Orpheus

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Orpheus (altgriechisch Ὀρφεύς Orpheús) ist ein Sänger und Dichter der griechischen Mythologie. Auf ihn beriefen sich die Orphiker und sahen in ihm den Urheber ihrer Lehren und den Autor der orphischen Schriften. https://de.wikipedia.org/wiki/Orpheus


In Greek mythology, Orpheus (/ˈɔːrfiːəs, ˈɔːrfjuːs/; Ancient Greek: Ὀρφεύς, classical pronunciation: [or.pʰeú̯s]) was a Thracian bard, legendary musician and prophet. He was also a renowned poet and, according to the legend, travelled with Jason and the Argonauts in search of the Golden Fleece, and even descended into the underworld of Hades, to recover his lost wife Eurydice. https://en.wikipedia.org/wiki/Orpheus


Pierer 1861

[381] Orpheus, Sohn der Muse Kalliope u. des Apollo (nach And. des Öagros), alter thracischer Barde in Pieria u. im Hebrosthale in Thracien. Sein Gesang zur siebensaitigen Leier bewegte Felsen u. Bäume, zähmte die wildesten Thiere u. bannte Ungewitter u. Stürme. Er war bei den Argonauten, die er in die Mysterien auf Samothrake weihte. Man nennt ihn auch den Stifter der Mysterien in Griechenland, Reiniger u. Mehrer der Götterlehre, Einführer einer reineren Lebensweise. Seine Gemahlin Eurydike starb an den Folgen eines Natterbisses. O. öffnete sich den Weg in die Unterwelt u. erweichte durch seinen Gesang die Proserpina, daß Eurydike Erlaubniß erhielt, mit ihm in die Oberwelt zurückzukehren, jedoch unter der Bedingung, daß O. nicht nach ihr zurückblickte, bevor er auf die Oberwelt gekommen wäre. Schon sah er das Tageslicht schimmern, da blickte er nach Eurydike zurück, u. sofort wurde sie ihm zum zweiten Male unwiderruflich entrissen. Thracische Weiber zerrissen ihn bei einer Bakchosfeier, weil er ihre Liebe verschmähte. Sein Haupt u. seine Leier führte der Hebros durch das Meer bis nach Lesbos. Sein Grab sollte in Pieria od. zu Libethra in Macedonien sein. Platon spricht von einer Unzahl von Schriften, welche ihm beigelegt wurden; in ihnen wird den herrschenden religiösen Vorstellungen eine höhere Deutung gegeben (allegorische Interpretation). Als Orphische Physik wird ausgegeben: Wasser war im Anfang; aus diesem wurde Schlamm; aus beiden wurde eine Schlange mit den Köpfen eines Stiers u. Löwen, zwischen denen das Gesicht eines Gottes war. Die Schlange hieß Herakles u. Chronos. Diese gebar ein ungeheures Ei; dieses brach in zwei Hälften, aus deren oberer der Himmel, aus der unteren die Erde wurde etc. Auch scheint O. unter dem Namen Adrastea eine allgemeine Nothwendigkeit gelehrt zu haben, deren Gesetzen sich Alles fügen müsse. Seine moralischen Vorschriften bezweckten Abschreckung u. Entwöhnung von Mord, von blutigen Thierspeisen u. von Menschenopfern, Abschaffung der Blutrache u. Einführung von Sühnungen reuiger Missethäter. Die Orphischen Mysterien waren denen auf Samothrake ähnlich u. verloren sich später in die Orgien des Dionysos-Zagreus in Thracien, u. Mißbrauch trieben mit den orphischen Institutionen seit der Zeit des Pisistrates die Orpheotelesten, Gaukler, welche mit angeblichen Schriften des O. u. Musäos umherzogen, ihre Dienste zu Reinigungen, Sühnungen u. Todtenopfern anboten u. denjenigen schreckliche Strafen der andern Welt androheten, welche sich von ihnen nicht sühnen lassen wollten. Gewiß ist, daß die echten Gesänge des O. schon das Alterthum nicht mehr kannte. Die Gedichte, welche noch jetzt den Namen des O. führen (Orphĭka) sind aus späterer Zeit (vgl. Onomakritos); sie sind, außer Fragmenten: γμνοι, griech. u. deutsch von Dietrich, Erl. 1822; Ἀργοναυτικά, ein episches Gedicht vom Zuge[381] der Argonauten, aus unbekannter, aber gewiß späterer Zeit, herausgeg. von I. G. Schneider, Jena 1803 (deutsch von Kütner, Mit. 1773, von Lobler, Basel 1784, von Voß mit Hesiodos, Heidelb. 1806); Λιϑικά, von den magischen Kräften der Steine, frühestens im 4. Jahrh. n. Chr. entstanden u. herausgeg. von Tyrwhitt, Lond. 1781. Gesammtausgaben: erste (ohne die Lithika), Flor. bei Junta 1500, Vened. bei Ald. 1517, in H. Stephanus Poet. graec. princ., 1616, von Eschenbach, Utr. 1689, von Gesner u. Hamberger, Lpz. 1764, von G. Hermann, ebd. 1805; eine Sammlung der zerstreuten Überreste der orphischen Dichter gab Lobeck im Aglaophamus, Königsb. 1829. Vgl. Tiedemann, Griechenlands erste Philosophen, od. Lehren u. Systeme des O., Lpz. 1780; Bode, O. poetarum graec. antiquissimus, Gött. 1824; Gerlach, De hymnis orph., ebd. 1797; Lenz, De fragm. orph., ebd. 1789.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 381-382. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010564020


Meyers 1908

[138] Orpheus, griech. Sängerheros, Sohn des Öagros und der Muse Kalliope, die ihn am Hebrosfluß in Thrakien gebar, von solcher Macht des Gesanges, daß er Bäume und Felsen bewegte und wilde Tiere zähmte. Als seine Gattin Eurydike durch einen Schlangenbiß starb, stieg er in den Hades und rührte durch seinen Gesang und sein Saitenspiel Persephone, daß sie ihm gestattete, die Geliebte zur Oberwelt zurückzuführen, wenn er sich bis dahin nicht nach ihr umblicke.

Dennoch tat er es, und die Gattin mußte in den Hades zurückkehren. Eine vorzügliche antike Darstellung der Trennung der Gatten durch Hermes gibt ein erhaltenes griechisches Relief in verschiedenen Exemplaren (in der Villa Albani zu Rom, s. Abbildung; im Neapeler Museum, in Paris etc.). O. soll auch die Argonauten begleitet haben. Seinen Tod fand er auf dem Hämos, wo ihn rasende Weiber zerrissen. Haupt und Leier, in den Hebros geworfen, schwammen nach der Sängerinsel Lesbos, wo man sie bei Antissa beisetzte. Sehr früh schon hat O. im griechischen Volksglauben große Bedeutung: er galt als Inbegriff aller mystischen Offenbarung, besonders als angeblicher Begründer einer Geheimlehre, die durch Weihungen, Reinigungen, asketische Gebräuche und andre rituelle Satzungen Läuterung von aller Befleckung und damit die göttliche Gnade für dieses Leben und das Jenseits verhieß. Träger dieser weitverbreiteten Lehre, des Orphismus, waren die Orpheotelesten oder Orphiker, welche die zur Aufnahme in die sogen. orphischen Mysterien erforderlichen Weihen erteilten und die gemeinsamen Religionsübungen leiteten. Früh auch gab es unter O.' Namen mystische Schriften aller Art (so eine sehr alte Theogonie), von denen in Athen schon in der Peisistratidenzeit eine Sammlung veranstaltet wurde (s. Oonomakritos); im Laufe der Zeit entstand im Kreise der Orphiker eine weitschichtige, dem O. untergeschobene Literatur, von der außer zahlreichen Fragmenten (Sammlung von Lobeck im »Aglaophamus«,[138] Königsb. 1829, 2 Bde.) noch erhalten sind: die »Argonautica«, ein episches Gedicht von der Argonautenfahrt (hrsg. von Schneider, Jena 1803; deutsch von Voß, Heidelb. 1806); 88 für den gottesdienstlichen Gebrauch bestimmte Hymnen (deutsch von Dietsch, Erlang. 1822), und die »Lithica«, Gedicht über die magischen Kräfte der Steine (hrsg. von Abel, Berl. 1881; deutsch von Seidenadel, Bruchsal 1876). Ausgaben sämtlicher Werke von G. Hermann (»Orphica«, Leipz. 1805) und Abel (»Orphica«, Leipz. und Prag 1885). Vgl. E. Gerhard, O. und die Orphiker (in den Abhandlungen der Berliner Akademie, 1859); O. Kern, De Orphei, Epimenidis theogoniis (Berl. 1888); Susemihl, De Theogoniae Orphei forma antiquissima (Greifsw. 1890); Rohde, Psyche (3. Aufl., Tübing. 1903, 2 Bde.); Maaß, Orpheus (Münch. 1895); Rapp, Über Orpheusdarstellungen (Tübing. 1895). – In der altchristlichen Malerei ist O. infolge der Verwandtschaft mit dem »Guten Hirten« und wegen seines an Christi Höllenfahrt erinnernden Hinabsteigens in die Unterwelt eins der Symbole für die Gestalt Christi. Soz. B. in den Calixtus-Katakomben in Rom, wo O. zwischen Lämmern erscheint, und in denen der Domitilla, wo er mit der Leier einen Löwen, Kamele und Vögel anlockt. Vgl. Martigny, La représentation d'Orphée sur les monuments chrétiens (Par. 1857).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 138-139. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007191987 (Dort mit Bild, Hermes, Eurydike und Orpheus (Relief in der Villa Albani zu Rom).


Brockhaus 1809

[320] Orpheus, (alte Gesch. und Mythol.) ein alter Griechischer Fürst von Talenten, welchem Griechenland einen großen Theil seiner ersten Cultur verdankt, und welcher etwa vierzig Jahre vor dem Trojanischen Kriege lebte. Er ging auf Reisen, um sich Kenntnisse zu erwerben, von danen er nachher bei der Regierung seines Landes den glücklichsten Gebrauch machte. Die Fabel hat viel von ihm gedichtet. Wahrscheinlich auf Veranlassung seiner großen Talente zur Poesie und Musik macht sie ihn zum Sohn des Apollo und der Kalliope: sie erzählt von ihm, daß er durch seine Leier Löwen und Tieger bezähmt, Felsen und Steine zum Tanzen gebracht habe – wahrscheinlich eine Anspielung auf die Cultur von rohen Menschen, die ihm durch die Künste gelang. Orpheus wird auch für den Vater der Religion, der Sternkunde und der Medicin gehalten. Merkwürdig ist noch seine Reise in das Reich der Todten. Der Tod hatte ihm seine Gemahlin Euridice geraubt; er nahm seine Leier, stieg mit derselben in das Reich der Todten hinab, und rührte durch seine Musik die höllischen Gottheiten so sehr, daß er von denselben Euridiceʼ;s Rückkehr erhielt. Sie machten ihm jedoch zur Bedingung, sich nicht eher nach ihr umzusehen, bis er wieder auf der Oberwelt angelangt sei; allein Orpheus war zu ungeduldig, um nicht nach ihr zu blicken, und Euridice verschwand vor seinen [320] Augen. Aus Schmerz hierüber soll er sich selbst getödtet haben. Doch wird sein Tod auch anders erzählt. Mehrere sagen, Orpheus sei bei einem Bacchusfest von den Weibern zerrissen worden, weil es sie verdrossen, daß er nach dem Tode seiner Gemahlin kein Weib mehr geachtet habe.

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 320-321. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000763241


Damen Conversations Lexikon 1837

[40] Orpheus, ein berühmter thrakischer Sänger, der Muse [40] Kalliope und des Oeager, oder des Apollo Sohn. Groß, ja größer als die irgend eines spätern sterblichen Sängers, war Orpheus Kunst; er vermochte mit süßen Liedern zum Klange seiner Saiten die wilden Thiere des Waldes zu bändigen, daß sie kamen und ihm zuhörten. Die Bäume neigten lauschend ihre Zweige seinen Melodien, und die starren Steine selbst gehorchten der alles bezwingenden Harmonie. Orpheus Gattin war Eurydice (s. d.). Ihr Tod, durch den Biß einer Schlange, bewog ihn, in die Unterwelt hinab zu steigen, wo es ihm gelang, durch seinen Gesang die Mächte des Hades zu rühren, und wo ihm das Versprechen wurde, den theuern Schatten der Gattin wieder zurück zu führen. Aber seine allzuheftige Sehnsucht, indem er gegen das ausdrückliche Verbot zurücksah, ob sie ihm folge, vereitelte den Wunsch seines Herzens, und er kehrte ohne die geliebte Gattin auf die Oberwelt zurück. Orpheus ward Mitgefährte der Argonauten, und früher Stifter eines mysteriösen Kults; er gab den rohen Thrakiern Gesetze und Sitten, und wurde ein Wohlthäter der Menschheit, daher die Mythe von der Macht seines Gesanges allegorisch gedeutet werden kann. Endlich fand ex seinen Tod durch wahnsinnig-begeisterte Mänaden, deren rasenden Orgien er sich widersetzte; sie zerrissen ihn, und schleuderten sein Haupt und seine Leier in den Hebros; aber die Lyra tönte noch fort, das Haupt sang noch fort, und ertheilte später Orakel. Die Lyra aber, die von Merkur verfertigte, vom Apoll dem Orpheus geschenkte, ward unter die Sterne versetzt. –ch–

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 40-41. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000175579X


Brockhaus 1839

[354] Orpheus, einer der ältesten griech. Dichter, der um 1250 v. Chr. gelebt haben soll, dessen Lebensgeschichte aber mit vielen Fabeln ausgeschmückt ist. Nach der gewöhnlichen Erzählung war er ein Sohn der Muse Kalliope und des Apollo oder des thrazischen Stromgottes oder Königs Öagrus, hatte in jungen Jahren weite Reisen gemacht und dabei auch die geheime Weisheit der ägypt. Priester kennen lernen, die er nachher zur Stiftung nützlicher Einrichtungen in Griechenland benutzte, wo er namentlich die Feier der zu Ehren des Bacchus und anderer Götter begangenen Mysterien verbesserte oder zum Theil einführte. Der um die früheste Cultur der Griechen jedenfalls verdiente O. war auch in der Musik sehr geschickt und auf seiner vom Apollo empfangenen Leier, deren sieben Saiten er um zwei vermehrte, spielte und sang er so hinreißend, daß er wilde Thiere damit bezähmte, den Lauf der Flüsse und Winde aufhielt und Bäume und Felsen bewog, ihm nachzufolgen. Er heirathete die Nymphe Eurydice, verlor sie jedoch frühzeitig und begab sich darauf in die Unterwelt, wo er durch sein Spiel sogar den Furien Thränen entlockte und Pluto und Proserpina bewog, der Eurydice zu erlauben, daß sie ihm wieder nach der Oberwelt folge, wenn O. sich nicht früher nach der Geliebten umsehe, als bis er oben wieder angelangt sein werde. Allein O. sah sich früher um und erblickte die Eurydice hinter sich, die sofort für immer verschwand. An dem Zuge der Argonauten soll er im Alter noch Theil genommen und zum Gelingen desselben viel beigetragen, endlich aber in Thrazien einen gewaltsamen Tod gefunden haben. Seine Lehren und Ideen, nach ihm Orphische genannt, hat O. vermuthlich niemals niedergeschrieben, sondern sie pflanzten sich in dichterischer Form durch Überlieferung fort und die ihm zugeschriebenen Hymnen, ein historisches Gedicht vom Zuge der Argonauten und ein Werk von der Natur und den Kräften der Steine wurden später erst verfaßt oder mindestens in die Form gebracht, in der sie sich erhalten haben.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 354. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000850616


Herders 1856

[418] Orpheus, myth., des Oeagros und der Kalliope Sohn, wanderte aus Thracien nach Griechenland, bewegte durch Gesang u. Saitenspiel Steine u. Bäume, besänftigte wilde Thiere etc., wurde zuletzt von den Mänaden zerrissen. Unter seinem Namen sind seit alter Zeit Hymnen bekannt, die aber jedenfalls nicht von ihm sind. (»Orphica«, herausgegeben von G. Hermann, Leipzig 1805; Fragmente der sogen. orphischen Dichter, herausgegeben von Lobeck im »Aglaophamus«, Königsberg 1829.)

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 418. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003456803


Vollmer 1874

[362] Orpheus, (Gr. M.), Sohn der Muse Calliope und des Apollo oder des Oeager, berühmter thracischer Sänger und Bruder des gleich berühmten Linus. Die Kunst des Gesanges brachte dem O. ewigen Nachruhm, denn er vermochte Steine und Bäume durch seine Lieder in Bewegung zu setzen und durch deren Melodie die wildesten, reissendsten Thiere des Waldes zu zähmen. Diess ist auf nebenstehendem Bilde dargestellt nach einer Mosaik, 17 Fuss lang und eben so breit, die bei Grandson in der Schweiz gefunden wurde. Er war vermählt mit Eurydice, doch nicht lange währte sein Glück: die geliebte Gattin ward von einer Schlange gestochen und starb, worauf Mercur sie in die Unterwelt abholte. Voll Verzweiflung beschloss O., in die Unterwelt hinabzusteigen und Pluto zu bitten, ihm die Gattin zurückzugeben. Seine zauberischen Töne bewegten auch wirklich den Beherrscher des Schattenreiches, ihm zu gestatten, dass er Eurydice mit sich nehme, doch fügte er die Bedingung hinzu, dass O. sich nicht umsehen solle, bevor er auf die Oberwelt gelangt. Diess ward zwar dem liebenden Gatten schwer, doch hielt er aus, bis des Tages Schimmer in die Grotte fiel, durch welche er zur Erde hinaufstieg; da sah er sich um, erblickte Eurydice, aber in diesem Augenblick verschwand sie ihm für immer. - In seinen älteren Jahren nahm O. noch Theil an dem Argonautenzuge und war durch seinen Rath, so wie durch sein Citherspiel den Abenteurern von grossem Nutzen, doch konnte ihn seine seltene Kunst nicht vor dem schrecklichsten Tode schützen, indem er nach Apollodor in der Gegend von Pieria durch rasende Mänaden (Bacchantinnen) zerrissen wurde. - O. wird der Stifter der Mysterien in Griechenland genannt; als Sänger weit umherziehend, Asien und Africa, durchwandernd, hatte er Kunst und Wissenschaft in das noch rohe Vaterland zurückgebracht und durch dieses die Menschen entwildert. Er gab den Thraciern Gesetze, Religion, Poesie und Musik, schaffte die Menschenopfer, die Selbst- oder Blutrache[362] ab, führte die Entsündigungen reuiger Missethäter ein, verband die Edleren unter den Griechen zu einem Bunde, dessen Geheimnisse die erste Grundlage zu allen folgenden Mysterien und religiösen Verbindungen wurden, und die jedes folgende Jahrhundert immer mehr veredelte und verfeinerte, und so wird sein Name als der eines der edelsten Menschen und der höchsten Wohlthäter der Menschheit gepriesen.

Quelle: Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 362-363. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20011502134