Schefer, Leopold

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Meyers 1909

[719] Schefer, Leopold, Lyriker und Novellist, geb. 30. Juli 1784 zu Muskau in der Niederlausitz, gest. daselbst 16. Febr. 1862, besuchte das Gymnasium in Bautzen und beschäftigte sich dann in der Heimat namentlich mit Mathematik, Philosophie und linguistischen Studien. Seine ersten poetischen und musikalischen Erzeugnisse: »Gedichte mit Kompositionen« (Berl. 1811), wurden vom Grafen Pückler herausgegeben, der lange als ihr Verfasser galt; auch eine zweite Sammlung erschien 1813 anonym. Bei Übernahme des Majorats ernannte ihn Graf Pückler zum Generaldirektor seiner Besitzungen und setzte ihn 1816 in den Stand, eine größere Reise nach Wien, Italien, Griechenland, den Ionischen Inseln, der Türkei und Kleinasien zu machen. 1820 nach Muskau zurückgekehrt, lebte S. fortan hier seinen Studien und Arbeiten. Zuerst entfaltete er als Novellist eine reiche Schaffenskraft. Der ersten Sammlung: »Novellen« (Leipz. 1825–29, 5 Bde.), folgte bald eine zweite: »Neue Novellen« (das. 1831–35, 4 Bde.), dann »Lavabecher« (Stuttg. 1833, 2 Bde.) und »Kleine Romane« (Bunzl. 1836–37, 6 Bde.) sowie einzeln: »Die Gräfin Ulfred« (Berl. 1834, 2 Bde.); »Viel Sinne, viel Köpfe«, Zaubergeschichte (Stuttg. 1840); »Graf Promnitz« (Kottb. 1842); »Göttliche Komödie in Rom« (2. Aufl., das. 1843); »Génévion von Toulouse« (Leipz. 1846); »Achtzehn Töchter« (Bresl. 1847) und die gegen das moderne Konventikelwesen gerichtete pikante Novelle »Die Sibylle von Mantua« (Hamb. 1852). Schefers Novellen sind trotz mancher dichterischer Schönheiten: trefflicher Naturschilderungen, genauer Kenntnis der Zeiten und Sitten, zumal der von ihm bereisten Länder, großer Gemütstiefe, dennoch schon ungenießbar, weil es ihm an Gestaltungskraft und der Fähigkeit zu charakterisieren fehlte. In späterer Zeit wandte sich S. vorzugsweise der lyrischen und didaktischen Poesie zu, wobei der befreundete Dichter Waldau (s. Hauenschild) ermunternd und hilfreich eingriff, indem er an seine Manuskripte die letzte Feile anlegte. So erschienen von ihm: »Kleine lyrische Werke« (Frankf. 1828); »Vigilien« (das. 1842); »Gedichte« (3. Aufl., Berl. 1846); besonders aber das »Laienbrevier« (das. 1834; 19. Aufl., Leipz. 1898); »Der Weltpriester« (Nürnb. 1846); »Hausreden« (Dessau 1854, 2 Bde.; 4. Aufl., Leipz. 1869): spruchartige Gedichte, die eine moralisch-religiöse, zum Pantheismus sich hinneigende Richtung verfolgen. Höchst originelle Poesien enthalten: »Hafis in Hellas, von einem Hadschi« (Hamb. 1853), worin sich das anakreontisch Spielende der althellenischen Liebespoesie mit der didaktischen Richtung und der Bilderpracht des Orients vereinigt, und der »Koran der Liebe nebst kleiner Sunna« (das. 1855), die Fortsetzung des »Hafis«, voll schalkhafter Epigramme, leichtfüßiger Dithyramben, erotischer Legenden und Parabeln von höchst abgerundeter Form. Manches Fremdartige in diesen Produkten erklärt sich aus Schefers Vorliebe für den Orient und die religiössittlichen Ansichten des Mohammedanismus, die besonders stark in »Mahomets türkischen Himmelsbriefen« (Berl. 1840) hervortritt. In seinem letzten (unvollendeten) Werke, dem Gedicht »Homers Apotheose« (Lahr 1858), suchte er mit der Verherrlichung des Dichters die des vollen, gesunden, ausgereiften Menschendaseins zu geben. Seine musikalische Begabung machte S. in späterer Zeit in einer Oper: »Sakontala«, und mehreren von ihm komponierten Quartetten geltend. Aus seinem Nachlaß gab Gottschall »Für Haus und Herz. Letzte Klänge« (Leipz. 1867) und Moschkau das »Buch des Lebens und der Liebe« (das. 1877, 3. Aufl. 1887) heraus. »Ausgewählte Werke« Schefers erschienen Berlin 1845–46 in 12 Bänden (2. Aufl. 1857). Vgl. Brenning, Leopold S. (Brem. 1884).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 719. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007415176


Brockhaus 1841

[65] Schefer (Leopold) ist einer der noch lebenden ausgezeichnetern deutschen Dichter. Er lebt zu Muskau in der Niederlausitz, wo er 1784 geboren wurde. Nachdem er meist durch Privatstudien eine ausgezeichnete Bildung erlangt hatte, gab er 1811 »Gedichte mit Compositionen« ohne seinen Namen heraus. Der Graf Pückler ernannte ihn 1813 zu seinem Generalbevollmächtigten und machte es ihm möglich, eine größere Reise zu unternehmen, auf welcher er den größten Theil Europas und die asiat. Küsten besuchte. Im J. 1820 kehrte er nach Muskau zurück und lebte von nun an in einem glücklichen Familienkreise der Poesie. Vorzüglich hat er Novellen herausgegeben, welche gesammelt erschienen unter den Titeln: »Novellen« (5 Bde., Lpz. 1825–29), »Neue Novellen« (4 Bde., 1831–35), und »Lavabecher« (2 Bde., Stuttg. 1833). Die größte Theilnahme fand sein »Laienbrevier«, welches seit 1834 zwei Auflagen erlebt hat und in dem sich eine eigenthümliche, höchst zeitgemäße religiöse Richtung auf das schönste ausspricht. In allen seinen Dichtwerken herrscht eine seltene Tiefe und Innigkeit der Empfindung, eine außerordentliche Lebhaftigkeit und Pracht der Phantasie, aber auch eine nicht zu lobende Willkürlichkeit in Behandlung der Sprache.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 65. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000862134


Damen Conversations Lexikon 1837

[85] Schefer, Leopold, Jean Paul's nächster, geistiger Blutsverwandter, ein geweihter Seher, der in seinen zahlreichen, tiefsinnigen Novellen die feinsten Entdeckungen auf dem Gebiete des menschlichen Herzens in einem eigenthümlichen, idealen Gewande niedergelegt hat. Zufriedenheit, Harmonie mit sich und der Welt ist seine Devise. Die einfachen Bande der Familie, die Leiden und Freuden eines Gatten, eines Vater-, eines Mutterherzens, – dieß sind die Gegenstände, die er am liebsten mit dem Morgenrothe seiner glühenden Gedanken und bilderreichen Phantasie umwebt. Die tiefsinnigste Verherrlichung einer Religion der wahren Heiterkeit ist sein »Laienbrevier.« Ueberhaupt weiß er als Lyriker alle Saiten des[85] Herzens wunderbar zu ergreifen: nur sind seine Gedichte, die früher pseudonym erschienen, nicht so wie seine Novellen bekannt geworden. Außer vielen dramatischen Sachen, einer Sammlung neugriechischer Gedichte etc., schrieb er in Folge seines Aufenthalts zu Rom den »Römischen Kalender,« eine Satyre voll des geistreichsten Witzes. In Wien studirte er unter Haydn und Salieri die Composition, und liebliche Früchte dieser Studien sind seine zahlreichen Quartetten und die Oper »Sakontala,« – sämmtlich reiche Compositionen voll Tiefsinns, aber ärmer an gewinnenden Melodien. – S. wurde am 30. Juli 1784 zu Muskau in der Oberlausitz geb., erhielt seine hauptsächlichste Schulbildung auf dem Gymnasium zu Budissin, und wurde der vertrauteste Freund des Fürsten Pückler. Fichte, Schiller, Göthe, Brentano, Weisflog wirkten vielfach anregend auf seine Bildung. Später setzte ihn die Munificenz seines fürstlichen Gönners in den Stand, England, Oestreich, Italien und den Orient zu besuchen. Nach seiner Rückkehr 1820 verheirathete er sich sehr glücklich und lebt jetzt als zufriedener Gatte und Vater in beneidenswerther Muße auf seiner selbst erbauten Villa bei Muskau, in Besitz eines Looses, wie es so reich an Frieden und geistiger Anregung nur wenigen Dichtern zu Theil ward. S....r.

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 85-86. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001765140


Herders 1857

[67] Schefer, Leop., ein durch Jean Pauls und F. Rückerts Leistungen angeregter Dichter, geb. 1784 zu Muskau in der Niederlausitz, machte bedeutende Reisen, lebt seit 1820 als General-Inspector und Freund des Fürsten Pückler-Muskau in seinem Geburtsorte. Von all seinen poetischen Arbeiten ist die berühmteste sein »Laienbrevier« (1834. 10. Aufl. 1855), fortgesetzt durch die »Hausreden« (Dessau 1855). als Dichtung mannigfach und namentlich durch sinnige Naturbetrachtung ausgezeichnet, als Andachtsbuch, wozu es bei den Protestanten häufig benutzt wird, höchst verwerflich, weil die Grundanschauung des Gedichtes durch und durch pantheistisch ist und »hinter scheinbar unschuldigem Gekose und poetischem Getändel ein tiefer Haß gegen das Christenthum und Jenseits sich versteckt«. Außer dem Laienbrevier und jeanpaulisirenden Novellen lieferte S. Gedichte (3. Aufl. 1847), Hafis in Hellas (Hamb. 1853), einen »Koran der Liebe nebst kleiner Sunna« (ebendas. 1855) etc. Ausgewählte Werke, Berlin 1845–46, 12 Bde.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 67. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003505693


Pierer 1862

[112] Schefer, Leopold, geb. 30. Juni 1784 in Muskau in der Niederlausitz, studirte für sich Mathematik, Philosophie u. griechische u. orientalische Dichter, wurde Generalbevollmächtigter des Fürsten Pückler in Muskau u. machte hierauf eine Reise nach England, Wien, wo er Medicin u. Musik studirte, dann nach Italien, Sicilien, Griechenland, Constantinopel u. der asiatischen Küste. 1820 kehrte er nach Muskau zurück, war dort als Componist u. Schriftsteller thätig u. st. 13. Februar 1862. Er schr. Gedichte mit Compositionen, 2 Sammlungen Berl. 1811–13 (welche der Graf Pückler herausgab u. lange für deren Verfasser galt); Novellen (Die Osternacht, Die Deportirten, Palmerio, Der Zwerg), Lpz. 1825–29, 5 Bde.; Kleine lyrische Werke, Frankf. a. M. 1828; Neue Novellen, Lpz. 1831–35, 4 Bde (worin Violante Beccaria); Lavabecher, Stuttg. 1833, 2 Bde.; Die Gräfin Ulfeld, Berl. 1834, 2 Bde.; Laienbrevier, ebd. 1834 f., 12. A. Lpz. 1859; Gedichte, Berl. 1846, 3. A. 1847; Kleine Romane, Bunzlau 1836–39, 6 Bde.; Viel Sinne, viel Köpfe, Stuttg. 1840; Graf Promnitz, Kottb. 1842; Vigilien (Gedichte etc.), Gub. 1843.; Der Weltpriester, Lpz. 1846; Hausreden, Dessau 1854, 2. A. Lpz. 1860; Hafis in Hellas, Hamb. 1853; Koran der Liebe, ebd. 1855; Die Sibylle von Mantua, ebd. 1853; Der Hirtenknabe, Lpz. 1856; Homers Apotheose, Lahr 1858, 2 Bde.; die Trauerspiele Muhammeo II., Euphrosine u. Madonna Laura; Ausgewählte Werke, Berl. 1856 f., 12 Bde. S. componirte auch die Oper Sakontala u. viele Quartette.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 112. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010835598


Brockhaus 1911

[624] Schefer, Leop., Dichter, geb. 30. Juli 1784 zu Muskau, gest. das. 16. Febr. 1862; am bekanntesten sein »Laienbrevier« (1834-35 u.ö.). – Vgl. Brenning (1884).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 624. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001533967