Zedlitz, Joseph Christian Freiherr von

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Damen Conversations Lexikon 1838

[478] Zedlitz, Joseph Christian Freiherr von. Die allbekannten »Todtenkränze« haben um Zedlitz's Stirn einen blühenden Lorbeerkranz gewunden. Sein früheres Leben schien nicht zu dichterischen Productionen einzuladen. Sohn eines Soldaten, geb. 1790 zu Johannisberg im östreich. Schlesien, erhielt er zwar eine sorgfältige Erziehung, die jedoch immer auf eine militärische Lauf. bahn abzweckte. Diese betrat der junge Dichter auch bereits 1806, und wohnte als Oberstlieutenant und Ordonnanzoffizier 1809 de: blutigen Schlachten bei Regensburg, Aspern und Wagram bei Das darauf folgende Jahr brachte ihm die Ernennung zum kaiserl Kammerherrn, worauf er sich mit einer Tochter des Feldmarschall lieutenant Baron von Liptay vermählte. Durch vielfache Umstände bewogen, verließ er jetzt den Kriegsdienst und gab sich mit größerer[478] Ruhe einem stillen häuslichen Leben hin, in dem ihn bald die Musen besuchten. Nach mannichfach in Zeitschriften und Taschenbüchern verstreuten Gedichten, die ihm überall Theilnahme und viele Freunde erweckten, ließ er mehrere Trauerspiele folgen, die ein schönes, wiewohl zu sehr der Lyrik huldigendes Talent beurkundeten. Fast alle gingen in Wien, wo er lebt, über die Bühne und fanden nicht minder auf andern Theatern Eingang. Es erschienen von Z. in einer Reihe von Jahren »Tuturell,« »zwei Nächte zu Valladolid,« »Herr und Sclave,« »der Stern von Sevilla,« alles Trauerspiele, von denen das letztere einem Stoffe, den Lope de Vega bearbeitet hat, entlehnt ist. Außerdem »Kerker und Krone,« den Tod Tasso's behandelnd, das Lustspiel. Liebe findet ihre Wege,« und »der Königin Ehre,« ein Drama. Mehr noch als diese dramatischen Productionen bewegten seine Zeitgenossen die »Todtenkränze,« die schnell hinter einander »ein Paar Auflagen erlebten und mit viel poetischem Tact, wenn auch nicht immer in vollem Glanz reinster Poesie, die Helden alter und neuer Zeit feiern. Originell und schauerlich schön ist außerdem seine »nächtliche Heerschau,« die von Neukomm würdig in Musik gesetzt wurde. In neuester Zeit lieferte Z. den Anfang einer im Ganzen trefflich gelungenen Uebersetzung von Lord Byron's »Childe Harald,« deren Fortsetzung gewiß von allen gewünscht wird, die gleichermaßen den britischen Sänger, wie den würdigen Dolmetscher desselben lieben. W......m.

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 478-479. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001777262


Brockhaus 1841

[783] Zedlitz (Jos. Christian, Freiherr von), einer der geachtetsten unter den lebenden deutschen Dichtern, geb. 1790 zu Johannesberg im östr. Schlesien, wo sein Vater Landeshauptmann war, erhielt seine Erziehung in Breslau, trat 1806 in ein östr. Husarenregiment und wohnte dem Feldzuge von 1809 bei, aus dem er als Oberlieutenant zurückkehrte. Im J. 1810 zum kais. Kammerherrn ernannt, vermählte er sich, nahm seine Entlassung aus dem Heere, lebte seitdem zu Wien, und hat seine Muße zu dichterischen Arbeiten verwendet, welche ihm einen ausgezeichneten Ruf als lyrischen und dramatischen Dichter erworben haben. Namentlich wendeten ihm seine zuerst 1828 einzeln herausgegebenen, dem Könige Ludwig von Baiern zugeeigneten »Todtenkränze« (vermehrte Aufl. Stuttg. 1831) die allgemeine Aufmerksamkeit zu, in denen er das Andenken großer Todten feiert und die ital. Canzone zuerst mit Glück in einer umfänglichern Dichtung anwendet, wobei er zugleich seine ungemeine Sprachgewandtheit bewährte. In seinem dramatischen Werken (4 Bde., Stuttg. 1834–36) verräth sich die Vorliebe für das alte span. Theater, insbesondere in dem nach Lope de Vega bearbeiteten Trauerspiele »Der Stern von Sevilla«, welches auf der Bühne großen Beifall erhielt, wie denn auch mehre andere Trauerspiele: »Turturell« (1821), »Zwei Nächte in Valladolid« (1825), das Lustspiel »Liebe findet ihre Wege« (1827), »Kerker und Krone« (1834), ein Schauspiel, welches die letzten Lebenstage Tasso's darstellt, die Probe wiederholter Aufführung vortheilhaft bestanden haben. In ihnen, wie in seinen lyrischen Gedichten (Stuttg. 1832) spricht sich überall eine edle, begeisterte Lebensanschauung aus. Eins der letzten, »Die nächtliche Heerschau«, in welcher er einen Tambour Napoleon's todte Heerschaaren heraufbeschwören läßt, ist in der franz. Übersetzung zum Volkslied geworden. Auch hat Z. eine gelungene Übersetzung von Byron's »Childe Harold« (Stuttg. 1836) geliefert.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 783. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000878049


Herders 1857

[771] Zedlitz Jos. Christian von, ein guter österr. Dichter, geb. 1790 zu Schloß Johannesberg in österr. Schlesien, focht 1806–11 als Offizier gegen Napoleon I., war einer der ersten, welche diesen Helden des Jahrh. befangen, lebte bis 1837 als Privatmann, trat abermals in Dienst und zog sich 1848 als Kammerherr wiederum ins Privatleben (nach Steyermark) zurück. Mit seinen Dramen (Turturell, Zwei Nächte zu Valladolid, Kerker und Krone u.s.w.), worin er sich an die Romantiker und Schicksalstragödianten anschloß, machte er kein besonderes Glück, dagegen waren vortrefflich die Todtenkränze (1828) u. Gedichte (1832; die »nächtliche Heerschau« ist in Deutschland und Frankreich populär geworden), nicht minder das Märchen »Waldfräulein« in 18 Abenteuern, die Uebersetzung von Byrons »Childe Harold« und sein »Soldatenbüchlein« (Wien 1849–50, 2 Hefte). Neuestes die »Altnordischen Bilder« (Stuttg. 1850).

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 771. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000357217X


Meyers 1909

Zedlitz 2) Joseph Christian, Freiherr von, Dichter, geb. 28. Febr. 1790 zu Johannisberg in Österreichisch-Schlesien, gest. 16. März 1862 in Wien, besuchte das. Gymnasium in Breslau, trat 1806 in das österreichische Husarenregiment Erzherzog Ferdinand und nahm als Oberleutnant und Ordonnanzoffizier des Fürsten Hohenzollern an dem Feldzuge von 1809, namentlich. an den Schlachten von Regensburg, Aspern und Wagram und dem Treffen bei Hausen, rühmlichen Anteil, nahm dann aber seinen Abschied, um die Bewirtschaftung seiner Güter in Ungarn zu übernehmen. 1837 wurde er als Publizist des Fürsten Metternich ins Ministerium des Auswärtigen berufen; später vertrat er Sachsen-Weimar, Nassau, Braunschweig, Oldenburg und Reuß als Geschäftsträger am österreichischen Hofe. Von seinen »Dramatischen Werken« (Stuttg. 1830–36, 4 Bde.; neue Ausgabe 1860) fanden die Trauerspiele: »Zwei Nächte zu Valladolid« (Wien 1825), »Der Stern von Sevilla« (Stuttg. 1830) und das Schauspiel »Kerker und Krone« (das. 1834), dessen Gegenstand Tassos letzte Lebenstage bilden. Beifall. Eine höhere Stelle nimmt Z. als lyrischreflektierender und erzählender Dichter ein. Unter seinen »Gedichten« (Stuttg. 1832, 5. Aufl. 1855, auch in Reclams Universal-Bibliothek) befinden sich die früher schon einzeln erschienenen vorzüglichen »Totenkränze« (das. 1827; 2. Aufl., Wien 1831; neuer Abdruck 1841), in denen Z. zuerst den Versuch machte,[861] die italienische Kanzone mit Erweiterung ihrer ursprünglichen Schranken in einer umfangreichern Dichtung anzuwenden, sowie ferner die berühmte Ballade »Die nächtliche Heerschau«, die an Neukomm einen originellen Tonsetzer gefunden hat. Seine einst berühmte poetische Erzählung »Waldfräulein« (Stuttg. 1843, 4. Aufl. 1856, auch bei Reclam) ist jetzt verblaßt; unter seinen spätern Werken dieser Art zeichnen sich die »Altnordischen Bilder« (das. 1850) aus. Großen Erfolg hatte in Österreich sein »Soldatenbüchlein« (Wien 1848; 3. Aufl., Stuttg. 1852), eine Art poetischer Katechismus für die reaktionär gesinnte, bigott katholische Soldateska des Kaiserstaats. Außerdem hat Z. Byrons »Childe Harold« (Stuttg. 1836) übersetzt und eine Anzahl politischer Flugschriften veröffentlicht. Vgl. Castle, Der Dichter des »Soldatenbüchleins« (im »Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft«, Bd. 8, Wien 1898).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 861-862. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007716966