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=='''Johann Wolfgang Goethe, aus: Maximen und Reflexionen'''==
=='''Johann Wolfgang Goethe, aus: Maximen und Reflexionen'''==


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(Max. u. Refl. 275)
(Max. u. Refl. 275)
[Vgl. auch Nr. 307!]
[Vgl. auch Nr. 307!]


Wort und Bild sind Korrelate, die sich immerfort suchen, wie wir an Tropen und Gleichnissen genugsam gewahr werden. So von jeher, was dem Ohr nach innen gesagt oder gesungen war, sollte dem Auge gleichfalls entgegenkommen. Und so sehen wir in kindlicher Zeit in Gesetzbuch und Heilsordnung, in Bibel und Fibel sich Wort und Bild immerfort balancieren. Wenn man aussprach, was sich nicht bilden, bildete, was sich nicht aussprechen ließ, so war das ganz recht; aber man vergriff sich gar oft und sprach, statt zu bilden, und daraus entstanden die doppelt bösen symbolisch-mystischen Ungeheuer.

Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen. Aus »Kunst und Altertum«. Vierten Bandes zweites Heft (1823). Eigenes und Angeeignetes in Sprüchen. In: Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Kunsttheoretische Schriften und Übersetzungen, Band 18: Schriften zur Literatur II, Berlin 1972, S. 502.

Version vom 24. August 2011, 20:27 Uhr

Johann Wolfgang Goethe, aus: Maximen und Reflexionen

v904 Poesie deutet auf die Geheimnisse der Natur und sucht sie durchs Bild zu lösen; Philosophie deutet auf die Geheimnisse der Vernunft und sucht sie durchs Wort zu lösen (Naturphilosophie, Experimentalphilosophie);

Mystik deutet auf die Geheimnisse der Natur und Vernunft und sucht sie durch Wort und Bild zu lösen.

|v905 Mystik: eine unreife Poesie, eine unreife Philosophie; Poesie: eine reife Natur; Philosophie: eine reife Vernunft.

|v906 Bildliche Vorstellung: Reich der Poesie; hypothetische Erklärung: Reich der Philosophie.

|v907 Wort und Bild sind Korrelate, die sich immerfort suchen, wie wir an Tropen und Gleichnissen genugsam gewahr werden. So von jeher, was dem Ohr nach innen gesagt oder gesungen war, sollte dem Auge gleichfalls entgegenkommen. Und so sehen wir in kindlicher Zeit in Gesetzbuch und Heilsordnung, in Bibel und Fibel sich Wort und Bild immerfort balancieren. Wenn man aussprach, was sich nicht bilden, bildete, was sich nicht aussprechen ließ, so war das ganz recht; aber man vergriff sich gar oft und sprach, statt zu bilden, und daraus entstanden die doppelt bösen symbolisch-mystischen Ungeheuer.

(MAXIMEN/REFLEXIONEN 493:904-907)


Es gibt eine Poesie ohne Tropen, die ein einziger Tropus ist. (Max. u. Refl. 275) [Vgl. auch Nr. 307!]


Wort und Bild sind Korrelate, die sich immerfort suchen, wie wir an Tropen und Gleichnissen genugsam gewahr werden. So von jeher, was dem Ohr nach innen gesagt oder gesungen war, sollte dem Auge gleichfalls entgegenkommen. Und so sehen wir in kindlicher Zeit in Gesetzbuch und Heilsordnung, in Bibel und Fibel sich Wort und Bild immerfort balancieren. Wenn man aussprach, was sich nicht bilden, bildete, was sich nicht aussprechen ließ, so war das ganz recht; aber man vergriff sich gar oft und sprach, statt zu bilden, und daraus entstanden die doppelt bösen symbolisch-mystischen Ungeheuer.

Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen. Aus »Kunst und Altertum«. Vierten Bandes zweites Heft (1823). Eigenes und Angeeignetes in Sprüchen. In: Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Kunsttheoretische Schriften und Übersetzungen, Band 18: Schriften zur Literatur II, Berlin 1972, S. 502.