Mystik und Poesie (Goethe)
Mystik: eine unreife Poesie, eine unreife Philosophie;
Poesie: eine reife Natur;
Philosophie: eine reife Vernunft.
Poesie deutet auf die Geheimnisse der Natur und sucht sie durchs Bild zu lösen;
Philosophie deutet auf die Geheimnisse der Vernunft und sucht sie durchs Wort zu lösen (Naturphilosophie, Experimentalphilosophie);
Mystik deutet auf die Geheimnisse der Natur und Vernunft und sucht sie durch Wort und Bild zu lösen.
Bildliche Vorstellung: Reich der Poesie; hypothetische Erklärung: Reich der Philosophie.
Das Wahre (Allgemeine), das wir erkennen und festhalten;
das Leidenschaftliche (Besondere), das uns hindert und festhält;
das Dritte, Rednerische, schwankend zwischen Wahrheit und Leidenschaft.
Die Laune ist ein Bewußtloses und beruht auf der Sinnlichkeit. Es ist der Widerspruch der Sinnlichkeit mit sich selbst.
Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen. Aus dem Nachlaß. Über Literatur und Leben. In: Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Kunsttheoretische Schriften und Übersetzungen, Band 18: Schriften zur Literatur II, Berlin 1972, S. 625.