Kritik der Taxonomie

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Aus dem Wikipedia-Artikel Taxonomie

Ludwig Wittgenstein zeigte in den 1950er Jahren grundsätzliche Probleme jeglicher hierarchischer Klassifikationssysteme auf; er wies die Problematik in seinen Philosophischen Untersuchungen (1953) am Beispiel der Familienähnlichkeit nach.

Auch der Philosoph Michel Foucault kritisiert in Die Ordnung der Dinge (1974) die Fragwürdigkeit jeglicher Kategoriensysteme, da sie einer Raum-Zeit-Gebundenheit unterliegen (Archäologie des Wissens). Als Beispiel führt er einen Text von Jorge Luis Borges über unterschiedliche Tierkategorien in „einer gewissen chinesischen Enzyklopädie“[1] an, in der Tiere folgendermaßen eingeteilt werden:

1. dem Kaiser gehörige,
2. einbalsamierte,
3. gezähmte,
4. Milchschweine,
5. Sirenen,
6. Fabeltiere,
7. streunende Hunde,
8. in diese Einteilung aufgenommene,
9. die sich wie toll gebärden,
10. unzählbare,
11. mit feinstem Kamelhaarpinsel gezeichnete,
12. und so weiter,
13. die den Wasserkrug zerbrochen haben,
14. die von weitem wie Fliegen aussehen.

Dieses - freilich von Borges frei erfundene[2] - Beispiel eines Ordnungssystems zeigt, dass Kategoriensysteme willkürlich wirken können, wenn sie von einer Außenperspektive aus betrachtet werden. Moderne Taxonomen, wie Peter Ax, lehnen die Verwendung der Etiketten wie „Familie“ oder „Ordnung“ ab. Der Grund hierfür liegt darin, dass diese Einordnungen willkürlich vollzogen werden. Es gibt keine natürliche Regeln, warum eine Gruppe von Organismen beispielsweise den Rang einer Ordnung statt den einer Klasse erhält. Daher sollte nur noch der Begriff „Taxon“ verwendet werden. Da sich Begriffe, wie „Gattung“, „Tierreich“ oder „Klasse“ jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch halten, setzt sich diese Einsicht selbst in wissenschaftlichen Kreisen nur langsam durch.


Anmerkungen

  • [1] Jorge Luis Borges Borges: Die analytische Sprache von John Wilkins. Inquisitionen. Essays 1941–1952. Übers. v. Karl August Horst u. Gisbert Haefs
  • [2] Reiner Ruffing: Michel Foucault. Kapitel 3: Die Ordnung der Dinge, S. 41; Wilhelm Fink Verlag GmbH & Co., Paderborn, 2008. ISBN 978-3-7705-4608-4