Leoninische Verse
Die folgenden historischen Lexikondefinitionen beschreiben lateinische Leoninische Verse, die auf Hexameter und Pentameter beruhten. Aus ihr bildeten sich aber auch schon im Mittelalter volkssprachliche Varianten, zum Beispiel in der französischen Literatur des Mittelalters, wo die Hälften des Alexandriners aufeinander reimten (Jean lemaire de Belges, Ende des 15. Jahrhunderts). Dieser Versart bediente sich noch der 16jährige Goethe in dem Gedicht "Dieses ist das Bild der Welt".
Herders 1855
[745] Leoninische Verse, im Mittelalter gebräuchliche Hexameter, bisweilen auch Pentameter, deren Mitte u. Schluß sich reimen. z.B. Contra vim mortis non est medicamen in hortis.
Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 745. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003413322
Pierer 1857
Leoninische Verse
[281] Leoninische Verse, s.u. Leonius.
Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 281. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010334130
Leonĭus
[281] Leonĭus, Leo, Canonicus des Benedictinerordens in Paris, um 1160, bediente sich in seinen lateinischen Gedichten fast ausschließend der in der Cäsur u. am Ende gereimten Hexameter u. Pentameter (z.B. Damon languebat, monachus tunc esse volebat; Ast ubi convaluit, mansit, ut ante fuit), war aber keineswegs der Erfinder dieser Art nach ihm genannten Leonischen od. Leoninischen Verse. Namentlich brachte er fast das ganze A. T. in Verse dieser Art; Andere leiten den Namen dieser Verse vom Papst Leo II. ab.
Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 281. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010334157
Reallexicon der Deutschen Altertümer 1885
[586] Leoninische Verse heissen die seit dem 8. Jahrhundert aufkommenden lateinischen Hexameter und Pentameter, deren erste Hälfte bis zur Cäsur mit dem Verschlusse reimt. Der Name soll von dem Pariser Mönch Leo oder Leonins stammen. So ein Vers ist der Stossseufzer vieler Abschreiber mittelalterlicher Handschriften:
Explicit hoc totum, infunde, da mihi potum!
oder aus den Casus Sancti Galli Ekkeharti
Esse velim Graecus, cum sim vix, domna, Latinus.
Als Beispiel leoninischer Distichen sei die Grabschrift des St. Galler Abtes Himmo angeführt (Vadian, I, 199):[586]
Hic bene maturo transit pater ille sub aevo, Ad patriae requiem, hic obit Himmo diem. Hunc merito nostri vigilanter habent memorari, Plura loco Galli stant monimenta tui.
Quelle: Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 586-587. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20002774623
Meyers 1908
[420] Leonīnische Verse, die nach einem Dichter des Mittelalters, namens Leo (um 1150), benannten Hexameter und Pentameter, in denen Mitte und Schluß des Verses auseinander reimen (vgl. Hexameter). Vereinzelt kommen sie indessen schon bei antiken Dichtern vor, z. B. »Quot caelum stellas, tot habet tua Roma puellas« (Ovid, »Ars amatoria«, I, 59).
Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 420. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006993486
Brockhaus 1911
[44] Leonīnische Verse, nach einem mittelalterlichen Dichter Leo benannte Hexameter und Pentameter, deren Mitte und Schluß aufeinander reimen.
Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 44. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001301268