Inannas Gang in die Unterwelt

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‘’‘Inannas Gang in die Unterwelt’’’

‘‘Inannas Gang in die Unterwelt’’ ist eine moderne Nachdichtung eines sumerischen Mythos durch den Lyriker. Der Text erschien im Verlag (Schupfart) in der Reihe Das Versteck (Band 92). Die Ausgabe ist Teil des poetischen Programms, vormoderne Mythen mit literarischer Präzision in die Gegenwart zu übertragen. ISBN: 978-3-907369-42-5.

Inhalt

Die sumerische Stadtgöttin steigt mit den Emblemen der Oberweltherrschaft in die Unterwelt hinab, um auch dort Macht zu erlangen. Ihre Schwester, die Unterweltsgöttin Ereskigal, stellt ihr eine Falle und tötet sie. Als Inanna drei Tage lang nicht zurückkehrt, bittet ihre Botin Ninsubur bei den Göttern um Hilfe. Nur Enki, Gott der Magie, reagiert: Er erschafft zwei geschlechtsübergreifende Wesen, die Inanna mit dem Kraut und dem Wasser des Lebens wiedererwecken. Inanna darf zurückkehren, muss jedoch ein Ersatzopfer stellen – schließlich wird ihr untreuer Gatte Dumuzi den Dämonen ausgeliefert.

Arbeitsweise des Autors

Koller bezeichnet seinen Nachdichtungsprozess als eigenen „Gang in die Unterwelt“. Der Originaltext ist nur in fragmentarischen, fehlerhaften Schülerabschriften überliefert, teils aus einer Zeit, in der das schon fast vergessen war. Gemeinsam mit dem Assyriologen Michael Fritz und mit Unterstützung von Prof. Konrad Volk rekonstruierte Koller über Monate hinweg den Rhythmus, die Struktur und poetischen Elemente des Textes. Dabei arbeitete er mit sprachwissenschaftlichen Methoden, kombinierte Silbenmuster und übertrug die sumerische Bildhaftigkeit in ein poetisch-ungewöhnliches Deutsch. Nicht eine glatte Übersetzung, sondern eine poetische Neuformulierung stand im Zentrum.

"Allmählich erkannte ich in den Versen der Dichtung die Umrisse periodisch wiederkehrender Silbenkombinationen. Silhouetten von Variation und Permutation traten hervor und wiesen auf kunstvolle Alliterationen, Wortspiele und Reime hin. Auch wenn die genaue Aussprache und Betonung der einzelnen Silben unwiederbringlich verloren gegangen sind, konnte ich nun aus ihrer Anordnung gewissermaßen „optisch" den Rhythmus des Textes nachvollziehen. Ich begann, die wiederkehrenden Elemente in Kolumnen zu bündeln, und erhielt zu meinem Erstaunen konkrete Poesie." (Aus dem Nachwort des Übersetzers)

Zur literaturhistorischen Einordnung

Die sumerische Literatur entstand im Süden Mesopotamiens (heutiger Irak) und erlebte ihre Blüte um 2500–2100 v. Chr. In dieser zweiten Blütezeit wurde auch ‘‘Inannas Gang in die Unterwelt’’ verschriftlicht. Die Dichtung basiert auf einem rezitativen Stil („sid“ – Zählung), der sich durch kunstvolle Wiederholungen, Aufzählungen und rhythmische Variationen auszeichnet. Aus dieser Tradition gingen später auch biblische Texte hervor. Der Mythos enthält zudem frühe Zeugnisse nichtbinärer Geschlechtsidentitäten: Die beiden Retter Inannas treten als transgeschlechtliche Wesen auf – ein Motiv, das auch auf reale Priesterrollen im Kult Inannas verweist.

Literatur

an-gal-ta ki-gal-sè. Inannas Gang in die Unterwelt. Nachdichtung aus dem Sumerischen von Károly Koller. Schupfart: Engeler Verlage, Juni 2025 (Das Versteck 12 960 000)

ISBN 978-3-907369-42-5

(an-gal-ta ki-gal-sè lautet der Anfang des Keilschrifttextes)

Das Buch enthält den Text in beiden Sprachen sowie ein Faksimile aus dem Keilschrifttext.