Runge, Philipp Otto: Unterschied zwischen den Versionen
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Am 23. Juli 1777 wurde Philipp Otto Runge in Wolgast geboren. Die Periode seines künstlerischen Schaffens umspannt in etwa 10 Jahre. Seine Kunstanschauungen lassen sich vor allem durch die Hinterlassenen Schriften nachvollziehen, die sein Bruder Daniel, zu dem er ein enges Verhältnis pflegte, 1840/41 veröffentlichte. Der kleine Philipp wurde durch seinen Bruder als „kränkelnd“ beschrieben und kann die Schule kaum bzw. nur sehr unregelmäßig besuchen. Sein Vater war von Beruf Reeder und Kaufmann, der im Kern eher auf eine praktisch ausgerichtete Lebensweise wert legte. Die Inspiration für eine künstlerische Laufbahn kam für P. O. Runge durch verschiedene Künstlerpersönlichkeiten, die er im Laufe seines Lebens kennenlernte. 1795 ging Philipp nach Hamburg, wo sein Bruder Daniel 1793 ein Handelsgeschäft gegründet hatte. Zu den Teilhabern zählten auch Buchhändler, wie Friedrich Christoph Perthes und Johanna Heinrich Besser, die P. O. Runge zum Austausch über poetische und philosophische Schriften anregten. In dieser Zeit in Hamburg kam P. O. Runge auch erstmals mit den Schriften von Vergil, Homer und Ovid in Berührung. Die Lektüre von ''Die Horen'', hrsg. von Schiller und der ''Propyläen'' von Goethe, deren Ideen für den künstlerischen Geist dieser Zeit stehen können, waren für seine künstlerischen Auffassungen ebenfalls wegweisend. Einen tiefen Eindruck hinterließ auch der Roman ''Franz Sternbalds Wanderungen'' (1798) von Ludwig Tieck. 1798 ermöglicht ein Handelspartner von Daniel Otto den Zeichenunterricht, den er zuerst bei dem Maler Heinrich Joachim Hetrech aufnahm und den er dann bei Gerdt Hardorff, im Zeichnen nach Kupferstichen, fortführte. Dadurch erfuhr er eine weitere Bestätigung in seinem Wunsch danach, Künstler zu werden. Der Familienrat stimmte einer Finanzierung und Aufnahme des Studiums in Kopenhagen zu, das er 1799 aufnahm. An der dortigen Kunstakademie studierten Persönlichkeiten wie Asmus Jacob Carstens und Caspar David Friedrich. Geführt wurde die Akademie von Jens Juel, einem bedeutenden dänischen Porträtmaler und Nicolai Abraham Abilgaard, einem gefeierten Klassizisten. P. O. Runge absolvierte sein Studium in kürzester Zeit und zeigte sich trotz seines Eiferns und Interesses unzufrieden mit den Verhältnissen an der Akademie – die Zeichnungen werden als bloße Kopien nachgefertigt und das Empfinden würde der Detailversessenheit zum Opfer fallen. Daraufhin gründete er zusammen mit Johann Gottfried Eiffe und Conrad Christian Böhme eine Privatakademie. Für seine künstlerische Entwicklung war unter anderem ein Kunstwerk, das Daniel im geschenkt hat, bedeutend. Die Umrissstiche von John Flaxmann zu den Tragödien des Aischlos und zu Homers Ilias empfand P. O. Runge als besonders gelungen, da das Kunstwerk über sich hinaus, wie eine Art Hieroglyphe weise und es sich erst in der von Phantasie, Gefühl und Reflexion getragenen Betrachtung entfaltet (Schlegel). Diese von Schlegel geäußerten Betrachtungen waren konstitutiv für das Werk Runges. Unter diesen Eindrücken fertigte Runge 1801 das Famlienstück an, das er in Auftrag seines Bruders Jakob herstellte. In diesem sah er jedoch immer noch nicht den Geist seiner Kunst verwirklicht. Im selben Jahr widmete er sich auch einer Preisaufgabe aus den von Goethe herausgegebenen Propyläen, die die griechische Mythologie zum Gegenstand hatte. Die Bewertung der Aufgabe erfolgte nicht wie üblich in den Akademien durch eine korrekte und detailgetreue Zeichnung sondern durch Erfindung und Ausdruck, die im Werk besonders zur Geltung kommen sollen. Schließlich sendete Otto seinen Beitrag Der Kampf Achills mit den Flüssen nach Weimar. 1801 beendete P. O. Runge sein Studium in Kopenhagen und führte es an der Dresden fort. Die Dresdner Kunstakademie wurde geführt von Giovanni Batista Casanova und Johann Eleazar Zeissig. Die Akademie geriet wegen ihrer unzeitgemäßen Vorstellungen und Führung in Verruf. Auch Runge hielt eher Distanz – sein Interesse weckte vor allem die bürgerliche Kunstszene. Sein 1802 entstandenes Selbstbildnis mit braunem Kragen entstand unter dem Einfluss von Anton Graff, dem Meister des bürgerlichen Bildnisses. Außerdem schloss Runge Bekanntschaft mit Ferdinand Hartmann, der in Rom Anschluss an den Kreis um Asmus Jakob Carstens und Carl Ludwig Fernow gefunden hatte. Die Kunstanschauungen Carstens sind wiederum durch den Austausch mit Karl Philipp Moritz entstanden, der 1788 die Schrift „Über die bildende Nachahmung des Schönen“, in der er für die Überwindung der Wirkungsästhetik der Aufklärung hin zur Autonomieästhetik einstand. Auch waren in diesem Text Thesen zur Genese des Kunstwerks aus der Seele des Künstlers enthalten, die eine große Nähe zu den Auffassungen von Goethe aufwiesen. Runge entwickelte diese auf seine Weise weiter. Wesentlich für Runge war die Begegnung mit Ludwig Tieck Anfang Dezember 1801, von dem er den Hinweis auf die die Schriften des schlesischen Mystikers Jakob Böhme bekam. Runge zweifelte indessen an Goethes ästhetischen Vorstellungen und konnte so durch die frische Inspiration seine eigene Kunstfassung bilden, die einen Umbruch und Neubeginn markierte. Im Bereich der romantischen Naturphilosophie konnte er sich die Gedankenwelt des Novalis ebenfalls durch Tieck erschließen. Seit dem Sommer 1801 pflegte Runge den Kontakt zu Steffens, der besonders mit der Naturphilosophie Schellings, durch den Anschluss an den Kreis um die Brüder Schlegel, vertraut war, in der von der grundsätzlichen Einheit der Natur und des Geistes ausgegangen wird. Ludwig Berger war 1801 in Dresden anzutreffen, der Runge Anregungen zum Verhältnis von Musik und Malerei gab. Die Liebe zu Pauline Bassenge, der er erstmals im Sommer 1801 begegnete, prägten seine Vorstellungen von der Liebe, die seither eng mit seinen Kunstauffassungen verflochten waren. Im April 1801 erfolgte die Verlobung und 1804 wurde die Hochzeit begangen mit der gleichzeitigen Niederlassung in Hamburg. Mit der Unterstützung seines Bruders, Daniel, konnte Runge sich nun ausschließlich auf sein Künstlerleben fokussieren. In den folgenden Jahren spitzte sich die politische Situation mit dem Koalitionskrieg gegen Napoleon immer weiter zu, unter anderem litt das Handelsgeschäft Daniel Runges enorm darunter. Am 19. November 1806 wurde Hamburg durch französische Truppen besetzt. Napoleon verkündete in diesem Zuge per Berliner Dekret die Kontinentalsperre, die den endgültigen Ruin für das Handelsgeschäft bedeutete. P. O. Runge hatte nun wenig Zeit für künstlerische Arbeiten. Seine im Jahre 1809 begonnene Arbeit zu „Der Morgen“, die die Serie der „Vier Zeiten“ fortsetzen sollte, blieb unvollendet. Im April 1810 zeigte Otto erste Symptome seines Lungenleidens; sein Zustand verschlechterte sich rapide. An Brentano schrieb er kurz vor seinem Tod, dass es ihm nur vergönnt gewesen sei, sich ein paar Jahre vollkommen seiner Kunst hinzugeben. Er habe vieles angefangen, aber nur wenig vollenden können. Am 2. Dezember 1810 starb Philipp Otto Runge. |
Am 23. Juli 1777 wurde Philipp Otto Runge in Wolgast geboren. Die Periode seines künstlerischen Schaffens umspannt in etwa 10 Jahre. Seine Kunstanschauungen lassen sich vor allem durch die Hinterlassenen Schriften nachvollziehen, die sein Bruder Daniel, zu dem er ein enges Verhältnis pflegte, 1840/41 veröffentlichte. Der kleine Philipp wurde durch seinen Bruder als „kränkelnd“ beschrieben und kann die Schule kaum bzw. nur sehr unregelmäßig besuchen. Sein Vater war von Beruf Reeder und Kaufmann, der im Kern eher auf eine praktisch ausgerichtete Lebensweise wert legte. Die Inspiration für eine künstlerische Laufbahn kam für P. O. Runge durch verschiedene Künstlerpersönlichkeiten, die er im Laufe seines Lebens kennenlernte. 1795 ging Philipp nach Hamburg, wo sein Bruder Daniel 1793 ein Handelsgeschäft gegründet hatte. Zu den Teilhabern zählten auch Buchhändler, wie Friedrich Christoph Perthes und Johanna Heinrich Besser, die P. O. Runge zum Austausch über poetische und philosophische Schriften anregten. In dieser Zeit in Hamburg kam P. O. Runge auch erstmals mit den Schriften von Vergil, Homer und Ovid in Berührung. Die Lektüre von ''Die Horen'', hrsg. von Schiller und der ''Propyläen'' von Goethe, deren Ideen für den künstlerischen Geist dieser Zeit stehen können, waren für seine künstlerischen Auffassungen ebenfalls wegweisend. Einen tiefen Eindruck hinterließ auch der Roman ''Franz Sternbalds Wanderungen'' (1798) von Ludwig Tieck. 1798 ermöglicht ein Handelspartner von Daniel Otto den Zeichenunterricht, den er zuerst bei dem Maler Heinrich Joachim Hetrech aufnahm und den er dann bei Gerdt Hardorff, im Zeichnen nach Kupferstichen, fortführte. Dadurch erfuhr er eine weitere Bestätigung in seinem Wunsch danach, Künstler zu werden. Der Familienrat stimmte einer Finanzierung und Aufnahme des Studiums in Kopenhagen zu, das er 1799 aufnahm. An der dortigen Kunstakademie studierten Persönlichkeiten wie Asmus Jacob Carstens und Caspar David Friedrich. Geführt wurde die Akademie von Jens Juel, einem bedeutenden dänischen Porträtmaler und Nicolai Abraham Abilgaard, einem gefeierten Klassizisten. P. O. Runge absolvierte sein Studium in kürzester Zeit und zeigte sich trotz seines Eiferns und Interesses unzufrieden mit den Verhältnissen an der Akademie – die Zeichnungen werden als bloße Kopien nachgefertigt und das Empfinden würde der Detailversessenheit zum Opfer fallen. Daraufhin gründete er zusammen mit Johann Gottfried Eiffe und Conrad Christian Böhme eine Privatakademie. Für seine künstlerische Entwicklung war unter anderem ein Kunstwerk, das Daniel im geschenkt hat, bedeutend. Die Umrissstiche von John Flaxmann zu den Tragödien des Aischlos und zu Homers Ilias empfand P. O. Runge als besonders gelungen, da das Kunstwerk über sich hinaus, wie eine Art Hieroglyphe weise und es sich erst in der von Phantasie, Gefühl und Reflexion getragenen Betrachtung entfaltet (Schlegel). Diese von Schlegel geäußerten Betrachtungen waren konstitutiv für das Werk Runges. Unter diesen Eindrücken fertigte Runge 1801 das Famlienstück an, das er in Auftrag seines Bruders Jakob herstellte. In diesem sah er jedoch immer noch nicht den Geist seiner Kunst verwirklicht. Im selben Jahr widmete er sich auch einer Preisaufgabe aus den von Goethe herausgegebenen Propyläen, die die griechische Mythologie zum Gegenstand hatte. Die Bewertung der Aufgabe erfolgte nicht wie üblich in den Akademien durch eine korrekte und detailgetreue Zeichnung sondern durch Erfindung und Ausdruck, die im Werk besonders zur Geltung kommen sollen. Schließlich sendete Otto seinen Beitrag Der Kampf Achills mit den Flüssen nach Weimar. 1801 beendete P. O. Runge sein Studium in Kopenhagen und führte es an der Dresden fort. Die Dresdner Kunstakademie wurde geführt von Giovanni Batista Casanova und Johann Eleazar Zeissig. Die Akademie geriet wegen ihrer unzeitgemäßen Vorstellungen und Führung in Verruf. Auch Runge hielt eher Distanz – sein Interesse weckte vor allem die bürgerliche Kunstszene. Sein 1802 entstandenes Selbstbildnis mit braunem Kragen entstand unter dem Einfluss von Anton Graff, dem Meister des bürgerlichen Bildnisses. Außerdem schloss Runge Bekanntschaft mit Ferdinand Hartmann, der in Rom Anschluss an den Kreis um Asmus Jakob Carstens und Carl Ludwig Fernow gefunden hatte. Die Kunstanschauungen Carstens sind wiederum durch den Austausch mit Karl Philipp Moritz entstanden, der 1788 die Schrift „Über die bildende Nachahmung des Schönen“, in der er für die Überwindung der Wirkungsästhetik der Aufklärung hin zur Autonomieästhetik einstand. Auch waren in diesem Text Thesen zur Genese des Kunstwerks aus der Seele des Künstlers enthalten, die eine große Nähe zu den Auffassungen von Goethe aufwiesen. Runge entwickelte diese auf seine Weise weiter. Wesentlich für Runge war die Begegnung mit Ludwig Tieck Anfang Dezember 1801, von dem er den Hinweis auf die die Schriften des schlesischen Mystikers Jakob Böhme bekam. Runge zweifelte indessen an Goethes ästhetischen Vorstellungen und konnte so durch die frische Inspiration seine eigene Kunstfassung bilden, die einen Umbruch und Neubeginn markierte. Im Bereich der romantischen Naturphilosophie konnte er sich die Gedankenwelt des Novalis ebenfalls durch Tieck erschließen. Seit dem Sommer 1801 pflegte Runge den Kontakt zu Steffens, der besonders mit der Naturphilosophie Schellings, durch den Anschluss an den Kreis um die Brüder Schlegel, vertraut war, in der von der grundsätzlichen Einheit der Natur und des Geistes ausgegangen wird. Ludwig Berger war 1801 in Dresden anzutreffen, der Runge Anregungen zum Verhältnis von Musik und Malerei gab. Die Liebe zu Pauline Bassenge, der er erstmals im Sommer 1801 begegnete, prägten seine Vorstellungen von der Liebe, die seither eng mit seinen Kunstauffassungen verflochten waren. Im April 1801 erfolgte die Verlobung und 1804 wurde die Hochzeit begangen mit der gleichzeitigen Niederlassung in Hamburg. Mit der Unterstützung seines Bruders, Daniel, konnte Runge sich nun ausschließlich auf sein Künstlerleben fokussieren. In den folgenden Jahren spitzte sich die politische Situation mit dem Koalitionskrieg gegen Napoleon immer weiter zu, unter anderem litt das Handelsgeschäft Daniel Runges enorm darunter. Am 19. November 1806 wurde Hamburg durch französische Truppen besetzt. Napoleon verkündete in diesem Zuge per Berliner Dekret die Kontinentalsperre, die den endgültigen Ruin für das Handelsgeschäft bedeutete. P. O. Runge hatte nun wenig Zeit für künstlerische Arbeiten. Seine im Jahre 1809 begonnene Arbeit zu „Der Morgen“, die die Serie der „Vier Zeiten“ fortsetzen sollte, blieb unvollendet. Im April 1810 zeigte Otto erste Symptome seines Lungenleidens; sein Zustand verschlechterte sich rapide. An Brentano schrieb er kurz vor seinem Tod, dass es ihm nur vergönnt gewesen sei, sich ein paar Jahre vollkommen seiner Kunst hinzugeben. Er habe vieles angefangen, aber nur wenig vollenden können. Am 2. Dezember 1810 starb Philipp Otto Runge. |
Aktuelle Version vom 24. Januar 2022, 02:44 Uhr
Philipp Otto Runge (* 23. Juli 1777 in Wolgast; † 2. Dezember 1810 in Hamburg), deutscher Maler
Biographie
Am 23. Juli 1777 wurde Philipp Otto Runge in Wolgast geboren. Die Periode seines künstlerischen Schaffens umspannt in etwa 10 Jahre. Seine Kunstanschauungen lassen sich vor allem durch die Hinterlassenen Schriften nachvollziehen, die sein Bruder Daniel, zu dem er ein enges Verhältnis pflegte, 1840/41 veröffentlichte. Der kleine Philipp wurde durch seinen Bruder als „kränkelnd“ beschrieben und kann die Schule kaum bzw. nur sehr unregelmäßig besuchen. Sein Vater war von Beruf Reeder und Kaufmann, der im Kern eher auf eine praktisch ausgerichtete Lebensweise wert legte. Die Inspiration für eine künstlerische Laufbahn kam für P. O. Runge durch verschiedene Künstlerpersönlichkeiten, die er im Laufe seines Lebens kennenlernte. 1795 ging Philipp nach Hamburg, wo sein Bruder Daniel 1793 ein Handelsgeschäft gegründet hatte. Zu den Teilhabern zählten auch Buchhändler, wie Friedrich Christoph Perthes und Johanna Heinrich Besser, die P. O. Runge zum Austausch über poetische und philosophische Schriften anregten. In dieser Zeit in Hamburg kam P. O. Runge auch erstmals mit den Schriften von Vergil, Homer und Ovid in Berührung. Die Lektüre von Die Horen, hrsg. von Schiller und der Propyläen von Goethe, deren Ideen für den künstlerischen Geist dieser Zeit stehen können, waren für seine künstlerischen Auffassungen ebenfalls wegweisend. Einen tiefen Eindruck hinterließ auch der Roman Franz Sternbalds Wanderungen (1798) von Ludwig Tieck. 1798 ermöglicht ein Handelspartner von Daniel Otto den Zeichenunterricht, den er zuerst bei dem Maler Heinrich Joachim Hetrech aufnahm und den er dann bei Gerdt Hardorff, im Zeichnen nach Kupferstichen, fortführte. Dadurch erfuhr er eine weitere Bestätigung in seinem Wunsch danach, Künstler zu werden. Der Familienrat stimmte einer Finanzierung und Aufnahme des Studiums in Kopenhagen zu, das er 1799 aufnahm. An der dortigen Kunstakademie studierten Persönlichkeiten wie Asmus Jacob Carstens und Caspar David Friedrich. Geführt wurde die Akademie von Jens Juel, einem bedeutenden dänischen Porträtmaler und Nicolai Abraham Abilgaard, einem gefeierten Klassizisten. P. O. Runge absolvierte sein Studium in kürzester Zeit und zeigte sich trotz seines Eiferns und Interesses unzufrieden mit den Verhältnissen an der Akademie – die Zeichnungen werden als bloße Kopien nachgefertigt und das Empfinden würde der Detailversessenheit zum Opfer fallen. Daraufhin gründete er zusammen mit Johann Gottfried Eiffe und Conrad Christian Böhme eine Privatakademie. Für seine künstlerische Entwicklung war unter anderem ein Kunstwerk, das Daniel im geschenkt hat, bedeutend. Die Umrissstiche von John Flaxmann zu den Tragödien des Aischlos und zu Homers Ilias empfand P. O. Runge als besonders gelungen, da das Kunstwerk über sich hinaus, wie eine Art Hieroglyphe weise und es sich erst in der von Phantasie, Gefühl und Reflexion getragenen Betrachtung entfaltet (Schlegel). Diese von Schlegel geäußerten Betrachtungen waren konstitutiv für das Werk Runges. Unter diesen Eindrücken fertigte Runge 1801 das Famlienstück an, das er in Auftrag seines Bruders Jakob herstellte. In diesem sah er jedoch immer noch nicht den Geist seiner Kunst verwirklicht. Im selben Jahr widmete er sich auch einer Preisaufgabe aus den von Goethe herausgegebenen Propyläen, die die griechische Mythologie zum Gegenstand hatte. Die Bewertung der Aufgabe erfolgte nicht wie üblich in den Akademien durch eine korrekte und detailgetreue Zeichnung sondern durch Erfindung und Ausdruck, die im Werk besonders zur Geltung kommen sollen. Schließlich sendete Otto seinen Beitrag Der Kampf Achills mit den Flüssen nach Weimar. 1801 beendete P. O. Runge sein Studium in Kopenhagen und führte es an der Dresden fort. Die Dresdner Kunstakademie wurde geführt von Giovanni Batista Casanova und Johann Eleazar Zeissig. Die Akademie geriet wegen ihrer unzeitgemäßen Vorstellungen und Führung in Verruf. Auch Runge hielt eher Distanz – sein Interesse weckte vor allem die bürgerliche Kunstszene. Sein 1802 entstandenes Selbstbildnis mit braunem Kragen entstand unter dem Einfluss von Anton Graff, dem Meister des bürgerlichen Bildnisses. Außerdem schloss Runge Bekanntschaft mit Ferdinand Hartmann, der in Rom Anschluss an den Kreis um Asmus Jakob Carstens und Carl Ludwig Fernow gefunden hatte. Die Kunstanschauungen Carstens sind wiederum durch den Austausch mit Karl Philipp Moritz entstanden, der 1788 die Schrift „Über die bildende Nachahmung des Schönen“, in der er für die Überwindung der Wirkungsästhetik der Aufklärung hin zur Autonomieästhetik einstand. Auch waren in diesem Text Thesen zur Genese des Kunstwerks aus der Seele des Künstlers enthalten, die eine große Nähe zu den Auffassungen von Goethe aufwiesen. Runge entwickelte diese auf seine Weise weiter. Wesentlich für Runge war die Begegnung mit Ludwig Tieck Anfang Dezember 1801, von dem er den Hinweis auf die die Schriften des schlesischen Mystikers Jakob Böhme bekam. Runge zweifelte indessen an Goethes ästhetischen Vorstellungen und konnte so durch die frische Inspiration seine eigene Kunstfassung bilden, die einen Umbruch und Neubeginn markierte. Im Bereich der romantischen Naturphilosophie konnte er sich die Gedankenwelt des Novalis ebenfalls durch Tieck erschließen. Seit dem Sommer 1801 pflegte Runge den Kontakt zu Steffens, der besonders mit der Naturphilosophie Schellings, durch den Anschluss an den Kreis um die Brüder Schlegel, vertraut war, in der von der grundsätzlichen Einheit der Natur und des Geistes ausgegangen wird. Ludwig Berger war 1801 in Dresden anzutreffen, der Runge Anregungen zum Verhältnis von Musik und Malerei gab. Die Liebe zu Pauline Bassenge, der er erstmals im Sommer 1801 begegnete, prägten seine Vorstellungen von der Liebe, die seither eng mit seinen Kunstauffassungen verflochten waren. Im April 1801 erfolgte die Verlobung und 1804 wurde die Hochzeit begangen mit der gleichzeitigen Niederlassung in Hamburg. Mit der Unterstützung seines Bruders, Daniel, konnte Runge sich nun ausschließlich auf sein Künstlerleben fokussieren. In den folgenden Jahren spitzte sich die politische Situation mit dem Koalitionskrieg gegen Napoleon immer weiter zu, unter anderem litt das Handelsgeschäft Daniel Runges enorm darunter. Am 19. November 1806 wurde Hamburg durch französische Truppen besetzt. Napoleon verkündete in diesem Zuge per Berliner Dekret die Kontinentalsperre, die den endgültigen Ruin für das Handelsgeschäft bedeutete. P. O. Runge hatte nun wenig Zeit für künstlerische Arbeiten. Seine im Jahre 1809 begonnene Arbeit zu „Der Morgen“, die die Serie der „Vier Zeiten“ fortsetzen sollte, blieb unvollendet. Im April 1810 zeigte Otto erste Symptome seines Lungenleidens; sein Zustand verschlechterte sich rapide. An Brentano schrieb er kurz vor seinem Tod, dass es ihm nur vergönnt gewesen sei, sich ein paar Jahre vollkommen seiner Kunst hinzugeben. Er habe vieles angefangen, aber nur wenig vollenden können. Am 2. Dezember 1810 starb Philipp Otto Runge.
Vgl.: Frank Büttner, Philipp Otto Runge. München. C.H. Beck Verlag 2010. S. 6-19.
Meyers 1909
[266] Runge, 1) Philipp Otto, Maler, geb. 23. Juli 1777 in Wolgast, gest. 2. Dez. 1810 in Hamburg, bildete sich hier bei Herterich und Hardorff, dann auf der Kopenhagener Akademie unter dem Bildnismaler Jens Juel und 1801–04 auf der Akademie in Dresden, wo er in vertrauten Umgang mit K. D. Friedrich und den Romantikern Tieck und Schlegel trat, und lebte dann wieder in Hamburg. R. ist eine der eigenartigsten Erscheinungen aus der Anfangszeit der neuen deutschen Kunst. In seiner »Farbenkugel« (Hamb. 1870), seinen schriftstellerischen Entwürfen, Tagebüchern etc. (als »Hinterlassene Schriften«, hrsg. von seinem Bruder, das. 1840, 2 Bde.) hat er manche Theorien aufgestellt oder wenigstens vorgeahnt, die erst viel später Gemeingut der modernen Kunst wurden, in seinen Bildern diese Theorien aber nur unvollkommen zum Ausdruck bringen können. Seine Bildnisse im Freien, von denen sein Selbstbildnis mit seiner Frau und seinem Bruder (1804), die Hülsenbeckschen Kinder (1805), die Eltern des Künstlers (1806) die hervorragendsten sind, sind herb in Farbe und Zeichnung, aber voller Empfindung und zum Teil von einer gewissen Großartigkeit der Auffassung. Von dem mystisch-symbolischen Zyklus der vier Tageszeiten, der sein Hauptwerk werden sollte, ist nur der Morgen (1808) fertig geworden. Vortrefflich sind seine ornamentalen Zeichnungen und Silhouetten (»Ausgeschnittene Blumen und Tiere in Umrissen«, Hamb. 1843). Die genannten Werke und der größte Teil seiner Studien befinden sich in der Hamburger Kunsthalle.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 266. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007375379
Herder 1856
[789] Runge, Otto Phil., Maler, geb. zu Wolgast, lebte seit 1804 in Hamburg. Seine vielen Gemälde sind hauptsächlich mythologische u. allegorische. R., Otto Siegm., Sohn des Vorigen, Bildhauer, Schüler Thorwaldsens, 1838 in Petersburg, wo er mit Arbeiten im kaiserl. Winterpalaste beschäftigt war, st. 1839.
Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 789. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000349828X
Pierer 1862
[456] Runge, 2) Philipp Otto, geb. 1776 zu Wolgast in Neuvorpommern, Maler, lebte seit 1804 in Hamburg u. st. 1810 daselbst; er ist bes. bekannt durch seine vielen tiefsinnigen Contouren (die Jahreszeiten etc.), u. schr.: Farbenkugel od. Construction des Verhältnisses der Mischung aller Farben etc., Hamb. 1810; Hinterlassene Schriften, herausg. ebd. 1840.
3) Friedrich Ferdinand, geb. in Hamburg um 1795, war früher Privatdocent in Berlin u. später Professor der Technologie in Breslau; er schr.: Neueste phytochemische Entdeckungen, Berl. 1820–21, 2 Liefer; Der Todesproceß im Blute, Berl. 1824; Resultate chemischer Untersuchungen der Cynareen, Eupatorinen etc., Bresl. 1828; Grundlehren der Chemie, Bresl. 1830, 2. Aufl. 1833; Einleitung in die technische Chemie, Bresl. 1836; Technische Chemie der nützlichsten Metalle, Berl. 1838 f., 2 Abtheil.
4) Otto Sigmund, Sohn von R. 2), geb. 1810 in Hamburg; Bildhauer; ging 1838 zur Ausschmückung des Winterpalastes nach Petersburg u. st. dort 1839.
Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 456. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010785574
Brockhaus 1911
[573] Runge, Otto Philipp, Maler und Zeichner, geb. 23. Juni 1777 zu Wolgast, gest. 2. Dez. 1810 zu Hamburg; auch Schriftsteller (»Farbenkugel«, 1810). – Sein Sohn Otto Siegmund R., geb. 30. April 1806 zu Hamburg, gest. 16. März 1839 in Petersburg, Bildhauer.
Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 573. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001513133