Arnim

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[749] Arnim (Arnimb, Arnheim), alte Familie, welche aus Holland stammt, wo das Geschlecht 1716 mit Johann Herrn v. Rosendahl ausstarb; schon in der ersten Hälfte des 10. Jahrh. sollen die A. aus Holland in Brandenburg eingezogen sein u. erwarben mit der Zeit in der Uckermark, im Magdeburgischen, in Pommern, Ostpreußen, Sachsen u. Franken ausgedehnte Besitzungen. Seit 1280 theilte sich das Geschlecht in die 2 Linien: Biesenthal, mit der Sächsischen, Boitzenburgischen u. Gerwaldschaft Abtheilung; u. Zehdenik, mit der Magdeburgischen, Fränkischen u. Fredenwaldschen Abtheilung. Berühmt sind: 1) Henning v. A. auf Biesenthal, welcher als kurbrandenburgischer Rath, Marschall u. Landvoigt der Uckermark 1500 st. 2) Kurt v. A. auf Boitzenburg, Obermarschall, st. 1580. 3) Joachim, war 1544 Heermeister des Johanniterordens. 4) Bernd, Geheimer Rath u. Obermarschall, st. 1611. 5) Jakoba. A. auf Boitzenburg, st. 1633 als Obermarschall. 6) Joh. Georg v. A., geb. 1581 zu Boitzenburg, studirte, nahm 1613 schwedische Kriegsdienste, machte den Krieg gegen Rußland mit u. wurde 1614 Oberst; 1621 kämpfte er unter polnischen Fahnen gegen die Türken u. trat 1626 in kaiserliche Dienste. Wallenstein achtete ihn sehr, ließ ihn 1628. zum Feldmarschall ernennen, Stralsund belagern u. 1620 dem König von Polen gegen die Schweden zu Hülfe eilen. Zurückberufen trat er 1631 in kursächsische Dienste, schloß die Allianz mit Schweden, befehligte die Sachsen am 7. Sept. 1631 in der Schlacht von Leipzig, ging hierauf nach Böhmen, nahm Prag durch Capitulation, schlug Ende Novbr. die Kaiserlichen unter Maradas u. Götz bei Nimburg, ging dann nach Schlesien, nahm die Verschanzungen von Steinau, war aber hier ziemlich unthätig, stellte indeß daselbst die Evangelische Kirche wieder her, ging gegen Wallenstein, 1632 nach Sachsen, kam aber zur Schlacht von Lützen zu spät, kehrte nach Schlesien zurück, focht gegen Wallenstein, zog sich 1633 (angeblich auf ein Gerücht, daß Wallensteinsche Truppen in Sachsen eingedrungen wären), nach Sachsen u. ward so die Veranlassung zur Gefangennehmung des schwedischen Generals von Thurn bei Steinau, ging hierauf nach Brandenburg, deckte Berlin, dann 1634 nach der Lausitz, schlug im Mai Colloredo bei Liegnitz, stürmte Zittau u. nahm Glogau. 1635 nahm er, weil die Lutherische Confession im Prager Frieden nicht gesichert war, seinen Abschied u. ging auf sein Gut Boitzenburg in der Uckermark, ward aber von dem Kurfürsten von Brandenburg als Gesandter zu Unterhandlungen mit Sachsen gebraucht. Hier kam er 1639 in den Verdacht, gegen die Schweden, denen er freilich fast immer feindlich gewesen war, zu conspiriren, ward auf Oxenstierna's Befehl am 7. März 1637 plötzlich arretirt u. als Gefangener nach Stockholm gebracht, entkam jedoch im Novbr. 1638 nach Hamburg, diente sogleich wieder als kaiserlicher u. sächsischer Generallieutenant gegen Schweden u. wollte, wie einst Wallenstein, ein Heer zusammenbringen, ehe dies jedoch geschah, st. er 18. April 1641 zu Dresden. Vgl. Helbig, Wallenstein u. Arnim 1632–34, Dresd. 1850. 7) Wolf Christoph, Stifter der Sächsischen Linie, war kursächsischer Generallieutenant u. st. 1668. 8) Georg Abraham, geb. 1651 zu Boitzenburg, Stifter des Suckowschen Majorats, war königl. preuß. Generalfeldmarschall u. st. 1734. 9) Georg Dithlof, war in kön. preuß. Diensten Geheimer Staats- u. Kriegsminister u. Generalpostmeister, st. 1754._– Die Familie theilt sich jetzt in eine Gräfliche u. Freiherrliche: A) Grafen von A.: a) Boitzenburger Linie, seit 1786 in den Grafenstand erhoben mit 10) Friedrich Wilhelm, geb. 1739, war kön. preuß. Staats- u. Kriegsminister, Oberjägermeister, Erb-, Schloß- u. Burggesessener auf Boitzenburg u. Zichow u. st. 1801. 11) Friedrich Abraham Wilhelm, Sohn des Vor., geb. 1767, kön. preuß. Kammerherr u. Gesandter, st. 1812; jetziger Chef: 12) Graf Friedrich Ludwig, Sohn des Vor., geb. 24. Juli 1796, kön. preuß. Geheimrath u. Obergewandkämmerer, Major in einem Landwehrcavallerieregiment; verm. seit 1829 mit Gräfin Amalie, geb. v. Heister; sein älterer Sohn ist Georg, geb. 1832. 13) Adolf Heinrich, Bruder des Vor., geb. 10. April 1803, studirte in Göttingen, durchschritt schnell die Beamtenlaufbahn u. war 1833 bereits Chefpräsident der Regierung in Stralsund, später in Aachen u. dann in Merseburg, ging 1841 an Flotwells Stelle als Oberpräsident nach Posen, wurde aber schon am 1. Juli 1842 in das Ministerium gerufen u. übernahm das Portefeuille des[749] Innern; er gab 1845 seine Dimission u. blieb nur noch Mitglied des Staatsraths; nahm 1847 in der Herrencurie Theil an dem Vereinigten Landtage, übernahm nach der Katastrophe des 18. März 1848 am 19. d. M. den Vorsitz in dem neu gebildeten Ministerium zugleich mit dem Departement des Auswärtigen u. dem Auftrage, die Angelegenheiten der inneren Verfassung zu ordnen. Aber bereits am 29. d. M. sah sich A. veranlaßt, wieder aus dem Ministerium auszuscheiden. Seitdem ist A. bes. als Mitglied bald der 2. Kammer, bald des Herrenhauses auf dem Landtage thätig gewesen. Er ist verm. seit 1830 mit Karoline geb. Gräfin v. d. Schulenburg-Wolfsburg. b) Heinrichsdorf-Werblowsche Linie, zur vorigen gehörig, seit 1841 nach dem Rechte der Erstgeburt in den Grafenstand erhoben: 14) Graf Heinrich Friedrich, Sohn des 1834 verstorbenen Heinrich August v. A., geb. 1791 zu Werblow in Preußen, widmete sich nach Vollendung seiner Studien der diplomatischen Laufbahn u. war zuerst in Stockholm, dann in Paris als Secretär der Gesandtschaft verwendet, ging 1831 als Gesandter nach Brüssel, 1841 in gleicher Eigenschaft nach Paris, nachdem er noch in den Grafenstand erhoben worden war, u. 1845 nach Wien, war daselbst 1848 noch bei dem Ausbruche der Revolution, nahm aber bald darauf seine Entlassung. Im Februar 1849 übernahm er im Ministerium Brandenburg-Mauteuffel das Departement der Auswärtigen Angelegenheiten, trat jedoch schon Anfang Mai wieder zurück u. ist seit Mai 1851 wieder preußischer Gesandter zu Wien. B,) Freiherren v. A. aus dem von A. 8) gegründeten Hause Arnim-Suckow: 15) Heinrich Alex., Freiherr v. A., geb. 1798 zu Berlin, besuchte das Pädagogium in Halle, nahm dann mit 5 seiner Brüder an dem Freiheitskriege Theil u. ward im Laufe desselben durch einen Schuß am Fuße verwundet. Seit 1818 studirte er zu Heidelberg u. trat 1820 in den Staatsdienst; er wurde zunächst der Gesandtschaft in der Schweiz zugetheilt u. später als Secretär nach München, Kopenhagen u. dann nach Neapel gesendet, wo er zuletzt als Geschäftsträger fungirte. In der Zeit des Entstehens des Zollvereins kam er als Geschäftsträger nach Darmstadt u. trat 1834 als Geheimer Legations- u. vortragender Rath in das Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten ein. Als sein Chef, der Minister Ancillon, 1835 starb, verließ A. seine Stellung u. lebte ohne Amt, betheiligte sich jedoch lebhaft an den damaligen kirchlichen Fragen. Nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. ging er als Gesandter nach Brüssel, wo er besonders die deutschen Interessen durch Unterstützung der Herstellung der Rheinischen Eisenbahnen förderte u. 1844 den Belgisch-Preußischen Handelsvertrag abschloß, während er gleichzeitig der Protestantischen Kirche seinen Schutz wiederholt angedeihen ließ, namentlich auch für den Bau einer Kirche Sorge trug. 1846 wurde er Gesandter in Paris u. begab sich 1848 nach dem Ausbruch der Februarrevolution Anfang März zurück nach Berlin. Hier überreichte er dem Könige eine Denkschrift über die Nothwendigkeit von Reformen, war während der Märzereignisse in Berlin in der Nähe des Königs, übernahm am 21. März im Ministerium A.-Boitzenburg das Portefeuille des Auswärtigen u. wirkte in dieser Stellung für die Parteinahme Preußens in Schleswig-Holstein u. für die deutsch-einheitliche Politik. Auch unter dem Ministerium Camphausen behielt er seine Stellung noch, nahm aber, da er mit den übrigen Mitgliedern des Cabinets wegen des Berendsschen Antrags zur Anerkennung der Revolution in einen Meinungszwiespalt gerathen, u. nachdem er beim Heraustreten aus dem Sitzungssaale der Nationalversammlung von einem Volkshaufen insultirt worden war, Mitte Juni seine schon vorher begehrte Entlassung u. ging zunächst nach Frankfurt a. M. u. dann nach Neuwied. Im Frühjahr 1849 trat er für Liegnitz in die erste preußische Kammer u. schloß sich hier der deutsch-oppositionellen Parket an. Dann lebte er einige Zeit in Holland u. kehrte erst 1651 wieder zur Eröffnung der Kammer nach Berlin zurück. Er schr.: Mein handelspolitisches Testament, Berl. 1844; Frankfurt u. Berlin, Frankf. 1848; Über die Mediatisationsfrage, ebd. 1849; Zur Politik der Epigonen in Preußen, Berl. 1850; Über die Märzpolitik; Zur Politik der Contrerevolution in Preußen, Berl. 1851. C) Andere: 16) Ludwig Achim v. A., zu einem Zweige des freiherrlichen Hauses A. gehörend, geb. 1781 zu Berlin, studirte in Göttingen Arzneikunde u. Naturwissenschaften; lebte lange mit Cl. Brentano, dessen Schwester (s.d. Folg.) er später heirathete, in Heidelberg u. dann abwechselnd auf seinem Gute Wiepersdorf bei Dahme u. in Berlin; st. 1831. Er schr., außer mehreren physik. Abhandlungen: Ariels Offenbarungen, Gött. 1804; Der Wintergarten, Berl. 1809; Die Gräfin Dolores, ebd. 1810, 2 Thle.; Halle u. Jerusalem, Heidelberg 1811; Isabelle u. Aegypten, Melnik etc., Berl. 1812; Schaubühne, ebd 1813; Landhausleben, Lpz. 1826; Die gestürzten Emporkömmlinge (Lustspiel), Ulm 1823; Die Kronenwächter (Roman), Berlin 1817, u. a.; gab gemeinschaftlich mit Brentano: Des Knaben Wunderhorn, Heidelb. 1806–1808, 3 Thle., 2. A. 1819 heraus; Werke, herausgeg. von W. Grimm, Berl. 1839–1848, 20 Bde. 17) Elisabetha. A. (gewöhnlich Bettina genannt), geb. 1785 zu Frankfurt a. M., Schwester von Clem. Brentano, lebte in ihrer Jugend theils in einem Kloster, theils zu Offenburg u. dann in ihrer Vaterstadt, wo sie in freundschaftliches Verhältniß zu Karoline von Günderode trat u. sich um Goethes Liebe bewarb, wurde dann Gattin des Vorigen; in Berlin beschäftigte sie sich mehrfach mit der Sorge für Arme u. Kranke. Sie schr. Goethes Briefwechsel mit einem Kinde (zwischen ihr u. Goethe seit 1807 geführt), Berl. 1835, 3 Bde. (der 3. enthält ihr Tagebuch); Die Günderode, ebd. 1840, 2 Bde.; Dies Buch gehört dem Könige! Berl. 1843, 2 Bde.; Ilius Pamphilius u. die Ambrosia, ebd. 1848, 2 Bde.; Gespräche mit Dämonen, ebd. 1852; Bettinas Gedichte aus Goethes Briefwechsel mit einem Kinde, zusammengestellt von Daumer, Nürnb. 1837. Vgl. Zach. Funk, Bettina, ein Geistes- u. Charaktergemälde, Bamb. 1836. 18) Karl Otto Ludwig v. A., geb. 1779 zu Berlin, bekannt als Tourist u. touristischer Schriftsteller, widmete sich nach vollendeten Studien in Halle u. Göttingen der diplomatischen Carriere. Nachdem er einen großen Theil Europas im Anfang dieses Jahrh. bereist hatte, fungirte er eine Zeit lang als Attaché bei der preußischen Gesandtschaft in Stockholm u. London; später übernahm er verschiedene Male interimistisch die Intendantur der königlichen Schauspiele zu [750] Berlin, war Mitglied des Brandenburgschen Provinziallandtags, unternahm in den 30er u. 40er Jahren abermals weite Reisen nach dem Süden u. dem Orient, u. trat, mit der Würde eines Kammerherrn u. Mitglieds der Ordenscommission bekleidet, in das Privatleben zurück. Er schr.: Napoleon's Conduct towarts Prussia, Lond. 1814; Der Smaragdring (Lustspiel), 1822; bes. Flüchtige Bemerkungen eines flüchtig Reisenden, Berl. 1837–50, 6 Bde.; übersetzte auch Massingers A new Way to pay old Debts, 1820 ins Deutsche u. gab German national Melodies, mit deutschem u. englischem Text, Lond. 1816, heraus.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 749-751. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000940533X