Bulgarische Literatur
Meyers 1905
Die neuere bulgarische Literatur ist sehr jungen Datums. Das erste in bulgarischer Sprache gedruckte Buch, ein religiöses Erbauungsbuch, wurde 1806 von Sophronius, Bischof von Wratscha, herausgegeben. Um die Wiedererweckung der bulgarischen Literatur[590] machten sich besonders verdient: Wenelin (1802–1839, s.d.), Aprilow, Neofit von Ryl u. a. Die ersten literarischen Erzeugnisse bis in die 1840er Jahre hinein tragen vorzugsweise pädagogischen Charakter. Um 1840 beläuft sich die Zahl der bulgarischen Bücher erst auf etwa 30, beim Ausbruch des russisch-türkischen Krieges umfaßt die neubulgarische Literatur bereits mehr als 800 Bücher und 51 periodische Publikationen. Die erste Zeitschrift (»Ljuboslovie«) erschien 1844. An selbständigen Werken ist jetzt kein Mangel mehr, doch sind sie meistenteils ohne originalen Wert. Erwähnenswert sind die historischen Arbeiten von Drinow, die Dichtungen von Slawejkow, die Novellen von Karawelow und die Memoiren einiger politischer Häupter, z. B. des Revolutionärs Panajot Chitow (übersetzt von G. Rosen u. d. T.: »Die Balkanhajduken«, Leipz. 1878). Dagegen besitzen die Bulgaren einen reichen Schatz von Volksliedern und Märchen, ähnlich den serbischen. Zu nennen sind die Volksliedersammlungen von Bessonow (»Bolgarskija pěsni«, Mosk. 1855), D. und K.Miladinow (»Bugarski narodni pěsni«, 2. Aufl., Sofia 1891), Verković (»Narodne pesme makedonski Bugara«, Belgrad 1860, Bd. 1), Dozon (»Chansons populaires bulgares«, mit französischer Übersetzung, Par. 1875), Kačanowskij (»Pamjatniki bolgarskago narodnago tvorćestva«, Petersb. 1882, Heft 1), Jastrebow (»Obyčai i pěsni tureckich Serbov«, 2. Ausg., das. 1889), Iliew (»Sbornik ot narodni umotvorenija etc.«, 1. Teil, 1. Buch, Sofia 1889), Šapkarew »Sbornik ot blgarski narodni umotvorenija«, das. 1891, Teil 1\3; die von Verković als »Le Véda slave« (1. Bd., Belgrad 1874; 2. Bd., Petersb. 1881) herausgegebenen Lieder sind unecht; ferner die Märchensammlungen von Čolakow (»Blgarski narodni sbornik«, Belgr. 1872) und Šapkarew (»Blgarski narodni prikaski i vĕrovanija«, Philippopel 1885). Vgl. Syrku, Ein bibliographischer Beitrag zur bulgarischen Märchenliteratur, im »Archiv für slawische Philologie«, Bd. 6; hinsichtlich der Volksliteratur vgl. ferner »Periodičesko Spisanie« (Braila 1870ff.; 2. Folge, Sofia 1882ff.) und den »Sbornik za narodni umotvorenija, nauka i knižina« (das. 1889–1891, 6 Bde.). Eine Übersetzung bulgarischer Volkslieder ins Deutsche lieferte G. Rosen (»Bulgarische Volksdichtungen«, Leipz. 1879). Vgl. die »Bibliographie de la littérature bulgare moderne« von K. I. Jireček (Wien 1876) und die Bibliographie von A. Theodorow (Sofia 1894).
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 590-591. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006381081