Siculus etc. Letzteres Werk scheint eine eigene Erfindung des Bosone da Gubbio, eines Zeitgenossen Dantes, zu sein. Der belehrenden Prosa gehören an Piero de' Crescenzi's Trattato dell' agricoltura, um 1350 aus einem lateinischen Originale ins Italienische übertragen; der Specchio di vera penitenza von Jacopo Passavanti, einem Dominicaner, gest. 1357, dessen reine u. edle Sprache von Manchen noch über die Prosa des Boccaccio gestellt wird. In letzter Beziehung stehen ihm Fra Domenico Cavalca aus Pisa, gest. 1342, in seinen verschiedenen asketischen Schriften, welche noch bis ins 18. u. 19. Jahrh. hinein abgedruckt worden sind, weit nach. Vorzüglich dagegen in Bezug auf Sprache u. Darstellung sind die Ammaestramenti degli Antichi von Bartolommeo da S. Concordio aus Pisa, gest. 1347, u. der Trattato del governo della famiglia des Agnolo Pandolfini (1365–1486).

II. Die zweite Periode der Geschichte der J-n L., das 15. Jahrh.

, ist das Zeitalter der Philologie. Nirgends u. zu keiner Zeit ist das wieder erwachte Studium des klassischen Alterthums mit so allgemeinem Eifer u. so glänzendem Erfolge betrieben worden, als damals in Italien. Der von Boccaccio, vielmehr aber noch von Petrarca ausgestreute Same trug die reichlichsten Früchte. Man suchte sich nicht blos die Kenntniß des Alterthums zu erwerben, sondern selbst in Gesinnung u. Leben mit Hintansetzung des Christenthums wieder aufzunehmen. Noch im 14. Jahrh. war das Gedeihen von Wissenschaften u. Künsten durch mehrere in deren Pflege wetteifernde Fürsten u. Herren, wie Robert von Neapel, Della Scala in Verona, das Haus Este in Ferrara, die Gonzaga in Mantua, gefördert, die Universitäten in Pavia (1361), Ferrara (1391), Turin (1400), Cremona (1413) u. Catania auf Sicilien (1445) gestiftet u. die bereits gemachten Anfänge zu Bibliotheken mit den Werken der Alten, welche man aus der Vergessenheit hervorzog, bereichert worden. Die Kenntniß des Griechischen wurde namentlich durch die vielen gelehrten Griechen, weiche schon seit dem Anfange des 15. Jahrh. bei immer dringender werdender Gefahr für Constantinopel, mehr aber noch nach dem Falle des Byzantinischen Reiches nach Italien übersiedelten, immer mehr verbreitet. Die Handschriften wurden eifrig gesammelt u. viele neue öffentliche u. Privatbibliotheken begründet. Dazu kamen die wissenschaftlichen Akademien in Florenz, Rom, Neapel, Venedig, sowie die Buchdruckerkunst, welche sich in Italien schnell verbreitete u. vervollkommnete. Unter den Fürsten, welche die wissenschaftlichen Bestrebungen des Jahrhunderts begünstigten, steht das erwachsende Haus der Mediceer oben an; mit demselben wetteiferten die Visconti, Sforza, Este, die Könige von Neapel, die Markgrafen von Mantua u. Montserrat, die Herzöge von Urbino u. Andere, nicht minder Päpste, Magistrate u. Privatpersonen. Zu den zahlreichen Universitäten, welche bereits bestanden, kam noch die in Parma.

Wie Petrarca zu seiner Zeit der eifrigste Beförderer der klassischen Studien war, so ist auch aus seiner Schule u. seinem Hause der Mann hervorgegangen, welcher namentlich durch sein Lehrtalent am meisten zur Verbreitung der klassischen Studien beigetragen, Johannes von Ravenna, dessen unmittelbare od. wenigstens mittelbare Schüler fast alle berühmten Philologen des Jahrhunderts gewesen sind. Unter den Letztern zeichneten sich als Lehrer ihrer Zeit bes. aus: Guarino von Verona (st. 1460), Joh. Aurispa aus Sicilien (st. 1459), Gasparino Barzizza (st. 1431), Vittorino da Feltre (st. 1447), Giorgio Merula (st. 1494) etc. Die eigentlichen Häupter aber der philologischen Schule ihrer Zeit waren Poggio Bracciolino aus der Nähe von Arezzo (1380–1459), Francesco Filelfo (1398–1481) u. Laurentius Valla aus Rom (st. 1457). Neben diesen sind zu nennen: Leonardo Bruni aus Arezzo (1369–1444), Ambrogio Traversari, bekannter unter dem Namen Ambrosius Camalduleusis (1386–1439), Cristoforo Landino aus Florenz (1424–1504), welcher unter Anderm auch[122] den Dante weitläufig commentirte, Angelo Poliziano etc. Von den gelehrten Griechen übten Manuel Chrysoloras, der Cardinal Bessarion, Constantinos Lascaris, Demetrius Chalcondylas u. Gemisthus Pletho den bedeutendsten Einfluß auf die Studien der Italiener. Durch Pletho wurde namentlich das Studium der Platonischen Philosophie angeregt, was an dem ältern Cosmo de' Medici einen so begeisterten Verehrer fand, daß er eine eigene Platonische Akademie in Florenz stiftete. Unter den Mitgliedern derselben zeichneten sich vor Allem der Übersetzer des Plato, Marsilius Ficinus (st. 1499), Picus Mirandoiensis (st. 1494), die bereits erwähnten Bessarion u. Ambrosius Camalduleusis, Niccolo Niccoli, Alamanno Rinuccini u.a. aus. Der Begründer des antiquarischen u. historischen Studiums des Alterthums war Flavio Biondo aus Forli (st. 1463). Zu diesem Behufe wurde die Römische Akademie von Pomponius Lätus (st. 1498) gestiftet, zu welcher unter Andern auch der Geschichtsschreiber der Päpste, Bartolommeo Platina (eigentlich Sacchi), gehörte. Bei so eifrigem Studium des Alterthums konnte natürlich die eigentliche nationale Literatur nicht gedeihen; sie fand nur wenige Pflege, weil die Gebildeten ihren Ruhm auf Werke in Lateinischer Sprache zu gründen suchten u. der Gebrauch der vaterländischen Sprache vielfach verächtlich erschien. Daher die große Anzahl der lateinischen Dichter, unter denen außer einigen der schon genannten Philologen am berühmtesten sind: Matteo Vegio aus Lodi (st. 1458), Tito Vespasiano Strozzi (st. 1508) u. sein Sohn Ercole Strozzi; Battista Mantovano (st. 1516), Antoni o Beccadelli, bekannter unter dem amen Panormita (st. 1471), welcher Stifter einer der Philosophie u. Poesie gewidmeten Akademie in Neapel wurde; Angelo Poliziano, Giovio Pontano (st. 1503), Michele Marullo Tarchjoulia, ein Grieche von Geburt (st. 1500). Als Improvisator lateinischer Gedichte zeichnete sich Aurelio Brandolini aus Florenz (st. 1497) aus. Von Dichtern in der Muttersprache sind während der langen Zeit, vom Tode Petrarcas bis zu den glänzenden Zeiten des Lorenzo de Medici, gegen Ende des 15. Jahrh. nur zwei od. drei von geringer Bedeutung. Giusto de' Conti (st. 1449 in Rimini), welcher eine Sammlung lyrischer Gedichte unter dem Titel Bella mano herausgab, gilt als einer der glücklichsten Nachahmer Petrarcas, gehört aber nach Sprache u. Geist noch ganz in das vorige Jahrhundert. Die burlesken Sonette des lustigen Barbiers Domenico Burchiello in Florenz, eines höchst originellen Menschen, strotzen von florentinischen Witzen u. Redensarten, so daß sie kaum noch verständlich u. deshalb mehrfach commentirt worden sind. Erst gegen Ende des 15. Jahrh., als sich das leidenschaftlich getriebene Studium des Alterthums zu mäßigen begann, wendeten sich die hervorragenderen Geister des italienischen Volkes wieder der so lange vernachlässigten Muttersprache zu. Die Anregung hierzu ging abermals von Florenz aus u. zwar von der Umgebung des Lorenzo de' Medici (st. 1498). Obgleich von den Geschäften der Regierung überhäuft, bewahrte er sich Zeitlebens die Liebe für Kunst, Wissenschaft u. Literatur u. bildete den Mittelpunkt eines Kreises von Dichtern u. Gelehrten, welche seinen Hof zu dem glänzendsten Italiens machten. Er selbst nimmt als Dichter, bes. als Lyriker, einen nicht unbedeutenden Rang ein; noch mehr aber verstand er es, mit Anmuth, Gewandtheit u. Geist, kleine Ereignisse seines Privatlebens u. seines geselligen Kreises zu kleineren Werken scherzenden u. satyrischen, wie auch ernsteren Inhaltes zu benutzen. Dahin gehört La Nencia da Barberino (das erste Beispiel eines Gedichtes in zierlicher Bauernsprache), I Beoni, Ambra, Caccia col falcone, Alterazione. Außerdem versuchte er sich nicht nur in geistlichen Gedichten, sondern suchte auch den Maskenzügen durch Lieder u. Späße Bedeutung zu geben. Letztere Dichtungen bilden mit den ähnlichen Werken anderer Dichter die bekannte Sammlung der Canti Carnascialeschi. Unter Lorenzos Freunden nehmen Angelo Poliziano u. Picus Mirandolensis den ersten Rang ein. Erster ist der Dichter der berühmten Stanze, in welcher er zeigte, welcher Anmuth die Ottave fähig ist, u. der Favola d'Orfeo, des ersten selbständigen u. wirklich aufgeführten italienischen Dramas. Früher hatte man nur Mysterien gehabt, dann die Stücke des Terentius u. Plautus, auf Betrieb des Pomponius Lätus in Rom öffentlich erst lateinisch, dann in Mailand u. Ferrara in italienischen Übersetzungen aufgeführt. Zu den Haus- u. Tischgenossen Lorenzos zählten außerdem noch die drei Brüder Bernardo, Luca u. Luigi Pulci, von denen sich jedoch nur der Letztere (gest. 1487) einen bleibenden Namen erworben hat Sein Ruhm gründet sich auf den Morgante maggiore, welcher die glänzende Reihe der romantischen Rittergedichte der Italiener eröffnet, u. alle seine Vorgänger, wie die vielleicht schon aus dem 14. Jahrh. stammenden Buovo d'Antona, La Spagna u. La Regina Ancroja, ferner Altobello e re Trojano, Persiano figlio d'Altobello, Inammoramento di re Carlo u. die Leandra des Pier Durante de Gualdo verdunkelt. Der Inhalt des Morgante, wie seiner Vorgänger, gehört dem Sagenkreise von Karl u. seinen Paladinen an, zeigt jedoch eine durch Übertreibung jeder Art die Einfachheit der alten Sage parodirende u. den Glauben an die Herrlichkeit jener alten Zeit persiflirende Behandlung. Weit edler an Gesinnung u. reicher an Erfindung ist der Orlando innamorato des Matteo Maria Bojardo (s.d.), Grafen von Scandiano (st. 1494), dem für das 15. Jahrh. unstreitig der erste Preis in dieser Dichtart gebührt, wenn auch das große romantische Epos in einer etwas veralteten u. rohen Sprache geschrieben ist. Letzter Umstand wurde Veranlassung, daß das Original in Italien selbst zur Seltenheit geworden ist u. statt desselben nur in Bearbeitungen gelesen wird, unter denen die des Lodovico Domenichi (st. 1564) nur auf die Sprache beschränkt, während die des Francesco Berni (st. 1536) den ganzen Ton des Gedichtes ins Burleske verwandelt, aber durch Schönheit der Sprache ausgezeichnet, den allgemeinsten Beifall fand u. das ursprüngliche Gedicht in Vergessenheit brachte. Auch Fortsetzer zu Bojardos Werke fanden sich, wie Niccolo degli Agostini u.a. Neben die romantischen Epopöen des Pulci u. Bojardo stellt sich in diesem Jahrhundert noch der Mambriano des Francesco Cieco da Ferrara (st. 1495), welches bekannter zu sein verdient, als es wirklich ist. Als Gegensatz zu der frivolen, auf das Weltliche gerichteten, antikirchlichen Richtung bildete sich jene christlich-prophetische Begeisterung, die in dem bekannten Dominicaner Girolamo [123] Savonarola (s.d.) gegen Ende des 15. Jahrh. hervortrat. Unter seinen Anhängern verdient vor Allen Girolamo Benivieni (st. 1542) genannt zu werden, dessen Gedichte sich von denen der meisten seiner Zeitgenossen nicht blos durch Reinheit der Sprache, sondern auch durch Reinheit des Sinnes u. hohe Frömmigkeit auszeichnen. Weniger bekannt ist die Citta di vita des Florentiners Matteo Palmieri (st. 1475), welche nicht gedruckt werden durfte; sie ist gewissermaßen der letzte Nachklang der Poesie des Dante. Neben diesen bedeutenderen Dichtern traten in diesem Zeitraum, namentlich gegen dessen Ende hin, zahlreiche Lyriker auf, von denen jedoch keiner zu Bedeutung gelangte, wenn auch mehrere von ihnen bei ihren Zeitgenossen Bewunderung fanden. Einige, wie Bernardo Bellincioni (st. 1491), Feo Belcari, Antonio Alamanni, Giovanni Acquietini dichteten in der burlesken Manier des Burchiello, Andere, wie Francesco Cei aus Florenz, Gasparo Visconti aus Mailand (st. 1499), Agostino Staccoli aus Urbino nahmen sich den Petrarca zum Muster. Aus der großen Menge erhoben sich etwas Serafino Aquilano aus Aquila in den Abruzzen (st. 1500), welcher an mehreren Höfen als Improvisator beliebt war; Antonio Tebaldeo aus Ferrara (st. 1537) u. Bernardo Accolti aus Arezzo, mit dem Namen l'Unico (st. 1534), die wie ein unbekannter Florentiner (l'Altissimo genannt) ihrer Zeit wegen ihrer Improvisationen berühmt waren. Auch an Dichterinnen fehlte es nicht; mehrere Frauen, aus den höchsten Ständen, wie Cassandra Fedele aus Venedig, zeichneten sich durch ihre Fertigkeit im Latein aus.

Bei der allgemeinen Vorliebe für das Latein kann es nicht Wundernehmen, daß die italienische Prosaliteratur dieses Zeitraumes kein einziges stylistisches Kunstwerk aufzuweisen hat. Zu nennen sind nur drei unbedeutende Novellenschreiber, Gentile Sermini aus Siena, Giovanni Sabadino aus Bologna, der Verfasser der Novelle Porretine, u. Masuccio Salernitano, dessen Novellino jedoch nicht ganz ohne Werth ist. Bedeutender sind die Schriften zweier Künstler u. einiger Historiker. Die ersteren sind Leon Battista Alberti (st. 1472), welcher einen Dialog Della famiglia, über das Glück eines zurückgezogenen u. mäßigen Lebens schrieb, u. der berühmte Leonardo da Vinci (st. 1519), dessen Hauptwerk der Trattato della pittura ist. Zu den Historikern dieses Zeitraums, welche sich der Muttersprache bedienten, gehören Pandolfo Collenuccio aus Pesaro (hingerichtet 1504), welcher eine Geschichte Neapels verfaßte u. auch kurz vor seinem Tode einen schönen Inno alla morte dichtete, u. Bernardino Corio aus Mailand, welcher eine zuverlässige, aber schlecht geschriebene Geschichte dieser Stadt hinterließ. In Florenz waren als Geschichtsschreiber thätig Buonnacorso Pitti, Piero Buoninsegni, Goro Dati u.a. Ungemein groß ist die Zahl der Historiker, welche sich der lateinischen Sprache bedient haben. Hervorzuheben sind Äneas Silvius Piccolomini, der spätere Papst Pius II. (st. 1464), welcher die Geschichte seiner Zeit, wie auch des Basler Concils schrieb; Marcantonius Sabellicus (eigentlich Coccio, st. 1506), welcher das erste bedeutende Geschichtswerk über Venedig verfaßte; Bernardus Giustinianus (st. 1489), welcher die ältere venetianische Geschichte bis zum 9. Jahrh. behandelte, u. Georgius Stella (st. 1420), welcher eine Geschichte Genuas bis 1410 verfaßte. Mehrere der großen Entdecker des 15. Jahrh. haben ihre Reiseberichte in italienischer Sprache hinterlassen, wie Cadamosso, Columbus u. Amerigo Vespucci.

III. Die dritte Periode od. das 16. Jahrh.

zeigt auf der einen Seite die höchste Blüthe der italienischen Poesie u. Bildung überhaupt, auf der anderen aber auch schon den Beginn des Verfalls. Die in der vorigen Periode fast allein herrschende philologische Richtung kämpft im Anfange des 16. Jahrh. noch eine Zeit hindurch mit der immer mehr hervortretenden echt nationalen, bis sich endlich beide durchdringen u. so den eigentlichen Glanzpunkt dieses Abschnittes bilden. Der Sieg der nationalen Richtung ist zwar entschieden, doch entfaltet sich dieselbe gegen Ende des Jahrhunderts zum Nachtheil u. bis zum allmäligen Absterben der philologischen Studien, wodurch derselben Haltung u. Maß verloren geht. Was zunächst die Poesie betrifft, so gab es namentlich in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. noch viele Dichter, die sich der Lateinischen Sprache bedienten, wie denn noch viele der bedeutendsten Männer jener Zeit mit Geringschätzung die Sprache des italienischen Volks betrachteten; die Bewunderung, welche man dem Alterthum zollte, verführte sogar mehrere auch in ihren italienischen Werken die Manier der Alten nachzuahmen. Die bedeutendsten Latinisten des 16. Jahrh. waren: Jacopo Sadoleto, ein Modeneser (st. 1547), von dem man Epistolae u. unter mehreren Gedichten auch ein schönes auf die Wiederauffindung der Laokoongruppe besitzt; Jacopo Sannazaro (st. 1530), welcher Eclogae piscatoriae u. ein größeres Gedicht De partu virginis dichtete; Hieronymus Vida (st. 1566), der in seiner Christias nur allzusehr dem Virgil nachahmt; Pietro Angelio da Barga (st. 1596), welcher in seinem Epos Syrias den ersten Kreuzzug besingt; Andrea Navagero (st. 1529), der nur wenige, aber höchst zierliche lateinische Gedichte hinterlassen hat; Gabriello Faerno (st. 1561), der u.a. hundert lateinische Fabeln dichtete; Marcantonio Flaminio (st. 1550), welcher Oden, Elegien, Paraphrasen der Psalmen verfaßte; Marcellus Palingenius Stellatus (mit seinem eigentlichen Namen wahrscheinlich Pier Angelo Manzolli), dessen moralisches Gedicht Zodiacus vitae ihn in den Verdacht des Protestantismus brachte. Hieran reihen sich Aonius Palearius (Antonio della Paglia), 1570 in Rom als Ketzer gehenkt u. verbrannt, dessen Hauptwerk De immortalitate animae wegen Styl u. Ideen bewundert wird, u. Girolamo Fracastoro aus Verona (1553), der gelehrteste Mann seiner Zeit in den physischen Wissenschaften u. berühmter Arzt, von dem man u.a. mehrere schöne lateinische Episteln u. ein Gedicht Syphilis hat. Am Hofe Leos X. lebten die beiden lateinischen Improvisatoren Andrea Morone (st. 1527) u. Camillo Querno, von denen sich nur Weniges erhalten hat. Eine wichtige Rolle in der nationalen Literatur der Italiener spielt im 16. Jahrh. das Epos, bei welchem sich jedoch verschiedene Richtungen bemerklich machen. An der Spitze der Dichter, welche das Antike mit hartnäckigem, aber nicht eben glücklichem Eigensinn festhalten, steht der Graf Giangiorgio Trissino (st. 1550), der in seiner Italia liberata da' Goti seinem Volke ein episches Gedicht im Geist u. in der Form der Alten geben[124] wollte, aber eine poesielose, unlesbare Nachahmung bes. Homer geschaffen hat. Weit höher als Dichter steht Luigi Alamanni (st. 1556), welcher in seinem Girone il cortese einen Stoff aus der Artussage behandelte u. in der Avarchide die Ilias genau nachbildete. Großen Beifall, jedoch nur bei den Freunden des Alterthums, erhielt seiner Zeit der Costante von Francesco Bolognetti, obgleich es eben so unlesbar ist u. auch eben so leicht vergessen wurde, als der Ercole des Giambattista Giraldi Cinzio (st. 1573). Noch viel geistloser ist die Alamanna des Ant. Franc. Olivieri. Im Gegensatz zu diesen leblosen, aus einer übelverstandenen Vergötterung der Alten hervorgegangenen Dichtungen, gebührt das unsterbliche Verdienst, seinem Vaterlande das erste, dem Nationalsinn wahrhaft zusagende romantische Epos geliefert zu haben, dem Lodovico Ariosto (s.d.), der mit seinem Orlando furioso zwar in die Fußtapfen des Bojardo getreten ist, aber ihn, wenn auch nicht an Erfindungsgabe, so doch an Anmuth, geistvoller Schalkheit u. Eleganz der Sprache weit überflügelt. Fünfzig Jahre hindurch erhielt sich Ariosto im alleinigen Besitz der Bewunderung ganz Italiens u. verdunkelte nicht nur alle, wenn auch rühmlichen Werke seiner Vorgänger, sondern auch die seiner schwachen Nebenbuhler u. Nachahmer. Die wichtigsten der Letzteren sind: Lodovico Dolce aus Venedig (gest. 1566–69), welcher in einer großen Anzahl epischer Gedichte sowohl Stoffe aus dem Alterthum, als auch aus den romantischen Sagenkreisen des Mittelalters behandelte; Vincenzo Brusantino (st. 1570), der in seiner geistlosen Angelica innamorata eine Art Fortsetzung zum Orlando furioso lieferte; Pietro Aretino, der in seiner Marfisa u. Le lagrime d'Angelica Personen der Dichtung Ariosts besang, ebenso wie Giambattista Dragoncino da Fano in seiner Marfisa bizarra. Eigenthümlicher sind I trionfi di Carlo u. der Anteo gigante von Francesco de' Ludovisi, sowie Il Meschino von der durch Geist u. freies Leben bekannten Tullia d'Aragona. Die Rittergedichte schossen in so großer Menge auf, daß fast jede Person, die im Sagenkreise Karls des Großen genannt wird, auch in einem Gedichte verherrlicht wurde. Zu den besten Dichtern in der Zeit zwischen Ariost u. Tasso gehört unbedingt der Vater des Letzteren, Bernardo Tasso (st. 1569), der Verfasser des Amadigi, dessen Ruhm nur durch den seines Sohnes Torquato verdunkelt wurde. Torquato Tasso (s.d.) gilt jetzt ziemlich allgemein für den Lieblingsdichter des italienischen Volks, aber läßt sich ihm auch eine hohe Begabung für die Poesie nicht absprechen, so werden doch ein unbefangenes Urtheil u. ein wahrhaft poetischer Sinn keinen Augenblick zweifeln, dem Ariost die Palme zuzuerkennen. Die Girusalemme liberata des Tasso schmiegt sich in Bezug auf Form möglichst eng an die Antike, während die üppigen Blüthen des romantischen Sinns des Dichters diese enge Form zersprengend, sich stets hindurchdrängen. Der Beifall, welchen Tasso's große Dichtung fand, reizte eine Menge mittelmäßiger Dichter, sich mit Tasso zu messen, ohne ihn jedoch nur im entferntesten zu erreichen. Fast verschollen sind Il fido amante von Curzio Gonzaga, Il mundo nuovo von Giovanni Giorgini, La Malteide von Giov. Fratta, die Gerusalemme distrutta von Francesco Potenzano, L'universo von Raffaele Gualterotti u. v. A. Während Dichter wie Trissino u. Tasso jeder in seiner Art ihrem Volke ein würdiges u. nationales Heldengedicht zu schaffen strebten, u. sich namentlich bei Tasso der Ernst einer sittlichen Gesinnung u. einer an die Schwärmerei grenzenden Religiosität kund gibt, regt sich im Gegensatz hierzu die dem Nationalsinn mehr eigenthümliche Luft an Scherz, Ironie u. Carricatur, welche der unter den Gebildeten jener Zeit vorherrschenden Frivolität u. Verspottung alles Heiligen bes. zusagen mußte. Aus dieser Geistesrichtung sind verschiedene theils epische, theils satyrische Dichtungen des 16. u. des folgenden Jahrhunderts hervorgegangen. Dahin gehört der liederliche Mönch Teofilo Folengo (st. 1544), unter dem Namen Merlino Coccajo bekannt, welcher, wenn auch nicht der Erfinder, doch einer der ersten u. glücklichsten Bearbeiter der Maccaronischen Poesie war. Außer den Maccaronischen Werken: Maccaronicorum opus u. Caos del tri per uno, dichtete er auch burleske Epen, unter denen der Orlandino nicht ohne Anmuth ist. Sonst sind aus dieser Zeit noch drei kleine burleske Heldengedichte zu nennen: La Gigantea von Benedetto Arrighi, die Nanea don einem Unbekannten u. La guerra de ' mostri von Ant. Franc. Grazzini (st. 1583), einem der besten Novellendichter Italiens. Die Zeitverhältnisse begünstigten auch die Entwickelung einer anderen Art von burlesken Dichtungen, der sogenannten Capitoli, spottende, satyrische u. sittlich wie religiös frecher Gedichte in Terzinen, worin meist entweder ernste Gegenstände lächerlich od. höchst unsaubere u. schmutzige auf eine witzige u. leichte Weise behandelt werden. Fast alle Dichter dieser Zeit, viele Gelehrte u. Staatsmänner haben sich in dieser Dichtungsart versucht. Für den zierlichsten, anmuthigsten u. zugleich natürlichsten aller burlesken Dichter gilt den Italienern Francesco Berni (st. 1536), so daß die ganze Gattung nach ihm auch Poesia bernesca od. berniesca benannt wird. Ihm sehr nahe steht sein Freund Giovanni Mauro (st. 1536); sonst sind noch Firenzuola u. der in seinen Gedichten züchtigere, aber weniger elegantere Cesare Caporal (st. 1601) zu nennen. Auch Pietro Aretino (st. 1557), der schmutzigste aller italienischen Schriftsteller, hat sich in dieser Gattung ausgezeichnet. In einer dem Alterthum so eifrig nachstrebenden Zeit lag auch die Nachahmung der altrömischen Satyriker nahe, wenn auch die vielen Versuche, welche darin gemacht wurden, wenig Beachtung gefunden haben. Zu den besseren gehören die Satyren des Antonio Vinciguerra u. des Ercole Bentivoglio (st. 1573). Unbedeutend sind die Arbeiten von Sansovino, Lodovico Dolce, Girolamo de' Domini, Girol. Fenaruolo, Lodovico Paterno, Antonio Pace, Giannandrea dell' Anguillara, Agostino Caccia u. And. Die didaktische Poesie wurzelt bei den Italienern ganz in der Nachahmung der Alten, unter denen namentlich Virgil das Vorbild war. Doch hat die J. L. einige vorzügliche Leistungen aufzuweisen. Dahin gehört die Coltivazione des bereits erwähnten Alamanni; sein glücklichster Nebenbuhler war Giovanni Rucellai (st. 1526), der ein kleines, aber sorgfältig ausgeführtes Gedicht Le api verfaßte. Mit geringerem Erfolge in dieser Gattung dichteten Tito Giovanni Scandianese (eigentlich Ganzarini, st. 1582) u. Erasmo de Valvasone (st. 1593), welche beide die Jagd zum Gegenstande[125] wählten. Das Gedicht des Letzteren, von dem man auch noch eine Angeleide u. einen Lanci lotto besitzt, ist poetischer, als das des Ersteren. Girolamo Muzio (st. 1575), einer der fruchtbarsten Schriftsteller seiner Zeit, schrieb Dell' arte poetica; Bernardino Baldi, ein gelehrter Geistlicher aus Urbino (st. 1617), verfaßte eine Nautica, die nicht ohne Werth ist; von Alessandro Tesauro (st. 1621) hat man den Anfang eines Gedichts über den Seidenbau. Der Einzige, welcher ein Nachahmer des Lucrez genannt werden könnte, ist Paolo del Rosso (st. 1569), der streng nach Aristoteles La fisica schrieb. Auch Luigi Tansillo (st. um 1570), dessen Gedicht Le lagrime di S. Pietro seiner Zeit sehr beliebt war, hat sich durch seine Gedichte Il podere u. La balia als Didaktiker einen Namen gemacht. Der dramatischen Poesie der Italiener, namentlich der Tragödie, scheint von vorn herein die allgemeine Bewunderung der Alten viel Abbruch gethan zu haben. Es wurden zwar im 16. Jahrh. zahlreiche Versuche gemacht, doch sind nur wenige Arbeiten von einiger Bedeutung darunter zu finden. Mehrere dichteten noch in Lateinischer Sprache; dahin gehören Francesco Benzi (st. um 1594) wegen seiner Dramen Ergastus u. Philotimus, Bartolommeo Zamberti wegen seiner Dolotechne, Armonio Marso wegen seiner Komödie Stephanium, Giovanni Anisio wegen seiner Tragödie Protagoras. Sehr schön in der Sprache ist der Imber aureus des Antonio Tilesio aus Cosenza; alle aber werden an Eleganz übertroffen von Coriolano Martirano (st. 1551), welcher acht Tragödien u. zwei Komödien dichtete, von denen aber nur der Christus ganz seine eigene Schöpfung ist. Was von italienischen Tragödien aus dem 16. Jahrh. anzuführen ist, besteht fast nur aus mehr od. weniger kalten, unlebendigen Nachahmungen der Alten; überhaupt ist weder in diesem, noch in den folgenden Jahrhunderten eine wahrhaft nationale Tragödie gedichtet worden. Das erste Stück, welches den Namen einer Tragödie verdient, ist die Sofonisba des Marchese Galeotto del Carretto, welche 1502 bekannt wurde. Unendlich besser ist die Sofonisba des Trissino, welchem sein Freund Rucellai folgte, dessen Rosmunda schon 1516 in Florenz in Gegenwart Leo's X. aufgeführt wurde. Von keiner Bedeutung ist der Torrismondo des Torquato Tasso. Einen eigenen Weg versuchte Speron Speroni (st. 1588), welcher mit seiner Canáce in siebensylbigen Versen vielen Beifall, aber auch heftigen Widerspruch fand. Zu den besseren Tragödien dieser Zeit gehören noch der Edippo des Giovanni Andrea dell' Anguillara u. der Orazio des Pietro Aretino. Sonst hat man noch Tragödien von Lodovico Dolce, Domenichi u. vielen And., welche sich doch meist knechtisch an die Alten hielten. Nur Giambattista Giraldi versuchte in seinen Tragödien, wenn auch abenteuerlich u. verworren, meist selbst erfundene od. aus seinen Novellen geschöpfte Stoffe zu verarbeiten.

Auch die Komödie gelangte auf gelehrtem Wege durch Nachahmung der Alten in die J. L. u. diente daher nur zur Erheiterung der Höfe u. der höheren Gesellschaft. Die Gelehrte Komödie (Commedia erudita) wurde fast gleichzeitig vom Cardinal Bibiena, Ariosto u. Macchiavelli bearbeitet, doch scheinen die Ansprüche Ariosts auf die Priorität die ältesten u. begründetsten. Von Ariost hat man fünf Komödien, von denen zwei: Cassaria u. Suppositi, zuerst in Prosa geschrieben waren; Bernardo Dovizio, genannt Bibiena (st. 1520), dichtete die Calandra, welche zum ersten Male 1508 in Urbino, später in Rom vor dem Papste aufgeführt wurde; endlich Macchiavelli dichtete in höherem Alter die Madragola u. die Clizia, beide in Prosa. Die Stücke des Ariost ruhen mehr auf den Sitten der Alten, als auf denen seiner Zeit; die Komödien der beiden anderen sind, wie die meisten ähnlichen Producte dieser, voll von Zweideutigkeiten u. Schlüpfrigkeiten. Bei Weitem weniger als diese Hauptwerke des 16. Jahrh. bedeuten die Simillimi des Trissino, die Komödien des Pietro Aretino, Grazzini, Lodovico Dolce, Firenzuola, Parabosco, Ercole Bentivoglio, Annibale Caro, des Gelli u. And. Einer der fruchtbarsten u. talentvollsten Lustspieldichter ist Giammaria Cecchi, welcher seine Stücke zum Theil aus Terentius u. Plautus schöpfte, aber mit großem Geschick den neueren Sitten anpaßte; ebenso ausgezeichnet in der Sprache, wie durch echte Komik sind die drei Komödien des Francesco d'Ambra (st. um 1559). Der Candellajo ist ein niedrig komisches Stück des unglücklichen Philosophen Giordano Bruno. Während sich die Höfe u. die vornehme Welt an diesen Nachbildern ergötzten, welche nicht von Schauspielern auf Theatern, sondern von Mitgliedern der Akademien, von Hofleuten, ja zuweilen von fürstlichen Personen dargestellt wurden, hatte das Volk seine eigene Komödie, die Commedia dell' arte, deren Ursprung nicht ganz aufgeklärt ist. Wahrscheinlich ist es, daß sich die Mimen u. Pantomimen der Alten durch alle Jahrhunderte hindurch erhalten haben, u. daß in ihnen die Quelle der Masken des neueren italienischen Volkstheaters zu suchen ist. Schon im 16. Jahrh. waren die wichtigsten der letzteren in allgemeinem Gebrauch; so Pantalone, der ehrliche venetianische Kaufmann; Brighella u. Arlechino, bergamaskische Bedienten (beide zusammen Zanni genannt), jener pfiffig, dieser ein Tölpel, u. vielleicht noch mehre andere, wie Scapino, ein spitzbübischer Bedienter, Tartaglia, der Stammler etc. (s. Italienisches Theater). Die Stücke, welche dargestellt werden sollten, waren nicht ausgeführt u. aufgeschrieben, nur die Folge u. der Hauptinhalt der Scenen wurde vom Dichter angegeben, da es den Schauspielern überlassen blieb, die ihnen zugewiesenen Personen u. Scenen nach eigenem Belieben auszuführen. An derber Lustigkeit, kräftigem Volkswitz u. echt komischer Kraft, aber auch an Schmutz u. rohen Späßen konnte es nicht fehlen. Unter den Dichtern solcher meist verloren gegangener Stücke wird Flaminio Scala als der geistreichste u. genialste genannt. Andere für das Volk u. daher meist in Localmundarten geschriebene Stücke dieser Art hat man von dem Schauspieler Angelo Beolco (mit dem Beinamen Il razzante, st. 1542) meist im Dialekt von Padua, u. von Andrea Calmo (st. 1571) in venetianischer Mundart.

Die Luft der überfeinerten Höfe, der Vornehmen u. Großen an einer erträumten Hirtenwelt voll Unschuld, Glück u. Liebe, gab auch in Italien der Hirtenpoesie den Ursprung, welche im 16. Jahrh. vorzüglich in dramatischer Form, als Schäferdrama od. Pastorale, sehr beliebt war. Als die ersten Keime dieser Richtung lassen sich der Ameto des [126] Boccaccio, so wie die romanartige Arcadia des Jacopo Sannazaro, welcher sie schon in seiner Jugend gedichtet hatte, anführen; die erste wahrhaft dramatische Pastorale gab Niccolo da Correggio Visconti (st. 1508) in seiner Favola di Cefalo od. l'Aurora, welche auch 1487 wirklich am Hofe zu Ferrara zur Aufführung kam. Weniger dramatisch ist der Tirsis des Grafen Castiglione, so wie I due pellegrini des Luigi Tansillo. Auf diese ersten Versuche folgten nun die wirklichen Pastorale Egle von Giambattista Giraldi, 1545 zu Ferrara aufgeführt; Il sagrifizio von Agostino Beccari (st. 1590), ebenfalls 1554 zu Ferrara bei einem Hoffeste gegeben; die Schäferspiele Calisto u. Il pentimento amoroso von Luigo Groto, bekannter unter dem Namen Il Cieco d'Adria (st. 1585); die Aretusa des Alberto Lollio (1563) u. der Sfortunato des Agostino Argenti. Bei der Aufführung des letzteren Stückes zu Ferrara (1567) war Torquato Tasso zugegen, welcher wahrscheinlich hierdurch veranlaßt wurde, sich selbst in dieser Gattung zu versuchen. Sein Aminta, welcher 1573 zu Ferrara aufgeführt wurde, verdunkelte alles Vorhergehende; wenn das Stück als dramatisches Kunstwerk auch sehr schwach ist, so fand es doch wegen der Einfachheit der Handlung, die edele, angemessene u. höchst anmuthige Sprache die allgemeinste Bewunderung. Das größte u. ausgezeichnetste in dieser Gattung wird aber für immer der Pastor fido des Giambattista Guarini (st. 1612) bleiben. Eine sklavische Nachahmung des Aminta ist das Fischerstück Alceo von Antonio Ongaro aus Padua; ein Freund des Tasso, Angelo Ingegneri, schrieb die Pastorale La danza di Venere (1583). Die Filli di Sciro des Grafen Guidobaldo de' Bonarelli (st. 1607), welche man häufig neben den Aminta u. Pastor fido stellt, sind weiter nichts als eine Nachahmung beider.

Bei der Darstellung vieler dieser Stücke wurden die in Musik gesetzten Chöre gesungen, ja selbst in einzelnen Lustspielen die Zwischenacte durch musikalische Stücke ausgefüllt. Auf den Gedanken ein ganzes Stück singen zu lassen fiel gegen Ausgang des Jahrhunderts Emilio del Cavallieri, welcher 1590 zwei Pastorale La disperazione di Silena u. Il satiro zu diesem Behufe dichtete. Die Erfindung der eigentlichen Oper gehört den Florentinern. Zur ersten Oper vereinigten sich ein junger talentvoller Dichter, Ottavio Rinuccini (st. 1621) u. der Musiker Jacopo Peri; ihre Dafne wurde 1594 erst versuchsweise in Privatcirkeln aufgeführt, fand aber bald allgemeinen Beifall. Derselbe Dichter schrieb dann noch 1600 eine Euridice, etwas später die Arianna u. den Narcisso, welche von Peri u. von Giulio Caccini componirt wurden. Diese Opern (Canto recitativo hieß die Musik, das Drama selbst nannte man Drama musicale od. Opera per musica od. Opera in musica) wurden mit Ausnahme einiger lyrischen Partien, wahrscheinlich ganz nach Art unserer Recitative abgesungen. Fast gleichzeitig hatte. Orazio Vecchi (st. 1605) aus Modena den Antiparnasso (1597), eine in Musik gesetzte Komödie, geschrieben, welche man gewissermaßen als den Anfang der Opera buffa betrachten kann.

In lyrischen Dichtungen (Rime) versuchten sich wohl alle Dichter u. Schriftsteller dieses Zeitraumes. Mehre der bedeutendsten Dichter, wie Ariost, die beiden Tasso, Guarini, Tansillo, gehören auch zu den ausgezeichnetsten Lyrikern. Vorzugsweise als Lyriker haben sich berühmt gemacht: Pietro Bembo aus Venedig (st. 1547), welcher zwar als Wiederhersteller der Eleganz u. Correctheit in der Sprache betrachtet wird, aber sich nur allzu sklavisch an sein Vorbild Petrarca anlehnte; ferner Francesco Maria Molza (st. 1544); Giovanni Guidiccioni aus Lucca (st. 1541), welcher sich durch Geist u. patriotischen Sinn auszeichnet; Giovanni della Casa (st. 1556), dessen Gedichte Kraft der Gedanken u. höchste Zierlichkeit in der Sprache bekunden. Dem Casa u. dem Bembo, ja selbst dem Petrarca steht nach der Meinung der Italiener Annibale Caro (st. 1566) am nächsten, welcher bes. in seinen Rime die Sprache meisterhaft zu behandeln wußte. Angelo de Costanzo (st. 1591) zeichnet sich in seinen Gedichten durch Kraft der Gedanken u. Eigenthümlichkeit aus. In höherem Grade gilt dieses von dem als Künstler unsterblichen Michel Angelo Buonarotti (st. 1564). Als Dichter zweiten Ranges sind zu nennen: Francesco Beecuti, mit dem Beinamen Il Coppetta (st. 1553); Antonio Broccardo (st. 1531), Galeazzo di Tassia (st. 1535), die Gebrüder Lodovico u. Vincenzo Martelli (gest. 1527 u. 1556), Bernardo Tappello (st. 1565), Claudio Tolommei (st. 1555), der zu Rom eine Akademie stiftete, welche die Versmaße der Alten in Italienischer Sprache nachzubilden strebte; ferner Luca Contile (st. 1574), Bernardino Rota, Domenico Veniero (st. 1582), Gabriele Fiamma (st. 1585) u. viele Andere. Unter den dichtenden Frauen dieses Jahrhunderts sind bes. drei mit Auszeichnung zu nennen: Vittoria Colonna (st. 1547), die Wittwe des Feldherrn Pescara, deren Gedichte ernsten u. religiösen Inhalts sind; ferner ihre Freundin Veronica Gambara (st. 1550) u. Gaspara Stampa (st. 1554). Die Tultia d'Arragona ist schon oben erwähnt.

Der Roman hat eigentlich den Italienern bis auf die neueste Zeit herab gefehlt u. ist ihnen durch die Novelle u. das romantische Epos gewissermaßen ersetzt worden. Durch den Anbau u. die Pflege dieser beiden Literaturgattungen sind die Keime zum Roman, welche sich in Boccaccios Filocopo u. einigen der obenerwähnten Volksbücher, wie namentlich dem Guerrino il meschino zeigen, erstickt worden. Unter den ungemein zahlreichen Novellen dichtern des 16. Jahrh. nimmt Matteo Bandello (st. 1561), welcher 214 Novellen schrieb, den ersten Platz ein. Obgleich er bei weitem nicht den Boccaccio erreicht, so sind seine Novellen, welche sich meist auf wirkliche Begebenheiten stützen, wenn such nachlässig in der Sprache, doch nicht ohne Anmuth geschrieben. Dagegen schmutzig u. lüstern sind die Novellen des ausschweifenden Mönchs Agnolo Firenzuola (st. 1548), welcher zu den elegantesten Schriftstellern seiner Zeit gehörte u. u.a. auch eine Bearbeitung des Goldenen Esel des Appulejus u. eine Fabelsammlung (I. discorsi degli animali) veranstaltete. Die Novellen (Le piacevollissime notte) des Gianfrancesco Strapparola aus Caravaggio, welcher vorzüglich aus der höchst schlüpferigen u. deshalb allgemein verbotenen lateinischen Novellensammlung des Girolamo Morlino (1520) schöpfte. Interessant sind die Diporti des auch als Dichter u. Musiker bekannten Girolamo Parabosco u. die [127] Ecatommiti des Giambattista Giraldi Cinzio; weniger gilt dies von den Sei giornate des Sebastiano Erizzo, welche jedoch in Bezug auf Sprache dem Boccaccio nahe kommen. Neben diesen umfangreicheren Sammlungen gibt es noch zahlreiche einzelne, zum Theil treffliche Novellen verschiedener Verfasser; dahin gehören Macchiavelli, welcher eine einzige aber meisterhafte Novelle Belfagor schrieb; ferner Giovanni Brevio; Luigi da Porta, welcher in seiner einzigen Novelle die Sage von Romeo u. Julia behandelt; Marco Cadamosto; Antonio Cornazzano, welcher seine Novellen Proverbj nannte; Niccolo Granucci, Pietro Fortini, Scipione Bargagli, Giustiniano Nelli, Antonio Mariconda u. Andere; wozu auch noch die Cene des Lasca, u. mehre Novellen von Alamanni, Molza, Doni, Sansotcino u. Andere kommen.

Eine ziemliche Anzahl anderer Schriftsteller benutzte die schon im Alterthume beliebte Form des Dialogs theils zu heiteren u. satyrischen, theils auch zu ernsten u. philosophischen Mittheilungen. Dahin gehören die Gli Asolani des Pietro Bembo, welche die Liebe behandeln; die Dialoge des Sperone Speroni über Liebe, Würde der Frauen, die Pflichten einer Hausfrau u. dgl.; die des Antonio Bruccioli über Moral, Physik u. Metaphysik; das Decamerone des Valerio Marcellino über den Tod; die verschiedenen, dem Plato nachgebildeten, aber etwas weitschichtigen Gespräche des Torquato Tasso; die des Lionardo Salviati über die Freundschaft; die des Lodovico Dolce, des Muzio u. Anderer. Als Muster in dieser Art von Darstellung gelten die geistreichen Dialoge des Giambattista Gelli aus Florenz (st. 1563), dessen Hauptwerke La circe u. die Capricci del bottajo sind. Das berühmteste Buch dieser Art aber ist der Cortigiano des Grafen Baldasarre Castiglione (st. 1529), in welchem er gesprächsweise die Eigenschaften eines vollkommenen Hofmanns entwickelt.

Wohl kein Volk Europas hat im 16. Jahrh. eine so große Anzahl von politischen Schriftstellern u. Geschichtschreibern hervorgebracht als Italien. Wie einerseits die vielen kleinen Staaten, in welche Italien damals getheilt war, u. von denen jeder eine reiche innere u. äußere Geschichte besaß, die Veranlassung zur Darstellung der vaterländischen Geschichte boten, so mußten die verwickelten politischen u. staatsrechtlichen Verhältnisse dieser Staaten unter einander, so wie deren Beziehungen zu den Päpsten, wie zu Deutschland, Frankreich u. Spanien Gelegenheit zur Ausbildung des diplomatischen u. politischen Sinnes bieten. An der Spitze aller Politiker wie Geschichtschreiber dieser Zeit ist der berühmte Niccolo Macchiavelli (s.d.). Als großer u. tiefblickender Staatsmann zeigt er sich in den Discorsi sopra la prima deca di Tito Livio, in den Werken Dell' acte della guerra, vor allem aber im Principe, als Geschichtschreiber in seinen meisterhaften Storie fiorentine. Obgleich durch den Namen Macchiavellis verdunkelt, sind unter den Politikern noch als bedeutend anzuführen: Scipione Ammirato (st. 1601), welcher seine Discorsi sopra C. Tacito namentlich gegen Macchiavelli richtete; Paolo Paruta (st. 1598), wegen seiner Discorsi politici u. seiner Schrift Della perfezione della vita civile; ferner Giovanni Botero (st. 1617), welcher in seinen Schriften Delle cause della grandezza della litteseinem Hauptwerke Della ragione di stato u. seinen Relazioni universali nicht allein billige Grundsätze in Hinsicht auf Andersgläubige, sondern auch die ersten gesunden Principien über Besteuerung u. Nationalwohlstand aussprach. Die allgemeine Geschichte ihrer Zeit schrieben lateinisch: Paolo Giovio aus Como (st. 1552), in seinem Werke Historiae sui temporis, wozu er später noch die Elogia virorum bellica virtute illustrium u. mehre Descriptiones fügte; ferner Bernardo Rucellai (Oricellarius, st. 1514), dessen kleines Werk De bellis italicis in Bezug auf Sprache u. Darstellung für das beste seiner Zeit gelten kann; Galeazzo Capra od. Capella, welcher mit Wahrheit u. Unparteilichkeit in zierlichem Latein Commentarii über die Kriege von 1521–30 im nördlichen Italien schrieb; Giorgio Florio, welchen die Kriege Karls VIII. u. Ludwigs XII. in Italien schildert. Unter den Geschichtsschreibern, welche sich der Italienischen Sprache bedienten, ist der berühmteste Francesco Guicciardini aus Florenz (st. 1540), dessen Storia d'Italia (von 1494–1534) jedoch stylistisch nicht genügt u. auch nicht als zuverlässig gelten kann. Der Sprache wegen wird gerühmt Pier Francesco Giambullaris Storia dell' Europa (887–913). Außerdem sind noch hervorzuheben Giambattista Adriani (st. 1579) wegen seiner Storia de' suoi tempi, Biagio Buonaccorsi wegen seines trockenen aber brauchbaren Diario italiano (1498–1512), u. Patrizio del Rossi wegen seiner interessanten Memorie storiche dei principali avvenimenti d'Italia durante il pontificato di Clemente VII. Unter den Specialgeschichten der einzelnen Städte behaupten die von Florenz den Vorrang vor allen anderen. Die wichtigsten Florentinischen Geschichtsschreiber, welche sich mehr od. weniger auf die letzten Umwälzungen in der Stadt, die den Untergang der Freiheit herbeiführten, beschränken, sind Jacopo Nardi (st. 1555), dessen Werk die Zeit von 1494–1531 umfaßt, Filippo Nerli (st. 1556), der geistreichste Nachfolger Macchiavells, Benedetto Varchi (st. 1565), Bernardo Segui (st. 1558), dessen Geschichtswerk in Bezug auf Styl u. Gesinnung zu den besten gehört, Gino Capponi, dessen kleines aber meisterhaftes Werk den Titel Tumulto de' Ciompi führt, Neri Capponi, welcher die Zeit von 1419–56 schildert, u. Giovanni Cavalcanti, welcher die Begebenheiten seiner Zeit erzählt. Der Venetianer Giammichele Bruto (st. 1594), hat in lateinischer Sprache über die Geschichte von Florenz geschrieben. Auch die Geschichte von Venedig ist vielfach bearbeitet worden. Im Auftrage des Staates schrieben der berühmte Pietro Bembo, welcher sein ursprünglich lateinisches Werk selbst ins Italienische übertrug, u. sein Fortsetzer Paolo Paruta; ähnliche Werke lieferten Daniello Barbaro u. Lodovico Contarini. Die Geschichte der Republik Genua schrieben außer Agostino Giustiniani (dessen einfache Chronik bis 1528 reicht), Jacopo Bonfadio (enthauptet 1550), dessen lateinisches Werk über die Zeit von 1528–50 klassisch geschrieben ist; Uberto Foglietta (st. 1581), welcher in ebenso schöner Sprache lateinisch die Geschichte seiner Vaterstadt bis 1527 herab darstellte. Ferrara hat an Giraldo Cinzio, Giambattista Pigna u. Girolamo Falleti gute Geschichtsschreiber gefunden. Neapel erhielt im 16. Jahrhundert seinen ersten, aber[128] trotz seiner Berühmtheit doch wenig selbständigen u. zuverlässigen Geschichtschreiber an Angelo di Costanzo. Camillo Porzio schrieb La congiura de' Baroni del regno di Napoli u. Gianantonio Summonte (st. 1602) eine Geschichte von Neapel dom Ursprung der Stadt bis 1582. Einzelne Italiener wandten sich auch der Geschichte fremder Länder zu, mit denen ihr Vaterland in Beziehung stand. So schrieb Paolo Emili (st. 1529) über Frankreich, Lucio Marineo über Spanien, Bernardo Davanzati über England, Lodovico Giucciardini über die Niederlande; ferner Martire d'Anghiera seine wichtigen Werke De insulis nuper inventis u. De rebus oceanicis et de orbe novo, u. Giampietro Maffei (st. 1603) seine Historiarum indie carum libri XVI. Erst die Arbeiten der Reformatoren zwangen die Katholische Kirche ihrerseits an die Darstellung der Kirchengeschichte zu denken u. so entstanden die Annales ecclesiastici des Cesare Baronio (st. 1607), ein rühmliches Denkmal beispiellosen Fleißes. Die hohe Blüthe aller Künste in diesem Jahrhundert bot Veranlassung, theils zu kunsthistorischen Studien, theils zu theoretischen Betrachtungen u. belehrenden Anweisungen. Ohne Vergleich das Hauptwerk für die Geschichte der Kunst sind die Vite de' piu excellenti pittori, scultori ed architetti von Giorgio Vasari (st. 1574). Mehr theoretisch behandelt Rafaello Borghini die Malerei u. Sculptur in seinem Riposo. Nicht minder wichtig sind die Schriften des florentinischen Goldarbeiters Benvenuto Cellini (st. 1570), dessen musterhafte Selbstbiographie durch Goethes Übersetzung bekannt geworden ist. Auch dessen Abhandlungen über Goldschmiedekunst, Sculptur, Zeichnen u. Baukunst sind für die Kunstgeschichte von hohem Werthe. Letzteres gilt auch von Giampolo Lomazzi's, eines Mailänders, des Malers Bernardo Campi aus Tremona u. des Giambattista Armenino aus Florenz Schriften über die Malerei. Über die Baukunst schrieb der große Baumeister Andrea Palladio (st. 1580) ein großes unschätzbares Werk; auch die Idea d'architettura universale von Vincenzo Scammozzi (st. 1616) ist für die Kunst von Bedeutung. Die Literaturgeschichte, in welcher die Italiener in der Folge mehr geleistet haben, als die meisten anderen Völker, zeigt sich im 16. Jahrh. nur erst in dürftigen Anfängen. Zu nennen sind nur des Giammaria Barbieri (st. 1571) Werk Dell' origine della poesia rimata (Modena 1790) u. die beiden Librerie (Ven. 1550 u. ebd. 1551, 1555) des Vielschreibers Antonio Francesco Doni (st. 1574) aus Florenz. Die gelehrten Arbeiten des Jesuiten Antonio Possevino (st. 1612) gehören mehr der allgemeinen Encyklopädie an, als der Literaturgeschichte. Auch die ersten grammatischen Versuche über die Italienische Sprache fallen in dieses Jahrhundert (s. Italienische Sprache). Die Philosophie, welche bisher nur im Dienste des herrschenden kirchlichen Systems vegetirt hatte u. sich nur in den gewöhnlichen Bahnen der Schule, die sich um Plato u. Aristoteles drehten, bewegt hatte, fing im 16. Jahrh. das erstemal an, ein selbständiges Leben zu äußern. Unter den Männern, welche ihrer eigenen Speculation vertrauten, sind Girolamo Cardano (st. 1576), der geniale Giordano Bruno u. Lucilio Varini die bedeutendsten, jedoch mußten die beiden Letzteren (1600 u. 1619) ihre philosophische Kühnheit auf dem Scheiterhaufen büßen.

IV. Die vierte Periode der Geschichte der J-n L, Il seicento

, welche vom Ende des 16. bis gegen das letzte Viertel des 18. Jahrh. reicht, ist das Zeitalter des Verfalles u. der Ausartung der Künste, bes. der Poesie, in Italien. Hauptursachen dieser allgemeinen Ermattung des Geistes sind einerseits die Reaction des Katholicismus gegen Ideen der Reformation, welche mit Hülfe der Inquisition alle Fortschritte, namentlich in den historischen, philologischen u. philosophischen Wissenschaften ängstlich überwachte u. niederzuhalten suchte, andererseits die damalige politische Lage Italiens. Hierzu kam noch seit dem Ende des 17. Jahrhunderts der verderbliche Einfluß französischer Theorien u. Vorbilder, welche die Geister verwirrten, die echt nationale Bildung verdrängten u. unter dem Namen der Philosophie eine elende Frivolität unter den höheren Klassen verbreiteten. Aberglaube unter dem Volke, Unglaube unter den Gebildeten bezeichneten im 18. Jahrh. u. bezeichnen zum Theil noch bis in die neueste Zeit herein den geistigen Zustand Italiens. Nur einen Ersatz erhielt die herabgesunkene Nationalität in der raschen Entwickelung der physikalischen u. mathematischen Wissenschaften, worin ungeachtet mancher pfäffischer Verfolgung, eine Anzahl der ausgezeichnetsten Männer sich hervorthat u. die unverwüstliche Kraft des italienischen Geistes bekundete. Es entstanden einige wahrhaft wissenschaftliche Verbindungen, welche leider nur zu schnell den ungünstigen Zeitumständen erlagen. Dahin gehört die Accademia dei Lincei in Rom, 1603 gestiftet, die älteste dieser Art in Italien, wie überhaupt in Europa. Zu der 1657 begründeten Accademia del Cimento gehörten die bedeutendsten Gelehrten jener Zeit. Obgleich beide Akademien keinen langen Bestand hatten, gaben sie doch den Anstoß zur Bildung ähnlicher Vereine an vielen Punkten Italiens u. wurden eine mächtige Stütze für die fortschreitende Entwickelung der physikalischen Wissenschaften. Die Astronomie, die Mathematik, die Physik, die Medicin sind im 17. Jahrh. unter den Italienern so durch Gelehrte in einer Zahl vertreten, wie sie kein anderes Volk in dieser Zeit aufzuweisen hat. Der glänzendste Name unter denselben ist in dieser Periode Galileo Galilei (s.d.), dessen Werke auch in sprachlicher Beziehung ausgezeichnet sind. Unter seinen Schülern sind die berühmtesten Vincenzo Viviani aus Florenz (st. 1703), Evangelista Torricelli aus Faenza (st. 1647) u. Benedetto Castelli aus Brescia. Andere berühmte Mathematiker u. Physiker dieser Zeit waren Gianalfonso Borelli aus Neapel (st. 1679), Domenico Guglielmini aus Bologna (st. 1710), Giovanni Domenico Cassini (st. 1712 in Paris). Der Jesuit Giambattista Riccioli aus Ferrara (st. 1671) u. Francesco Grimaldi aus Bologna (st. 1663) gehörten zu den ausgezeichnetsten Astronomen ihrer Zeit. Nach längerem Zwischenraume reiht sich im 18. Jahrh. Maria Zanotti aus Bologna denselben an. Unter den Förderern der Medicin, welche mit dem Erwachen der physikalischen Wissenschaften eine neue Gestalt annehmen mußte, zeichneten sich Marcello Malpighi (st. 1694), Lorenzo Bellini (st. 1704), vor Allen aber auch der als Naturforscher u. Dichter bekannte Francesco Redi aus Arezzo (st. 1697) aus. Später machte sich Antonio Cocchi (st. 1758) als Lehrer der Medicin in Pisa u. Florenz berühmt; der ausgezeichnete Botaniker u. Arzt Domenico Cirillo in Neapel wurde 1799 hingerichtet. So wenig[129] die Zeitverhältnisse philosophische Studien begünstigten, so wandten sich denselben doch mehrere fähige Köpfe zu; dahin gehört vor Allen der unglückliche Tommaso Campanella aus Calabrien (st. 1639), welcher außer seinen philosophischen Schriften auch Poesie filosofiche hinterlassen hat. Etwas später lebte Giambattista Vico aus Neapel (st. 1744), einer der genialsten Forscher, welche Italien besessen hat, der durch sein Hauptwerk, die Principj di scienza nuova, das erste Licht in die Geschichte der Völker gebracht hat. Gegen Ende dieses Zeitraumes, wo freilich durch den Einfluß der französischen Ideen auch in Italien ein freierer Geist der Untersuchung erwachte, thaten sich Cesare Beccari (st. 1794) u. Gaetano Filangieri, weiter Antonio Genovesi (st. 1769), Ferdinando Galiani (st. 1787), Mario Pagano (hingerichtet 1799), die Brüder Pietro u. Alessandro Verri (st. 1797 u. 4816), Letzter namentlich durch seine Notti romane hervor.

Obwohl die Verhältnisse dieser Periode jeder freien Forschung u. freien Rede sehr ungünstig waren, hat das Gebiet der Geschichte sehr viele Bearbeiter gefunden, u. selbst mehrere Werke von hoher Bedeutung aufzuweisen, wenn auch nur wenige, welche Selbsterlebtes schildern. Die Kirchengeschichte Italiens nennt als ihren, aber freilich einsam stehenden Stolz, den Serviten Fra Paolo Sarpi (st. 1623), welcher in seiner Geschichte des Tridentinischen Concils ein Meisterwerk schuf, der das Werk des Sforza Pallavicino (st. 1667) über denselben Gegenstand weit nachsteht. Unter der Zahl derjenigen Historiker, welche im ersten Theile dieser Periode noch die Geschichte ihrer Zeit zu schildern suchten, ist vor Allen Arrigo Caterino Davila (st. 1631) wegen seines vom Standpunkte des Hofes aus geschriebenen Werkes Delle guerre civili di Francia (1547–98) zu nennen. Hieran reihen sich die Storia della guerra di Fiandra (1559–1607) von Guido Bentivoglio (st. 1644) u. das im fließendsten Latein geschriebene Werk De bello Belgico des Jesuiten Famiano Strada (st. 1649). Als Werke gelehrten Fleißes sind zu nennen Francesco Capocelatro's (st. 1670) Geschichte von Neapel, von Roger I. bis zum Tode Friedrich's II.; ferner die sehr geschätzte Geschichte Venedigs (1613–71) von Battista Nani (st. 1678). Ausgezeichnet durch Wahrheitsliebe ist die Geschichte seiner Zeit (1613–50) von Pietro Giovanni Capriata aus Genua (st. nach 1650). Ohne eigentlichen Werth sind die zahlreichen Compilationen des Gregorio Leti aus Mailand (st. 1701). Je weiter man in dieser Periode vorschreitet, desto mehr treten Sammlerfleiß u. Erudition an die Stelle der großartigen Gesinnung u. des politischen Scharfsinnes, welchen die Geschichtsschreiber der vorhergehenden Jahrhunderte bekunden. Als der ausgezeichnetste Gelehrte dieser Art ist Lodovico Antonio Muratori (st. 1750) zu nennen, dessen höchst zahlreiche u. zum Theil sehr umfangreiche Werke (darunter auch die ungemein fleißig gearbeiteten Annali d'Italia) jedoch meist lateinisch geschrieben sind. Ihm nicht unähnlich an vielseitiger Thätigkeit war sein Freund, der Marchese Scipione Maffei (st. 1755) aus Verona. Unstreitig der bedeutendste Geschichtsschreiber der zweiten Hälfte dieser Periode ist Pietro Giannone (st. 1748), welcher nach Herausgabe seiner Storia civile del regno di Napoli sein Vaterland verlassen mußte. Weit unter ihm steht Carlo Giovanni Maria Denina (st. 1813), unter dessen zahlreichen Geschichtswerken die Révoluzione d'Italia das beste sind. Zu nennen ist noch die Storia di Milano vom Grafen Pietro Verri (st. 1797), welche an Pietro Custodi u. Stefano Ficozzi Fortsetzer gefunden hat. Um die Kunstgeschichte hat sich diese Periode sowohl in allgemeineren Darstellungen als in specielleren Untersuchungen viele Verdienste erworben. Hervorzuheben sind aus früherer Zeit Filippo Baldinucci aus Florenz (st. 1696), welcher in seinem Hauptwerke, den Notizie de' professori del disegno da Cimabue in quà, den Vasari zu vervollständigen u. zu berichtigen suchte; ferner Carlo Dati aus Florenz (st. 1675) u. Giovanni Baglione, welcher Vite de' pittori, scultori, architetti ed intagliatori schrieb. Aus späterer Zeit ist das Hauptwerk für die Kunstgeschichte Italiens die Storia pittorica d'Italia von Luigi Lanzi (st. 1810), neben welcher noch die Storia della scultura des Grafen Leopoldo Cicognara zu nennen ist. Die Oper hat an dem Spanier Arteaga, das Theater überhaupt an Pietro Napoli Signorelli (st. 1815) Geschichtschreiber gefunden. Der Feldherr Raimondo Montecucculi aus Modena (st. 1681) wurde durch seine Aforismi dell' arte bellica der erste Militärschriftsteller seines Vaterlandes. Einen Glanzpunkt in dieser Periode bilden die Arbeiten der Italiener über ihre eigene Literatur. Im Anfange derselben gab Gianvittorio Rossi aus Rom (st. 1647) unter dem Namen Janus Nicius Erythreus in seiner Pinacotheca eine Geschichte vieler zu seiner Zeit lebenden Gelehrten, u. der Arzt Giovanni Cinelli Calvoli aus Florenz (st. 1706) in seiner Biblioteca volante (Ven. 1734, 4 Bde.) eine sehr brauchbare Sammlung unzähliger kleiner Schriften heraus. Hieran reiht sich die Biblioteca dell' eloquenza italiana von Giusto Fontanini (Rom 1736, mit den trefflichen Noten des Apostolo Zeno, Ven. 1753, 2 Bde.) Den ersten, wenn auch schwachen Versuch einer wirklichen Geschichte der J-n L., machte Giacinto Gimma (st. 1735) in seiner Idea della storia dell' Italia letterata (Neap. 1723). Die wichtigsten Werke aber sind die Storia della volgar poesia (Rom 1698, Ven. 1731, 6 Bde.), von Giovanni Maria del Crescimbeni (st. 1728), ferner die große Storia e ragione d'ogni poesia (Bologna 1739, Mail. 1741–52, 7 Bde.) des Jesuiten Francesco Saverio Quadrio (st. 1756). Ein Werk unendlichen Fleißes sind die Scrittori d'Italia (Brescia 1753–63, 6 Bde.) des Grafen Giovanni Maria Mazzucchelli (st. 1768) in alphabetischer Ordnung, welches jedoch nur bis zum Buchstaben B reicht u. keinen Fortsetzer gefunden hat. Alle diese Arbeiten werden jedoch übertroffen durch die fleißige, zugleich aber auch im Ganzen mit gesundem Urtheil u. mit Kritik ausgestattete Storia della letteratura italiana (Modena 1772–83, 14 Bde., 1787–94, 16 Bde. u.ö., zuletzt Mail. 1822–26, 16 Bde.) des Girolamo Tiraboschi aus Bergamo (st. 1794). Giamballisto Corniani (st. 1813) in seinen Secoli della letteratura italiana (Brescia 1818–19, 9 Bde.) u. der bei weitem geistvollere Camillo Ugoni in seinem Werke Della letteratura italiana (ebd. 1820–1822, 3 Bde.) behandeln nur biographisch eine gewisse Anzahl Schriftsteller. Hierzu kommen zahlreiche Werke über die Geschichte der Literatur u. Gelehrten in den einzelnen Staaten, Landschaften u. Städten Italiens. In allen diesen zum Theil mit unermüdlichem Fleiße gearbeiteten [130] Werken werden jedoch am meisten Kritik u. ästhetisches Urtheil vermißt. An Schriftstellern darüber hat es nicht gefehlt, wohl aber an tieferer philosophischer Bildung; was bis auf die neueste Zeit herab über diesen Gegenstand zur Veröffentlichung kam, ist fast nichts anderes, als der Widerschein französischer Grundsätze. Einer der ersten, welcher sich um ästhetische Theorie u. Kritik verdient machte, ist Benedetto Fioretti, bekannter unter dem Namen Udeno Nifieli (st. 1642), der Verfasser der Proginnasmi poetici; ihm folgte Benedetto Averano aus Florenz (st. 1707) mit seinen Dissertationes u. der schon erwähnte Crescimbeni mit seinem Trattato della bellezza della volgar poesia. Gründlicher u. umfassender als diese alle ist der gelehrte Jurist Giovanni Vincenzo Gravina (1718), welcher in seiner Schrift Della ragion poetica die Natur als höchstes Gesetz aufstellend, sowohl den Aristoteles, wie die Marinisten bekämpft. Geistreicher als Muratori's Werk, Della perfetta poesia, sind die Ragguagli di Parnasso des Trojano Boccalini (st. 1613) u. in noch höherem Grade die journalähnlichen Frusta letteraria des Giuseppe Baretti (st. 1789). Die eigentliche literarische Kritik gewann im 17. Jahrh. ein weites Feld durch das Entstehen der Zeitschriftenliteratur. Das erste literarische Journal der Italiener war das Giornale de' letterati, welches 1668 in Rom von Francesco Nazari begründet wurde (s. Zeitungen u. Zeitschriften). Schon oben wurde erwähnt, daß gegen die Mitte des 18. Jahrh. der französische Einfluß so sehr die Oberhand gewann, daß er sich auch in der Sprache offenbarte. Die Männer, welche diese Richtung vertraten, meinten zwar, ihr Volk, welches sie in Erschlaffung versunken sahen, wieder zu erwecken, allein sie verließen die Bahn der wahren Nationalentwickelung, u. ihre Erfolge konnten daher nicht von langer Dauer sein. Die Hauptvertreter dieser Richtung waren Francesco Algarotti aus Venedig (st. 1764), ein Liebling Friedrichs des Großen, welcher zwar Vieles, aber nur Unbedeutendes schrieb; Saverio Bettinelli aus Mantua (st. 1808), welcher in seinen Lettere Virgiliane seine Unfähigkeit bewies, einen wahren Dichter, wie Dante, zu würdigen; das meiste aber wirkte zur Verbreitung neuer u. zwar französischer Ansichten in der Literatur Melchiorre Cesarotti (st. 1808), welcher unter anderm auch seine Landsleute mit dem Ossian bekannt machte u. die Poesie Homers behandelte. Haben auch diese Männer, vorzüglich aber Cesarotti, nicht den richtigen Weg zur Regeneration des italienischen Geistes eingeschlagen, so haben sie unstreitig das Verdienst, das abgestorbene, pedantische Wesen ihrer Zeit zurückgedrängt u. die Bekanntschaft mit den geistigen Schöpfungen u. Ansichten anderer Völker vermittelt u. somit im Ganzen heilsam auf die Bildung ihres Volkes gewirkt zu haben.

Die Dichter dieser Periode tragen noch mehr als die übrigen Schriftsteller das traurige Gepräge ihrer Zeit. Als Grundfehler der Poesie läßt sich Unnatur, Mangel an Wahrheit angeben. Geistige Erschlaffung u. Gesinnungslosigkeit treten im Allgemeinen mehr od. minder bei allen Schriftstellern dieses Zeitraumes entgegen; die Dichter gefallen sich in der Schilderung von Dingen, welche man nicht innerlich empfunden, innerlich erschaut hatte; daher eitles Wortgepränge, unpassender, oft gigantischer u. falscher Bilderwust; langweilige Ausschmückungen u. kleinliche Ausmalungen jedes Nebenumstandes; Schwulst, Wortspiele, geschrobene Antithesen u. unsinnige Metaphern; überhaupt Concetti, wie man diese Spiele eines eitlen u. leeren Witzes zu bezeichnen pflegte. Die falsche Richtung, deren Keime sich schon bei den Dichtern der früheren Jahrhunderte finden, mußte um so mächtiger hervortreten, je mehr die späteren Dichter ohne innere Begeisterung, ohne wahren Beruf, die Poesie nur als ein heiteres Spiel zur Befriedigung der eigenen Eitelkeit u. zur Erheiterung für Andere betrachten. Die Zahl der Lyriker dieser Periode ist unübersehbar. An der Spitze aller Dichter dieser Periode, mit allen ihren Fehlern behaftet, aber an Phantasie u. melodischer Fülle des Ausdruckes hoch über die meisten andern sich erhebend, steht Giambattista Marini aus Neapel (st. 1625). Unter der großen Anzahl seiner Werke ist sein großes episch-mythologisches Gedicht l'Adone das wichtigste, welches alle seine Vorzüge u. zugleich auch alle seine Fehler am besten erkennen läßt. Marini fand allgemeine Bewunderung, nicht blos in Italien, sondern auch in Frankreich u. auf der Pyrenäischen Halbinsel; er wurde das Haupt einer ganzen Dichterschule, der Marinisten, welche, ohne seine Vorzüge zu theilen, fast nur die Fehler ihres poetischen Führers nachzuahmen od. wo möglich noch zu übertreiben vermochte. Bis zum tollsten Übermaß aber wurde die Manier Marini's von zwei Juristen aus Bologna, Claudio Achillini (st. 1640) u. Girolamo Preti (st. 1626), gesteigert. Es fehlte zwar nicht an Männern, welche dieses Unwesen erkannten u. demselben entgegen zu wirken suchten; allein als ein verunglückter Versuch dieser Art muß die 1690 durch Crescimbeni u. Gravina gestiftete Akademie der Arkadier in Rom betrachtet werden, welche zwar bald in allen Theilen Italiens Nachahmung fand, aber mit dem von ihr vertretenen Schäferwesen nur eine neue Abgeschmacktheit an die Stelle des Marinismus setzte. Mit besserem Erfolge steuerten dagegen einzelne andere Dichter durch Werke ernsterer Art. Dahin gehört der sich mehr dem Alterthume zuwendende Gabriello Chiabrera aus Savona (st. 1637), welcher zwar die Weichlichkeit seiner Zeitgenossen vermeidet, aber dabei in Schwulst u. hochtrabenden Pathos verfällt. In denselben Fehler verfällt auch häufig Fulvio Testi (st. 1646), so wie der männlichere u. edlere Vincenzo da Filicaja aus Florenz (st. 1707). Dichter, wie Bendetto Menzini aus Florenz (st. 1708), Alessandro Guidi (st. 1712), Giambattista Felice Zappi (st. 1719), Francesco de Lemene (st. 1704) u. Carlo Maria Maggi (st. 1699), welche eine Art poetischen Hofs der Königin Christine von Schweden bildeten, waren zu ihrer Zeit zwar hochberühmt, sind aber durch Schwulst, Ziererei u. weibische Weichlichkeit ungenießbar. Dasselbe gilt auch von Carlo Innocenzio Frugoni aus Genua (st. 1768). Ganz anderer Art, dem Geiste Dante's verwandt, sind dagegen die nicht zahlreichen Poesien des Eustachio Manfredi aus Bologna (st. 1738). Auch die lyrischen Dichtungen des Paolo Rolli aus Rom (st. 1767) sind nicht ohne Werth. Gegen Ende des Zeitraumes werden noch mit Auszeichnung genannt Lodovico Fontana Savioli (st. 1804) u. Onofrio Minzoni (st. 1817). Einer der besten italienischen Dichter ist Giovanni Meli aus Palermo (st. 1815), von welchem man reizende Gedichte in sicilianischer Mundart besitzt; nicht minder Beachtung verdient Carlalfonzo Pellizzoni (st. 1818), welcher[131] im mailändischen Dialekte dichtete. Schon in die letztere Periode herein greifen die Lyriker Francesco Gianni, Luigi Carretti (st. 1805), Clemente Bondi (st. 1821), Luigi Lamberti (st. 1813), Giovanni Fantoni (st. 1807), Angelo Mazza (st. 1817), Jacopo Vittorelli (st. 1835) etc. In einer Periode, welche eine so große politische u. wissenschaftliche Verkommenheit zeigt, konnten kaum bedeutendere epische Dichtungen entstehen; von den vielen Versuchen, welche gemacht wurden, hat sich kein einziger über das Mittelmäßige erhoben. Der Vergessenheit anheim gefallen sind die epischen Poesien des Chiabrera, ebenso der Mondo nuovo des Tommaso Stigliani (st. nach 1625) u. Mondo creato des Gasparo Murtola. Das beste Werk aus dieser Zeit ist noch Il conquisto di Granata des Girolamo Graziani (st. 1675), welches jedoch vielfach überschätzt worden ist. Schwächer sind der Boemondo von Giovanni Leone Sempronij (st. 1646) u. das Imperio vendicato von Antonio Carraccio. Manches Eigenthümliche zeigen die Dichtungen Adamo o il mondo creato von Tommaso Campailla (st. 1740) u. die Visioni sacre e morali von Alfonso Varano (st. 1788). Desto günstiger waren die Zeitverhältnisse für das komische Heldengedicht. Der größte Meister in dieser Gattung ist unbestritten Alessandro Tassoni aus Modena (st. 1635), dessen Hauptwerk, die Secchia rapita, zwar noch immer gelesen wird, aber doch kein rechtes Interesse zu erwecken im Stande ist. Noch in viel höherem Grade gilt letzteres von dem Scherno degli Dei des Francesco Bracciolini aus Pistoja (st. 1645). Berühmt zwar, aber ohne die weitläufigen Commentare von Minucci, Biscioni u. Salvini ganz unverständlich ist das echt florentinische Malmantile racquistato des Malers Lorenzo Lippi aus Florenz (st. 1664). Andere Dichtungen dieser Gattung, aber nur noch dem Literarhistoriker bekannt, sind der Torracchione desolato von Bartolommeo Corsini (st. 1675), L'asino vom Grafen Carlo de' Dottori, Le pazzie de' savj ovvero il Lambertuccio von Bartolommeo Bocchini, Il lamento di Cecco da Varlunga von Francesco Baldovino aus Florenz (st. 1716), La Cicceide von Gianfrancesco Lazzarelli (st. 1694), La Moscheide u. La Franceide von Giambattista Lalli (st. 1637), welcher auch eine Eneide travestita geschrieben hat; La Bucchereide von Lorenzo Bellini, La presa de Samminiato von Ippolito Neri u.a. Als Nachklang einer längste erschollenen Zeit ist der Ricciardetto des römischen Prälaten Niccolo Fortegherri (st. 1735) von Interesse, durch welchen derselbe das einst so beliebte Heldengedicht wieder zu beleben suchte. In die Zahl der komischen Dichtungen gehört die poetische Bearbeitung des alten Volksbuchs Artuzie di Bertoldo von Giulio Cesare Croce, einer Art von Eulenspiegel, welches unter dem Titel Bertoldo con Bertoldino e Cacasenno von zwanzig verschiedenen Verfassern italienisch geschrieben, nachher von eben so vielen Damen in die Bolognesische Mundart übersetzt wurde. Ebenso wurden die Späße des Gonella, eines Hofnarren des Herzogs Borso von Ferrara, durch Giulio Cesare Becelli in Verse gebracht. Ein wunderliches Werk ist der Cicerone des Giovanni Carlo Passeroni (st. 1803), doch voll des gutmüthigsten echt italienischen Humors. Das Gegenstück dazu bilden die Animali parlanti u. Novelle des abattista Casti (st. 1803), welche ganz von der frivolsten französischen Manier durchdrungen sind. Ein neueres satyrisch komisches Gedicht ist der Poeta di teatro (1808) von Filippo Pananti (st. 1837). Die zuerst im 18. Jahrh. bearbeitete Fabel hat außer Passeroni noch mehre Dichter aufzuführen, so den Aurelio Bertola (st. 1798), welcher Geßners Manier nach Italien zu verpflanzen suchte, u. Lorenzo Pignotti (st. 1812.) Bei weitem vorzüglicher in der Sprache sind jedoch Luigi Clasio (Fiacchi) aus Toscana u. Gaetano Parego. Die Satyre hat in diesem Zeitraume wenig Glück gehabt. Die Satyren des Virginio Cesarini, des Lorenzo Azzolini u. des Lodovico Adimari sind längst verschollen; eher verdienen die Sermoni des Chiabrera u. die Satyren des Jacopo Soldani (st. 1641) Beachtung. Außer diesen hat der ganze Zeitraum nur einen wahrhaft originellen Dichter dieser Gattung aufzuweisen, den Maler Salvator Rosa (st. 1673), dessen Satyren höchst eigenthümlich, bizarr, leidenschaftlich u. nichts weniger als musterhaft in Bezug auf die Sprache sind, u. wahrscheinlich auf vorhergegangenen Improvisationen beruhen. Sehr geachtet werden auch noch, bes. wegen der Anmuth der Sprache, die Schriften u. insbesondere die Satyren des Gasparo Gozzi aus Venedig (st. 1786). Unter den Satyrikern der Folgezeit verdienen die meiste Erwähnung Giuseppe Zanojo (st. 1817). Giannantonio de Luca u. Angelo d'Elci. Das Beste, was die didaktische Poesie in dieser Periode aufzuweisen hat, ist die Riseide ossia la coltivazione del riso von Giambattista Spolverini (st. 1767), welche für ein Meisterstück gilt. Erwähnung verdienen noch Giovanni Vincenzo Imperiali, Herzog von S. Angelo wegen seines Stato rustico, Giovanni Lorenzo Stecchi wegen seines Gedichtes Delle meteore, Bartolommeo Lorenzi (st. 1820), Verfasser der Coltivazione de' monti, u. Zaccaria Betti (st. 1788) wegen seiner Bacchi dei Seta. Noch jünger sind Cesari Arici (st. 1836), welcher drei kleinere didaktische Dichtungen (1808–14) u. Giuseppe Nicolini, welcher La coltivazione de' cedri (1815) herausgab. Die dramatische Poesie gelangte auch in diesem Zeitraume zu keiner höheren Bedeutung u. wurde von der sich steigernden Luft an der Oper in den Hintergrund gedrängt. Die meisten Producte der zahlreichen Tragiker dieses Zeitraums sind bombastisch u. hohl, ohne Wahrheit u. ohne Interesse, oft bis zum Albernen u. Lächerlichen herabsinkend. Selbst die Stücke des Giovanni Delfino (st. 1699) u. Antonio Carraccio (st. 1702), welche noch die meiste Vollkommenheit zeigen, sind jetzt ganz vergessen. Auf der einen Seite wurde das Spanische in ungeschickter u. geistlos übertreibender Weise nachgeahmt, andererseits suchte man das Publicum durch abenteuerliche Darstellung heiliger Gegenstände zu gewinnen. In letzter Art ist der Adamo des Schauspielers Giambattista Andreini (st. 1652) berühmt geworden, welcher ganz in der Art der alten Mysterien gehalten ist. Gegen Ende des 17. Jahrh., als das französische Theater in Italien bekannt wurde, suchte man sich die Weise der französischen Dramatiker anzueignen. Der erste, welcher nicht nur die französische Tragödie, sondern auch die Alexandriner in Italien heimisch zu machen suchte, war Pier Jacopo Martelli aus Bologna (st. 1727). Das beste jedoch, was das 18. Jahrh. überhaupt im Tragischen hervorbrachte, ist ohne [132] Vergleich die Merope des oben schon erwähnten Scipio Maffei; ihm steht nicht unwürdig zur Seite der Mathematiker Antonio Conti aus Padua (st. 1749). Gänzlich verschollen dagegen sind die Werke des Pietro Chiari aus Brescia. Reicher u. bedeutender sind in diesem Zeitraum die Leistungen der Italiener in der Komödie. Die Commedia dell' arte erhielt sich trotz aller Anfeindung bis auf die neueste Zeit herab. Für dieselbe schrieb mit großem Beifall der Dichter u. Schauspieler Flaminio Scala (st. 1620), welcher mit seiner Truppe auch Paris besuchte. Noch mehr Aufsehen erregten in Paris die Talente des Tiberio Fiorillo (st. 1694); auch Salvator Rosa war unter dem Namen Signor Formica in Florenz u. Rom für die Komödie thätig. Im Anfange des 17. Jahrh. blühte die Komödie vorzüglich in Neapel. Der berühmteste unter den dortigen Dichtern war Giamballisto Porta, welcher 14 Komödien veröffentlichte. Ihm sind an die Seite zu setzen Lorenzo Stellato, der Herzog von Sermonetta, Filippo Gaetano u. Francesco d'Isa (st. 1622); kühner u. eigenthümlicher ist Scipione Errico in seinen Stücken in den Rivolte di Parnasso. Ganz eigenthümlich in ihrer Art sind La Fiera u. La Tancia von dem jüngeren Michelangelo Buonarotti (st. 1646), von denen das eine im Florentinischen Stadtdialekt, das andere in der Bauernsprache eigens dazu geschrieben wurden, um der Crusca Beispiele aus der Volkssprache Toscanas für ihr Wörterbuch zu bieten. Die bedeutendsten Talente für die Komödie hat das 18. Jahrh. entwickelt. Zunächst zu nennen ist Girolamo Giglio aus Siena (st. 1722), welcher doch mehr Nachahmer des Racine u. Molière, als selbständiger Dichter war. Auch der Lyriker Giambattista Fagiuoli schrieb mehre nicht eben bedeutende Komödien, welche, so wie die des Marchese Liveri aus Neapel (1740_–50) u. des erwähnten Chiari in Venedig, ihrer Zeit Beifall fanden, jetzt aber vergessen sind. Die Leistungen aller seiner Vorgänger verdunkelte aber Carlo Goldoni (st. 1792), der einzig wahre Komiker, welchen Italien aufzuweisen hat. Er wollte in der Art Molières schreiben u. durch edlere Sittenkomödie die Commedia dell' arte verdrängen. Letzteres gelang ihm zwar nicht, doch hat er in vielen seiner zahlreichen Stücke treue Schilderungen echt italienischer Charaktere u. Sitten in natürlicher, oft selbst nachlässiger Sprache gegeben, welche ihn zum Lieblingsdichter seines Volkes machten. Er beherrschte mit seinen Stücken von 1740–50 in Venedig die Bühne, obgleich er eine Zeit lang gegen den Einfluß des Chiari zu kämpfen hatte, bis sich Graf Carlo Gozzi (st. 1806) gegen Beide erhob u. sie durch seine dramatisirten Märchen (Fiabe teatrali), welche reich an Poesie, Laune u. bizarren Erfindungen sind, überflügelte. Gegen Ausgang des 18. Jahrh. schwankte man zwischen französischen u. auch deutschen Vorbildern (Kotzebue u. Iffland), auch hat sich kein einziges wahrhaft bedeutendes Talent hervorgethan. Dahin gehören Antonio Avelloni, Gualzeiti aus Neapel, Greppi aus Bologna u.a. m. Die weinerliche Komödie wurde eine Zeit lang nicht ohne Erfolg durch Camillo Federici aus Turin vertreten. Talent bekundeten auch Gherardo de' Rossi, der Marchese Francesco Albergati Capacelli, Napoli Signorelli, der Graf Alessandro Pepoli, Mario Pagano u. der Venetianer Sografi. Ein Theater für Kinder schrieb Giulio Genoino aus Neapel. Die Oper, im ganzen 17. u. 18. Jahrhundert u. auch gegenwärtig noch das Lieblingsschauspiel der Italiener, entwickelte im 17. Jahrhundert zwar einen großen Luxus in Bezug auf theatralische Ausstattung u. Musik, ließ aber in poetischer Hinsicht Alles zu wünschen übrig. Einen Fortschritt machte sie darin, daß seit etwa 1613, vorzüglich in Folge der Bemühungen des Grafen Fulvio Testi, die Monotonie der Recitative durch die Arie mehr u. mehr unterbrochen wurde. Dagegen erreichte die Operndichtung ihren Gipfel im 18. Jahrh. u. erlangte eine solche Celebrität, daß sie an viele Höfe des Auslandes verpflanzt wurde. Sie verdankt dies zwei noch jetzt in Italien hoch geachteten Dichtern, dem ernsten u. gelehrten Apostolo Zeno aus Venedig (st. 1750) u. dem Pietro Trapassi, bekannter unter dem präcisirten Namen Metastasio (st. 1782). Weniger bedeutend sind ihre Zeitgenossen Rolli, Frugoni, Migliavacca, Olivieri, Cigna, Damiani, Fattiboni, Coltellieri, Rogati, Rezzonico u. Calsabigi. Von jüngeren sind De Cristoforis u. Felice Romani zu nennen. Die komischen Opern von Giovanni Gherardini sind nie aufgeführt worden.

V. Die fünfte Periode

der Geschichte der J-n L. bildet die neuere u. neueste Zeit. Durch die gewaltigen politischen Ereignisse der letzten Decennien des 18. Jahrh., bes. durch die Französische Revolution, wurde eine Krisis veranlaßt, welche nicht blos eine Regeneration der Sprache u. Literatur, sondern des Volksgeistes der Italiener überhaupt herbeiführte. Während sich der Drang nach nationaler Selbständigkeit u. freien, würdigen politischen Institutionen in verschiedenen Revolutionen, wie 1821, 1831, 1848 u. 1859, Luft machte, entwickelten sich in Bezug auf Sprache u. Literatur zwei Hauptgegensätze: der eine auf dem Gebiete der Sprache, der andere tiefere u. umfassendere auf dem Gebiete der literarischen Kritik. In der Sprache zeigte sich das Streben, die vielfach eingedrungenen Gallicismen zu bekämpfen u. auf die besseren Alten, namentlich auf Dante u. Petrarca, so wie die gleichzeitigen Dichter u. Prosaisten (Il trecento) zurückzuweisen. Es konnte nicht an Männern fehlen, welche die Vorliebe für das Trecento bis zur Affectation trieben. Als der wichtigste Verfechter dieser pedantischen Schule, der sogenannten Trecentisten, ist der sonst allerdings um die Italienische Sprache hochverdiente Antonio Cesari aus Verona (st. 1828) zu nennen, welcher mit unermüdlichem Eifer zeitlebens durch die Herausgabe alter italienischer Klassiker, durch Übersetzungen aus dem Lateinischen, durch eine weitläufige Schrift zur Erläuterung der Sprachschönheiten des Dante, vorzüglich aber durch eine mit zahllosen veralteten Wörtern bereicherte Ausgabe des Wörterbuchs der Crusca für die Reinheit der Sprache nach Maßgabe des goldenen Trecento zu wirken suchte. Obgleich oft mit Spott, bes. von Monti, behandelt, ist er doch die hauptsächlichste Veranlassung gewesen, daß sich seitdem alle besseren Schriftsteller einer echt italienischen, von fremder Beimischung möglichst freien Sprache befleißigt haben, u. der Streit der Puristen u. Gallieisten ganz entschieden zum Vortheil der Ersteren ausgefallen ist. Einen treuen Nachfolger erhielt Cesari an Pellegrino Farini (st. 1848). Noch bis auf die Gegenwart nicht zu voller Entscheidung gekommen ist der oben erwähnte zweite Gegensatz zwischen den Klassikern u. Romantikern, od. den Anhängern der älteren poetischen Schule,[133] u. denen, welche den freieren Ansichten der Engländer u. Deutschen huldigen. Unter den Männern, welche sich überhaupt um die Regeneration der J. L. verdient machten, ist zunächst Giuseppe Parini aus Bosisio im Mailändischen (st. 1799), welcher als Dichter zuerst einen besseren, männlicheren Ton anschlug u. in seinem Hauptwerke Il giorno mit höchster Eleganz der Sprache die Nichtigkeit des Lebens der höheren Stände seiner Zeit geißelte. Ihm steht würdig zur Seite Ippolito Pindemonte aus Verona (st. 1828), welcher in seinen Epistole vielfältig die Verwüstungen seines Vaterlandes beklagte u. überhaupt in fast allen seinen Werken eine dem Italiener sonst fremde melancholische Stimmung zeigte. Unendlich mehr wirkte auf seine Zeit der Graf Vittorio Alfieri (st. 1803), welcher seinen Ruhm vorzüglich durch seine Tragödien begründete. Wegen letzterer wird er allgemein als der Restaurator des italienischen Theaters u. das Haupt einer bedeutenden Schule betrachtet. Ein Feind der opernartigen Weichlichkeit der italienischen Dramen, wie der oft widrigen Liebschaften u. Confidens der französischen Tragödie, verfiel er in das entgegengesetzte Extrem; er verlangte höchste Leidenschaftlichkeit auf der einen u. möglichste Einfachheit der Handlung auf der anderen Seite. Auf diesem Wege erreichte er jedoch statt Einfachheit u. Natur nur Härte, so wie eine von aller Localfarbe u. aller Charakteristik entblößte Abstraction. Dennoch wurde die neue Erscheinung von den Besseren im Volke mit Freude aufgenommen. Zu der Schule Alfieris gehört zunächst auch der an Charakter in manchen Beziehungen ähnliche Ugo Foscolo (gest. in London 1827), welcher jedoch weniger durch seine Dramen u. anderen Poesien, als vielmehr durch seine Ultime lettere di Jacopo Ortis, eine in das Politische u. Fanatische übertragene Nachahmung von Goethes Werther, berühmt geworden ist. Ohne Zweifel den bedeutendsten Einfluß auf die Regeneration der italienischen Poesie u. der Sprache seiner Zeit hat Vincenzo Monti (st. 1828) geübt. In dem zu seiner Zeit, vorzüglich durch Giovanni Berchets Übersetzung des Wilden Jägers u. der Leonore von Bürger angeregten Streite zwischen dem Klassicismus u. der Romantik, stellte er sich auf die Seite des ersteren; in dem Streite der Puristen u. Gallicisten verfocht er, ohne die Einseitigkeit Cesaris u. seiner Anhänger zu billigen, mit Geist u. Geschmack die Sache des Purismus. In allen seinen Bestrebungen stand ihm sein Schwiegersohn, der Graf Giulio Perticari (st. 1822), treulich mit der gründlichsten Kenntniß des italienischen Alterthums u. der älteren J. L. zur Seite.

Monti folgt in seinen mit dem glänzendsten Beifall aufgenommenen Trauerspielen Aristodemo (1786) u. Galeotto Manfredo (1788) im Ganzen dem Systeme Alfieris od. vielmehr der französischen klassischen Tragödie, mildert es aber bedeutend durch die Anmuth der Sprache. Unter den neueren Dramatikern, welche dieser klassischen Schule angehören, gebührt unstreitig der erste Rang dem talentvollen u. geistreichen Florentiner Niccolo Niccolini, welcher seine früheren Stoffe zwar meist aus der Mythologie entlehnte, sich aber später mit Glück der vaterländischen Geschichte zuwandte. Schwächer, aber durch Liebenswürdigkeit der vaterländischen Gesinnung ausgezeichnet, sind die dramatischen Werke des Silvio Pellico (s.d.) aus Saluzzo. Derselben Richtung gehören noch die Tragödien u. Dramen von Carlo Maroncelli, dem Unglücksgefährten Silvio Pellicos, ferner von Luigi Scevola u. Cesare de la Valle, Herzog von Ventignano, welche Beide fast nur mythologische Stoffe in gewohnter Weise behandeln; ferner Francesco de la Valle, Marchese di Casanova (st. 1836), u. der ungemein fruchtbare Neapolitaner Cosenza.

Eine ganz neue Bahn im Tragischen, wie auch in anderen Gattungen der Poesie, hat sich Alessandro Manzoni, wohl der bedeutendste Dichter der Italiener in neuester Zeit, gebrochen. Durch seine beiden Tragödien Il conte di Carmagnola (1820) u. Adelchi (1823), welche von Goethe wohlwollend beurtheilt wurden, begründete er das historische Drama u. wurde in Wahrheit der Reformator des Italienischen Theaters. Ihr Vorbild haben Tedaldo Fores, De Christoforis Rosini, Carlo Marenco aus Ceva (st. 1846) nicht erreichen können. Die meisten der neueren Dramatiker folgen mehr od. minder der von Manzoni eingeschlagenen Bahn. Dahin gehören Giuseppe Revere, A. Gigliani, Felice Turatti, Giacinto Battaglia, A. Brofferio, Carlo Guaita, Gius. La Farina, T. Ottoboni u. v. And., die sich meist auch auf anderen literarischen Gebieten versucht haben. Geschätzt werden die dramatischen Arbeiten von Giovanni Sabbatini in Modena, Francesco del Ongaro in Triest u. G. E. Bideri in Neapel. Im Lustspiel haben sich die unerreichten Stücke von Goldoni u. Alberto Nota (st. 18. April 1847) auf der Bühne erhalten. Sonst sind die Komödien von Meneghezzi, Augusto Bon, des Grafen Giov. Giraud, G. Paradisi, Antonie Benci (st. 1843) mit Beifall aufgenommen worden. In jüngster Zeit sind Gherardo del Testa u. Paolo Farini mit günstigem Erfolge als Lustspieldichter aufgetreten. Die Oper hat in neuerer Zeit wenig Bedeutendes aufzuweisen; überhaupt ist die italienische Bühne noch immer von, durch Übersetzungen od. Bearbeitungen französischer Werke vielfach überschwemmt. Das Epos im alten Sinne, wie es bisher vielfältig in Italien versucht worden war, ist in neuerer Zeit nicht wieder vorgekommen, wogegen kleinere epische Erzählungen, gewissermaßen poetische Novellen, u. Romane vielen Beifall gefunden haben. In dieser Art dichtete Tommaso Grossi, der bedeutendste Vertreter der epischen Dichtung in der jüngsten Literaturepoche Italiens. Seine bedeutendsten Werke sind die versificirten Novellen La fuggitiva (1817) u. Ildegonda, ferner die Russiada u. sein Hauptwerk, die umfangreichere Dichtung I Lombardi alla prima crociata (1826), welche viele Streitschriften hervorrief. Andere epische Dichtungen, die sich jedoch nicht über die Mittelmäßigkeit erheben, veröffentlichten in den letzten Decennien Bened. Sestini, Pietro Bagnoli, Ces. Arici (st. 1837), Girol. Orti, Giov. Torti, Jacopo Cabianca, Angelo Maria Ricci (st. 1850), Dom. Biorci, C. Capriata, P. Castiglioni, die Dichterin Fantastici Rosellini u. v. And.

Die hervorragendsten unter den zahllosen Lyrikern, auch der jüngsten Entwickelungsepoche der J-n L., sind Alessandro Manzoni, welcher in seinen Inni sacri einen bis dahin unbekannten Ton in Italien anschlug, u. der hochgebildete Graf Giacomo Leopardi (st. 1837). Beide Dichter sind die Vorbilder der beiden Hauptrichtungen, die sich in jüngster Zeit in Italien geltend gemacht haben. Der Richtung Manzoni's, od. der sogen. Klassischen[134] folgen Giovanni Berchet u. der erwähnte Tommaso Grossi, welche beide verstorben sind; unter den noch Lebenden sind Niccolo Tommaseo u. Giovanni Prati die namhaftesten. Hauptsitz der Schule, die sich an Leopardi anschließt, od. der sogenannten Formisten, ist Bologna u. gruppirt sich um Marchetti. Dahin gehören Alessandro Poĕrio (ein Bruder des unglücklichen neapolitanischen Ministers), Terencio Mamiani u. die Dichterin Ferrucci. Auch die gegenwärtigen Dichter in Rom, welche ihren Mittelpunkt in dem jüngeren Fürsten Torlonia (st. 1858) fanden, haben Leopardi zum Vorbild, lassen aber auch deutsche Dichter, wie namentlich Lenau u. And., nicht unbeachtet. Dahin gehören Fabio Nannarelli, Ignacio Ciampi, P. E. Castagnola, Giambatt. Maccari u. die Dichterin Guoli. Eine neue Richtung entwickelt sich seit Kurzem in Oberitalien; sie wird vorzüglich durch Aleardo Aleardi in Verona, Giulio Carcano, Scolari u. Bellini (letztere beide in Piemont) vertreten. Außer den Genannten haben sich in neuerer u. neuester Zeit einen Namen als Lyriker erworben: Luigi Carrer (st. 1850), Angelo Maria Ricci, Gius. Borghi (st. 1847), Agostino Cagnoli (st. 1846), Girol. Orti, Ant. Zoncada, Giamb. Casti, Luigi Gaiter, Carlo Guaita (st. 1846), Luigi Ciampolini (st. 1846), Paolo Fumeo (st. 1846), Pieri Zorutt, Ant. Peretti, Giulio Uberti in Mailand, P. P. Parzanese in Neapel etc. Einen Béranger hat Italien an Giuseppe Giusti (st. 1850), welcher viele ansprechende patriotische Gedichte in toscanischer Volksmundart lieferte. Als gemüthlicher u. naiver Dichter war seiner Zeit J. A. Casiglieri (st. 1846 in Mantua) sehr beliebt. Die namhaftesten Dichterinnen der letzten Decennien sind: Fantastici Rosellini aus Florenz, Adele Curti (st. 1845), Elisabeta Kulmann, Diodata Saluzzo (st. 1840), Beatrici Oliva Mancini in Turin (die Gattin des berühmten neapolitanischen Flüchtlings), Rosina Muzio-Salvo u. Rosalia Amari (die Töchter des berühmten Geschichtsschreibers) aus Sicilien, wo auch die gefeierte Turrisi Colonna (st. 1848) lebte, u. v. And. Die berühmteste Improvisatrice Italiens ist gegenwärtig Giannina Milli aus den Abruzzen. Wie überhaupt durch die Lyrik des neueren Italiens ein politischer Zug hindurchgeht, so haben namentlich die großen Bewegungen des letzten Jahrzehnts eine Menge patriotischer Oden, Hymnen u. anderer Poesien hervorgerufen; doch verdient von den rein politischen Dichtern nur etwa Brofferio in Turin besondere Erwähnung. Während des Italienischen Krieges von 1859 war Goffredo Mamelli der Theodor Körner der Italiener.

Die Novelle, welche bis zum 17. Jahrh. die Lieblingsunterhaltung der Italiener war u. so zahlreiche Dichter in Anspruch nahm, ist seit dieser Zeit fast gänzlich verstummt. Alles, was bis auf die neueste Zeit herab darin vorkommt, ist bedeutungslos. In den letzten Jahren wurden wieder einige Versuche von Gaetano Parolini, Luciano Scarabelli, Carlo Tami u. And. gemacht. Dagegen fand der vorher Italien ganz fremde Roman durch Ugo Foscolo's schon erwähnte Ultime lettere di Jacopo Ortis (Vened. 1802, Lond. 1817) jenseits der Alpen Eingang. Die von Ugo Foscolo angeschlagene Saite klang zwar in den zahlreichen Romanen Bertolettis u. Defendente Sacchis nach, sowie in dem bessern Platone in Italia (1804) von Vineenzo Cuoco u. den Viaggi del Petrarca (1820) von Antonio Levati, doch war es erst das Bekanntwerden u. die Bewunderung der Werke Walter Scotts, was in Italien den historischen Roman erzeugte. Auch hier war es Alessandro Manzoni, welcher in seinen klassischen Promessi sposi (1825) zuerst den Weg zeigte, den später so viele Nachfolgen wandelten. Unmittelbar in die Fußtapfen Manzoni's trat der Pisaner Giov. Rosini mit der Monaca di Monza (1829), der Luisa Strozzi (1833) u. Il conte Ugolino della Gerardesca ei Gibellini di Pisa (1843); mit mehr Talent folgten ihm der Geschichtsschreiber Ces. Cantu (Margherita Pusterla, Mail. 1837, Flor. 1845), der Minister Massimo d'Azeglio im Ettore Fieramosca u. Assedio di Firenze, u. Francesco Domenico Guerazzi (zuletzt Beatrice Cenci). Unter den übrigen Dichtern des historischen Romans seit Manzoni sind zu erwähnen: C. Varese, Giambatt. Bazzoni, A. Bresciani, L. Gualtieri, Gius. Revere, Adolfo Mezzanotte, Giov. Campiglio, L. Romani, Falconetti, Vincenzo Lanzetti, Defendente Sacchi, Gius. di Cesare, Pietro Marocco, P. Zorli, Luigi Vigna, Fürst von Santa Rosa, Giacinto Battaglia, Niccolo Tommaseo, Ranieri, L. Carrer, L. Cibrario, Gius. Rovani, Ign. Cantu, Tullio Dandolo, Luigi Fornaciari, Luigi Ruozi, Giov. Celanese, Tito Dellaberrenga, Luigi Dasti, Aless. Bulgarini, Aless. Verri, Fil. de Boni, C. Vandoni, Carlo a Valle, Bass. Finoli, Fil. de Bernardi etc; ferner die Romandichterinnen Lucrezia Marinella (L'Enrico, Vened. 1844, 3 Bde.), Sabina Rasori (Ermellina, Tur. 1842) u. v. A. Fast alle Männer, welche in neuester Zeit eine Rolle in den öffentlichen Angelegenheiten spielten u. noch spielen, haben sich der Form des Romans bedient, um ihren politischen Ansichten, patriotischen Ideen u. Tendenzen einen Ausdruck zu verleihen. In neuester Zeit hat man auch versucht den socialen Roman aus Frankreich hierher zu verpflanzen, doch ist noch nichts Bedeutendes erschienen. Sonst werden fast alle französischen Romane, oft in mehreren Übersetzungen zugleich, verbreitet.

Die Geschichtsschreibung im höheren Sinne des Wortes konnte bei dem Drucke, unter welchem bis auf 1848 die Presse in ganz Italien u. seit jener Zeit im größten Theile der Halbinsel zu leiden hat, sowie bei dem Mißtrauen der weltlichen u. geistlichen Regierung nie recht gedeihen. Noch gegenwärtig besteht die bei der einstigen historischen Bedeutung so reiche historische Literatur Italiens aus Erläuterungen älterer Geschichtswerke, in Urkunden u. Quellensammlungen, sowie in monographischen Arbeiten über einzelne Orte, Personen u. Begebenheiten. Doch waren schon vor den Stürmen der Jahre 1848 u. 1849, welche für die Staaten des Königs von Sardinien vollständige Preßfreiheit, für die Lombardei u. Venedig wenigstens eine mildere Handhabung der Controle herbeiführten, neben den bloßen Anhäufungen von Materialien allmälig immer mehr Werke, in neuester Zeit namentlich in Sardinien, an das Licht getreten, die von einem gründlichen u. umfassenden Quellenstudium, dabei einer genauen Kenntniß u. Berücksichtigung namentlich der einschlagenden Deutschen Literatur Zeugniß ablegen u. zugleich auch von philosophischem, ebenso wie patriotischem Geiste durchweht sind. Dies gilt bes. von Cesare Cantu's Storia universale (zuerst Mail 1837 ff., 37 Bde.), der ersten allgemeinen Weltgeschichte, die in Italien[135] geschrieben u. hier mit Begeisterung, im Auslande mit Achtung aufgenommen wurde. Ebenso wurde die allgemeine Geschichte Italiens, bei den politischen Bestrebungen nach Einheit, mehrfach Gegenstand der Bearbeitung. So sind außer A. Coppi's Annali d'Italia dal 1750 zu erwähnen die Geschichtswerke über Italien von Giov. Campiglio, Gius. La Farina, Balbo, Levati (fortgesetzt von Ignacio Cantu), Gius. Borghi, Gius. Cannonieri, Ces. Cantu Vannucci, Gabriele Rosa (Storia della cultura Italiana), J. Ferrari (Histoire des revolutions d'Italie). Eine Geschichte der italienischen Gesetzgebung versuchte Sclopis, die Storie dei domini stranieri in Italia schrieb Moisé u. Gius. Berta L'Italia sacra. Außerordentlich begünstigt wurde das Studium der vaterländischen Geschichte, was die älteste Epoche betrifft, durch die häufigen Ausgrabungen antiker Schriftdenkmäler, u. was das Mittelalter u. die neuere Zeit angeht, durch die sorgfältige Herausgabe zahlreicher Quellenschriften. Vorzügliches leisteten mehrere eigens zu diesem Zwecke zusammengetretene Gesellschaften. Vor Allem ist das von Vieusseux in Florenz 1842 begonnene u. von Bencini, Capponi, Ciampi, del Furia, Gelli, Inghirami, Niccolini, Polidori, Repetti, Rosini u. andern Geschichtsforschern geleitete Archivio storio Italiano zu nennen. Außer Geschichtsquellen enthält dasselbe auch gründliche historische Untersuchungen. Sonst besteht zu Florenz ein Verein zur Herausgabe der Relazioni degli ambasciatori Veneti al Senato, unter Leitung Alberi's. Gleiche Zwecke verfolgen die Societa historica in Neapel u. die historische Gesellschaft in Piemont. Schätzbare Beiträge zur Geschichte Italiens lieferten G. Molini, Luigi Tosti, P. Bigazzi, Cibrario, Cesare Balbo, Carlo Leoni u.a. Übrigens sind in den meisten Zeitschriften (s.d.) viele, oft vortreffliche Untersuchungen verborgen. Die älteste Geschichte Italiens bis zum Untergange des Weströmischen Reichs fand einen ausgezeichneten Bearbeiter an Gius. Micali (s.d.), Garzetti, Ang. Mazzoldi, Bened. Giovanelli, Inghirami, C. Baudi di Vesme u.a. Die Geschichte des Römerstaats behandelten Pellegrini Farini, Tullio Dandolo, Gius. Cesare etc. Eine Reihe sehr tüchtiger Arbeiter erschien während des letzten Decenniums über die Geschichte Italiens im Mittelalter. Vor Allem ist hier Carlo Troya's (st. 1859) Storia d'Italia del medio evo zu nennen, sowie noch Werke von Ercole Ricotti, Rancieri, Provana, La Farina, A. Ruggieri. Bes. rief die Geschichte der Longobarden u. die Streitfrage über den Ursprung der Municipalverfassung mehrere schätzbare Arbeiten hervor. So erschienen außer einer Übersetzung von Savigny's Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter als Quellen Troya's Codice diplomatico Longobardico dal 568 al 774 u. Bandi di Vesme's Edicta regum Longobardorum. Sonst schrieben über diesen Gegenstand, C. Morbio, C. Troya, C. Redaelli, Fil. de' Bernardi, Baudi di Vesme, Carlo d' Arco, Paolo Emiliano-Giudici, Giul. Ricci, Fossati u.a. Die Geschichte der neuern Zeit seit der Französischen Revolution konnte seit Botta's Storia d'Italia wegen des Druckes der Censur kaum bearbeitet werden. Das Wenige, was über das neuere Italien geschrieben wurde, erschien meist im Auslande; jedoch ist seit dem Regierungsantritt Victor Emanuels namentlich in den Sardinischen Staaten manches schätzbare Werk aus Licht getreten, wie die Memorie del Generale Pepe, Mariotti's englisch zu London 1846 u. 1848 herausgekommene Werke über Italien in seiner politischen u. literarischen Entwickelung; ferner Schriften von Gius. La Farina, L. C. Farini, Gius. Martini etc. Die Revolution von 1848 hat verschiedene historische Arbeiten hervorgerufen, die jedoch meist im Parteiinteresse geschrieben sind. Dahin gehören die Werke von F. A. Gualterio, C. Rusconi. Gius. La Farina, Franc. Anfossi, Carlo Pisacane, Ces. Vimercadi, Fd. Ranalli, Caloandro Baroni, A. Bresciani etc. Je weniger Arbeiten das gesammte Italien betreffen, desto mehr Monographien über die Geschichte einzelner Begebenheiten, Provinzen, Städte, Geschlechter u. Personen hat die ältere wie die neuere J. L. aufzuweisen. Es wird kaum einen Ort von historischer Bedeutung in Italien geben, der nicht auch seinen Geschichtsschreiber u. seinen Archäologen aufzuweisen hätte. Meist jedoch gelangen ihre Arbeiten nicht über die Provinz, geschweige denn über die Grenzen Italiens hinaus.

Die wichtigsten Arbeiten, welche die neuere Zeit auf dem Gebiete der Specialgeschichte hervorbrachte, lieferten zunächst für das Königreich Sardinien L. Cibrario, Federigo Sclopis, Ces. Balbo, Ercole Ricotti, A. Galenga, Domenico Carutti, Giovambattista Adriani, G. Casali (Geogr. u. Statistik), C. Promis u.a.; Geschichtsschreiber der Insel Sardinien ist G. Mano; wozu noch Vittore Martini (Kirchengeschichte), Spano (Archäologie), de Tola u. Alb. de la Mannora (Geographie) kommen. Die Geschichte der Stadt u. Republik Genua schrieb N. G. Canale, vorher Carlo Varese u. Girolamo Serra. Über die Lombardei schrieben Luigi Tossi, Ces. Cantu, über die Stadt Mailand insbesondere B. Corio, G. Giulini, Carlo Annoni (Archäologie), Fr. Predari (Literatur); über Brescia F. Odorici, über Padua Gio. Citadella, über Cremona Fr. Robolotti, über Verona Orti-Manara, über die Stadt u. Republik Venedig vor Allen C. Romanin, dann Agostino Sagredo, Cicogna, Matinelli, Crivello, Moschini, Cadorin, Pietro Bettio etc. Die Geschichte Parmas bearbeiteten Luciano Scarabelli, Ireneo Asso, Aug. Pezzana, Giordani (Kunstgeschichtliches); die Geschichte Modenas L. Forni, C. Campora, Franc. Manfredini u.a. In Toscana ist Florenz noch immer ausgezeichnet durch die große Anzahl u. Tüchtigkeit seiner Geschichtsforscher. Die Geschichte des Toscanischen Staates bearbeiteten früher Lorenzo Pignotti, in neuester Zeit Franc. Inghirami, F. Moisé, Ant. Zobi, in topographischer Hinsicht Repetti; über Florenz schrieben außer vielen Anderen Fr. Trucchi, P. di Santa Rosa, Tullio Dandolo, G. Ariazzi, F. Moisé, A. Reumont, über Pisa Bonaini, E. Valtancoli-Montazio, über Siena Vinc. Buonsignori, G. Porri, Gaet. Milanesi (Archäologie u. Kunst), über Lucca Girol. Tommasi, A. Mazzarosa, G. Matraja, C. Minutoli u.a. Die Republik San-Marino haben die Werke Melch. Delficos u. Oreste Brizi's zum Gegenstande. Um die Geschichte der Päpste machten sich, jedoch von sehr verschiedenen Standpunkten aus, verdient A. Bianchi-Giovini, Tullio Dandolo, L. Tosti etc.; viele in jüngster Zeit über Rom u. den päpstlichen Staat erschienene Schriften können auf den Namen von historischen Werken wegen ihrer offen ausgesprochenen politischen u. kirchlichen Tendenzen[136] gar keinen Anspruch machen. Die Stadt Rom betreffen die Schriften von Ant. Vesi, A. Belli, Pasquale Adinolsi u.a.; Ancona fand seinen Geschichtsschreiber an Agost. Peruzzi, Bologna an Gaet. Giordani, Perugia an Franc. Bartoli u. Vermiglioni, Ferrara an Landerchi. Das Königreich beider Sicilien betreffend, so gehört Coletta's Storia del Reame di Napoli dal 1735–1825 (Capolago 1834, 2 Bde.; Par. 1835) zu den besten Geschichtswerken Italiens. Außer ihm schrieben über die Geschichte dieses Königreichs kurz vorher Pagano u. später Nicolo Corcia, Pietro Giannone (Stor. civ. del regno di Napoli, Mail. 1844 ff.), Matteo Camera L. del Pozzo, Minieri-Riccio. Die Geschichte der inneren Verfassung u. Verwaltung des Königreichs suchen unter Anderen Giov. Manna u. Bianchini darzustellen. Für Herausgabe älterer Geschichtswerke ist zu Neapel namentlich S. Volpicella thätig, wie auch P. Garzilli, V. Capialbi u. bes. Gius. del Re. Tüchtige Bearbeiter fand die Geschichte der Insel Sicilien an Gius. Alessi, Pietro Lanza, Fürst von Scordia, Gius. di Cesare, Nic. Palmieri, Lodov. Bianchini, Mas. Zoferro, Michele Amasi (s.d.). In den italienisch sprechenden Theilen Tyrols (Friaul) traten als Geschichtsschreiber auf Gius. Bianchi, Perini, Pinamonti, Frapporti, Giovanelli (st. 1840) etc., für Istrien u. Dalmatien Vinc. Solitro, Fr. Carrara, Franc. Cusani. Die Geschichte berühmter italienischer Familien hat zahlreiche Monographien aufzuweisen; hervorzuheben sind des Grafen Litta Famiglie celebri Italiane, 1819 ff., wie auch Giov. Monnerets Sull e famiglie nobili della Monarchia di Savoia. Die Kriegsgeschichte hat in Ercole Ricotti's Storia della compagnie di ventura in Italia einen ausgezeichneten Beitrag erhalten. Andere Arbeiten erschienen von Cam. Vacani, Ferrero, A. Fabretti, Aless. Zanoli, Ferd. Pinelli u. Mariano d'Ayala. Letzter ist gegenwärtig überhaupt der bedeutendste Militärschriftsteller Italiens. Über die Geschichte der auswärtigen Völker u. Staaten erschien nur wenig Beachtenswerthes; zu nennen sind nur etwa Botta's Stor. della guerra dell' independenza degli Stati Uniti d'America (zuerst 1809 u.ö.) u. Camillo Vacanis Geschichte des Französischen Kriegs in Spanien. Nicht minder arm ist die geographische Literatur über fremde Länder. Die Kunde Italiens wurde, abgesehen von den vielen Städtebeschreibungen, in Att. Zuccagni-Orlandini's Corografia dell' Italia (Flor. 1835–45, 12 Bde.) bearbeitet. Durch ihre Werke über allgemeine Geographie sind Adriano Balbi, Vater u. Sohn, bekannt. Werthvolle Beiträge zur allgemeinen Culturgeschichte geben Enrico Poggi, L. Cibrario, L. Cicconi. Einen Beitrag zur Geschichte des Mönchswesens gab Ant. Loncado (Mail. 1843). Die Geschichte der geistlichen u. weltlichen Orden erläuterte Gaet. Giucci.

Die Kunstgeschichte hat in neuerer Zeit vortreffliche Bearbeiter gefunden. Die Werke der schon erwähnten Forscher Lanzi u. Cicognara sind wie die von Giuseppe Bossi, Fumagalli, Giulio Ferrario, Inghirami, Luigi Canina, Rosini, Ennio Quirino Visconti, Ant. Vanucci, Fd. Ranalli, Felice Turotti, P. Selvatico, auch im Auslande nach Verdienst anerkannt worden. Der Reichthum der archäologischen Literatur in Italien ist bei der großen Fülle der Denkmäler natürlich. Wohl durch Einfluß der Deutschen beginnt ein wissenschaftlicherer Geist die sonst gewöhnlich blos todten Materialiensammlungen zu beleben. Von besonderem Einfluß zeigt sich hier das 1829 von Ed. Gerhard in Rom unter Mitwirkung Bunsen's u. den Auspicien des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen gegründete Istituto archeologico di Roma, welches in seinen Memorie, Bulletino u. Annali schätzbare Beiträge deutscher u. italienischer Gelehrten enthält. Vieles bieten die von den verschiedenen Akademien Italiens, von denen sich die Accademia Herculanense u. andere blos mit Alterthum befassen, herausgegebenen Schriften u. Abhandlungen. Vortreffliches bietet Avellino's (st. 1850) Bulletino archeologico Napoletano (Neap. 1815–48, 6 Bde.), sowie dessen Opuscoli diversi (ebd. 1831–36, 3 Bde.) u. Spano's Bulletino archeol. Sardo (1852 etc.). Systematische Bearbeitungen der Wissenschaft versuchten Giov. Batt. Vermiglioni (st. 1848), Nibby (st. 1839), Domen. Mancini (st. 1845). Beschreibungen von Museen, den Alterthümern einzelner Orte u. Provinzen, so wie einzelner Denkmäler, lieferten Minervini in Neapel, Raff. Gargiulo, Carelli, P. Pisani, Seb. Ciampi, Giov. Battista Vermiglioni; ferner Salv. Morso, Vinc. Mortillaro, Giulio Ferrara, Gius. de Fabris, Tom. Torteroli, C. Avvolta, Cavedoni; Fr. Orioli, P. Secchi, Cardinali, P. E. Visconti, Franc. de Lardi, Carrara (Salona), Nibby in Rom, Franc. Inghirami, Domenico Lo Faso Pietrasanta, Duca di Serradifalco u. Luigi Canina.

In der Philosophie hatte in der ersten Hälfte der jüngsten Literaturepoche Giandomenico Romagnoli lange die erste Stelle behauptet. Er wurde in den Hintergrund gedrängt einerseits durch den Sicilianer Pasquale Galuppi (st. 1846), der sich durch das Studium der deutschen Philosophie gebildet hatte u. dessen zahlreiche Schriften in mehrfachen Auflagen u. vielen Nachdrücken über ganz Italien verbreitet wurden, andererseits durch den tyrolischen Priester Antonio Rosmini (s.d.), der eine idealkatholische Theorie entwickelte u. gewissermaßen eine Schule bildete, zu der auch Niccolo Tommaseo zu rechnen ist. Rosmini's Gegner wurden einerseits die Jesuiten, andererseits die Liberalen. Selbständiger trat ihm Vinc. Gioberti (s.d.) entgegen. Alle diese philosophischen Richtungen übten ihren Einfluß auf die verschiedenen politischen u. kirchlichen Theorien u. Ideale, welche die verschiedenen Parteien in Italien zu verwirklichen suchen. Als die bedeutendsten politischen Parteischriftsteller der letzten beiden Decennien sind Mazzini, Gioberti, Massimo d'Azeglio, Cesare Balbo, Terenzio della Rovere, Graf Mancini (Stifter einer philosophischen Akademie in Genua) u. Brofferio zu bezeichnen. Nicht wenige politische Redner haben sich während der Bewegungen der Jahre 1848 u. 1849, sowie seitdem in den sardinischen Kammern (Cavour, Ratazzi u.a.) gezeigt.

Für die Philologie haben die Italiener schon seit langer Zeit wenig gethan. Zwar haben sich Peyron in Turin u. Angelo Mai durch die Herausgabe neuaufgefundener Texte u. Handschriften Verdienste erworben; aber die wenigen in Italien erschienenen Ausgaben der alten Klassiker sind ebenso wie die in jüngster Zeit für die Zwecke des höheren Unterrichts in Turin u. Mailand veröffentlichten Ausgaben von wenig od. gar keiner Bedeutung. Doch finden sich in Italien nicht selten die tüchtigsten Kenner der alten Sprachen u. der klassischen Literatur. Namentlich ist Italien reich[137] an guten Latinisten (z.B. Tommaso Vallauri in Turin) u. lateinischen Dichtern (z.B. Nodari, Rosani). Um die lateinische Lexikographie machten sich Facciolati u. Furlanetto verdient. Ein Zweig der klassischen Philologie, die lateinische Epigraphik, blieb bis vor kurzer Zeit fast ausschließlich das Eigenthum der Italiener. Seit der Umgestaltung Oberitaliens durch die Revolution von 1848 haben sowohl die sardinische Regierung wie die österreichische Manches gethan, um den humanistischen Unterricht auf den höheren Schulen u. die klassischen Studien auf den Universitäten zu fördern, doch wird erst die Zukunft die Früchte, dieser Bemühungen ernten können. Durch die Übersetzungen mehrer guter Lehrbücher (G. Curtius Griechische Grammatik u. dergl.) ist Italien auch mit der Methode u. den Ergebnissen der wissenschaftlichen Philologie der Deutschen bekannt gemacht, sowie durch Bearbeitung des Sanskrit durch Gasp. Gorresio u. Giovanni Flecchia ihr Gesichtspunkt erweitert worden. Das wissenschaftliche Studium der Romanischen Sprachen liegt noch fast völlig darnieder, was natürlich auf die grammatische u. lexikalische Behandlung der eigenen Sprache von Einfluß sein mußte (s. Italienische Sprache). Die Italiener haben in dieser Beziehung zwar außerordentliches geleistet, doch entsprechen alle die zahlreichen u. umfangreichen Werke derselben über die italienische Sprache nicht den höheren Anforderungen der deutschen Sprachgelehrten. Wenn die Geschichte der eigenen Literatur in neuerer Zeit auch nicht so zahlreiche u. umfangreiche Werke aufzuweisen hat, wie das 17. u. 18. Jahrh., so sind doch namentlich eine große Anzahl wichtiger specieller Arbeiten erschienen. Fortsetzungen zu Tiraboschi's oben angeführtem großen Werke lieferten Ant. Lombardi (Storia della letteratura italiana nel sec. XVIII., Mod. 1827_–30, 12 Bde.) u. Ant. Levati (Saggio sulla storia della letteratura ital. ne' primi 25 anni del sec. XIX., Mail. 1831). Andere Werke über italienische Literatur im Allgemeinen lieferten Gius. Maffei (Storia della letteratura italiana, 2. Aufl., Mail. 1834, 4 Bde.), Cimorelli (Origine e progressi delle belle lettere ital., ebd. 1845), Rovani (Storia delle lettere e belle arti in Italia, ebd. 1856–58, 3 Bde.), Paolo Emiliano-Giudici (Storia della letteratura italiana, Flor. 1851, 2. Aufl. ebd. 1855, 2 Bde.), Cereseto (Storia della Poesia in Italia, Mail. 1857, 3 Bde.), Prudenziano (Storia della letteratura Italiana del secolo XIX., Neapel 1857); Camillo Ugoni (Della letteratura Italiana nella seconda meta del sec. XVIII., Mail. 1856–59, 3 Bde.), der Fortsetzer des schon erwähnten Corniani; Bart. Malpaga (Quadro storico-critico delle letteratura ital., Udine 1855) u.a. Unter den speciellen Werken sind die von Spotorno (Storia letteraria della Liguria, Genua 1824–58, 5 Bde.), Alessio Narbone (Storia della letteratura siciliana, Palermo 1856–59, Bd. 1–6), Vermiglioni (Perugia), von Sauli u. Vallauri über Piemont etc. hervorzuheben. Hieran reihen sich eine ziemliche Anzahl guter bibliographischer Arbeiten, darunter die für die Bibliographie der italienischen Nationalliteratur wichtigen Werke von Gamba (Serie de' testi di lingua, Ven. 1839, 4. Aufl.; Bibliographia delle novelle ital., Flor. 1845); Melzi (Bibliografia de Romanzi e poemi cavalleresci italiani, Mail. 1838) u.a. kommen. Arbeiten von Nichtitalienern über die Geschichte der J. L. sind auszuzeichnen Gingnene, Histoire littéraire de l'Italie (Par. 1811, 9 Bde.; italienisch von Perotti mit Anmerkungen, Flor. 1823–26, 12 Bde.; fortgesetzt von Salfi, Par. 1823–35, 4 Bde.), u. Ruth, Geschichte der italienischen Poesie (Lpz. 1844–47, Bd. 1 u. 2).

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 119-138. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010193200