Milton, John

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John Milton (* 9. Dezember 1608 in London; † 8. November 1674 in Bunhill bei London) war ein englischer Dichter, politischer Denker und Staatsbediensteter unter Oliver Cromwell. Milton beschäftigte sich in seinen Gedichten und Prosawerken mit persönlicher Schuld, drückte sein Streben nach Freiheit und Selbstbestimmung aus und behandelte die dringenden Angelegenheiten und politischen Unruhen seiner Zeit. Er schrieb in englischer, lateinischer und italienischer Sprache und wurde schon zu Lebzeiten weltberühmt und einflussreich, aber vor allem wegen seines entschiedenen Eintretens für ein republikanisches Regierungssystem auch umstritten. Seine unter Vorzensur entstandene Areopagitica gehört zu den bedeutendsten Werken für Rede- und Pressefreiheit der Geschichte. Sein bekanntestes Werk ist das epische Gedicht Paradise Lost (deutsch Das verlorene Paradies). Bis heute ist sein Einfluss in der angelsächsischen Literatur und Kultur sichtbar. https://de.wikipedia.org/wiki/John_Milton


John Milton (9 December 1608 – 8 November 1674) was an English poet, polemicist, and civil servant. His 1667 epic poem Paradise Lost, written in blank verse and including twelve books, was written in a time of immense religious flux and political upheaval. It addressed the fall of man, including the temptation of Adam and Eve by the fallen angel Satan and God's expulsion of them from the Garden of Eden. Paradise Lost elevated Milton's reputation as one of history's greatest poets.[1][2] He also served as a civil servant for the Commonwealth of England under its Council of State and later under Oliver Cromwell. https://en.wikipedia.org/wiki/John_Milton


Meyers 1908

[847] Milton (spr. millt'n), John, einer der größten Dichter Englands, geb. 9. Dez. 1608 in London, gest. 8. Nov. 1674 in Bunhill Fields (London), stammte aus einer begüterten Familie, die ihren Sitz auf dem Landgut Milton bei Thame in Oxfordshire hatte. Sein Vater, ein Notar, war wegen seines Übertritts zur anglikanischen Kirche von dem streng katholischen Großvater enterbt worden. Er erzog M. mit großem Ernst, sandte ihn auf die Schule von St. Paul, 1624 nach Christ's College in Cambridge und wurde von ihm in lateinischen Versen gefeiert. Den mädchenhaft schönen und behüteten Knaben nannten die Kameraden neckend »the lady«. Er war erhaben über ihre Ausgelassenheit, über die Abrichtungsmanier der Lehrer und den Hochmut der Prälaten, von denen er sich aus der Kirche gedrängt fühlte, so daß er es aufgab, Theolog zu werden. Als Magister artium kehrte er 1632 zum Vater zurück, bezog mit ihm ein Landhaus in Horton bei Windsor und lebte der Literatur. Hier schrieb er seine ersten namhaften Dichtungen, die Idyllen »Allegro« und »Penseroso«, in denen er das Tun eines heitern und eines ernsten Geistes durch alle Tageszeiten verfolgte: es sind Reihen der schönsten Stimmungsbilder, die auf die Landschaftspoesie des 18. Jahrh. einen beherrschenden Einfluß übten. Seine Vorbilder waren Theokrit und Vergil, Spenser, Ben Jonson, Burton und Brown. Mit Motiven aus Peele und Ben Jonson gestaltete er das Maskenspiel »Comus«, zu Ehren der befreundeten Grafenfamilie Bridgewater auf Ludlow Castle, worin er zugleich in Spenserisch-allegorisierender Art den Sieg keuscher Weiblichkeit über die faunischen Waldgeister der Sinnlichkeit darstellte (1634). Um dieselbe Zeit ehrte er die verwitwete Gräfin von Derby, deren dichterfreundliches Haus bereits die Huldigung von Spenser erfahren hatte, in der kürzern Maske »Arcades« und bald darauf den verlornen Freund King, der 1637 im Irischen Meer ertrank, in der Schäferelegie »Lycidas«, die zwischen Spensers »Astrophel« und Tennysons »In memoriam« eine markante Mittelstellung einnimmt. In diesen Jugenddichtungen offenbart sich am deutlichsten seine Zugehörigkeit zur Renaissance, sein Schönheitssinn und seine plastische Bilderkraft. So war M. bereits ein namhafter Autor, als er 1637, erschüttert vom Verluste der Mutter, eine Reise nach dem Kontinent antrat. In Paris verkehrte er mit Hugo Grotius und hielt sich dann längere Zeit in Italien (Florenz, Rom, Neapel) auf, dessen Poesie er liebte, und mit dessen Gelehrten er mehrfach in sympathische Beziehung trat. Eben gedachte M. nach Griechenland überzufahren, als ihn die Kunde vom Ausbruch der bürgerlichen Unruhen nach England zurückrief (1639). Hiermit begann seine politische Periode. Anfänglich enthielt er sich jeder Einmischung in die öffentlichen Angelegenheiten und lebte in London der Erziehung junger Leute als aufmerksamer Beobachter. Erst Bischof Halls Verteidigung des Prälatentums veranlaßte ihn zu Streitschriften (»Prelatical episcopacy«, »Reason of church-government« etc., 1641 u. 1642), in denen er sich gegen den Versuch erhob, die anglikanische Kirche durch Verschärfung der bischöflichen Verfassung dem Katholizismus wieder anzunähern. Die Schenkung Konstantins, welche die weltliche Macht und den Reichtum der Papstkirche begründet hatte, bezeichnet M. mit Dantes Worten als »die wahre Büchse der Pandora«. Nachdem er sich 1643 mit Mary Powell, der Tochter eines jovialen royalistischen Landedelmanns in Oxfordshire, vermählt und die junge Frau ihn nach Monatsfrist wieder verlassen hatte, verfaßte er vier Schriften über die Ehescheidung (1643–45; deutsch von Holtzendorf, Berl. 1855), die er, entgegen den Anschauungen jener Zeit, lebhaft verteidigte, und zwar wollte er die Entscheidung über die Trennung der Ehe nicht den Gerichten, sondern, der altjüdischen Anschauung entsprechend, nur dem Gewissen des Mannes überlassen. Auch schrieb er ein Buch über Erziehung, worin er einen freiern, wahrhaft klassischen Jugendunterricht forderte. Mittlerweile hatten die Presbyterianer im »langen Parlament« die Oberhand gewonnen; sie bewiesen aber die gleiche Unduldsamkeit wie die gestürzten Bischöflichen und beschlossen 1644, daß für den Druck jeder Schrift wieder eine Lizenz eingeholt werden müsse. Da richtete M. an das Parlament die »Areopagitica«, jene berühmte Rede zum Schutz der Preßfreiheit, die schönste seiner prosaischen Schriften, wo er unter anderm den Gedanken ausspricht: wer ein Buch vernichte, töte die Vernunft selbst; denn es sei möglich, daß eine Wahrheit, einmal gewaltsam unterdrückt, in der Geschichte nie wiederkehre. In den vier nächsten Jahren (1645 bis 1649) war er mit einer »Geschichte Englands in der angelsächsischen Epoche« beschäftigt, gedruckt 1669 als »History of Britain«. Seine Frau kehrte jetzt, da es den Royalisten schlecht ging, zu ihm zurück (1645) und schenkte ihm drei Töchter. Als Cromwell 1649 den Staatsrat neu formierte, wurde M. dessen Geheimschreiber für die lateinischen Ausfertigungen (Latin Secretary). In dieser wichtigen Stellung, die er während der ganzen Dauer der Republik bekleidete. veröffentlichte er 1649 die schon vor dem Tode des Königs begonnene Schrift »The tenure of kings and magistrates«, eine unbedingte Rechtfertigung der Hinrichtung Karls I. mit Gründen des Naturrechts. Indes entfesselte die Hinrichtung des Königs einen Sturm der Entrüstung bei vielen Engländern und schien die Sicherheit jedes Bürgers zu bedrohen; zugleich wurde das Mitleid mit der geköpften Majestät geweckt durch die Schrift »Eikon basilike, das Bildnis Seiner geheiligten Majestät in Seiner Einsamkeit und Qual«, die sich für ein nachgelassenes Werk des Königs selbst ausgab und bald in 47 Auflagen im Land verbreitet war.

Unverzüglich antwortete M. mit seinem »Eikonoklastes« (»Bilderstürmer«, 1649), worin er sich heftig über die Schwäche aussprach, mit der das Volk gern die großen öffentlichen Sünden eidbrüchiger Fürsten über den kleinen Tugenden ihrer Häuslichkeit vergißt. Als dann der gelehrte Salmasius auf Wunsch Karls II. (M. behauptete, »für den Judaslohn von 100 Jakobstalern«) die »Defensio regia« schrieb, antwortete M. mit der »Defensio pro populo anglicano« (1650): gegenüber den Angriffen jenes französischen Reformierten verkündet er die Freiheit als ein angebornes Recht der Völker und spricht der Nation das Recht zu, einen verräterischen Tyrannen zu richten und zu strafen. Das Buch ist eine Oppositionsschrift von weltgeschichtlicher Bedeutung; es wurde in ganz Europa begierig gelesen, in Paris und Toulouse durch Henkershand verbrannt, vom englischen Parlament aber mit 100 Pfd. Sterl. belohnt, die M. folgerichtig nicht annahm. Übermäßige Anstrengung bei Ausarbeitung dieser Schrift hatte seine Erblindung zur Folge. Einige kleinere Flugschriften im Interesse der Republik (»Defensio secunda«, »Upon tue model of common wealth«, »Ready and easy way to establish a free common wealth«) beschließen die Reihe seiner prosaischen Schriften. Sie dienten der Politik Cromwells,[847] dessen Hoffnung es war, »den gesamten protestantischen Namen in brüderlicher Eintracht zusammenzuknüpfen« und diese gesammelte Macht dem Haus Habsburg entgegenzustellen. Doch war M. zugleich für volle bürgerliche Freiheit und volle Trennung des Staates von der Kirche. Nach dem Fall der Republik und der Wiedereinsetzung der Stuarts hatte M. von den Royalisten harte Verfolgung zu erwarten. Am 16. Juni 1660 wurde die »Defensio« auf Befehl des Parlaments durch den Henker verbrannt; der Verfasser selbst wurde verhaftet, aber nach kurzem wieder freigelassen. Einsam, kränklich und mit beschränkten Mitteln kehrte M. ins Privatleben zurück. Seine erste Frau war 1652 gestorben. Von ihren Töchtern hatte die älteste einen Sprachfehler; den beiden jüngern machte es wenig Vergnügen, dem blinden Vater vorzulesen, oft aus Büchern, deren Sprache sie nicht verstanden; er nannte sie im Testament undutiful. 1656, noch in den Tagen seines politischen Wirkens, hatte er sich mit Katharine Woodcock vermählt, die aber 1658 ebenfalls starb. Die dritte Ehe, die der 54jährige, hilfsbedürftige Blinde auf das Zureden seiner Freunde mit Elisabeth Minshull 1662 einging, als seine älteste Tochter schon siebzehn Jahre zählte, war dauerhafter. Dazu war sein Vermögen in den Wirren des Bürgerkriegs zum großen Teil verloren, sein Haus im Londoner Brand (1666) zugrunde gegangen. Die Gicht, an der er sterben sollte, plagte ihn. Dennoch schuf er gerade in dieser letzten freudlosen Periode, in den Jahren 1658–65, das Werk, auf dem sein Dichterruhm vornehmlich beruht: »The Paradise lost« (12 Gesänge, in reimlosen Jamben gedichtet). Dies gedankenschwere Epos, das mit gedrängten Worten weite Ausblicke in Vorgeschichte der Welt, die Seelen der handelnden Personen und die Nachwirkung der Erbsünde eröffnet, beginnt mit einer vielbewunderten Schilderung des Satans: ihn quält der doppelte Gedanke an die verlorne Glückseligkeit und das Glück der neuerschaffenen Menschen; geblieben sind ihm »der unzähmbare Wille, der Rache Drang, der unsterbliche Haß, der Mut, der nie sich unterwirft und beugt«. Vieles, was dieser Höllenfürst sagt, wurzelt in der eigensten Empfindung des Dichters. Minder ansprechend hat er die Frömmigkeit Adams dargestellt. Eva läßt sich durch die gleißende Schlange betören, wie England durch den Glanz des Königtums. Unter den Hauptstrafen des Sündenfalls erscheinen Tyrannen und Eroberungskriege. Das Werk fand nicht sogleich einen Verleger; es erschien erst 1667 (faksimiliert von Masson, Lond. 1876), in 2. Aufl. 1674, in 3. Aufl. nach Miltons Tod 1678. An Honorar bekam M. im ganzen 10 Pfd. Sterl. Unter den nächsten Ausgaben sind die liebevolle des Bischofs Th. Newton 1749 und die kühn nachbessernde von Bentley hervorzuheben. Addison verhalf dem Werke durch sein Lob im »Spectator« 1712 zu Berühmtheit auf dem Kontinent, wo es Klopstock zum »Messias« anregte. Sein bedeutendster Nachahmer in England war Byron im »Cain«. Deutsche Übersetzungen versuchten Th. Haake , E. G. v. Berge (1682), Bodmer (Zürich 1732), Zachariä (Altona 1762), Bürde (Berl. 1793), Prieß (Rost. 1813), Rosenzweig (Dresd. 1832). Kottenkamp (Stuttg. 1841), A. Böttger (s. unten; auch mit den Illustrationen von G. Doré, 2. Aufl., Berl. 1899), Schuhmann (2. Aufl., Stuttg. 1877), Eitner (Hildburgh. 1867); vgl. G. Jenny, Miltons »Verlornes Paradies« in der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts (St. Gallen 1890). Dem großen Einfluß von Vondels »Lucifer« auf dies klassisch-religiöse Nationalepos der Engländer ist G. Edmundson nachgegangen (»Milton and Vondel«, 1885); allerdings nicht ohne Übertreibung (vgl. Aug. Müller, Miltons Abhängigkeit von Vondel, Berl. 1891). M. hat später noch ein »Paradise regained« geschrieben. das die Versuchung Christi in der Wüste zum Stoff hat, aber zu lehrhaft und frostig ist. Sein letztes Werk ist das in griechischer Form geschriebene Trauerspiel »Samson Agonistes« (1671), das den Untergang des geblendeten Samson und seine wuchtige Rache an den Philistern mit autobiographischer Wärme darstellt. Es wurde die Unterlage für Händels Oratorium »Samson«. Nach Miltons Hingang begrub man ihn in der St. Gileskirche; sein Denkmal in der Westminsterabtei stammt erst aus dem Jahre 1747. Seine »Poetical works« wurden gesammelt und mit wertvollem Kommentar versehen von Todd (Lond. 1801, 7 Bde., u. ö.).

Es folgten unter anderm die Aldine-Edition mit Lebensbeschreibung von Phillips 1826, Ausgaben von Mitford 1832, von Bradshaw 1892, Masson (Cambridge 1877, 3 Bde., u. ö.; auch als »Globe Edition« 1877 in 1 Bd.). Seine »Prosaic works« gaben Toland (1698), Birch (1738 u. 1753), Symmons (1806), Fletcher (1833) und St. John in Bohns »Standard Library« (1848–53, 5 Bde.) heraus; die »Complete works« derselbe Fletcher (1834 bis 1838, 6 Bde.) und Mitford (1851, 8 Bde.; neue Ausg. 1862). Eine Übersetzung der »Poetischen Werke« lieferte A. Böttger (7. Aufl., Leipz. 1894), der »Politischen Hauptschriften« Bernhardi (Berl. u. Leipz. 1871–79, 3 Bde.). Sein Leben beschrieb zuerst E. Phillips (1694), dann Irland 1698 und viele andre, unter denen S. Johnson (in den »Lifes of English poets«) den klassischen Ausdruck für die Auffassung des 18. Jahrh. gibt; weiter ist hervorzuheben die Biographie von D. Masson (Lond. 1859–80, 6 Bde., Index 1895; Bd. 1–3 in 2. Aufl. 1881–96); reiches Material für Miltons politische Beziehungen bietet Alfred Stern, M. und seine Zeit (Leipz. 1877–1878, 2 Bde.). Treitschke im 1. Band der »Historischen und politischen Aufsätze« und Macaulay in den »Essays« haben glänzende Skizzen entworfen. Pattison (Lond. 1880), R. Garnett (das. 1889), Trent (das. 1899), W. Raleigh (das. 1900) boten kürzere Übersichten des Tatsächlichen; in Zusammenhang mit der zeitgenössischen englischen Literatur behandelte ihn J. Masterman, The age of M. (2. Aufl. Lond. 1903). Vgl. auch M. Telleen, M. dans la littérature française (Par. 1904).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 847-848. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007091605


Brockhaus 1809

[133] Johann Milton. Die politische Laufbahn dieses berühmten Englischen Dichters war eben so merkwürdig als seine poetische. Er wurde 1608 zu London geboren, und widmete sich ausschließend den Wissenschaften. Das Studium der alten und neuen Sprachen beschäftigte ihn vorzüglich, und leitete ihn in spätern Jahren in dem Gebiet der theologischen, historischen und politischen Kenntnisse. Er wollte eine Reise nach Griechenland unternehmen, wurde aber durch die Unruhen, welche in seinem Vaterlande ausgebrochen waren, im J. 1640 veranlaßt, aus Italien zurückzukehren und sich in England mit der Erziehung einiger jungen Leute zu beschäftigen. Seine Neigung zur Freiheit und der lebhafte Abscheu, den er für jede Art von Unterdrückern hatte, bewogen ihn, auf die Seite der Republikaner zu treten. Cromwell, welchem er durch einige kleine Schriften bekannt geworden war, machte ihm zum Lateinischen Secretair des Staatsraths. Weder eine Reihe häus [133] licher Unglücksfälle – worunter der Verlust seiner Augen gewiß der größte war – noch die wieder hergestellte monarchische Verfassung konnten seinen Republicanismus erschüttern. Er schrieb eine Vertheidigung des Englischen Volks gegen die Vertheidigung der Monarchie, welche den berühmten Salmasius zum Verfasser hatte, und legte die Feder im politischen Fache nicht eher nieder, als bis er sich mit der Ausarbeitung seines großen Heldengedichts, des verlornen Paradieses, zu beschäftigen anfing. Die erste Idee dazu soll er in Italien bei Gelegenheit einer dramatisch dargestellten religiösen Farce aufgenommen haben. Miltons kühne und feurige Phantasie schien sich nicht an einem Stoff begnügen zu wollen, den ihr die irdische Welt darbot, und schwang sich daher in die höhern und tiefern Regionen des Himmels und der Hölle. So vollendet das Gedicht in allen seinen Theilen ist, und so sehr vornehmlich die Beschreibungen und Schilderungen hervorstechen, worin Milton große und fürchterliche Gegenstände mahlt; so fand es doch bei seiner ersten Erscheinung keinen großen Beifall, weil man es unstreitig seinem Verfasser nicht vergeben konnte, daß er ein Feind der Monarchie war. Erst in der Folge machten Englische Kritiker ihre Landsleute auf den Werth dieses Gedichtes aufmerksam, und nun wurde es begierig gelesen und mit Anmerkungen erläutert. Ein anderes Heldengedicht, das wieder erlangte Paradies, steht dem erstern in jeder Rücksicht weit nach, obgleich Milton für dieses letzte Kind seiner epischen Muse eine größere Vorliebe hatte. Er starb bald nach der Herausgabe desselben, 1674; und der geringe Zustand seines nachgelaßnen Vermögens bewies unwidersprechlich, daß er der Sache der Freiheit aus Ueberzeugung, und nicht aus der niedrigen Absicht, sich dabei zu bereichern, gedient hatte.

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 133-134. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000076065X


Damen Conversations Lexikon 1836

[220] Milton, John, John, der Dichter des verlorenen Paradieses, ward 1608 in London geb., empfing eine sorgfältige Erziehung, hielt sich nach beendigten Studien zu Cambridge einige Zeit auf dem Landgute seines Vaters auf, schrieb dort einige Komödien, und reiste dann nach Frankreich und Italien, wo er Bekanntschaft mit den größesten Gelehrten seiner Zeit machte. Seine übrige Lebenszeit brachte er in London zu, und gab hier seine Jugendgedichte heraus, in denen man l'Allegro und il Pensoroso findet. Damals ernannte ihn Cromwell zum lateinischen Secretair des Staatsraths, allein unablässiges Studiren und ein chronisches Kopfweh waren Ursache, daß der Dichter blind wurde; nach Cromwell's Sturz verlor er seinen Posten und zog sich vom öffentlichen Leben zurück. Milton starb 1674 zu London, ehe seinen Gedichten die verdiente Bewunderung zu Theil geworden war, die ihnen später die Nachwelt zollte. Erst in neuerer Zeit ist ihm ein Denkmal in der Westminster Abtei gesetzt worden. Milton lebte mäßig im geistreichen Kreise seiner Freunde. Sein Vergnügen war Musik, worin er es zu großer Vollkommenheit gebracht hatte. Nachdem er blind geworden, unterrichtete er seine Töchter, so daß sie ihnen später seinen literarischen Arbeiten helfen konnten. Er war dreimal verheirathet; seine nachgelassenen Werke sind vielfältig gesammelt und commentirt. B...i. [220]

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 220-221. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001751085


Brockhaus 1839

[142] Milton (John), einer der berühmtesten engl. Dichter, geb. 1608 zu London, war der Sohn eines Notars, studirte zu Cambridge, wo er sich schon durch engl. und lat. Gedichte, sowie durch Fleiß auszeichnete. Nachdem er noch im älterlichen Hause mehre Jahre sich mit den Alten und mit literarischen Studien beschäftigt hatte bereiste er 1638 Paris und die vornehmsten Städte Italiens und besuchte unter Andern Galilei (s.d.) im Inquisitionsgefängnisse zu Rom. M.'s Gelehrsamkeit und besondere Vertrautheit mit ital. Literatur und Sprache, in der er ausgezeichnete Sonette dichtete, verschafften ihm überall die zuvorkommendste Aufnahme, obgleich er, bei allem Ernste seines religiösen Gefühls, sowol in dieser als besonders in politischer Beziehung seine vorurtheilsfreien[142] Ansichten keineswegs verbarg. Nach seiner Heimkehr gaben ihm die Streitigkeiten und Unruhen, welche der Errichtung der engl. Republik vorangingen und sie begleiteten, mehrfache Gelegenheit, seine Meinung in Streitschriften geltend zu machen und sich sogar zu Gunsten der Hinrichtung Karl I. auszusprechen; die Gunst der republikanischen Machthaber konnte ihm daher nicht fehlen und er ward im Staatsdienst angestellt. Obgleich er nach Cromwell's (s.d.) Tode noch gegen Wiederherstellung des Königthums auftrat, sahe er sich doch nach Wiederaufrichtung des Throns von der ertheilten Amnestie nicht ausgeschlossen, ward aber sowol durch die politischen Verhältnisse, als auch durch fast gänzliche Erblindung in Folge seiner angestrengten Arbeiten, auf ein zurückgezogenes Leben angewiesen und widmete sich nun wieder der Dichtkunst. Unter seinen zuerst 1645 gesammelten engl. und lat. Dichtungen waren zwei vorzüglich ausgezeichnet, welche unter dem Titel »Allegro« und »Penseroso« die Weltansicht der Fröhlichen und Schwermüthigen geistreich schildern; alles bisher von ihm Geleistete übertraf er aber jetzt durch sein 1665 vollendetes, mehrmals auch ins Deutsche übersetztes Epos: »Das verlorene Paradies«, dem 1670 ein zweites, aber weit weniger ausgezeichnetes: »Das wiedergewonnene Paradies«, folgte. Auch als historischer und philosophischer Schriftsteller trat der unermüdliche M. auf, der, bei aller Heftigkeit im Streite, doch ein wohlwollendes und gefühlvolles Herz besaß. Von seinem streng katholischen Vater wurde er wegen seines Übergangs zum Protestantismus enterbt. Unglücklich fiel auch seine 1643 mit der Tochter eines königl. Gesinnten eingegangene Ehe aus, indem seine Frau ihn nach wenig Wochen wieder verließ, als sie jedoch später reuig zurückkehrte, von ihm freundlich wieder aufgenommen ward und in M. einen Beschützer ihrer Angehörigen gegen die Republikaner fand. Musik und Gespräch waren zuletzt die einzigen Erholungen M.'s, der im Nov. 1674 starb, dem aber erst 1737 ein Denkmal in der Westminsterabtei zu London errichtet werden durfte.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 142-143. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000845302


Herders 1856

[189] Milton (Miltʼn), John, der Dichter des verlorenen Paradieses, geb. 1608 zu London, studierte zu Cambridge Theologie, mochte aber die Symbole der Hochkirche [189] nicht unterschreiben u. blieb deßhalb ohne Amt, unterbrach eine Reise auf dem Festland nach dem Ausbruch der engl. Revolution u. eilte nach England, um zu beweisen, daß ein ganz vortrefflicher Dichter in politischen Angelegenheiten sehr blind u. einseitig werden könne. M. wurde zum entschiedenen Independenten und zum aufrichtigsten Lobredner Kromwells; er vertheidigte König Karls I. Hinrichtung, die Blutthaten in Irland und schrieb »pro populo Anglicano« noch als Kromwell, dessen Geheimsekretär M. geworden, bereits gest. war und bis er selber völlig erblindete. Die Wiederherstellung des Königthums brachte dem Dichter Absetzung und einiges Gefängniß; blind. arm. vielfältig verspottet und gehaßt dictierte er »The paradise lost«, dessen 12 Gesänge 1667 erschienen, aber erst viel später Anerkennung, Erklärer und Uebersetzer in viele Sprachen (in die deutsche an Bodmer 1732, Zachariä 1762 u.a., zuletzt an Böttiger und Kottenkamp) fanden. Es ist die Frucht einer langdauernden melancholisch erhabenen Gemüthsstimmung und spricht das Gefühl der Unbefriedigung des Erdenlebens laut und kräftig aus; oft kehrt der zornige Dichter den Pfeil seines Spottes gegen die Wirklichkeit, oft ergeht er sich in theologischer Polemik und Allegorien, aber überall liegt eine großartige Weltanschauung im Hintergrunde, herrscht neben tiefer wahrer Empfindung eine äußerst reiche Phantasie; Sprache zuweilen gelehrt und allzugedrängt, aber neu u. kräftig. M. dichtete noch »das wiedergewonnene Paradies«, welchem das allgemeine Urtheil vielleicht allzuwenig Werth beilegt. Sicher ist, daß schon in M.s Jugendgedichten sich wunderschöne Schilderungen finden u. daß er es war, welcher den ernstphilosophischen Charakter der engl. Nationalpoesie feststellte und zugleich der Sprache der Dichtkunst vollendete Correctheit verlieh. M. begann auch eine Geschichte Großbritanniens, die zur Ausbildung der engl. Prosa beigetragen hat, und st. 1674. Neueste Lebensbeschreibungen von A. Geoffroy (Par. 1848), C. R. Edmonds (Lond. 1851) und E. P. Hood (Lond. 1851). Gesammtausgaben der Werke M.s durch Fletcher (Lond. 1834, 6 B.) und Milford (Lond. 1851, 8 B.).

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 189-190. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003434532


Pierer 1860

[273] Milton (spr. Milt'n), John, geb. 9. Dec. 1608 in London, der Sohn eines dortigen Notars, studirte seit 1624 in Cambridge; ging 1638, nach einem kurzen Aufenthalte in Paris, nach Italien; nach London zurückgekehrt, nahm er an den, in seine in Vaterlande ausgebrochenen Religionsstreitigkeiten Theil, wurde durch seine Schriften den Republikanern bekannt u. von Cromwell 1649 zum Secretär des Staatsrathes erwählt; nach Cromwell's Tode bekämpfte er, obgleich erblindet, doch noch fortwährend die königlich Gesinnten; nach Karls II. Rückkehr hielt er sich verborgen, bis ihm die Vergessenheitsaete Rückkehr erlaubte; er st. 8. Nov. 1674 u. erhielt in der Westminsterabteiein Denkmal. Er schr.: Areopagitica, a speech for the liberty of unlicensed printing, 1644; Remarks on the articles of peace between Ormond and the Irish rebels; Defensio pro populo anglicano, 1652; Defensio secunda, 1654; Defensio pro fide, 1655; Discourse of true religion, 1674; Considerations touching the likeliest means to remove hirelings out of the church; Ready and easy way to establish a free common wealth; die Epopöen: The paradise lost, Lond. 1667, 2 Bücher; erst in der 2. A., ebd. 1674, 12 Bücher (deutsch, Das verlorene Paradies, von Zachariä, Altona 1762, 2 Bde.; von Bodmer, Zür. 1780, 2 Thle., von Pries, Rost. 1813 u. von Rottenkamp, Pforzh. 1842) u. The paradise regained, Lond. 1671 (deutsch, Das wiedereroberte Paradies, Basel 1762; Dessau 1782, Münch. 1828, mit vorigem Werke zusammen, Manh. 1782, 3 Bde).; Trauerspiel: Samson Agonistes; The poetical works, von Hamkins herausgegeben, Edinb. 1824, 4 Bde., von Todd, Lond. 1826, 2. A. 1842 (deutsch von Böttger 1843 f.); Commentare dazu von Bentley; Newton, Pearce, Th. Warton u.a.; Prosaik works, gesammelt von Fletcher, Lond. 1833; Complete works, herausgegeben von Fletcher, Lond. 1834–38, 6 Bde. u. von Milford, ebd. 1851, 7 Bde. M's Werke, deutsch von A. Böttger, Lpz. 1843; Lebensbeschreibungen M-s von W. Hailly, Lond. 1796, 3 Bde. (deutsch, Winterth. 1797); Ivimey, Lond. 1833. 1825 ist noch eine lateinische Schrift von M. entdeckt u. von Sumner als De Doctrina Christiana libri duo posthumi (Lond. 1826, Lpz. 1827) herausgegeben worden; ihre Ächtheit wird aber vielfach bezweifelt.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 273. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010444629


Brockhaus 1911

[189] Milton (spr. millt'n), John, engl. Dichter, geb. 9. Dez. 1608 in London, erlangte seit 1641 durch religiöse und polit. Streitschriften bedeutendes Ansehen, 1649 unter Cromwell Geheimsekretär des Staatsrats, verteidigte die Hinrichtung Karls I. in der berühmten »Defensio pro populo anglicano« (1651) gegen Salmasius' »Defensio regia«, seit 1654 erblindet, gest. 8. Nov. 1674; poet. Hauptwerk das Epos »Paradise lost« (1667; deutsch von Schuhmann, 2. Aufl. 1877) u.a.; ferner »Paradise regained« (1671; deutsch, 2. Aufl. 1877), die beschreibenden Gedichte »L'allegro« und »Il Penseroso«, die Masken »Arcades« und »Comus«, die Tragödie »Samson Agonistes« u.a. Seine »Polit. Hauptschriften« deutsch von Bernhardi (3 Bde., 1871-77). – Biogr. von Masson (neue Ausg. 1894 fg.), Stern (1877-79), Garnett (1890), Raleigh (1900).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 189. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000135759X


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