Arnim: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Lyrikwiki

Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 40: Zeile 40:
== Herders 1854 ==
== Herders 1854 ==


[264] Arnim, altes norddeutsches Adelsgeschlecht, das seinen Ursprung aus Holland herleitet und im 10. Jahrh. nach Brandenburg gekommen sein soll. Von Vorchard Heinrich von A., 1280, beginnt die Theilung in die Biesenthalische und Zehdeniksche Linie; erstere spaltete sich in die '''sächsische, boitzenburgische, greifswaldische'''; letztere in die fränkische, magdeburgische und fredenwaldische. Eine große Anzahl A. begleitete hohe Posten in sächs. und noch mehr in preuß. Diensten. Die bedeutendsten A. sind: '''A., Joh. Georg''' von, geb. zu Boitzenburg 1581, diente Schweden, Polen und dem Kaiser, wurde 1628 kaiserl. Feldmarschall, ging darauf in kursächs. Dienste und spielte eine noch nicht aufgeklärte Rolle in den Unterhandlungen Wallensteins mit Sachsen, Schweden und Franzosen. Nach dem Prager Frieden nahm er 1635 seinen Abschied, wurde 1637 von den Schweden arretirt und nach Stockholm geschleppt, weil er für einen allgemeinen Frieden wirkte, entkam durch kühne Flucht und warb eben ein kaiserl. sächs. Bundesherr, als er 1641 zu Dresden starb. – A., '''Karl Otto Ludwig von''', geb. 1779; zuerst in der diplomatischen Laufbahn dienend, dann interimistischer Intendant der königl. Schauspiele in Berlin, Reisender, königl. Kammerherr, sehr fruchtbarer Schriftsteller in deutscher und engl. Sprache: »Napoleons conduct toward Prussia«, London 1814; »German national melodies«, mit deutschem und engl. Text, London 1816; »der Smaragdring«, Lustspiel in 5 Akten; »Flüchtige Bemerkungen eines flüchtig Reisenden«, 6 Bde., Berlin und Leipzig 1837–50. – A., '''Ludwig Achim von''', geb. 1781 zu Berlin, studirte Arzneikunde und Naturwissenschaften, lebte später in Heidelberg, auf seinem Gute Wiepersdorf und in Berlin, starb 1831. Mit seinem Freunde und Schwager Clemens Brentano gab er 1806 des »Knaben Wunderhorn« heraus; von seinen poetischen Erzeugnissen führen wir an: »die Gräfin Dolores«, 1810; »Halle und Jerusalem«, 1811; die »Schaubühne«, 1813; die »Kronenwächter«, 1817; A. war eine edle Natur, und in seinen originellen Schöpfungen blitzt das Genie durch die Nebel und Wolken, mit der seine Phantasie regellos und vielfach in bizarrer, sich selbst zerstörender Laune den Horizont umhüllt; deßwegen findet er auch nie nationalen Anklang trotz seines deutschen Gemüthes und bleibt mehr für kritisch gebildete Leser eine genußreiche und dankbare Aufgabe. – A., Elisabeth von, geborne Brentano, Gemahlin des Achim, bekannt als Schriftstellerin unter dem Namen '''Bettina''', geb. 1785 zu Frankfurt a. M., eine geniale Frau, in deren Schriften sich das schwärmerische Lieben, Hoffen, Streben und Irren [264] des deutschen Gemüthes seit dem Befreiungskriege abspiegelt; daher ist jedes ihrer Werke interessant, aber läßt keinen harmonischen Eindruck, keine Befriedigung zurück. »Göthes Briefwechsel mit einem Kinde«, 3 Bde. Berlin 1835. »Die Günderode«, 2 Bde. Berlin 1840. »Dies Buch gehört dem Könige,« 2 Bde. Berlin 1843, »Ilius Pamphylius und die Ambrosia«, 2 Bde. Berlin 1848. – A., '''Heinrich Alexander Freiherr von''', geb. zu Berlin 1789, focht in den Freiheitskriegen, trat 1820 in Staatsdienste und wurde 1840 Gesandter in Brüssel, 1846 Gesandter in Paris, von wo er nach der Februarrevolution nach Berlin zurückkehrte. Nach den Märztagen wurde er Minister des Auswärtigen, trat jedoch schon den 8. Juni aus, wurde 1849 Mitglied der ersten Kammer, ist seitdem Gegner des Ministeriums Manteuffel und einer der Hauptredner der preuß.-unionistischen Partei. – A., '''Heinrich Friedrich, Graf von A.-Heinrichsdorf''', geb. 1791 zu Werblow in der Prov. Preußen, Gesandter in Brüssel 1832, 1841 in Paris, 1845 in Wien, trat 1848 ab. Am 24. Februar 1849 wurde er Minister des Auswärtigen, legte aber am 3. Mai sein Amt nieder, weil er weder Preußen in Deutschland, noch Deutschland in Preußen aufgehen lassen wollte, sondern an der Föderation Deutschlands und dem Zusammenwirken mit Oesterreich festhielt; ist seit 1851 wieder Gesandter in Wien. – A., '''Adolf Heinrich, Graf von A.-Boitzenburg''', geb. 1803, trat frühe in den Staatsdienst, war 1842–1845 Minister des Innern; 1847 war er bedeutendes Mitglied der Herrencurie auf dem vereinigten Landtage. 1848 war er im März nur wenige Wochen Ministerpräsident, später Mitglied der Nationalversammlung in Frankfurt, wo er ebenfalls nicht lange bleiben mochte. Seitdem ist er eines der bedeutendsten Mitglieder der preuß. Kammer, der eigentliche Wortführer des Grundadels in dem Sinne einer gewichtigen constitutionellen Berechtigung desselben.
[264] Arnim, altes norddeutsches Adelsgeschlecht, das seinen Ursprung aus Holland herleitet und im 10. Jahrh. nach Brandenburg gekommen sein soll. Von Vorchard Heinrich von A., 1280, beginnt die Theilung in die Biesenthalische und Zehdeniksche Linie; erstere spaltete sich in die '''sächsische, boitzenburgische, greifswaldische'''*); letztere in die fränkische, magdeburgische und fredenwaldische. Eine große Anzahl A. begleitete hohe Posten in sächs. und noch mehr in preuß. Diensten. Die bedeutendsten A. sind: '''A., Joh. Georg''' von, geb. zu Boitzenburg 1581, diente Schweden, Polen und dem Kaiser, wurde 1628 kaiserl. Feldmarschall, ging darauf in kursächs. Dienste und spielte eine noch nicht aufgeklärte Rolle in den Unterhandlungen Wallensteins mit Sachsen, Schweden und Franzosen. Nach dem Prager Frieden nahm er 1635 seinen Abschied, wurde 1637 von den Schweden arretirt und nach Stockholm geschleppt, weil er für einen allgemeinen Frieden wirkte, entkam durch kühne Flucht und warb eben ein kaiserl. sächs. Bundesherr, als er 1641 zu Dresden starb. – A., '''Karl Otto Ludwig von''', geb. 1779; zuerst in der diplomatischen Laufbahn dienend, dann interimistischer Intendant der königl. Schauspiele in Berlin, Reisender, königl. Kammerherr, sehr fruchtbarer Schriftsteller in deutscher und engl. Sprache: »Napoleons conduct toward Prussia«, London 1814; »German national melodies«, mit deutschem und engl. Text, London 1816; »der Smaragdring«, Lustspiel in 5 Akten; »Flüchtige Bemerkungen eines flüchtig Reisenden«, 6 Bde., Berlin und Leipzig 1837–50. – A., '''Ludwig Achim von''', geb. 1781 zu Berlin, studirte Arzneikunde und Naturwissenschaften, lebte später in Heidelberg, auf seinem Gute Wiepersdorf und in Berlin, starb 1831. Mit seinem Freunde und Schwager Clemens Brentano gab er 1806 des »Knaben Wunderhorn« heraus; von seinen poetischen Erzeugnissen führen wir an: »die Gräfin Dolores«, 1810; »Halle und Jerusalem«, 1811; die »Schaubühne«, 1813; die »Kronenwächter«, 1817; A. war eine edle Natur, und in seinen originellen Schöpfungen blitzt das Genie durch die Nebel und Wolken, mit der seine Phantasie regellos und vielfach in bizarrer, sich selbst zerstörender Laune den Horizont umhüllt; deßwegen findet er auch nie nationalen Anklang trotz seines deutschen Gemüthes und bleibt mehr für kritisch gebildete Leser eine genußreiche und dankbare Aufgabe. – A., Elisabeth von, geborne Brentano, Gemahlin des Achim, bekannt als Schriftstellerin unter dem Namen '''Bettina''', geb. 1785 zu Frankfurt a. M., eine geniale Frau, in deren Schriften sich das schwärmerische Lieben, Hoffen, Streben und Irren [264] des deutschen Gemüthes seit dem Befreiungskriege abspiegelt; daher ist jedes ihrer Werke interessant, aber läßt keinen harmonischen Eindruck, keine Befriedigung zurück. »Göthes Briefwechsel mit einem Kinde«, 3 Bde. Berlin 1835. »Die Günderode«, 2 Bde. Berlin 1840. »Dies Buch gehört dem Könige,« 2 Bde. Berlin 1843, »Ilius Pamphylius und die Ambrosia«, 2 Bde. Berlin 1848. – A., '''Heinrich Alexander Freiherr von''', geb. zu Berlin 1789, focht in den Freiheitskriegen, trat 1820 in Staatsdienste und wurde 1840 Gesandter in Brüssel, 1846 Gesandter in Paris, von wo er nach der Februarrevolution nach Berlin zurückkehrte. Nach den Märztagen wurde er Minister des Auswärtigen, trat jedoch schon den 8. Juni aus, wurde 1849 Mitglied der ersten Kammer, ist seitdem Gegner des Ministeriums Manteuffel und einer der Hauptredner der preuß.-unionistischen Partei. – A., '''Heinrich Friedrich, Graf von A.-Heinrichsdorf''', geb. 1791 zu Werblow in der Prov. Preußen, Gesandter in Brüssel 1832, 1841 in Paris, 1845 in Wien, trat 1848 ab. Am 24. Februar 1849 wurde er Minister des Auswärtigen, legte aber am 3. Mai sein Amt nieder, weil er weder Preußen in Deutschland, noch Deutschland in Preußen aufgehen lassen wollte, sondern an der Föderation Deutschlands und dem Zusammenwirken mit Oesterreich festhielt; ist seit 1851 wieder Gesandter in Wien. – A., '''Adolf Heinrich, Graf von A.-Boitzenburg''', geb. 1803, trat frühe in den Staatsdienst, war 1842–1845 Minister des Innern; 1847 war er bedeutendes Mitglied der Herrencurie auf dem vereinigten Landtage. 1848 war er im März nur wenige Wochen Ministerpräsident, später Mitglied der Nationalversammlung in Frankfurt, wo er ebenfalls nicht lange bleiben mochte. Seitdem ist er eines der bedeutendsten Mitglieder der preuß. Kammer, der eigentliche Wortführer des Grundadels in dem Sinne einer gewichtigen constitutionellen Berechtigung desselben.


Quelle:
Quelle:
Zeile 47: Zeile 47:
http://www.zeno.org/nid/20003208176
http://www.zeno.org/nid/20003208176


*) Gerwaldsche


== Brockhaus 1911 ==
== Brockhaus 1911 ==

Version vom 16. Dezember 2023, 14:46 Uhr


Pierer 1857

[749] Arnim (Arnimb, Arnheim), alte Familie, welche aus Holland stammt, wo das Geschlecht 1716 mit Johann Herrn v. Rosendahl ausstarb; schon in der ersten Hälfte des 10. Jahrh. sollen die A. aus Holland in Brandenburg eingezogen sein u. erwarben mit der Zeit in der Uckermark, im Magdeburgischen, in Pommern, Ostpreußen, Sachsen u. Franken ausgedehnte Besitzungen. Seit 1280 theilte sich das Geschlecht in die 2 Linien: Biesenthal, mit der Sächsischen, Boitzenburgischen u. Gerwaldschaft Abtheilung; u. Zehdenik, mit der Magdeburgischen, Fränkischen u. Fredenwaldschen Abtheilung. Berühmt sind: 1) Henning v. A. auf Biesenthal, welcher als kurbrandenburgischer Rath, Marschall u. Landvoigt der Uckermark 1500 st. 2) Kurt v. A. auf Boitzenburg, Obermarschall, st. 1580. 3) Joachim, war 1544 Heermeister des Johanniterordens. 4) Bernd, Geheimer Rath u. Obermarschall, st. 1611. 5) Jakoba. A. auf Boitzenburg, st. 1633 als Obermarschall. 6) Joh. Georg v. A., geb. 1581 zu Boitzenburg, studirte, nahm 1613 schwedische Kriegsdienste, machte den Krieg gegen Rußland mit u. wurde 1614 Oberst; 1621 kämpfte er unter polnischen Fahnen gegen die Türken u. trat 1626 in kaiserliche Dienste. Wallenstein achtete ihn sehr, ließ ihn 1628. zum Feldmarschall ernennen, Stralsund belagern u. 1620 dem König von Polen gegen die Schweden zu Hülfe eilen. Zurückberufen trat er 1631 in kursächsische Dienste, schloß die Allianz mit Schweden, befehligte die Sachsen am 7. Sept. 1631 in der Schlacht von Leipzig, ging hierauf nach Böhmen, nahm Prag durch Capitulation, schlug Ende Novbr. die Kaiserlichen unter Maradas u. Götz bei Nimburg, ging dann nach Schlesien, nahm die Verschanzungen von Steinau, war aber hier ziemlich unthätig, stellte indeß daselbst die Evangelische Kirche wieder her, ging gegen Wallenstein, 1632 nach Sachsen, kam aber zur Schlacht von Lützen zu spät, kehrte nach Schlesien zurück, focht gegen Wallenstein, zog sich 1633 (angeblich auf ein Gerücht, daß Wallensteinsche Truppen in Sachsen eingedrungen wären), nach Sachsen u. ward so die Veranlassung zur Gefangennehmung des schwedischen Generals von Thurn bei Steinau, ging hierauf nach Brandenburg, deckte Berlin, dann 1634 nach der Lausitz, schlug im Mai Colloredo bei Liegnitz, stürmte Zittau u. nahm Glogau. 1635 nahm er, weil die Lutherische Confession im Prager Frieden nicht gesichert war, seinen Abschied u. ging auf sein Gut Boitzenburg in der Uckermark, ward aber von dem Kurfürsten von Brandenburg als Gesandter zu Unterhandlungen mit Sachsen gebraucht. Hier kam er 1639 in den Verdacht, gegen die Schweden, denen er freilich fast immer feindlich gewesen war, zu conspiriren, ward auf Oxenstierna's Befehl am 7. März 1637 plötzlich arretirt u. als Gefangener nach Stockholm gebracht, entkam jedoch im Novbr. 1638 nach Hamburg, diente sogleich wieder als kaiserlicher u. sächsischer Generallieutenant gegen Schweden u. wollte, wie einst Wallenstein, ein Heer zusammenbringen, ehe dies jedoch geschah, st. er 18. April 1641 zu Dresden. Vgl. Helbig, Wallenstein u. Arnim 1632–34, Dresd. 1850. 7) Wolf Christoph, Stifter der Sächsischen Linie, war kursächsischer Generallieutenant u. st. 1668. 8) Georg Abraham, geb. 1651 zu Boitzenburg, Stifter des Suckowschen Majorats, war königl. preuß. Generalfeldmarschall u. st. 1734. 9) Georg Dithlof, war in kön. preuß. Diensten Geheimer Staats- u. Kriegsminister u. Generalpostmeister, st. 1754._– Die Familie theilt sich jetzt in eine Gräfliche u. Freiherrliche: A) Grafen von A.: a) Boitzenburger Linie, seit 1786 in den Grafenstand erhoben mit 10) Friedrich Wilhelm, geb. 1739, war kön. preuß. Staats- u. Kriegsminister, Oberjägermeister, Erb-, Schloß- u. Burggesessener auf Boitzenburg u. Zichow u. st. 1801. 11) Friedrich Abraham Wilhelm, Sohn des Vor., geb. 1767, kön. preuß. Kammerherr u. Gesandter, st. 1812; jetziger Chef: 12) Graf Friedrich Ludwig, Sohn des Vor., geb. 24. Juli 1796, kön. preuß. Geheimrath u. Obergewandkämmerer, Major in einem Landwehrcavallerieregiment; verm. seit 1829 mit Gräfin Amalie, geb. v. Heister; sein älterer Sohn ist Georg, geb. 1832. 13) Adolf Heinrich, Bruder des Vor., geb. 10. April 1803, studirte in Göttingen, durchschritt schnell die Beamtenlaufbahn u. war 1833 bereits Chefpräsident der Regierung in Stralsund, später in Aachen u. dann in Merseburg, ging 1841 an Flotwells Stelle als Oberpräsident nach Posen, wurde aber schon am 1. Juli 1842 in das Ministerium gerufen u. übernahm das Portefeuille des[749] Innern; er gab 1845 seine Dimission u. blieb nur noch Mitglied des Staatsraths; nahm 1847 in der Herrencurie Theil an dem Vereinigten Landtage, übernahm nach der Katastrophe des 18. März 1848 am 19. d. M. den Vorsitz in dem neu gebildeten Ministerium zugleich mit dem Departement des Auswärtigen u. dem Auftrage, die Angelegenheiten der inneren Verfassung zu ordnen. Aber bereits am 29. d. M. sah sich A. veranlaßt, wieder aus dem Ministerium auszuscheiden. Seitdem ist A. bes. als Mitglied bald der 2. Kammer, bald des Herrenhauses auf dem Landtage thätig gewesen. Er ist verm. seit 1830 mit Karoline geb. Gräfin v. d. Schulenburg-Wolfsburg. b) Heinrichsdorf-Werblowsche Linie, zur vorigen gehörig, seit 1841 nach dem Rechte der Erstgeburt in den Grafenstand erhoben: 14) Graf Heinrich Friedrich, Sohn des 1834 verstorbenen Heinrich August v. A., geb. 1791 zu Werblow in Preußen, widmete sich nach Vollendung seiner Studien der diplomatischen Laufbahn u. war zuerst in Stockholm, dann in Paris als Secretär der Gesandtschaft verwendet, ging 1831 als Gesandter nach Brüssel, 1841 in gleicher Eigenschaft nach Paris, nachdem er noch in den Grafenstand erhoben worden war, u. 1845 nach Wien, war daselbst 1848 noch bei dem Ausbruche der Revolution, nahm aber bald darauf seine Entlassung. Im Februar 1849 übernahm er im Ministerium Brandenburg-Mauteuffel das Departement der Auswärtigen Angelegenheiten, trat jedoch schon Anfang Mai wieder zurück u. ist seit Mai 1851 wieder preußischer Gesandter zu Wien. B,) Freiherren v. A. aus dem von A. 8) gegründeten Hause Arnim-Suckow: 15) Heinrich Alex., Freiherr v. A., geb. 1798 zu Berlin, besuchte das Pädagogium in Halle, nahm dann mit 5 seiner Brüder an dem Freiheitskriege Theil u. ward im Laufe desselben durch einen Schuß am Fuße verwundet. Seit 1818 studirte er zu Heidelberg u. trat 1820 in den Staatsdienst; er wurde zunächst der Gesandtschaft in der Schweiz zugetheilt u. später als Secretär nach München, Kopenhagen u. dann nach Neapel gesendet, wo er zuletzt als Geschäftsträger fungirte. In der Zeit des Entstehens des Zollvereins kam er als Geschäftsträger nach Darmstadt u. trat 1834 als Geheimer Legations- u. vortragender Rath in das Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten ein. Als sein Chef, der Minister Ancillon, 1835 starb, verließ A. seine Stellung u. lebte ohne Amt, betheiligte sich jedoch lebhaft an den damaligen kirchlichen Fragen. Nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. ging er als Gesandter nach Brüssel, wo er besonders die deutschen Interessen durch Unterstützung der Herstellung der Rheinischen Eisenbahnen förderte u. 1844 den Belgisch-Preußischen Handelsvertrag abschloß, während er gleichzeitig der Protestantischen Kirche seinen Schutz wiederholt angedeihen ließ, namentlich auch für den Bau einer Kirche Sorge trug. 1846 wurde er Gesandter in Paris u. begab sich 1848 nach dem Ausbruch der Februarrevolution Anfang März zurück nach Berlin. Hier überreichte er dem Könige eine Denkschrift über die Nothwendigkeit von Reformen, war während der Märzereignisse in Berlin in der Nähe des Königs, übernahm am 21. März im Ministerium A.-Boitzenburg das Portefeuille des Auswärtigen u. wirkte in dieser Stellung für die Parteinahme Preußens in Schleswig-Holstein u. für die deutsch-einheitliche Politik. Auch unter dem Ministerium Camphausen behielt er seine Stellung noch, nahm aber, da er mit den übrigen Mitgliedern des Cabinets wegen des Berendsschen Antrags zur Anerkennung der Revolution in einen Meinungszwiespalt gerathen, u. nachdem er beim Heraustreten aus dem Sitzungssaale der Nationalversammlung von einem Volkshaufen insultirt worden war, Mitte Juni seine schon vorher begehrte Entlassung u. ging zunächst nach Frankfurt a. M. u. dann nach Neuwied. Im Frühjahr 1849 trat er für Liegnitz in die erste preußische Kammer u. schloß sich hier der deutsch-oppositionellen Parket an. Dann lebte er einige Zeit in Holland u. kehrte erst 1651 wieder zur Eröffnung der Kammer nach Berlin zurück. Er schr.: Mein handelspolitisches Testament, Berl. 1844; Frankfurt u. Berlin, Frankf. 1848; Über die Mediatisationsfrage, ebd. 1849; Zur Politik der Epigonen in Preußen, Berl. 1850; Über die Märzpolitik; Zur Politik der Contrerevolution in Preußen, Berl. 1851. C) Andere: 16) Ludwig Achim v. A., zu einem Zweige des freiherrlichen Hauses A. gehörend, geb. 1781 zu Berlin, studirte in Göttingen Arzneikunde u. Naturwissenschaften; lebte lange mit Cl. Brentano, dessen Schwester (s.d. Folg.) er später heirathete, in Heidelberg u. dann abwechselnd auf seinem Gute Wiepersdorf bei Dahme u. in Berlin; st. 1831. Er schr., außer mehreren physik. Abhandlungen: Ariels Offenbarungen, Gött. 1804; Der Wintergarten, Berl. 1809; Die Gräfin Dolores, ebd. 1810, 2 Thle.; Halle u. Jerusalem, Heidelberg 1811; Isabelle u. Aegypten, Melnik etc., Berl. 1812; Schaubühne, ebd 1813; Landhausleben, Lpz. 1826; Die gestürzten Emporkömmlinge (Lustspiel), Ulm 1823; Die Kronenwächter (Roman), Berlin 1817, u. a.; gab gemeinschaftlich mit Brentano: Des Knaben Wunderhorn, Heidelb. 1806–1808, 3 Thle., 2. A. 1819 heraus; Werke, herausgeg. von W. Grimm, Berl. 1839–1848, 20 Bde. 17) Elisabetha. A. (gewöhnlich Bettina genannt), geb. 1785 zu Frankfurt a. M., Schwester von Clem. Brentano, lebte in ihrer Jugend theils in einem Kloster, theils zu Offenburg u. dann in ihrer Vaterstadt, wo sie in freundschaftliches Verhältniß zu Karoline von Günderode trat u. sich um Goethes Liebe bewarb, wurde dann Gattin des Vorigen; in Berlin beschäftigte sie sich mehrfach mit der Sorge für Arme u. Kranke. Sie schr. Goethes Briefwechsel mit einem Kinde (zwischen ihr u. Goethe seit 1807 geführt), Berl. 1835, 3 Bde. (der 3. enthält ihr Tagebuch); Die Günderode, ebd. 1840, 2 Bde.; Dies Buch gehört dem Könige! Berl. 1843, 2 Bde.; Ilius Pamphilius u. die Ambrosia, ebd. 1848, 2 Bde.; Gespräche mit Dämonen, ebd. 1852; Bettinas Gedichte aus Goethes Briefwechsel mit einem Kinde, zusammengestellt von Daumer, Nürnb. 1837. Vgl. Zach. Funk, Bettina, ein Geistes- u. Charaktergemälde, Bamb. 1836. 18) Karl Otto Ludwig v. A., geb. 1779 zu Berlin, bekannt als Tourist u. touristischer Schriftsteller, widmete sich nach vollendeten Studien in Halle u. Göttingen der diplomatischen Carriere. Nachdem er einen großen Theil Europas im Anfang dieses Jahrh. bereist hatte, fungirte er eine Zeit lang als Attaché bei der preußischen Gesandtschaft in Stockholm u. London; später übernahm er verschiedene Male interimistisch die Intendantur der königlichen Schauspiele zu [750] Berlin, war Mitglied des Brandenburgschen Provinziallandtags, unternahm in den 30er u. 40er Jahren abermals weite Reisen nach dem Süden u. dem Orient, u. trat, mit der Würde eines Kammerherrn u. Mitglieds der Ordenscommission bekleidet, in das Privatleben zurück. Er schr.: Napoleon's Conduct towarts Prussia, Lond. 1814; Der Smaragdring (Lustspiel), 1822; bes. Flüchtige Bemerkungen eines flüchtig Reisenden, Berl. 1837–50, 6 Bde.; übersetzte auch Massingers A new Way to pay old Debts, 1820 ins Deutsche u. gab German national Melodies, mit deutschem u. englischem Text, Lond. 1816, heraus.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 749-751. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000940533X


Meyers 1905

[798] Arnim (urkundlich auch Arnym, Arnimb, Arnheim), märk. Adelsgeschlecht, nach dem Dorf A. im Kreise Stendal in der Altmark benannt, das 1204 zuerst vorkommt und von dem Mitglieder nach dem Lande Barnim in der Ukermark übersiedelten; später ließen sich Arnims auch in Pommern, Preußen und Sachsen nieder. Ihre Hauptschlösser waren Zehdenik, Zichow, Gerswalde und Boitzenburg in der Ukermark. Friedrich Wilhelm v. A. auf Boitzenburg wurde 1786 in den preußischen Grafensland erhoben. Seitenzweige der Boitzenburger Linie sind die Häuser Heinrichsdorff, Werbelow, Suckow und Kröchlendorf. Zu Ehren der Familie A., die dem preußischen Heere zahlreiche hohe Offiziere (1 Generalfeldmarschall und 7 Generale) gab,[798] wurde das 2. brandenburgische Dragonerregiment Nr. 12 nach ihr benannt. Bemerkenswert sind:

1) Johann Georg von, Heerführer im Dreißigjährigen Kriege, geb. 1581 zu Boitzenburg in der Ukermark, gest. 8. April 1641 in Dresden, trat zuerst in schwedische, dann in polnische, 1626 in kaiserliche Dienste. Von Wallenstein mit der Belagerung von Stralsund beauftragt, dann nach Polen gegen die Schweden entsandt und 1628 zum Feldmarschall befördert, zog er doch als Protestant 1631 den kursächsischen Dienst dem kaiserlichen vor, schloß für Kurfürst Johann Georg I. das Bündnis mit Gustav Adolf, befehligte die Sachsen in der Schlacht bei Breitenfeld (17. Sept. 1631), drang in die Lausitz und in Böhmen ein, bemächtigte sich Prags und operierte, nachdem er Böhmen vor Wallenstein wieder hatte räumen müssen, glücklich in Schlesien. 1633 unterhandelte er mit Wallenstein, zog dann dem Kurfürsten von Brandenburg zu Hilfe und belagerte im Winter Frankfurt vergebens. Die von ihm 1634 geführten geheimen Unterhandlungen mit Wallenstein vereitelte dessen Sturz. Danach nahm A. Bautzen, siegte über Colloredo (Mai 1634) bei Liegnitz, eroberte Zittau und Großglogau, fiel mit dem schwedischen General Banér in Böhmen ein und besetzte nach einem gescheiterten Anschlag auf Prag Limburg und Königgrätz. Infolge des Prager Friedens (1635) nahm er seinen Abschied und begab sich auf sein Gut Boitzenburg. Feindlicher Pläne gegen Schweden beschuldigt, ward er hier 7. März 1637 verhaftet und nach Stockholm gebracht. Von dort floh A. im November 1638, hielt sich einige Zeit verborgen und trat dann als Generalleutnant von neuem zugleich in kaiserliche und kursächsische Dienste. Vgl. Irmer, Hans Georg von A. (Leipz. 1894).

2) Ludwig Achim von, Dichter der romantischen Schule, geb. 26. Jan. 1781 in Berlin, gest. 21. Jan. 1831 in Wiepersdorf (bei Jüterbog), studierte in Göttingen Naturwissenschaften und veröffentlichte eine »Theorie der elektrischen Erscheinungen« (Halle 1799), wendete sich aber bald ausschließlich der poetischen Produktion zu, ließ sich nach längern Reisen 1806 in Heidelberg nieder, wo er, mit Klemens Brentano eng befreundet, die »Zeitung für Einsiedler« (deren Titel dann in »Tröst-Einsamkeit« [s. d.] umgewandelt ward; neu hrsg. von Pfaff, Heidelb. 1883) herausgab und mit Brentano eine Sammlung der ältern deutschen Volkslieder: »Des Knaben Wunderhorn« (s. Wunderhorn), veranstaltete (das. 1806–1808, 3 Bde.). In seinen Jugendromanen: »Hollins Liebeleben« (Göttingen 1802; neue Ausg. von Minor, Freiburg 1883) und »Ariels Offenbarungen« (das. 1804), offenbarte sich schon die phantastische Willkür, die den begabten Dichter nie verlassen sollte. Die Novellensammlung »Der Wintergarten« (Berl. 1809) erneuerte vergessene Erzählungen. Höher stand der Roman »Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores. Eine wahre Geschichte, zur lehrreichen Unterhaltung armer Fräulein aufgeschrieben« (Berl. 1810, 2 Bde.), worin der Dichter den Fall und die Buße einer heißblütigen Frauennatur mit ergreifender Wahrheit, wenn auch nicht ohne einiges störende Beiwerk schildert. 1811 verheiratete sich A. mit Brentanos Schwester Elisabeth (Bettina), lebte von da an teils in Berlin, teils auf seinem Gut Wiepersdorf in der Mark, ununterbrochen poetisch tätig, überdies durch eine anziehende, im besten Sinne ritterliche Persönlichkeit ausgezeichnet. Seine Dramen »Halle und Jerusalem. Studentenspiel und Pilgerabenteuer« (Heidelb. 1811) und die in seiner »Schaubühne« (Berl. 1813) vereinigten Stücke schwanken zwischen dem Ton des Ernstes und dem toller, phantastischer Puppenspiele in einer Weise, die den rechten Eindruck gefährdet. (Vgl. Bottermann, Die Beziehungen des Dramatikers Achim v. A. zur altdeutschen Literatur, Götting. 1896.) Dagegen sind seine Erzählungen, die teils einzeln in Taschenbüchern, teils gesammelt unter den Titeln: »Vier Novellen« (Berl. 1811), »Landhausleben« (Leipz. 1826) und »Sechs Erzählungen« (Berl. 1835) erschienen, meist anschaulich und anziehend geschrieben, von Humor und warmem Gefühl durchdrungen, aber auch nicht frei von barocken Absonderlichkeiten. Die besten sind: »Isabella von Ägypten«, »Der tolle Invalid auf dem Fort Ratonneau«, »Die Majoratsherren« und »Fürst Ganzgott und Sänger Halbgott«. Seine Hauptschöpfung sollte der historische Roman »Die Kronenwächter« werden, dessen erster Teil noch den Titel: »Bertolds erstes und zweites Leben« (Berl. 1817) führte, während ein zweiter, unfertiger Teil erst aus Arnims Nachlaß hervortrat. »Die Kronenwächter« sind ein historischer Roman von großartiger Anlage und mächtiger Ausführung; die bedeutende Zeit, der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit (Beginn des 16. Jahrh.), ist lebensvoll und farbenreich geschildert, und die ausgeführten Episoden sind voll Wärme und Heimatszauber. Arnims »Sämtliche Werke« mit einer Vorrede von W. Grimm (Berl. 1839–46, 19 Bde.; 1853–56, 22 Bde.) fanden nur ungenügende Verbreitung; bessere wurde den »Ausgewählten Novellen und Erzählungen« (das. 1853, 3 Bde.) zu teil. Eine Auswahl der Werke Arnims besorgten Koch für Kürschners »Deutsche Nationalliteratur« und Dohmke für Meyers Klassikerausgaben (Leipz. 1892). Arnims Beiträge zum »Gesellschafter« aus den Jahren 1817–1820 gab Geiger heraus: »Unbekannte Aufsätze und Gedichte von A.« (Berl. 1892). Vgl. »Achim v. A. und die ihm nahe standen«, hrsg. von R. Steig u. Herm. Grimm (Bd. 1, Stuttg. 1894).

3) Elisabeth von, gewöhnlich Bettina genannt, Gattin des vorigen, Schwester von Klemens Brentano, Enkelin der Sophie Laroche, geb. 4. April 1788 in Frankfurt a. M., gest. 20. Jan. 1859 in Berlin, verlebte ihre Jugend teils in einem Kloster, teils bei Verwandten in Offenbach und Marburg, teils in Frankfurt selbst. In ihrer Kindheit schon zu Sonderbarkeiten geneigt, gab sie sich seit ihrer Bekanntschaft mit dem Stiftsfräulein v. Günderode (s. d.) krankhafter Naturschwärmerei hin. Später trat sie mit Goethes Mutter in ein enges Freundschaftsverhältnis und faßte zu Goethe selbst, den sie 1807 persönlich kennen lernte, nachdem sie schon vorher in Briefwechsel mit ihm gestanden hatte, eine Neigung, die der Dichter zwar freundlich duldete, jedoch nicht erwiderte. Nach ihrer Verheiratung (1811) lebte sie, nachdem sie mit Goethe vollständig gebrochen, teils in Berlin, teils in Wiepersdorf, dem Gut ihres Gatten. Erst nach dessen Tode trat sie als Schriftstellerin auf; dabei hegte sie lebhaftes Interesse für die sozial-politischen Zeiterscheinungen, gab sich in Berlin mit großem Eifer der Sorge für Arme und Kranke hin und nahm an den Hoffnungen und Erregungen des Jahres 1848 einen Anteil, der ihr in den höhern Kreisen sehr schadete. Ihre Werke sind geniale Improvisationen, in einem schwunghaften und blütenreichen, oft auch verworren stammelnden und pythisch-dunkeln Stil abgefaßt. So das bekannte Buch »Goethes Briefwechsel mit einem Kinde« (Berl. 1835, 3 Bde.), das neben viel Echtem manche freie Ausschmückung enthält; auch das Buch »Die Günderode« (Grünb. 1840, 2 Bde.) bietet eine Mischung[799] von Erinnerungen und Phantasien. Später erschienen: »Dies Buch gehört dem König« (Berl. 1843, 2 Bde.), worin die Frage des sozialen Elends zu lösen versucht wird; »Klemens Brentanos Frühlingskranz« (Charlottenb. 1844), dem Andenken ihres Bruders gewidmet; ferner: »Ilius Pamphilius und die Ambrosia« (Berl. 1848, 2 Bde.), wieder ein »Briefwechsel«, der eine Art Herzensverhältnis (zum jungen Dichter Phil. Nathusius) zum Inhalt hat; endlich die dunkeln »Gespräche mit Dämonen. Des Königsbuchs zweiter Teil« (das. 1852). Ein Plan, der sie bis in die letzten Tage ihres Lebens beschäftigte, war die Errichtung eines großen Goethe-Denkmals, zu dem sie selber die Zeichnungen entworfen hatte, doch wurde nur ein Teil (Goethe und Psyche) von Steinhäuser (s. d.) ausgeführt. Ihre »Sämtlichen Werke« erschienen in 11 Bänden (Berl. 1853). Vgl. »Goethes Briefe an Sophie Laroche und Bettina Brentano« (hrsg. von Loeper, Berl. 1879); »Bettina von A. und Friedrich Wilhelm IV. Ungedruckte Briefe u. Aktenstücke« (hrsg. von Geiger, Frankf. 1902); K. Alberti, Bettina v. A. (Leipz. 1885); Carriere, Bettina v. A. (Bresl. 1887); L. Geiger, Dichter und Frauen (Berl. 1896); Berdrow, Frauenbilder aus der neueren deutschen Literaturgeschichte (2. Aufl., Stuttg. 1900). – Ihre jüngste Tochter, Gisela, Gattin des Kunsthistorikers und Dichters Herman Grimm, geb. 30. Aug. 1827, gest. 4. April 1889 in Florenz, hat sich als dramatische Schriftstellerin versucht; ihre »Dramatischen Werke« erschienen in 4 Bänden (Bonn u. Berl. 1857–75).

4) Heinrich Friedrich, Graf von A.-Heinrichsdorf-Werbelow, preuß. Staatsmann, geb. 23. Sept. 1791 zu Werbelow in der Ukermark, gest. 18. April 1859, machte die Befreiungskriege mit, ward dann preußischer Legationssekretär in Stockholm und in Paris, 1831 Gesandter in Brüssel, 1841 (in den preußischen Grafenstand erhoben) in Paris und 1845–1848 in Wien, wo er sich ganz im Gleise der Metternichschen Politik bewegte. Am 24. Febr. 1849 zum Minister des Auswärtigen ernannt, trat er bereits 3. Mai von dieser Stelle zurück, da er mit der deutschen Unionspolitik des Ministeriums nicht einverstanden war. Von 1851–57 wieder preußischer Gesandter in Wien, suchte er das gute Einvernehmen mit Österreich, in welchem er stets einen unentbehrlichen Alliierten Preußens erblickte, zu fördern.

5) Alexander Heinrich, Freiherr von, aus dem Hause A.-Suckow, preuß. Staatsmann, geb. 13. Febr. 1798 in Berlin, gest. 5. Jan. 1861 in Düsseldorf, trat 1814 in die Landwehrreiterei der Ukermark und machte mit fünf Brüdern die Befreiungskriege mit. Im J. 1840 wurde er zum Gesandten in Brüssel, 1846 in Paris ernannt. In diesen Stellungen erwarb er sich großes Verdienst namentlich durch Zustandebringen des belgisch-preußischen Handelsvertrags vom 1. Sept. 1844 und durch die Entschiedenheit, mit der er sowohl amtlich als auch in seiner Schrift »Mein handelspolitisches Testament« (Berl. 1844) den herrschenden schutzzöllnerischen Ansichten entgegentrat. Nach dem Sturz des Julikönigtums (Februar 1848) eilte er nach Berlin und überreichte dem König 17. März eine Denkschrift, worin er auf liberale Reformen und sofortige Berufung eines zum deutschen Parlament zu erweiternden Landtages sowie auf Befolgung einer deutsch-nationalen Politik drang. Von ihm ging auch die Manifestation des Königs für die deutsche Sache (21. März) aus. An demselben Tage trat er als Minister des Auswärtigen in das zuerst vom Grafen Arnim-Boitzenburg, dann von Camphausen geleitete neue Ministerium, das jedoch bereits 20. Juni zurücktrat. Darauf bemühte sich A., durch einige Flugschriften (»Frankfurt und Berlin«, »Über die Mediatisationsfrage«) auf eine Lösung der deutschen Frage hinzuwirken. 1849–51 Mitglied der Ersten Kammer, hielt er zur deutsch-konstitutionellen Partei und bekämpfte energisch Manteuffels Politik. Noch größern Eindruck als seine Reden und Anträge machte die Veröffentlichung einiger »ungehaltener« Reden (»Zur Politik der Epigonen in Preußen«, Berl. 1850; »Zur Politik der Contre-Revolution in Preußen«, das. 1851). Wegen der letztern Flugschrift wurde A. auf Betreiben der Feudalpartei vor Gericht gestellt und trotz einer glänzenden, von ihm später veröffentlichten Verteidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Seitdem lebte er in Zurückgezogenheit, bis er nach dem Sturz des Ministeriums Manteuffel 1858 in Berlin zum Landtagsabgeordneten gewählt ward. Kenntnisse, Welterfahrung u. Freimut verschafften ihm bedeutendes Ansehen.

6) Adolf Heinrich, Graf von A.-Boitzenburg, preuß. Staatsmann, geb. 10. April 1803 in Berlin, gest. 8. Jan. 1868, trat, nachdem er seine akademischen Studien in Göttingen und Berlin vollendet, in den preußischen Staatsdienst, ward Landrat in der Ukermark und 1833 Regierungspräsident in Stralsund. Später ward er in gleicher Eigenschaft nach Aachen, 1839 nach Merseburg versetzt, 1840 zum Oberpräsidenten der Provinz Posen und 1842 zum Minister des Innern ernannt. Allein bei der Auffassung des Königs über die Stellung der Minister, die nur seine Befehle ausführen sollten, und bei der Absicht Arnims, stets dem König den Rücken zu decken, vermochte der hochbegabte Mann wenig auszuführen. Die gemäßigte Freiheit der Presse, die er erstrebte, führte nur zu schärferer Handhabung der Zensur; die Pläne, die er zur Ausbildung der Verfassung entwarf, fanden, da sie das Recht zur Bewilligung von Anleihen und die Periodizität forderten, die vom König gedachte künstliche Vermischung der Rechte zwischen dem Landtag und den Vereinigten Ausschüssen ablehnten, nicht die Billigung Friedrich Wilhelms. Die Ausweisung Itzsteins und Heckers aus Preußen kam hinzu. So nahm A. schon 1845 seine Entlassung, wurde aber in der drängenden Not des 19. März 1848 vom König an die Spitze eines neuen Kabinetts berufen. Da er aber den Eintritt liberaler Oppositionsführer in das Ministerium für notwendig hielt, so schied er, um diesen zu ermöglichen, schon 29. März aus dem Ministerium wieder aus. In einer Broschüre hat er über sein Verhalten in diesen Tagen selber Nachricht gegeben, in einer zweiten den Sinn der am 22. März zugestandenen Urwahlen erläutert und das Zugeständnis der Vereidigung der Truppen auf die Verfassung freimütig für einen Fehler erklärt. Sein Mandat zur deutschen Nationalversammlung legte er bald nieder, verteidigte die Interessen des Grundadels gegen die Steuerpläne des Ministers Hansemann im »Junkerparlament« und wirkte demnächst in der Zweiten Kammer wesentlich für die Umgestaltung der Dezemberverfassung. Seit 30. Nov. 1854 erbliches Mitglied des Herrenhauses, war er hier Führer der von ihm gebildeten gemäßigt konservativen Fraktion. Während der neuen Ära opponierte er entschieden gegen die Grundsteuervorlagen des Ministeriums und befürwortete während der Konfliktszeit im Herrenhaus die Annahme der vom Abgeordnetenhaus abgelehnten Budgetvorlage der Regierung en bloc. Dieses Verhalten rechtfertigte er in der Schrift: »Das Recht des Herrenhauses bei Festsetzung des Staatshaushalts« (Berl. 1863).[800]

7) Harry (Heinrich), Graf von, deutscher Diplomat, geb. 3. Okt. 1824 zu Moitzelfitz in Pommern, aus dem freiherrlichen Haus A.-Suckow, gest. 19. Mai 1881 in Nizza, trat, nachdem er die Rechte studiert hatte, in den diplomatischen Dienst und ward 1864 preußischer, seit 1866 norddeutscher Gesandter beim päpstlichen Stuhl, spielte während des vatikanischen Konzils 1869–70 eine nicht unbedeutende Rolle, indem er die Opposition der deutschen Bischöfe gegen das Unfehlbarkeitsdogma unterstützte, und bemühte sich im September 1870 vergebens, zwischen der römischen Kurie und der Regierung des Königreichs Italien zu vermitteln. Am 28. Juli d. J. in den Grafenstand erhoben, erwarb er sich in Brüssel und Frankfurt bei den Friedensverhandlungen mit Frankreich Verdienste. Am 9. Juni 1872 wurde er als Botschafter des Deutschen Reiches bei der französischen Republik beglaubigt. Hier mischte er sich in die monarchischen Umtriebe gegen Thiers ein und bemühte sich wiederholt, durch direkte Vorstellungen beim Kaiser Bismarcks Politik zu durchkreuzen, bis dieser es durchsetzte, daß A. 2. April 1874 von Paris abberufen und nach Konstantinopel versetzt, gleich darauf aber pensioniert wurde. Jetzt stellte sich heraus, daß er eine Anzahl wichtiger Staatspapiere aus dem Botschaftsarchiv an sich genommen hatte. Er weigerte sich, sie herauszugeben, er wurde daher 4. Okt. 1874 auf seinem Gut Nasseheide bei Stettin verhaftet und in Berlin vor Gericht gestellt, das ihn 9. Dez. zu 3 Monaten Gefängnis wegen Vergehens wider die öffentliche Ordnung verurteilte; das Kammergericht verschärfte diese Strafe 24. Juni 1875 auf 9 Monate. Auch wurde zur Verhütung ähnlicher Benutzung offizieller Aktenstücke ein besonderer Paragraph in das Strafgesetz aufgenommen (A.-Paragraph, näheres im Artikel »Amtsverbrechen«). A. hatte sich der Verbüßung seiner Strafe durch die Reise ins Ausland entzogen, von wo er seine Angriffe gegen Bismarck in der von ihm unterstützten »Reichsglocke« und in einer besondern Broschüre: »Pro nihilo« (Zürich 1875), aufs heftigste fortsetzte. Der letztern Schrift wegen ward er 5. Okt. 1876 vom Staatsgerichtshof zu 5 Jahren Zuchthaus in contumaciam verurteilt. Seit 1878 lebte A. in Österreich und veröffentlichte noch zwei sehr gemäßigte Broschüren zur Verteidigung seiner Ansichten über die Kirchenpolitik: »Der Nunzius kommt!« (Wien 1878) und »Quid faciamus nos?« (das. 1879). Der von ihm beabsichtigten Wiederaufnahme des Prozesses entzog ihn der Tod.

8) Adolf, Graf von A.-Boitzenburg, ältester Sohn von A. 6), geb. 12. Dez. 1832 in Boitzenburg, gest. 15. Dez. 1887 zu Berlin, studierte die Rechte in Göttingen, Bonn und Berlin, ward 1862 Regierungsassessor, 1864 Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern und 1868 Landrat des Kreises Templin, machte die Feldzüge 1864 und 1870 als Ordonnanzoffizier des 3. Armeekorps mit und ward im März 1873 Präsident des Bezirks Lothringen in Metz, im Dezember 1874 Oberpräsident von Schlesien. Nach der Verurteilung des Grafen Harry von A. (s. Arnim 7), der seit 1857 mit seiner Schwester Sophie vermählt war, nahm er 1877 seinen Abschied und zog sich nach Boitzenburg zurück. Seit 1874 Mitglied des Reichstags, schloß er sich der freikonservativen Partei an. Im November 1878 ward er zum ersten Vizepräsidenten des Herrenhauses erwählt und führte auch 1879 in der ersten ordentlichen Generalsynode Preußens den Vorsitz. 1880–81 ward er Präsident des deutschen Reichstags. – Sein jüngerer Bruder, Hermann, Graf A., geb. 20. Juni 1839, Legationsrat, zuletzt bei der Gesandtschaft in Lissabon, nahm 1875 seinen Abschied, beteiligte sich an den Angriffen der Presse gegen Bismarck und wurde deswegen 1877 zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Er erwarb die Herrschaft Muskau und ließ sich 1887 in den Reichstag wählen, in dem er sich der Reichspartei anschloß. Er vertrat mit besonderm Eifer die agrarischen und kolonialen Bestrebungen.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 798-801. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006252702


Herders 1854

[264] Arnim, altes norddeutsches Adelsgeschlecht, das seinen Ursprung aus Holland herleitet und im 10. Jahrh. nach Brandenburg gekommen sein soll. Von Vorchard Heinrich von A., 1280, beginnt die Theilung in die Biesenthalische und Zehdeniksche Linie; erstere spaltete sich in die sächsische, boitzenburgische, greifswaldische*); letztere in die fränkische, magdeburgische und fredenwaldische. Eine große Anzahl A. begleitete hohe Posten in sächs. und noch mehr in preuß. Diensten. Die bedeutendsten A. sind: A., Joh. Georg von, geb. zu Boitzenburg 1581, diente Schweden, Polen und dem Kaiser, wurde 1628 kaiserl. Feldmarschall, ging darauf in kursächs. Dienste und spielte eine noch nicht aufgeklärte Rolle in den Unterhandlungen Wallensteins mit Sachsen, Schweden und Franzosen. Nach dem Prager Frieden nahm er 1635 seinen Abschied, wurde 1637 von den Schweden arretirt und nach Stockholm geschleppt, weil er für einen allgemeinen Frieden wirkte, entkam durch kühne Flucht und warb eben ein kaiserl. sächs. Bundesherr, als er 1641 zu Dresden starb. – A., Karl Otto Ludwig von, geb. 1779; zuerst in der diplomatischen Laufbahn dienend, dann interimistischer Intendant der königl. Schauspiele in Berlin, Reisender, königl. Kammerherr, sehr fruchtbarer Schriftsteller in deutscher und engl. Sprache: »Napoleons conduct toward Prussia«, London 1814; »German national melodies«, mit deutschem und engl. Text, London 1816; »der Smaragdring«, Lustspiel in 5 Akten; »Flüchtige Bemerkungen eines flüchtig Reisenden«, 6 Bde., Berlin und Leipzig 1837–50. – A., Ludwig Achim von, geb. 1781 zu Berlin, studirte Arzneikunde und Naturwissenschaften, lebte später in Heidelberg, auf seinem Gute Wiepersdorf und in Berlin, starb 1831. Mit seinem Freunde und Schwager Clemens Brentano gab er 1806 des »Knaben Wunderhorn« heraus; von seinen poetischen Erzeugnissen führen wir an: »die Gräfin Dolores«, 1810; »Halle und Jerusalem«, 1811; die »Schaubühne«, 1813; die »Kronenwächter«, 1817; A. war eine edle Natur, und in seinen originellen Schöpfungen blitzt das Genie durch die Nebel und Wolken, mit der seine Phantasie regellos und vielfach in bizarrer, sich selbst zerstörender Laune den Horizont umhüllt; deßwegen findet er auch nie nationalen Anklang trotz seines deutschen Gemüthes und bleibt mehr für kritisch gebildete Leser eine genußreiche und dankbare Aufgabe. – A., Elisabeth von, geborne Brentano, Gemahlin des Achim, bekannt als Schriftstellerin unter dem Namen Bettina, geb. 1785 zu Frankfurt a. M., eine geniale Frau, in deren Schriften sich das schwärmerische Lieben, Hoffen, Streben und Irren [264] des deutschen Gemüthes seit dem Befreiungskriege abspiegelt; daher ist jedes ihrer Werke interessant, aber läßt keinen harmonischen Eindruck, keine Befriedigung zurück. »Göthes Briefwechsel mit einem Kinde«, 3 Bde. Berlin 1835. »Die Günderode«, 2 Bde. Berlin 1840. »Dies Buch gehört dem Könige,« 2 Bde. Berlin 1843, »Ilius Pamphylius und die Ambrosia«, 2 Bde. Berlin 1848. – A., Heinrich Alexander Freiherr von, geb. zu Berlin 1789, focht in den Freiheitskriegen, trat 1820 in Staatsdienste und wurde 1840 Gesandter in Brüssel, 1846 Gesandter in Paris, von wo er nach der Februarrevolution nach Berlin zurückkehrte. Nach den Märztagen wurde er Minister des Auswärtigen, trat jedoch schon den 8. Juni aus, wurde 1849 Mitglied der ersten Kammer, ist seitdem Gegner des Ministeriums Manteuffel und einer der Hauptredner der preuß.-unionistischen Partei. – A., Heinrich Friedrich, Graf von A.-Heinrichsdorf, geb. 1791 zu Werblow in der Prov. Preußen, Gesandter in Brüssel 1832, 1841 in Paris, 1845 in Wien, trat 1848 ab. Am 24. Februar 1849 wurde er Minister des Auswärtigen, legte aber am 3. Mai sein Amt nieder, weil er weder Preußen in Deutschland, noch Deutschland in Preußen aufgehen lassen wollte, sondern an der Föderation Deutschlands und dem Zusammenwirken mit Oesterreich festhielt; ist seit 1851 wieder Gesandter in Wien. – A., Adolf Heinrich, Graf von A.-Boitzenburg, geb. 1803, trat frühe in den Staatsdienst, war 1842–1845 Minister des Innern; 1847 war er bedeutendes Mitglied der Herrencurie auf dem vereinigten Landtage. 1848 war er im März nur wenige Wochen Ministerpräsident, später Mitglied der Nationalversammlung in Frankfurt, wo er ebenfalls nicht lange bleiben mochte. Seitdem ist er eines der bedeutendsten Mitglieder der preuß. Kammer, der eigentliche Wortführer des Grundadels in dem Sinne einer gewichtigen constitutionellen Berechtigung desselben.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 264-265. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003208176

  • ) Gerwaldsche

Brockhaus 1911

[100] Arnim, altes märkisches Adelsgeschlecht, benannt nach dem Dorfe A. (Kr. Stendal), seit 1204 nachweisbar, schied sich im 15. Jahrh. in drei Hauptlinien, die sich später in die Häuser Boitzenburg, Gerswalde, Seidewitz (in Franken), Fredenwalde und Crussow trennten und dann noch weiter verzweigten. – Der Boitzenburger Hans Georg von A. (auch Arnheim), geb. 1581, Feldherr im Dreißigjähr. Kriege, nacheinander in schwed., poln., seit 1626, später als Feldmarschall in kaiserl., 1631-35 in kursächs. Diensten, focht 1631 bei Breitenfeld, wurde 1632 von Wallenstein aus Böhmen vertrieben, siegte 1634 bei Liegnitz über die Kaiserlichen, ward März 1637 bis Nov. 1638 in Schweden gefangen gehalten und starb 18. April 1641 zu Dresden. – Vgl. Irmer (1894). – Graf Heinr. Friedr. von A., aus dem Heinrichsdorff-Werbelowschen Hause, geb. 23. Sept. 1791, gest. 18. April 1859, preuß. Gesandter in Brüssel, Paris und Wien, im Ministerium Brandenburg-Manteuffel 24. Febr. bis 3. Mai 1849 Minister des Auswärtigen. – Freiherr Heinr. Alex. von A., aus dem Hause Suckow, geb. 13. Febr. 1798 zu Berlin, gest. 5. Jan. 1861 zu Düsseldorf, 1840-46 Gesandter in Brüssel, dann bis März 1848 in Paris, veranlaßte den König 21. März zu der Manifestation in der deutschen Sache, übernahm 21. März im Ministerium A.-Boitzenburg, später Camphausen das Ministerium des Auswärtigen, schied aber schon 20. Juni wieder aus. – Graf Adolf Heinr. von A., aus dem Hause Boitzenburg, preuß. Staatsmann, geb. 10. April 1803, gest. 8. Jan. 1868, wurde 1840 Oberpräsident der Prov. Posen, 1842-45 Minister des Innern, nach der Katastrophe vom 18. März 1848 Präsident des neugebildeten Kabinetts, zog sich aber schon 29. März zurück. – Graf Harry von A., aus dem Hause Suckow, Diplomat, geb. 3. Okt. 1824 zu Moitzelfitz in Pommern, seit Okt. 1864 preuß. Gesandter bei der päpstl. Kurie in Rom, wo er, bes. zur Zeit des Vatikan. Konzils, eine bedeutsame polit. Tätigkeit entfaltete, wurde 28. Juli 1870 in den Grafenstand erhoben und 1871 mit den Frankfurter Friedensverhandlungen betraut. Danach Gesandter, seit 9. Jan. 1872 Botschafter des Deutschen Reichs bei der Franz. Republik, geriet er in Konflikt mit dem Fürsten Bismarck, ward 22. Febr. 1874 abberufen und unter der Anklage, wichtige Aktenstücke aus dem Botschafterarchiv zu Paris entfernt zu haben, in einen Prozeß verwickelt, welcher mit seiner Verurteilung zu 9 Monaten Gefängnis endete. Er entwich ins Ausland, veröffentlichte von hier aus zu seiner Verteidigung die Broschüre »Pro nihilo« (1875) und ward 1876 wegen Landesverrats in contumaciam zu 5. J. Zuchthaus verurteilt. Im Begriff, sich nach erlangtem freien Geleit dem Reichsgericht persönlich zur Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen, starb er 19. Mai 1881 zu Nizza. – Graf Traugott Hermann A., Politiker, geb. 20. Juni 1839 in Merseburg, war 1863-75 in diplomat. Dienst, 1872-74 Sekretär Bismarcks, ist seit 1887 Mitglied des Reichstags und hier namentlich für Kolonialpolitik und Reform der Börse tätig.

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 100. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000917435