Spanische Literatur

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Meyers 1909

[674] Spanische Literatur. Unter spanischer Literatur versteht man die Schriftdenkmäler der Iberischen Halbinsel, mit Ausschluß Portugals, das, seit 1097 unabhängig, eine eigne Sprache und Literatur entwickelt hat. Im engern Sinne begreift man darunter nur, was in kastilischer Mundart von Angehörigen aller Teile der Halbinsel geschrieben ward, sondert aber davon die katalanisch abgefaßten Schöpfungen (s. Katalanische Sprache und Literatur) sowie die galicischen, die einen Anhang zur portugiesischen Literatur bilden. Statt spanisch sagt man auf der Halbinsel kastilisch, weil Kastilien die führende Rolle zufiel. Doch haben an der Kunst- wie an der Volksdichtung alle Provinzen mitgewirkt. In der ersten Periode besonders Leon (mit Asturien und Galicien). Die kastilische Literatur, hervorgegangen aus dem in heldenhaftem Ringen mit dem andersgläubigen Erbfeind erstarkten Selbstgefühl einer Nation, deren lebhafte Phantasie in den Erinnerungen an jene tatenreiche Vergangenheit schwelgte, ist ausgezeichnet durch Reichtum und Originalität. Letztere offenbart sich am kräftigsten im national-historischen Epos und seinen Prosaauflösungen, in den aus beiden hervorgegangenen Romanzen und in dem auf allen drei Arten fußenden Drama. In der Volksdichtung sind lyrisch die reizenden Coplas und Seguidillas, die, zu Tausenden vorhanden, keiner bestimmten Epoche noch bestimmten Provinzen zugewiesen werden können; didaktisch die alten, geistvollen und scharfgeprägten Sprichwörter (Refranes). Die wichtigste und eigenartigste Gattung ist jedoch epischen oder episch-lyrischen Charakters. In Langzeilen von 14 metrischen Silben mit durchgehendem Vokalreime (Assonanz), die stets in zwei gleiche Hälften oder Kurzzeilen zerfallen, behandelt die Romanze (el romance), meist in losen Gruppen oder kleinern gestas, vorwiegend Taten und romantische Abenteuer solcher historisch-sagen haften Helden und Ritter, die sich im großen National- und Glaubenskampfe hervorgetan, und umfassen somit die Geschichte von 7–8 Jahrhunderten, von den Zeiten König Roderichs und des Pelayo bis zum Falle Granadas. Früh trat Karl d. Gr. mit seinen Paladinen und deren spanischen Gegnern in den Gesichtskreis der Volksbarden; ganz fremd blieb ihnen überhaupt kein mittelalterlicher Sagen- und Märchenstoff. Die berühmtesten sind die, welche Leben und Kämpfe des Cid Campeador feiern. Manche dürften unmittelbar nach den Ereignissen entstanden sein. Doch haben sie sich nicht in ursprünglicher Ge statt erhalten. Jahrhunderte hindurch nur im Volksmunde lebend und stetig wandernd, haben die Romanzen sich wiederholt verjüngt und sind spät und verändert ausgezeichnet worden. Ein Teil erhielt sich in der Tradition, bis in unsern Tagen forschende Folkloristen zu sammeln begannen (Milá y Fontanals, Menéndez y Pidal, Munthe); ein andrer Teil ward gegen Ende des 15. Jahrh. gebucht, als höfische Kunstdichter die Volksgesänge der Beachtung wert fanden und sie durch Überarbeitung verfeinerten, nachahmten, glossierten, parodierten und Überarbeitungen wie Originale in Flugblättern (s. Pliegos sueltos) und etwas später (Anfang des 16. Jahrh.) in Romanzen- und Liederbüchern verbreiteten (s. Romancero und Cancionero). Daß die national-historischen, seit Ende des 14. Jahrh., aus den im Munde der Spielleute (joglares) vereinfachten Kunstepen hervorgegangen sind, gilt heute für ausgemacht, dank den Arbeiten von Mila y Fontanals, Ramon Menéndez Pidal, und Menéndez Pelayo (in der »Antologia«, Bd. 8–12,1899–1906).

Erste Periode (1150–1369)

Das hervorragendste Werk dieser Periode, weil das älteste Kunstgedicht, in dem sich der Nationalcharakter offenbart, ist das unvollständig erhaltene »Poema de mio Cid«. Kaum vor 1150, nicht nach 1207, gab ihm ein Anonymus aus dem Südosten Kastiliens die uns erhaltene Fassung. Er gruppierte seinen Stoff zu drei zum Gesangsvortrage bestimmten Teilen: Cantares, die in Reihen einreimiger Tiraden auseinander fallen, nach dem Vorbilde der altfranzösischen Chansons de geste. Verschieden davon und bedeutend jünger (14. Jahrh.) ist die »Cronica rimada«, besser »Rodrigo« genannt. aus Reimprosa und demokratisierten epischen Fragmenten gemischt, leider stark verderbt. Dies Gedicht behandelt die (durch Herder in Deutschland bekannten) sagenhaften Jugenderlebnisse (mocedades, franz. enfances) des Cid: Zweikampf mit Graf Gormaz, Ehe mit Ximene etc.,[674] und zeichnet den Helden als rebellischen, eigenmächtigen Kraftburschen (s. Cid Campeador). Weitere Cantares de gesta sind nicht vorhanden, doch lassen die Romanzen und die Prosaauflösungen in den Cronicas mit ziemlicher Sicherheit auf Gedichte von Fernan Gonzalez, König Roderich, Bernardo del Carpio, den sieben Infanten von Lara u. a. schließen. Vgl. R. Menéndez Pidal, La Leyenda de los Infantes de Lara (Madr. 1896). Sie gingen unter, weil der Volksgeschmack die kurzen Einzelrhapsodien im Romanzenstil bevorzugte und an langatmigen Dichtungen kein Gefallen fand. Im 13. Jahrh., also vor dem »Rodrigo«, entstand zwar noch ein Epos mit nationalem Stoff über den guten Grafen »Fernan Gonzalez« (10. Jahrh.), doch ist es nüchtern und chronikenartig in geregelten vierzeiligen Alexandrinerstrophen, vermutlich von einem Kleriker, überarbeitet (hrsg. von C. C. Marden, Baltimore 1904). Völlig anders gestaltete im 14. Jahrh. ein Mit kämpfer der Schlacht am Salado (1340), vielleicht ein Portugiese, sein Gedicht über den Sieg Alfons' XI.: er wählte die Kurzzeile und ordnete sie zu Coplas (abab), die in ihrer Frische u. Lebendigkeit den Volksgesängen nahestehen.

Der älteste, namentlich bekannte Dichter Spaniens ist der gelehrte Kleriker Gonzalvo de Berceo (s. d.), der »Jongleur der Jungfrau«, wie er sich selber nennt, Verfasser einer Reihe von geistlichen Epen, unter Benutzung internationaler mittelalterlicher Marien- und Heiligenlegenden, in vierzeiligen Alexandrinerstrophen (quaderna via). Ein im gleichen Bau (Ende des 12. Jahrh.) geschriebenes weltliches Poem über die Ritterfahrten Alexanders, auf Grund lateinischer und französischer Vorlagen, ward ihm zeitweilig zugesprochen, doch ist es wahrscheinlich ein Werk des Leonesen Juan Lorenzo aus Astorga (Neuausgabe von Morel-Fatio, Dresd. 1906). Daran schließt sich eine Bearbeitung des Romans von Apollonius von Tyrus, wie alles Zünftige damals nach lateinischem und französischem Muster, und ein Leben des Heiligen Ildefonsus, beide von Unbekannten. Eine Gruppe für sich bilden, nicht dem Gegenstande nach, sondern formell, weil in kurzen Reimpaaren, einige geistliche Gedichte. Wegen der dramatischen Form bedeutsam ist ein fragmentarisch erhaltenes liturgisches Epiphaniasspiel aus Toledo: »Misterio de los Reyes Magos«, fast gleichalterig mit dem »Poema del Cid«, ob es auch sprachlich älter, metrisch jünger erscheint (hrsg. mit der »Disputa del alma y el cuerpo« von R. Menéndez Pidal, 1900). Weniger altertümlich sind ein erzählendes Gedicht über dasselbe Thema: »Poema de los Reyes Magos«, ein Leben der »Maria Egipciaca«, Streitgedichte zwischen Körper und Seele (in Sechs- bis Siebensilbnern), Wasser und Wein und zwei Liebenden (hrsg. von R. Menéndez Pidal, Par. 1905).

Rein Lyrisches aus dem 12. und 13. Jahrh. besitzt Spanien nicht. Die geistlichen Cantigas des Königs Alfons X. (1252–84), Wunderberichte und Loblieder zu Ehren der Jungfrau sowie seine weltlichen Troubadourgedichte und die andrer, gehören nach Sprache und Form zur portugiesischen Literatur. Das Liederbuch des D. Juan Manuel (1282 bis 1348) ist verschollen. Von Alfons XI. existiert ein Kastilisch geschriebenes Minnelied, aufbewahrt im portugiesischen »Cancioneiro«. Der erste individuell und echt spanisch gefärbte Dichter, Juan Ruiz (s. d.), Erzpriester von Hita, ein Mann von überlegenem Geist und großer Kunstfertigkeit, gehört schon ganz dem 14. Jahrh. an (1300–50). Sein merkwürdiges allegorisch-satirisches Rahmengedicht besteht aus einer fortlaufenden autobiographischen Erzählung, mit eingereihten Fabeln, Schwänken, Geschichten, frommen Weisen, Liebesliedern in volkstümlichen Rhythmen. Der Wert und Reiz liegt in der naiv-anmutigen und kunstvollen Darstellung, in der treffenden Charakteristik einer alten Zwischenträgerin (Trotaconventos) sowie in den lyrischen Einlagen (Cantigas de serranas, Cantigas de escolares). Didaktisch sind die Verse des Juden Rabbi-Santob, Lebensregeln und Denksprüche für Peter I. (1350–69), in kurzen Vierzeilern. Vgl. L. Stein, Untersuchungen über die Proverbios Morales von Santob de Carrion (Berl. 1900). Desgleichen ein Totentanz in achtzeiligen Strophen »De arte mayor«. Lehrhaft ist auch des Reichskanzlers Pedro Lopez de Ayala (1332–1407) Traktat über das Hofleben »Rimado de Palacio«, obwohl ihm Lieder, meist religiosen Charakters, nicht ganz fehlen. In ihren höfischen Formen weisen sie bereits in die zweite Periode hinüber, die Ayala eröffnet.

Überwog die didaktische Richtung in den Dichtwerken des 13. und 14. Jahrh., so war sie in den Prosawerken der ganzen Periode unumschränkte Herrscherin. Schöpfer der altspanischen Prosa und Vater der Geschichtschreibung ist König Alfons der Gelehrte. Nicht nur, daß er die Landesgesetze aus dem Lateinischen in die Volkssprache übertragen ließ (»Fuero Juzgo«), ein neues Gesetzbuch inspirierte (»Las Siete Partidas«), verschiedene astronomische und naturwissenschaftliche Werke schrieb, er sorgte auch für Übersetzung der Bibel, Herstellung einer Weltchronik, »Cronica general«, sowie einer spanischen Geschichte, der monumentalen »Cronica general de España« bis herab zum Tode seines Vaters Ferdinand III., unter Benutzung älterer lateinischer Vorarbeiten (von Lucas von Tuy und Rodriguez von Toledo), arabischer Quellen, besonders für den dem Cid gewidmeten, später gesondert herausgegebenen Teil, und unter reichlicher und geschickter Verwertung der Jongleurerzählungen, durch die das Werk eine Schatzkammer poetischer Tradition ward. Der Druck vom Jahre 1541 bot eine spätere Überarbeitung; den echten alten Text veröffentlichte erst 1906 R. Menéndez Pidal (vgl. auch dessen »Cronicas Generales de España«, Madr. 1898). Alfons' Beispiel fand Nachahmung. Es entstanden verschiedene Chroniken, besonders der einzelnen Monarchen bis Heinrich III. Die Verfasser der ersten Königsbücher sind unbekannt; die letzten vier schrieb der bereits als Dichter genannte Kanzler Ayala, von dem auch ein »Falkenbuch« übrig ist: »Libro de Cetreria«. Dieser hatte seinen Stil klassisch geschult durch Übersetzungen des Livius, Boethius und Boccaccio, wie in der Dichtung so in der Prosa in die nächste Epoche hinübergreifend. Sancho IV., der Wilde (gest. 1295), des »Weisen« Sohn, ließ nach lateinischen und französischen Quellen (wie »Conqueste d'Outremer«, »Chanson d'Antioche«) eine Geschichte der Kreuzzüge kompilieren: »La Gran Conquista de Ultramar«, unter Verwertung von Sagen (»Chevalier an Cygne«, »Mainete«), betrieb die Zusammenstellung einer moralphilosophischen und naturwissenschaftlichen Enzyklopädie: »Lucidario«, und verfaßte für seinen Nachfolger Lebensregeln: »Castigos e documentos«. Alfons XI. verdankt man außer einem Adelsregister ein Jagdbuch: »Libro de Monteria«. Gleichfalls unter dem Einfluß der genannten Herrscher entstanden Erbauungsschriften in Gestalt von Apologien- und Sentenzensammlungen nach orientalischem Muster. Am bekanntesten ist das aus Indien[675] stammende, doch direkt dem Arabischen entnommene Buch »Calila e Dimna«. Ebenso wertvoll sind die »Siete Sabios« des Sindabad (nationalisiert von einem Sohne Alfons' X.); das »Libro de los engaños y los asayamentos de las mugeres« (hrsg. 1904 von Bonilla y San-Martin); das fälschlich auf Aristoteles getaufte Buch der Geheimnisse »Poridat de las Poridades«, das »Libro de los Gatos« (eine Bearbeitung der »Narrationes« des »Odo de Ciringtonia«), »Libro de los Euxiemplos«, »Flores de Filosofia«, »Proverbios buenos«, »Bocados de Oro« oder »Bonium de Persia«, wovon ein Teil noch heute als Volksbuch gelesen wird (»Donzella Theodor«). Künstlerisch am bedeutsamsten ist die zum Teil aus orientalischen Quellen geschöpfte, doch eigenartig gestaltete Rahmenerzählung »Conde Lucanor« oder »Libro de Patronio«, worin dem Grafen (Lokman?) sein Ratgeber Patronio moralische und politische Ratschläge in Form hübscher Novellen erteilt (seit 1575 sechsmal gedruckt; neuerdings 1898 in Vigo). Der Verfasser und zugleich der hervorragendste Prosaist jener Zeit ist des Weisen Neffe, der schon genannte Infantensohn Don Juan Manuel, der außerdem noch verschiedene Abhandlungen über Rittertugend, Sozialökonomie, Erziehung und Politik hinterließ. Die Phantasie blieb nicht ganz ohne Nahrung. Märchen, Fabeln, Legenden, Sagen erzählte man sich am Herdfeuer. Außer Heiligenlegenden (Clemencia oder Porcina) las man romanhaft eingekleidete Geschichtsbücher, meist Bearbeitungen französischer Prosaromane aus dem klassischen, karolingischen und bretonischen Sagenkreis (»Historia de Troya«. »Carlomagno«, »Merlin«, »Graal«, »Tristan«, »Lanzarote«, »Flos y Blancaflos«, »Destruicion de Jerusalen«). Ja selbst die erste freiere Phantasieschöpfung, der Ahnherr aller Ritterromane, der ursprünglich portugiesische »Amadis«, war schon um die Mitte des 13. Jahrh. ein in Spanien vielgelesenes Buch. Die fertige Gestalt, in der die Nachwelt ihn kennt, entflammt jedoch dem Ende der zweiten Periode.

Zweite Periode (1369–1516)

Die Lyrik herrscht vor, und zwar als Hof- und Kunst-, anfangs sogar als bloße Gelegenheits- und Konversationspoesie. Man bevorzugt kurze Gedichte mit kompliziertem Strophenbau und reichem Reim, die, zum Gesang oder Vortrag bestimmt, Anreden an einzelne sind: statt nationaler Heldenstoffe kleine persönliche Erlebnisse aus dem galanten Treiben und Herzensleben der obern Kreise; daher geflissentliche Beschränkung und die damit verbundene Herabdrückung der Leidenschaften auf ein konventionelles Maß. Anderseits führte die dem spanischen Mittelalter eigne Freude am Lehrhaften zu spitzfindigen Geistesspielen: Streitgedichten als Frage und Antwort, Anklage und Verteidigung, Rätsel und Rätsellösung, oder zu eigentlichen religiösen und philosophischen Lehrgedichten mit gelehrtem, mythologischem und allegorischem Ausputz; nicht minder zu Spott und Schmähreimereien, in denen raffinierte Künstelei und Dunkelheit mit plumper Pedanterie und Unverblümtheit um die Palme ringen. Es lassen sich drei Abschnitte unterscheiden. Die älteste Dichtergruppe oder Schule ist noch ganz oder halb galicisch. Sie blieb der Gewöhnung der ersten Epoche, für höfische Liebeslieder das portugiesische Idiom zu verwerten, treu und hielt sich an die von den Provenzalen überkommenen auf westlichem Boden als Minnesang, und in limusinisch-katalanischer Mundart als Meistersang entwickelten metrischen Gebilde. An ihrer Spitze steht der Hofmann Alfonso Alvares de Villasandino (1379–1406); ihr berühmtester Vertreter ist Macias (s. d.), der Verliebte; ihr Gesetzgeber Enrique de Villena (gest. 1434), der ein Lehrbuch: »Arte de trobar, o Gaya ciencia«, verfaßt und die Blumenspiele in Barcelona wiederhergestellt hat (1412). Vgl. H. R. Lang, Cancioneiro Gallego-Castelhano (New York 1902). Die jüngere Schule, die in eine Sevillaner und Valencianer Gruppe zerfällt, von dem Genuesen Francisco Imperial geführt (1405–50), sing hingegen an, sich an den Italienern zu bilden, liebt, in Nachahmung Dantes, Allegorien und Traumgebilde und prunkt mit Namen aus dem Altertum. Die Werke beider stehen in demselben Liederbuch, nach seinem Sammler »Cancionero de Baena« genannt (gedruckt Madr. 1851, Leipz. 1860), mit etwa 500 Gedichten von gegen 60 Verfassern aus der Zeit Heinrichs II. und Heinrichs III. sowie Johanns 1 und Johanns II. Um den kunstliebenden Alfons V. von Aragon und Neapel (1416–58) und schon um seinen Vater Ferdinand scharten sich andre Dichterkreise, auf deren freiere formvollendetere Weisen das volkstümliche Element Einfluß gewann (vgl. »Cancionero de Stúñiga«, Madr. 1872). Abseits von beiden Gruppen steht eine Anzahl gelehrter Dichter, die, durch tieferes Wissen, weitern Blick, höheres Streben ausgezeichnet, in größern selbständigen Werken nationale Stoffe verwerten, so daß sie zur Erklärung für die Zeitgenossen glossierender Prosakommentare bedurften. Die hervorragendsten unter diesen Poeten sind: der Marquis de Santillana (1398–1458), der Vater des spanischen Humanismus, der auf die romanischen Literaturen insgesamt einen vergleichenden Blick warf, die Alten verehrte, ihre Werke sammeln und übersetzen ließ, die Italiener bewunderte und die ersten Sonette schrieb; Juan de Mena (1411–56), Verfasser des »Labyrinto« in 300 spanischen Oktaven; ferner Fernan Perez de Guzman und die vielseitigen Lyriker Gomez Manrique und Alvares Gato (mit eignen Liederbüchern), die zur letzten Gruppe hinüberreichen. Diese gab unter den Nachfolgern Johanns II., am leichtlebigen Hofe Heinrichs IV. und in den glorreichen Tagen der katholischen Könige, der Kunst einen mächtigen Aufschwung. Obwohl von Italien und Frankreich beeinflußt, hat diese Poesie wie die Musik ein entschieden nationales Gepräge. Bestimmte Gedichtformen bildeten sich aus. Im Voltieren und Glossieren von Themen (Motes), welche die Damen vorschlugen und oft dem Volkslieder- und Sprichwörterschatz entnahmen, erreichte man eine erstaunliche Fertigkeit; die Romanzenform ward durch die Musik hoffähig; ebenso das Hirtenlied. Siebensilbner und Dreisilbner, getrennt oder gemischt, in Strophen von 4–12 Zeilen, wurden des höchsten lyrischen Ausdrucks fähig: Guevara, Cartagena, Tapia, Garci-Sanchez de Badajoz, Jorge Manrique sind wahre Künstler. Der letztgenannte bot in den elegischen Coplas auf den Tod seines Vaters (»Recuerde el alma dormida«) das Meisterwerk der damaligen Lyrik (Neuausg. von Foulché-Delbosc, Barcelona 1904). In den zahlreichen allgemeinen wie speziellen Cancioneros Generales u. a. jener Tage steckt manches Lied von dauerndem Werte (s. Cancionero).

Bemerkenswert ist die Ausbildung der spanischen Prosa in diesem Zeitraum. Lebendiger und kulturgeschichtlich interessanter als die Königschroniken Johanns II., Heinrichs IV. und der katholischen Könige, an denen verschiedene arbeiteten (Perez de Guzman,[676] Diego Enriquez del Castillo, Alfonso de Palencia, Fernando del Pulgar), sind die Chroniken bedeutender Privatpersonen: des Feldherrn Pedro Nino (1379–1452) von seinem Knappen Diez de Gámez, des Connétable Alvaro de Luna (gest. 1453), des Gran Capitan u. a. Beachtung verdienen auch historisch-biographische Werke, wie »Memorial de hazañas«, »Mar de historias« von Mossen Diego de Valera; »Generaciones y semblanzas« des Dichters und Chronisten Perez de Guzman, »Claros Varones de Castilla« von Fernando del Pulgar, in denen sich ein Fortschritt vom mittelalterlichen Stil zu pragmatischer Darstellung zeigt. Ein früher fast gar nicht gepflegtes Genre ist der Reisebericht, z. B. der von Ruy Gonzalez de Clavijo über seine Fahrt nach Timur (1403), »Historia del gran Tamorlan«. Vom Briefstil geben die Episteln des Pulgar einen vorteilhaften Eindruck. Der Briefwechsel des Leibarztes Johanns II., F. Gomez de Cibda-real, »Centon Epistolario«, ist wahrscheinlich apokryph (vgl. Cotarelo, El Centon Epistolario, 1901). Ein Bild vom Ritterwesen (Turnieren, Devisen, Orden) entwirft der »Paso Honroso« des quixotesken Suero de Quiñones (1434). Beiträge zur Sittengeschichte bietet ein beißendes Werk des Erzpriesters von Talavera über sittenlose Weiber: »Corbacho« (1438; hrsg. 1901 von Pérez Pastor als Bd. 35 der »Bibliófilos Españoles«). Wie dieses, so lehnen auch die Liebesnovellen sich an Boccaccio an. Der als leidenschaftlich verliebter Lyriker zwischen Macias und Badajoz stehende Juan Rodriguez del Padron schrieb im latinisierenden Stile Menas seinen Roman »Siervo libre de amor« (oder »Ardandesir e Liessa«); Diego de San Pedro die sentimentale, mit Briefen durchsetzte Ritternovelle »Carcel de amor« (Neuausg., Barcelona 1904) und als Nachahmung von Papst Piccolominis »Eurialo y Lucrecia« (1434) die Erzählung »Arnalte y Lucenda«, der bald »Grisel y Mirabella«, die historische Novelle »Cuestion de amor« und ähnliche folgten. Vgl. Menéndez y Pelayo, Orígenes de la Novela (Madr. 1905). Um 1490 erhielt durch Montalvo der »Amadis« endgültige Gestalt.

Endlich fallen in diese fruchtbare Epoche die ersten Triebe des spanischen Dramas, das sich aus Weihnachtsspielen und Hirtengesprächen entwickelte, bald nachdem Rodrigo Cota in einem lebensvollen Dialog zwischen Amor und einem Greise (im »Cancionero general«) eine Art Vorspiel gegeben hat. An der Spitze stehen die geistlichen und weltlichen Schäferspiele (Eglogas) des Juan del Encina (1469–1534), mehrere autos, farças, comedias, tragicomedias des genialen Portugiesen Gil Vicente (gest. um 1540); die »Farsas y Eglogas« des Lucas Fernandez (1514). Ganz für sich steht der weltberühmte dramatische Roman in 21 Akten: »Comedia de Calisto y Melibea« (später »Celestina« [s. d.] benannt) von Fernando de Rojas (vor 1500 geschaffen), ein Meisterwerk durch die realistische Zeichnung der Hauptfigur, der Kupplerin Celestina, sowie durch die natürliche, den Charakteren angepaßte Sprache (Neuausg., Barcelona 1900 u. 1902, sowie Vigo 1900).

Dritte Periode (1516–1701)

Die dritte Periode, von der Begründung der span. Universalmonarchie durch Karl V., durch das Zeitalter der Philippe bis aus Ende des 17. Jahrh. begreift in sich die allseitige Entwickelung und höchste Blüte der Literatur (bis 1650), sieht aber noch den Anfang des Verfalls, ungefähr gleichen Schritt haltend mit der Entwickelung der politischen und sozialen Zustände des Reiches. Die Vereinigung mit Aragon führte Kunst und Wissenschaft Talente aus dem Nordosten zu, die früher ihre eignen Wege gegangen waren, desgleichen die lange vorausgesehene, 1580 verwirklichte, 60 Jahre dauernde, mit dem Westen. Infolge der politischen Verbindung mit Italien seit der Eroberung Neapels durch Gonzalo Fernandez de Córdoba waren von dorther mächtige Anregungen gekommen. Alles, was sich bis 1500 vorbereitet hatte, kam zur Entfaltung zuerst in der Lyrik, dann in Novelle und Roman, zuletzt im Drama. Altklassische und italienische Muster, die italienischen Versmaße (Hendekasyllabus und Septasyllabus), die Formen des Sonetts, der Stanze, Terzine, Kanzone fanden Nachahmung. Dazu gab das Hochgefühl politischer Machtfülle gerade jetzt den literarischen Äußerungen ein originelles Gepräge. Überdies stand der italienischen Schule eine an den Nationalformen haltende Partei gegenüber. Die schroffen Einseitigkeiten beider schlissen sich schnell ab. Die meisten Dichter verwendeten abwechselnd die fremden und heimischen Dichtformen, je nach Gehalt und Affekt ihrer Schöpfungen: ein Kompromiß, aus dem in ihrer Art vollendete Kunstwerke hervorgingen.

Der erste Dichter, der die Lyrik bewußt nach italienischen und antiken Mustern pflegte, war Juan Boscan Almogaver aus Barcelona (1493–1543); ihm ebenbürtig zur Seite standen sein Freund Garcilaso de la Vega aus Toledo (1503–36), der Petrarca der kastilischen Poesie, und Diego de Mendoza (1503–75); zwei Portugiesen: Sá de Miranda (um 1490–1558) und Jorge de Montemayor (gest. 1561) sowie Pedro de Padilla, der mit beiden in der pastoralen Poesie wetteiferte. Als Dichter schwungvoller, rhythmisch vollendeter Oden glänzten H. de Herrera (gest. 1597) und Fray Luis Ponce de Leon (1528–91), der mit klassischer Korrektheit ein tief religiöses Gefühl verband; als gewandter Madrigaldichter Gutierre de Cetina (gest. 1560). An der Spitze der Verteidiger der altspanischen Poesie stand Christóval de Castillejo (gest. 1556), dessen Lieder und Redondillas echte Heimatlichkeit atmen, während seine gewandten Satiren oft zu weit gehen. Unter seinen Parteigängern sind ausgezeichnet durch edle Einfachheit und zierlichen Versbau A. de Villegas, der Portugiese Gregorio Silvestre und sein Freund Barahona da Soto (vgl. F. Rodríguez Marin, Luis B. de Soto, Madr. 1903). Nicht gleichen Schritt mit den lyrischen Produktionen hielt die epische Poesie, die in der zweiten Periode ganz brach gelegen hatte. Zwar begeisterte der Kriegsruhm Karls V. und die Entdeckung Amerikas zu vielen Versuchen, doch kommt kaum einer über die Reimchronik und Nachahmungen von Tassos »Befreitem Jerusalem« hinaus. Nur die »Araucana« des A. de Ercilla (gest. 1595), in die der Verfasser Selbsterlebtes verflochten hat, ragt durch epischen Geist und epische Unmittelbarkeit hervor. Daneben ist die »Austríada« des Gutiérrez Rufo und das religiöse Gedicht »Monserrate« von Virues einzelner Schönheiten wegen der Beachtung wert. Daß in der Folgezeit die eifrig gepflegten komischen Heldengedichte (wie die »Gatomaquia« von Lope de Vega und die »Mosquea« von Villaviciosa) besser gelangen, sei gleich hier erwähnt. Hingegen hatte das Nationalbewußtsein bei den Kunstdichtern das historische und ästhetische Interesse an den alten Romanzen neu angefacht. Sie wurden gesammelt, überarbeitet, fortgesetzt, nachgeahmt, so daß von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrh. in den Romanceros (vgl. den »Romancero [677] General« von 1600) neben echten alten Volksromanzen, eine Unzahl neuer von bekannten Kunstdichtern erschienen, von denen viele ganz vorzüglich den schlichten Ton der Originale treffen, während andre trocken chronikartig, sehr zahlreiche rein lyrisch, nicht wenige gekünstelt und allzu farbenreich sind.

Befruchtend wirkte die Beschäftigung mit dem Romanzenschatz sowie die kunstgemäße Ausgestaltung der Lyrik auf die Entwickelung des nationalen Dramas, das von 1600 an der wahre Ausdruck des poetischen Lebens der Nation ward. Gleich anfangs hatte es in Torres Naharro einen Repräsentanten der Hauptrichtungen gefunden, die später eingeschlagen wurden. Durch seine »Himenea«, »Calamita« u. a. regte er zu den phantasiereichen Schöpfungen der heroischen Verwickelungs- und Intrigenstücke (comedias de ruido und comedias de capa y espada, nach der Tracht der caballeros) an, während er durch die realistischen Genrebilder seiner Tinelaria und Soldadesca der Vorläufer solcher Dramatiker wurde, die in der treuen Darstellung der nationalen Wirklichkeit ihre Aufgabe suchten, es sei in Vor- und Zwischenspielen oder in komischen Szenen und karikierenden Farcen (loas, pasos, entremeses, farsas, sainetes, comedias de figuron). An ihn und Gil Vicente schloß sich zunächst Lope de Rueda an, dem das italienische Schauspiel manche Anregung gab, sowie Juan de Timoneda (gest. nach 1597), Juan dela Cueva, der bereits die spanische Geschichte und zeitgenössische Ereignisse auf die Bühne brachte (»Sitio de Zamora«, »Infantes de Lara«, »Bernardo del Carpio«, »Saque de Roma«), und Rey de Artieda, dessen »Amantes de Teruel« durch volkstümliche Schönheit glänzen. Unter den Klassizisten, die durch Übersetzung und Nachbildung antiker Stücke das Drama nach griechisch-römischen Mustern umzugestalten versuchten, ragen hervor Geronimo Bermudez, der mit seiner »Nise lastimosa« und »Nise laureada« die Reihe der spanischen Ines de Castro-Dramen eröffnete; Cristóval de Virues (gest. 1610), dessen mit Chören versehene, »Elisa Dido« nicht ohne tragisches Pathos ist; L. L. Argensola mit »Alexandra« und »Isabela« und Cervantes, dessen »Numancia« das Beste ist, was diese Schule gezeitigt hat. In seinen »Tratos de Argel« (1585) und muntern Zwischenspielen ist er hingegen ganz national. Neben diesen Gattungen bestanden auch die geistlichen Schauspiele fort. Nachdem die Weihnachtsautos erschöpft waren, erblühten (im 17. Jahrh.) die meist symbolischen Fronleichnamsspiele (Autos sacramentales; s. Auto und Calderon 1).

Die Entwickelung der Prosa blieb im 16. Jahrh. hinter den poetischen Fortschritten nicht zurück. Durch das immer allgemeiner werdende Studium des Altertums gewann sie an Klarheit, Kraft, Eleganz; durch Erforschung der eignen Geschichte an Reichtum und Schlagfertigkeit. Der erste, der sie auch zur Darstellung philosophischer Betrachtungen mit Erfolg anwandte, war F. Pérez de Oliva in dem gediegenen »Dialogo de la dignidad del hombre«, fortgesetzt von F. Cervantes de Salazar. Antonio de Guevaras »Relox de Principes« ist ein gedankenreicher didaktischer Roman, den stilistisch die zum Teil erdichteten »Epistolas familiares« noch übertreffen. Valdes behandelt in seinem »Dialogo de Mercurio y Caron« alle zeitbewegenden Fragen, während er im »Dialogo de las lenguas« Sprache und Literatur erörtert. Auf dem Gebiete der Geschichtschreibung lernte man die Kunst pragmatischer und doch schöner Darstellung den Griechen und Römern ab. Schon bei den Historiographen Karls V., Pero Mexia und Juan Gines de Sepulveda (gest. 1574), ist dies Streben merklich, entschiedener jedoch bei den eigentlichen Vätern spanischer Geschichtschreibung: Geronimo Zurita, dem zuverlässigen, doch schwerfälligen Verfasser der »Anales de la corona de Aragon« (fortgesetzt von B. L. Argensola) und Ambrosio de Morales (gest. 1591), der eine von Ocampo begonnene Geschichte Kastiliens mit Umsicht und Kritik weiterführte. Das erste wirklich klassische, historische Werk ist jedoch die »Historia de la guerra de Granada« des gelehrten Staatsmanns und Dichters Diego de Mendoza. Unter den Berichterstattern über die Neue Welt ist neben Fernandez de Oviedo mit seiner »Historia general y natural de las Indias« (1535) der tapfere Krieger Diaz del Castillo (gest. 1560) zu nennen, der in der »Conquista de la Nueva España« Selbsterlebtes berichtet, und der edle Las Casas (gest. 1566), dessen »Historia de las Indias« erst 1876 gedruckt ward. Von größter Bedeutung ist die lateinisch und spanisch abgefaßte »Historia de España« (bis zur Thronbesteigung Karls V.) des Jesuiten Juan de Mariana (1536 bis 1623), der rhetorische Kraft und Anschaulichkeit mit freimütiger Gesinnung verbindet. In klassischer Sprache sind auch die nach seiner Flucht aus Spanien geschriebenen Briefe des Geheimschreibers Philipps II., Antonio Perez (gest. 1611), abgefaßt. Ganz verschieden, doch ebenso bemerkenswert, sind die der heil. Teresa de Jesus (1515–82). Neben den tiefempfundenen Erbauungsbüchern dieser glänzend begabten Frau (wie »Castillo interior« und »Camino de Perfeccion«) verdient die »Perfecta Casada« des Dichters Fray Luis de Leon Beachtung sowie der »Guia de Pecadores« des großen Kanzelredners Fray Luis de Granada (gest. 1588).

Der Roman entwickelte sich rasch. Im Schäferroman, zu dem Sannazaro und die nationale Hirtendichtung selbst angeregt hatte, eröffnete der Portugiese Montemayor den Reigen mit seiner »Diana« (fortgesetzt von Gil Polo, Alonso Perez u. a.). Wie sehr das Genre gefiel, bewies noch die »Galatea« des Cervantes und die »Arcadia« von Lope de Vega Carpio. Vorzüglich gelang die reizende maurische Novelle des A. de Villegas, »Historia del Abencerrage y de la hermosa Jarifa« (1566), sowie der historische Roman des G. Perez de Hita (1595), »Historia de las guerras civiles de Granada«. Der Ritterroman ward das ganze Jahrhundert hindurch mit Fanatismus gepflegt. An den erotisch-phantastischen »Amadis de Gaula« schlossen sich 24 Bücher, über die immer ungeheuerlichern Abenteuer seiner Kinder und Kindeskinder sowie zahlreiche »Palmerines« und »Primaleones«. Den Schelmenroman schuf Mendoza mit seinem »Lazarillo de Tormes« (1554; Neuausg. von Foulché Delbosc, Barcelona 1900), dem in diesem Jahrhundert noch Vicente de Espinels »Vida y hechos del picaro Guzman de Alfarache« (1599) folgte. Seine Blüte erreichte er erst, nachdem der Ritterroman sich überlebt hatte, d. h. nachdem (1605) der größte und tiefsinnigste Schriftsteller Spaniens, Miguel de Cervantes (1547–1616), der alle Richtungen seiner Zeit in sich vereinigte, in seinem unsterblichen Meisterwerke, dem satirisch-komischen Roman »Don Quixote«, dem herrschenden Unwesen den Garaus machte. Mit dem 17. Jahrh. tritt das Drama in die Periode höchster Entfaltung, die fast bis zum Ausgang desselben dauert. Stofflich umfaßt es so ziemlich alles, was die Weltgeschichte Bedeutsames enthält, und besonders, was das spanische Leben Eigenartiges[678] aufzuweisen hat. Die übergroße Zahl von Bühnendichtern jener goldenen Ära teilt sich in zwei Gruppen, als deren Mittelpunkte die beiden fruchtbarsten Genien aller Zeilen Lope de Vega Carpio (1562–1635) und Calderon de la Barca (1600–81) glänzen. Gleich ausgezeichnet durch Erfindungsgabe und geniale Ausführung, sind sie die eigentlichen Schöpfer der Comedia, die sie aus rein nationalen Elementen gestalteten. Von den 200 Bühnenstücken Calderons sind die berühmtesten die Wunderkomödien »La devocion de la cruz« und »El mágico prodigioso« (Der spanische Faust); die tragischen Schauspiele »El príncipe constante« und »El Alcalde de Zalamea«, das romantische Schauspiel »La vida es Sueño«, das Ehrendrama »El médico de su honra« und das geistliche Auto »La cena de Baltasar«. Unter den 1500 Stücken Lopes, von denen sich etwa 500 erhalten haben, sind die bekanntesten (durch Übersetzungen und Nachdichtungen) »El mejor alcalde el rey«, »La Judia de Toledo« (Quelle von Grillparzers »Jüdin von Toledo«), »La Estrella de Sevilla«, »La fuerza lastimosa«, »El villanoen su rincon«, »El mayor imposible«, »Amar sin saber á quien«. Doch sind die beiden Koryphäen nicht ohne Vorgänger. Als solche sind einige ältere Zeitgenossen Lopes aus der bis vor kurzem wenig beachteten Valencianer Schule zu betrachten, wie Gaspar de Aguilar, Miguel Sanchez, Guillen de Castro (gest. 1638), dessen Hauptwerk »Las mocedades del Cid« das Vorbild zu Corneilles »Cid« ward. Als Schüler des »Wunders der Natur« hingegen sind anzusehen: Perez de Montalvan (gest. 1638), Verfasser der beliebten »A mantes de Teruel«, die, wie erwähnt, schon früher behandelt worden waren; Gabriel Tellez, der sich als Dichter Tirso de Molina nannte (1570–1648), ein fruchtbarer und geistvoller Kopf, der für den Verfasser der ersten Don Juan-Dichtung galt (»El burlador de Sevilla«); Juan Ruiz de Alarcon (gest. 1639), ein origineller Denker voll glühender Phantasie und plastischer Kraft, dessen »Tejedor de Sevilla« unter die Meisterwerke der heroisch-romantischen Gattung gehört, während aus »La verdad sospechosa« Corneilles »Menteur« erwuchs; Luis Velez de Guevara (gest. 1646), der die Wirklichkeit kraftvoll darzustellen weiß und berühmt ist durch das Drama »Mas pesa el rey que la sangre«, eine Verherrlichung der Lehnstreue, sowie durch eine Bearbeitung der Ines de Castro »Reinar despues de morir«. Unter den vielen Stücken aus Lopes Zeit von unbekanntem Verfasser, die gewöhnlich als »Comedia famosa por un ingenio de esta corte« erschienen, erregte »El diablo predicador« am meisten Aufsehen. Wie bei Calderon zu Lopes sprudelnder Fülle und Originalität noch künstlerische Reflexion und sorgsamere Ausführung hinzukam, so auch bei einigen Nachfolgern. Die namhaftesten sind Agustin Moreto (1618–68), der seine Entwürfe sehr sein ausarbeitete, wie in »El valiente justiciero« und »El desden con el desden« (»Donna Diana«); Francisco de Rojas (um 1650), Verfasser von »Del rey abajo ninguno«; Mattos Fragoso, den liebenswürdige Wärme und Eleganz des Stils auszeichnen; B. Diamante, Juan dela Hoz Mota, Antonio de Solis, A. Enriquez Gomezu. v. a.; denn der Reichtum der damaligen Bühne ist unübersehbar. Und selbst die der Verfallzeit angehörenden karikierenden »Comedias de figuron«, z. B. von Cañizares (gest. 1750), atmen noch echt nationalen Geist.

Mit dem durchaus volkstümlichen Drama konnte sich die lyrische Poesie im 17. Jahrh. weder an vielseitiger Ausbildung noch an Beliebtheit messen. Die phantasievolle Weise Lopes fand auch hier Eingang, wurde jedoch bald von einzelnen Dichtern durch gezierte und schwülstige Wendungen ins Barocke verzerrt. An Stelle wahrer Gedanken und Empfindungen traten hochtönende Worte, gesuchte, abenteuerliche Bilder, geschraubte, absichtlich dunkle Phrasen. Der Hauptträger dieser geschmacklosen Moderichtung ward in Spanien der hochbegabte Luis de Gongora (1561 bis 1627), Verfasser der »Soledades« und Erfinder des »estilo culto« oder Gongorismus. Unter seinen Anhängern übten durch Bedeutung und hohen Rang den verderblichsten Einfluß der durch sein tragisches Geschick bekannte, 1621 ermordete Graf von Villamediana und der Hofprediger Felix Paravicino de Arteaga (gest. 1633). Doch wird letzterer, der das Hauptgewicht auf überraschende Gedanken legte, besser zu den sich von den Gongoristen oder Kultisten durch Hinneigung zum Mystischen und Metaphysischen unterscheidenden gedankenreichen Konzeptisten gerechnet. An ihrer Spitze stand nächst Quevedo der fromme A. de Ledesma (1552–1623), Verfasser der »Conceptos espirituales« (1600). Die wirklich bedeutenden Dichter gehörten jedoch zu den Gegnern Gongoras und Ledesmas, obschon auch sie den herrschenden Manieren Zugeständnisse machten. So die Brüder Lupercio Leonardo und Bartolomé de Argensola (gest. 1613 und 1631), echte Lyriker, die, Horaz und den Italienern nacheifernd, mit tiefem Gefühl und vornehmem Darstellungstalent echte Korrektheit des Ausdrucks verbinden; Estevan Manuel de Villegas (gest. 1669), der erste anakreontische Dichter Spaniens; Francisco de Rioja (gest. 1659), der Vortreffliches als Odendichter leistete; Juan de Arguijo (um 1620), ein zartsinniger Sonettensänger, gefeiert wegen einer »Silva« an seine Leier; der Maler Juan de Jauregui (gest. 1641), der Tassos »Aminta« übersetzte und einen »Orfeo« in fünf Gesängen schrieb; F. de Borja, Fürst von Esquilache (gest. 1658), dem Romanzen und kleinere Gedichte nach altspanischer Manier besser gelangen als das Poem »Napoles recuperada«; Vicente de Espinel (gest. 1634), bekannt wegen anmutiger Dichtungen in beiden Stilarten und als Erfinder einer neuen Decime (s. Espinel); Bernardo de Balbuena (gest. 1627), Verfasser des romantischen Heldengedichts »Bernardo« und des Schäferromans »Siglo de oro«. Nächst Gongora ist das selbständigste lyrische Genie des 17. Jahrh. der scharfsinnige, schon genannte F. Gomez de Quevedo (gest. 1645), der auch auf andern Gebieten in erster Reihe steht, groß und eigenartig besonders in Satiren und Epigrammen, burlesken Liedern und Schelmenromanzen (xácaras). Auch der humoristische Baltasar de Alcazar (gest. 1606), der »göttliche« Figueroa, den man gern als den spanischen Pindar bezeichnet, der schon genannte L. Barahona de Soto, dessen elegante, doch ermüdende Fortsetzung des »Rasenden Roland« (»Lágrimas de Angelica«) ungewöhnlichen Beifall fand. Auch die Nonne Ines de la Cruz aus Mexiko ist nennenswert wegen der metrischen Vorzüge ihrer Dichtungen und sein zugespitzter Gedanken. Auf dem Gebiete der Prosa war der Höhepunkt mit Cervantes' Meisterwerk erreicht. Immerhin folgten noch belangreiche Leistungen. Der Ritterroman war tot, und auch der Schäferroman verlor mehr und mehr die Gunst des Publikums. Hingegen fanden Schilderungen der zeitgenössischen Sitten großen Beifall, teils in Form kleiner Novellen, in deren Gattung Cervantes[679] mit seinen romantischen und doch realistischen »Novelas exemplares« (1613) den Ton angab, gefolgt von G. Salas Barbadillo (gest. 1630), dem Dramatiker Tirso de Molina mit den anmutigen »Cigarrales de Toledo« (1624), Perez de Montalvan (»Para todos«, 1630) und Maria de Zayas (1637); teils in zahlreichen Schelmenromanen nach dem Muster des »Lazarillo de Tórmes« von Mendoza. Die nennenswertesten sind: die wortreiche und oft dunkle »Pícara Justina« (1605) von F. Lopez de Ubeda (Pseudonym für Andres Perez); der zweite Teil des »Guzman de Alfarache« von Mateo Aleman (1615); der »Lazarillo de Manzanares« von J. Cortes de Tortosa (1620 u. 1901); der kühn gedachte und mit sicherer Hand gezeichnete »Gran Tacaño« von Quevedo (1626); die etwas rohe Lebensgeschichte des »Gregorio Guadaña« von A. Enriquez Gómez (1644); die lustige und drastische Selbstbiographie des »Estevanillo Gonzalez« (1646); der geistvolle »Marcos de Obregon« von Vicente de Espinel (1618), der den Schelmenroman und den italianisierenden Abenteuer- und Intrigenroman zu einem Ganzen verschmolz. – Eine dritte Reihe von Darstellungen spanischen Lebens bilden Erzählungen in jenem burlesk-phantastischen Stil, der zuerst von Quevedo, bald nach 1600, in sein, aber bitter satirischen »Sueños« und in den witzigen »Cartas del Caballero de la Tenaza« aufgebracht, dann von Velez de Guevara im »Diablo cojuelo« (1641; Neuausgabe von Bonilla y San Martin, Vigo 1902) weiter ausgebildet wurde, dem Vorbild zu Lesages »Diable boiteux«. – Mit der Zeit litt indessen auch die Prosa durch den Einfluß der Konzeptisten und Gongoristen. Der geistvolle, doch oft bizarre Jesuit Baltasar Gracian (1601–58) behandelte die Kunst, nach dem Geiste der Zeit zu reden und zu dichten, in seiner »Agudeza y arte de ingenio«; gab in dem vielbewunderten »Oraculo manual« Regeln der Weltklugheit und in dem moralphilosophischen »Criticon« in Novellenform eine Allegorie auf das menschliche Leben, wie es sich im Kopfe eines Spaniers malt. Das Bild vervollständigt der »Fürstenspiegel« des Diego de Saavedra Faxardo: »Idea de un Principe cristiano« (1640), sowie Quevedos »Politica de Dios y Gobierno de Cristo«. – Die Geschichtschreibung, deren Ausbildung durch religiösen und politischen Druck in jeder Weise behindert ward, hat nach Mariana noch zwei Vertreter von Wert aufzuweisen: den Portugiesen Francisco Manoel de Mello (gest. 1665), der die »Katalanischen Kriege« schrieb, und A. de Solis, dessen »Geschichte der Eroberung Mexikos« wie ein Heldengedicht in Prosa gemahnt, aber an Befangenheit des Urteils und Mangel an Objektivität leidet.

Vierte Periode (1701–1820)

Die vierte Periode, die von der Thronbesteigung der Bourbonen (1701) bis zum Ende der Unabhängigkeitskriege gegen Napoleon reicht, ist charakterisiert durch die Herrschaft des französischen Kunstgeschmacks. Erst am Ende vollzog sich eine Wiedergeburt der spanischen Literatur durch Verschmelzung der nationalen Elemente mit der modern-europäischen Bildung. Nachdem die Literatur lange Zeit in demselben Marasmus gelegen, in den die Nation seit dem Tode des letzten, unfähigsten Habsburgers, Karls II., versunken war, kam gegen die Mitte des 18. Jahrh. ein neuer Geist über die Pyrenäen. Eingang verschaffte ihm Ignacio de Luzan (gest. 1754). Die in seiner Schrift »La Poetica« (1737) erörterte französischklassische Kunstlehre fand sofort begeisterte Anhänger. Die Gelehrten L. J. Velazquez (gest. 1772) in »Origenes de la poesia castellana« (1754) und Gregorio de Mayans (gest. 1782) in »Retorica« (1757) haben die Theorie Luzans weiter entwickelt. Gleichzeitig wirkte der Benediktinermönch Benito Geronimo Feyjoo (gest. 1764) durch »Cartas eruditas y curiosas« für Bildung des verdummten Volkes und Reform der Wissenschaften, während unter der aufgeklärten Regierung Karls III. José Franc. de Isla (gest. 1781) in dem satirischen Roman »Fray Gerundio de Campazas« sogar gegen die Mißbräuche der Kirche zu Felde zog. Inzwischen hatte schon die Reaktion des alten Nationalgeistes gegen die Bestrebungen der Gallizisten begonnen. Als Hauptverfechter desselben trat, mehr theoretisch als durch eigne Schöpfungen, der blind eifernde Patriot Garcia de la Huerta (gest. 1787) auf. Gleichzeitig wußte Lopez de Sedano durch den »Parnaso español«, eine Sammlung der bemerkenswertesten Dichtungen des 16. und 17. Jahrh., Tomas Antonio Sanchez durch eine Auswahl der ältesten spanischen Dichtungen, sowie Sarmiento durch seine »Historia de la poesia española« das Interesse für heimische Poesie wieder anzuregen. – Der erste bedeutendere Schriftsteller der französischen Richtung ist Nicolas Fernando Moratin (gest. 1780), besonders als dramatischer Dichter. Neben ihm ragt nur der fruchtbare Ramon dela Cruz (gest. 1795) durch seine von genialem Humor erfüllten Sainetes hervor. Eine Dichterschule, nach ihrem Hauptsitz »Schule von Salamanca« genannt, nahm eine vermittelnde Stellung ein, insofern ihre Mitglieder, gegen die Anforderungen des Zeitgeistes nicht blind, doch patriotisch genug waren, um neben den fremden auch einheimische Muster der guten Zeit zu berücksichtigen. Das eigentliche Haupt dieser Schule war Juan Meléndez Valdéz (gest. 1817), der die Nation zu begeistern verstand und philosophische Elemente in die spanische Dichtung aufnahm. Zu seinen Anhängern gehörten: Nicasio Alvarez Cienfuegos (gest. 1809), ein Dichter zarter und anmutiger Liebeslieder; José Iglesias dela Casa (gest. 1791), besonders im Epigramm und in kleinen satirischen Gedichten ausgezeichnet; Tomas de Iriarte (gest. 1791), der die Fabel in die spanische Dichtkunst einführte und darin in F. M. de Samaniego (gest. 1801) einen glücklichen Nachfolger fand; ferner der ältere José de Cadalso (gest. 1782) und der Staatsmann und Patriot Gaspar Melchior de Jovellanos (gest. 1811), ein hochbegabter Schriftsteller und reiner Charakter, der auf die Wiedergeburt der spanischen Literatur von großem Einfluß war. Strenger am französischen System hielt der talentvolle Leandro Fernandez de Moratin (der Jüngere, 1760–1828), besonders in seinen Lustspielen (»El sí de las niñas«), die sich, wie seine übrigen Werke (Oden, Sonette, Epigramme, das Idyll »La ausencia« etc.) durch Anmut der Schreibart und Feinheit des Geschmacks auszeichnen und mit verdientem Beifall aufgenommen wurden.

Fünfte Periode (von 1820 bis zur Gegenwart)

Die Ereignisse des 19. Jahrh., der Unabhängigkeitskrieg gegen die Besitzergreifung Spaniens durch Napoleon und die folgenden Aufstände, übten einerseits einen nachteiligen Einfluß auf die Literatur, da politische Kämpfe und Debatten einen großen Teil der vorhandenen Talente verzehrten; anderseits wirkte der durch den Unabhängigkeitskrieg errungene Sieg über die französische Usurpation wie in politischer, so auch in literarischer Hinsicht belebend. Auch der Anteil an der Regierung, den die Nation durch die[680] innern Umwälzungen errang, trug zu ihrer allseitigern Geistesentwickelung bei und gab der Literatur wieder eine patriotische und selbständige Haltung. Von den Schriftstellern und Gelehrten, die sich an den politischen Kämpfen beteiligten, sei an Antonio de Capmany (gest. 1813) erinnert, der staatsrechtliche Schriften sowie eine »Filosofia de elocuencia« und den »Tesoro de prosadores españoles« herausgab; ferner an den Nationalökonomen Florez Estrada und die Publizisten Donoso Cortes, Conde de Toreno. José de Larra (gest. 1837) war einer der vorzüglichsten Schriftsteller Spaniens, der seine Zeit mit all ihren Erscheinungen auf dem Gebiete des politischen wie des sozialen Lebens einer strengen Kritik im Gewand originellen Humors und treffender Satire unterzog, aber auch als Dichter sich auf dem Felde des Romans und des Dramas (»Macias«, »No mas mostrador«) berühmt machte. In der poetischen Literatur traten zwei Parteien einander gegenüber: die Klassiker, die sich der französisch-klassischen Regel unterwarfen, andernteils aber auch von dem Zurückgehen zur alten spanischen Nationalpoesie das Heil der Dichtkunst erwarteten, und die Romantiker, die fessellos den Antrieben ihres Genius folgten, oder sich der neufranzösischen Richtung anschlossen. Als Dichter der ersten Richtung sind zu nennen: Manuel José Quintana (gest. 1857), Verfasser des Trauerspiels »Pelayo« (1805) und trefflicher Oden (auch als Historiker geschätzt); die Lyriker Juan Bautista de Arriaza (gest. 1837); José Somoza; Juan Maria Maury, dem man anmutig-einfache Romanzen wie auch größere epische Gedichte verdankt; Felix José Reinoso (gest. 1842), der sich durch das Epos »La inocencia perdida« und kleinere Poesien einen Namen erwarb; José Joaquin Mora, durch satirische Fabeln und Romanzen ausgezeichnet; Serafin Estebanez Calderon (gest 1867), ein leidenschaftlicher Anhänger der alten Nationalpoesie und flotter Sittenschilderer. Viele Dichter schwankten zwischen der klassischen und romantischen Richtung; so: Alberto Lista (1775–1848), gleich ausgezeichnet als Dichter und Mathematiker (»Poesias sagradas«, »Poesias filosoficas«, Romanzen etc.); der gefeierte Staatsmann Angel de Saavedra, Herzog von Rivas (gest. 1865), der von der klassischen Schule zu den Romantikern überging; Francisco Martinez de la Rosa (gest. 1862), in der lyrischen und didaktischen Dichtung wie im beschreibenden Epos (»Zarogoza«) und gleich Saavedra auch im Drama hervorragend; Nicasio Gallego (gest. 1853), berühmt durch ergreifende Oden und Elegien; Manuel de Arjona, Verfasser trefflicher Fabeln, Epigramme und scherzhafter Erzählungen. An die Spitze der Romantiker trat José Zorrilla (1817–1890), vielleicht der populärste Dichter des 19. Jahrh., der sich von der Poesie der Zerrissenheit und des Schmerzes zu einer heitern Auffassung des Lebens durcharbeitete und auf fast allen Gebieten der Dichtkunst, besonders jedoch im Drama Vortreffliches leistete. Neben ihm glänzten: der exzentrische José de Espronceda (gest. 1842), ein Dichter der Verzweiflung; der schwermütige Nicomedes Pastor Diaz, dem die süßesten und erhabensten Töne zu Gebote stehen; José Bermudez de Castro, in dessen Dichtungen (»El dia de difuntos«) sich alle Schauer der Romantik finden; der Staatsmann Patricio dela Escosura (gest. 1878), ein schwungvoller Lyriker des Weltschmerzes, dessen Talent sich am glänzendsten in seinen historischen Romanen zeigt, u. a. Später errangen vor andern Ramon de Campoamor (gest. 1901), der Verfasser der tief poetischen Gedichtsammlung »Doloras«, »Humoradas« und »Pequeños Poemas« (Novellen in Versen), und der Volksbarde Antonio de Trueba (gest. 1889) mit seinem »Libro de los cantares« verdienten Beifall. Neben ihnen Ventura Ruiz Aguilera (gest. 1881), Dichter berühmter »Elegias« und der »Leyenda de Noche-Buena«, sowie Gaspar Nuñez de Arce (gest. 1903), Verfasser des Gedichts »El vertigo« und der »Vision de Fray Martin«. Dazu José Selgas, Manuel del Palacio, Gaspar Bueno Serrano, J. Arolas, Bello, Adolfo Becquer; unter den allerneuesten J. M. Gabriel y Galan »Castellanas«, »Campesinas« (1902). Auch ein moderner »Romancero español« von verschiedenen Verfassern fehlt nicht. Was das Drama betrifft, so war seit den 1830er Jahren die Herrschaft des klassischen Geschmacks im Sinken begriffen. Das spanische Theater trat in ein Stadium, das ein Gemisch extremster Gegensätze bot. Namentlich ließ man sich vom Taumel der sogen. romantischen Schule in Frankreich mit fortreißen, deren Mißgebilde man in Übersetzungen oder krassen Nachbildungen mit Vorliebe auf der heimischen Bühne sah. Erst allmählich klärte sich das Chaos. Die Besonnenern kehrten zu den altklassischen Formen zurück, die sie mit den Anforderungen der modernen Zeit zu vereinen suchten. Würdige, aus edlem Streben hervorgegangene Originalproduktionen gewannen immer mehr die Oberhand. Unter den Klassikern ragte Manuel Breton de los Herreros (1800–73) hervor, einer der fruchtbarsten Bühnendichter des modernen Spanien, unter dessen den verschiedensten dramatischen Gattungen angehörenden Arbeiten die Charakterkomödien, in denen er das Leben der Mittelklassen Spaniens schildert, den obersten Rang einnehmen. Zu derselben Schule gehörten die Lustspieldichter Manuel Eduardo Gorostiza (gest. 1851; »Contigo pan y cebolla«); Juan Eugenio Hartzenbusch (1806–80), Verfasser des Dramas »Los amantes de Teruel«. Von großer Bühnengewandtheit zeugten die Stücke von Antonio Garcia Gutierrez (gest. 1884), den die Tragödie »El Trovador« berühmt machte. Eine zwischen der klassischen und romantischen Richtung hin und her schwankende Stellung nahm der als Lyriker genannte Martinez dela Rosa ein (»La niñaen casa y la madreen la máscara«), dessen dramatische Begabung sich besonders vorteilhaft in historischen Tragödien wie »La conjuracion da Venecia« zeigte. Gil y Zarate (1793–1861), seinen Prinzipien nach Anhänger des Klassizismus, ging in der Praxis später zu den Romantikern über (»Carlos II el Hechizado«, »Rosmunda« und »Guzman el Bueno«). Entschieden romantische Richtung verfolgten in ihren dramatischen Arbeiten der schon genannte Herzog von Rivas, Verfasser des Lustspiels »Solaces de un prisionero« und des Dramas »Don Alvaio«; Zorrilla, der Liebling der Nation, von dem »El zapatero y el rey« und die Bearbeitung der Don Juan-Sage: »Don Juan Tenorio«, am meisten Anklang fanden. Adelardo Lopez de Ayala (gest. 1879) fand Anklang mit »El hombre de estado«, »El tanto por ciento«, »Consuelo«, Luis Martinez de Eguilaz (1833-Tl) mit »Verdades amargas« und »La cruz del matrimonio«. Nennenswert sind ferner Nuñez de Arce (»Déudas de honra«, »El haz de leña«), Francisco Camprodon (gest. 1870; »Flor de un dia«), Tamayoy Baus (gest. 1898; »Un drama nuevo«, »La rica hembra«, »Locura de amor«), vor allem jedoch Jose Echegaray (geb.[681] 1832; »La esposa del vengador«, »En el seno de la muerte«, »El gran galeoto«, »Locura ó Santidad«, »El hijo de Don Juan«, »Dos Fanatismos«) und Perez Galdós (geb. 1845; »Realidad«, »La loca de la casa«, »La de San Quintin«, »Electra«), Dichter, die das moderne Leben bald in realistischer, bald in idealistischer Auffassung, bald in Prosa, bald in Versen zur Darstellung bringen. Im Vergleich mit der dramatischen Literatur blieb das Gebiet des Romans lange Zeit vernachlässigt. Nur langsam begann man es eifriger anzubauen. Zunächst mit Übersetzungen und Nachahmungen französischer und englischer Werke; dann in Originalromanen und zwar in solcher Fülle, daß gegenwärtig auch bei den Spaniern der Roman, als das »Epos unsrer Zeit«, nebst der Novelle zum Lieblingsgebilde literarischer Produktion geworden und in verschiedenen Formen ausgebildet ist. Besondere Pflege erfuhr der historische und Sittenroman, deren Hauptrepräsentanten unter den bereits angeführten ältern Autoren Larra (»El doncel de Don Enrique el Doliente«), Escosura (»El conde de Candespina« und »Ni rey, ni roque«), José de Espronceda (»Don Sancho Saldaña«), Serafin Calderon (»Christianos y Moriscos«), Martinez dela Rosa (»Isabel de Solis«) und Gertrudis de Avellaneda (»Dos mugeres«) waren. Ungemeinen Erfolg hatte Fernan Caballero (Cäcilia de Arrom, gest. 1877) als Begründerin der Dorfgeschichte und des realistischen Romans in Spanien (»Clemencia«, »La Gaviota«, »Familia Alvareda«), und Antonio de Trueba (1821–89) mit seinen zahlreichen Erzählungen (»Cuentos campesinos«, »Cuentos populares« etc.). Die namhaftesten Novellisten der folgenden Generation waren: Pedro Antonio de Alarcon (gest. 1891; »Sombrero de tres picos«, »Capitan Veneno«, »El escandalo«), der gern philosophierende, hochgebildete Juan Valera (gest. 1906; »Pepita Jimenez«, » Doña Luz«, »Las ilusiones del Doctor Faustino«); J. M. Pereda (gest. 1905; »Sotileza«, »Escenas montañesas«, »La Montalvez«, »Peñas arriba«); Leopoldo Alas (gest. 1902; »La Regenta«, »Teresa«, »Zurita«, »Las dos cajas«). Unter den Schriftstellerinnen: Maria del Pilar, Sinués, Angela Grassi, Faustina Saez de Melgar (»Inés«). Unter den Lebenden überragen alle andern Emilia Pardo Bazan (geb. 1851; »Los pazos de Ulloa«, »Madre Naturaleza«); Perez Galdós (geb. 1845), der den historischen Roman (»Eoisodios nacionales«) und Madrider Sittenbilder, wie »Doña Perfecta«, »La familia de Leon Roch«, »Gloria«, »Angel Guerra«, kultiviert; Coloma (geb. 1851; »Pequeñeces«, »Retratos de antaño«, »Por un piojo«); Armando Palacio Valdes (geb. 1833) mit »El Maestrante«, »La Espuma«, »Tristan«; Vicente Blasco Ibáñez mit Sittenschilderungen aus Valencia (»Arroz y Tartana«, »Flor de Mayo«, »La Maja desnuda)«; López Allue mit solchen aus Aragon (»Capuletos y Montescos«. 1900; »Pedro y Juana«, 1902). Als interessanter Sittenschilderer bewährte sich Ramon de Mesonero (gest. 1882) in den Werken: »Manual de Madrid«, »Escenas matritenses«. Im übrigen wurde die spanische Prosa durch ausgezeichnete Historiker und berühmte Redner und Publizisten (wie Jovellanos, Agustin Arguelles, Alcalá-Galiano, Donoso Cortes, Martinez de la Rosa, Emilio Castelar, Cánovas del Castillo) wie durch die kritischen Arbeiten eines Gallardo, Salvá, Guerra y Orbe in ihrer Ausbildung wesentlich gefördert. Heute zählt sie zahlreiche und hervorragende Vertreter, von denen wenigstens M. Menéndez y Pelayo und R. Menéndez Pidal erwähnt werden müssen. Groß ist die Zahl der Zeitschriften und Revuen, die, teils politisch-belletristischen, teils wissenschaftlichen Inhalts, in den letzten Jahrzehnten in Spanien aufgetaucht sind. Die reichhaltigsten und gediegensten sind die »Revista de España«, »Revista Contemporanea«, »Revista Europea«. Augenblicklich behaupten die »España Moderna«, seit 1901 »La Lectura«, seit 1906 »La Cultura Española« den ersten Rang.

Wissenschaftliche Literatur.

Die wissenschaftlichen Leistungen vermochten sich in Spanien nicht so glänzend zu gestalten wie die Nationalliteratur. Insbesondere konnte sich in den philosophischen Wissenschaften ein freier, selbständiger Geist nicht entwickeln, weil geistiger und weltlicher Despotismus höchstens ein scholastisches Wissen im Dienste der positiven Theologie und Jurisprudenz duldete. Vgl. Picatoste, A puntes para una biblioteca cientifica española del siglo XVI (1891). Die Philosophie ist fast bis auf die neuesten Zeiten auf der niedrigsten Stufe, der scholastisch-empirischen, stehen geblieben. Nur Dialektik, Logik und mittelalterlicher Aristotelismus wurden kultiviert, da diese Disziplinen den Theologen als Waffe zur Verteidigung ihrer dogmatischen Subtilitäten dienen mußten. Erst im 19. Jahrh. hat auch Spanien einen wirklichen Philosophen hervorgebracht, Jayme Balmes (gest. 1848), der schöne Darstellungsgabe mit metaphysischem Tiefsinn verband, im wesentlichen aber ebenfalls noch in scholastischem Boden wurzelte (»Obras«, 4. Aufl. 1899). Eine rege Tätigkeit entfaltet Spanien jetzt in der Aneignung philosophischer Meisterwerke des Auslandes durch Übertragung und Bearbeitung; so übersetzte M. de la Revilla den Cartesius und Kant, Patricio de Azcarate den Leibniz, Sanz del Rio verpflanzte die Krausesche Philosophie nach Spanien, die daselbst zahlreiche Anhänger fand. Auch Hegel ist viel bearbeitet worden, seitdem Castelar für ihn in Spanien Boden geschaffen; desgleichen Schopenhauer, Hartmann, Nietzsche. Von philosophischen Schriftstellern der Neuzeit sind sonst zu nennen: Lopez Muñoz, der Lehrbücher über Psychologie, Moral und Logik schrieb, M. Perez Olmedo, Eduardo A. de Bessón (»La lógicaen cuadros sinopticos«), Giner de los Rios u. a. Vgl. Menéndez y Pelayo, La ciencia española (3. Aufl. 1887–89, 3 Bde.). – Die wissenschaftliche Theologie blieb starrer Dogmatismus im theoretischen, Kasuistik und Askese im praktischen Teil. Das ganze Mittelalter hindurch galt in der Theologie die scholastische Weisheit des Isidorus Hispalensis als erste einheimische Autorität. Im 15. und 16. Jahrh. machten zwar die Kardinäle Torquemada, der Großinquisitor, und Jimenez, der Regent, Miene, das Bibelstudium zu fördern, und sogar Philipp II. unterstützte die von einem Spanier, Arias Mantanus, in Angriff genommene Antwerpener Polyglotte. Aber im grellen Kontrast zu dieser vornehmlich des literarischen Ruhmes wegen entwickelten, doch immerhin verdienstlichen Tätigkeit steht es, wenn der Versuch, die Bibel dem Volke selbst zugänglich zu machen, sogar an einem Priester wie Luis de Leon durch die Inquisition mit Kerker bestraft ward. Nur in mystischer Askese und Homiletik hat die gläubige Begeisterung der Spanier Ausgezeichnetes geleistet. Hierher gehören unter andern die Schriften des Antonio Guevara (gest. 1545) und Luis de Granada (gest. 1588) sowie die mystisch-asketischen des Karmelitermönchs Juan[682] de la Cruz (gest. 1591) und der heil. Teresa de Jesus (gest. 1582). Erst in neuern Zeiten durften die trefflichen Bibelübersetzungen von Torres Amat, von Felipe de San Miguel und Gonzalez Carvajal an die Öffentlichkeit treten und in kirchen historischen und kirchenrechtlichen Abhandlungen tolerantere Ansichten verbreitet werden, wie in den Schriften von J. L. Villanueva, Blanco White (Leucado Doblado), J. Nomo u. a. Sogar eine »Historia de los protestantes etc.« (Cadiz 1851; deutsch von Hertz, Frankf. 1866), von Adolfo de Castro verfaßt, wagte sich aus Licht, der sich später eine treffliche, freilich ganz vom spanischen Standpunkt aus geschriebene »Historia de los heterodoxos españoles« von Menéndez y Pelayo (Madr. 1880, 2 Bde.) anschloß.

Auch im Fach der Rechts- und Staatswissenschaften fehlte es an einer philosophischen Grundlage und Freiheit der Diskussion. An Gesetzsammlungen und gesetzgeberischer Tätigkeit war in Spanien nie Mangel. Die ältesten Rechtsbücher (»Fuero Juzgo«, Madr. 1815) reichen bis in die Zeit der Gotenherrschaft zurück; die legislatorischen Arbeiten des Königs Alfons X., des Weisen (hrsg. von der Akademie der Geschichte, das. 1847; kommentiert von Jimenez Torres, das. 1877), wurden schon erwähnt. Eine Sammlung spanischer Gesetzbücher mit den Kommentaren der berühmtesten Rechtsgelehrten erschien als »Codigos españoles concordados y anotados« (Madr. 1847, 12 Bde.); die »Fueros« (Munizipalgesetze) begann Muñoz zu sammeln (das. 1847). Wertvolle Arbeiten über die spanische Rechtsgeschichte lieferten Montesa und Manrique, auch Benvenido Oliver, der speziell das katalonische Recht behandelte, während Soler und Rico y Amat ihre Aufmerksamkeit der Geschichte des öffentlichen Lebens zuwendeten. Die Rechtsphilosophie fand Bearbeiter in Donoso Cortes und Alcalá-Galiano sowie neuerdings in Elemente Fernandez Elias und F. Giner, die freiern Ansichten Bahn brachen. Eine Philosophie des Familienrechts und Geschichte der Familie schrieb Manuel Alonso Martinez. In ironischem Gegensatz zu dem in Spanien herrschenden schlechten Staatshaushalt steht die seit der Mitte des 18. Jahrh. mit Vorliebe betriebene theoretische Bearbeitung der Nationalökonomie; bereits zu Anfang des 19. Jahrh. konnte Semper die Herausgabe einer »Biblioteca española economico-politica« unternehmen. Außer den im 18. und zu Anfang des 19. Jahrh. berühmt gewordenen Schriftstellern Campomanes, Jovellanos, Cabarrus, wovon die beiden letztern klassisches Ansehen erhalten haben, zeichneten sich später auf diesem Gebiete besonders Canga-Arguelles (gest. 1843) und Florez Estrada (gest. 1853; »Curso de economia politica«) aus. Hervorragende Arbeiten über Fragen des öffentlichen Wohls sind die einer Frau, Concepcion Arenal (»Obras completas«. bis 1902: 20 Bde.). Vgl. Torres Campos, Bibliografia española contemporanea del derecho y de la politica 1851–1896 (Madr. 1899).

Besonders fleißig ist von den Spaniern das Gebiet der Geschichte bearbeitet worden. Von den Chroniken, zu denen man sich seit Alfons X. der Landessprache bediente, und den übrigen Geschichtswerken der frühern Zeit, in denen sich mit stilistischer Vervollkommnung allmählich auch der Sinn für pragmatische Auffassung entwickelte, wurden die wichtigsten schon bei der Nationalliteratur erwähnt. Im 18. Jahrh. zeichneten sich der Marques de San Felipe (gest. 1726), der eine Geschichte des Spanischen Erbfolgekriegs schrieb, Henrique Florez (gest. 1773; »España sagrada«, Neuausgabe im Erscheinen, bis 1906: 15 Bde.), Juan Bautista Muñoz (gest. 1799), durch seine Geschichte der Entdeckung und Eroberung Amerikas (»Historia del nuevo mundo«), und Juan Frane. Masdeu (gest. 1817; »Historia critica de España«) aus. Im 19. Jahrh. machte sich Juan Antonio Conde (gest. 1820) durch seine unkritische »Historia de la dominacion de los Arabesen España« berühmt; Manuel José Quintana (gest. 1857) durch seine »Vidas de Españoles celebres«, während der vielverfolgte Verfasser der Geschichte der spanischen Inquisition, Llorente (gest 1823), sein Werk im Ausland und in französischer Sprache schreiben mußte. Der Tätigkeit der königlichen Akademie der Geschichte verdankt man, außer ihren »Memorias« und dem »Boletin« (46 Bde.), zahlreiche Quellenschriften, an die sich weitere Urkundensammlungen reihten, namentlich die von Navarrete, Salvá und Barrantes begonnene, von Fuensanta del Valle, J. Sancho Rayon und Fr. de Zabalburu fortgeführte »Coleccion de documentos ineditos para la historia de España« (bis 1902: 112 Bde.) sowie das »Memorial historico español« (43 Bde.). Am eifrigsten wurde auch später die vaterländische Geschichte bearbeitet, namentlich von Modesto Lafuente (gest. 1866), dessen »Historia general de España« alle frühern derartigen Werke übertrifft; von Rico y A mat und Antonio Cavanilles (gest. 1864), dessen vortreffliche »Historia de España« leider unvollendet blieb, u. a. An diese Werke schließen sich Arbeiten über die spanische Kulturgeschichte von Tapia (»Historia de la civilizacion de España«), Ramon de Mesonero, Romanos, Ad. de Castro (über die Kultur Spaniens im 17. Jahrh.) u. a. sowie zahlreiche, zum Teil vorzügliche Provinzial- und Lokalgeschichten, z. B. die »Historia de Cataluña« von Balaguer, die »Historia de la villa de Madrid« von Sanguineti, »Valencia y su reino« von Roque Chabás etc. Auch die Geschichte der ehemaligen Kolonien hat neuerdings zahlreiche Bearbeiter gefunden, z. B. an Torrente (»La revolucion moderna hispano-americana«), Mora (»Mexico y sus revoluciones«), Pedro de Angelis u. a., wie auch Urkundensammlungen über die Entdeckung und Eroberung derselben veröffentlicht wurden (»Coleccion de libros que tratan de America« [zunächst 11 Bde.]; »Coleccion de documentos Ultramar« [13 Bde.]; »Coleccion de libros raros de America« [19 Bde.]; »Coleccion nueva de documentos ineditos para la historia de España y de sus Indias« [6 Bde.]; »Coleccion de documentos ineditos para la historia de Chile« [30 Bde.]; »Historiadores de Chile« [17 Bde.]; »Autores Mexicanos« [31 Bde.]). Desgleichen blühen die arabischen Studien unter Gayangos, de los Rios dem Jüngern, Simonet u. a. (in »Biblioteca arabo-hispana«, 10 Bde.), »Coleccion de estudios arabes« (6 Bde.). Von sonstigen Spezialwerken seien erwähnt: Maldonados klassische »Historia de la guerra de independencia de España« (1833), des Grafen von Toreno »Historia del levantamiento etc. de España« (1835), Carvajals »España de los Borbones« (1843), San Miguels »Historia de Felipe II« (1844), Gomez Arteches »Historia de la guerra civil« (1868 ff.), Barrantes' »Guerras piraticas de Filipinas«, Amador de los Rios' »Historia de los Judíos de España«, Castelars »Civilizacionen los cinco primeros siglos del cristianismo« und »Historia del movimiento republicanoen Europa«, Canovas del Castillos[683] »Ensayo sobre la Casa de Austriaen España« und »Estudio del reinado de Felipe II« u. a.

Auf dem Gebiete der Literaturgeschichte hat Amador de los Rios (gest. 1878) mit seiner unvollendeten »Historia critica de la literatura española« (1860 ff.) lange die erste Stelle behauptet, wenn sie auch den wissenschaftlichen Anforderungen der Neuzeit keineswegs gerecht wird. Andre Übersichtswerke sowie Einzelstudien, zum Teil sehr verdienstlicher Art, liegen vor von J. Moratin (»Origenes de teatro español«), Lista y Aragon (»Ensayos literarios criticos«), Gil y Zárate (»Manual de literatura«), Martinez de la Rosa (»La poesia didactica, la tragedia y la comedia española«), Fernandez Guerra y Orbe (»Juan Ruiz de Alarcon« und »Quevedo«), Abelino de Orihuela (»Poetas españoles y americanos del siglo XIX«), Canalejas, Revilla (»Principios de la literatura española«), Perojo Espino (»Ensayo critico-historico del teatro español«), Milá y Fontanals (»Obras Completas«, 8 Bde., darunter »De la poesia heroico-popular castellana«), Valera (»Historia de la literatura española«), Leopoldo Cueto (»Poetas liricos del siglo XVIII«, 1893, und »Estudios de historia y de critica literaria«, 1901), Menéndez Pelayo (»Historia de las ideas esteticasen España« und »De los Trovadoresen España«, 1886, und die vorzügliche, noch unvollständige »Antologia de poetas liricos Castellano s«, deren Einleitungen eine Geschichte der Lyrik ausmachen [Madr. 1890–1907, 12 Bde.] sowie »Antologia Americana«), Cotarelo (»Estudios de historia literaria de España«, 1901) u. a. In bezug auf Kunstgeschichte und Archäologie sind in erster Linie die Arbeiten von Cean-Bermudez (fortgesetzt von Viñaza) und die von P. Madrazo hervorzuheben; daneben verdienen Contreras, Manjarres, Villaamil, nicht minder die Veröffentlichungen der königlichen Akademie der schönen Künste, das von Rada y Delgado herausgegebene »Museo español de antiguedades«, das die interessantesten Kunst- und archäologischen Gegenstände der Halbinsel reproduziert, und die »Monumentos arquitectonicos de España« ehrende Erwähnung. – Neben der Geschichte fand auch die Geographie bei den Spaniern sorgfältige Pflege, wozu sie durch ihre Eroberungen in fremden Weltteilen und ihre Entdeckungsreisen veranlaßt wurden. Aus früherer Zeit ist vor allem die vortrefflich geschriebene »Historia de los descubrimientos y viajes de los Españoles« von Navarrete (1825–37, 5 Bde.) anzuführen; aus neuerer die Schriften von Miñano, Fuster, Carrasco und die unter »Spanien« angeführten lexikalischen Arbeiten von Madoz, Mariana y Sanz und del Castillo sowie die »Geografia de España« von Mingote y Tarazona. Das »Boletin« der Geographischen Gesellschaft umfaßt bereits 42 Bände. Anthropologische Schriften gab Tubino heraus.

Eine umfassende Sammlung spanischer Schriftsteller von den ältesten Zeiten bis auf unsre Tage ist die in Paris von Ochoa geleitete »Coleccion de los mejores autores españoles« (1837–60, 60 Bde.) sowie die von Rivadeneyra herausgegebene »Biblioteca de autores españoles« (Madr. 1846–80, 70 Bde.), jetzt fortgesetzt als »Nueva Biblioteca de autores españoles« (das. 1905 ff., bis jetzt 6 Bde.); »Biblioteca clasica« (das., 200 Bde.); eine Sammlung meist neuerer belletristischer Werke enthält die »Coleccion de escritores castellanos« (bis 1907: 129 Bde.) und die Brockhaussche »Coleccion de autores españoles« (Leipz. 1860–86, 48 Bde.). Für die Herausgabe alter und seltener Werke sorgen vorzugsweise die »Coleccion de bibliofilos españoles« (bis 1896: 25 Bde.), die »Coleccion de libros españoles raros y curiosos« (bis jetzt 24 Bde., Madr. 1871–96) und »Sociedad de bibliofilos Andaluces«. Ausgezeichnete Terte bietet die »Biblioteca Hispanica« (bis 1904: 17 Bde.). Auf dem Gebiete der Bibliographie sind, von ältern Werken abgesehen, unter denen Nicolas Antonios »Biblioteca hispana vetus« und »Biblioteca hispana nova« (Madr. 1783–88) und Rodríguez de Castros »Bibliotheca Española« (1781–86) immer noch höchst brauchbar sind, besonders Ferrer de Rios' »Galeria de la literatura española« (das. 1845), Salvás »Catálogo« (Valencia 1872, 2 Bde.), Barrera y Leirados »Catálogo del teatro antiguo español« (1860), Gallardos (von Zarco del Valle und Ray on vermehrter) »Ensayo de una biblioteca española de libros raros« (Madr. 1863–89, 4 Bde.), Arbolís »Catalogo razonado de la biblioteca Colombina« (1888–91, 2 Bde.) sowie das »Diccionario bibliografico historico« von Muñoz y Romero (1865), das »Diccionario general de bibliografia española« von D. Hidalgo (1864–81, 7 Bde.) und das »Boletin de la libreria« (seit 1874) namhaft zu machen. Hispanischen Studien gewidmet sind die »Revue Hispanique« (Barcelona, seit 1894); »Bulletin Hispanique« (seit 1899) und die »Revista critica de historia y literatura españolas, portuguesas é hispano-americanas« (1895–1900); »Revista Española de Literatura, Historia y Arte« (1901–03); »Revista de Archivos, Bibliotecas y Museos« (3. Serie, seit 1897), früher »Boletin de Archivos« (1871–78). Vgl. Bouterwek, Geschichte der spanischen Poesie und Beredsamkeit (Götting. 1804; span. Ausgabe, Madr. 1828, 3 Bde.), fortgesetzt von Brinckmeier: »Die Nationalliteratur der Spanier seit Anfang des 19. Jahrhunderts« (Götting. 1850); Brinckmeier, Abriß einer dokumentierten Geschichte der spanischen Nationalliteratur bis zu Anfang des 17. Jahrhunderts (Leipz. 1844); Clarus, Darstellung der spanischen Literatur im Mittelalter (Mainz 1846, 2 Bde.); Ticknor, Geschichte der schönen Literatur in Spanien (Hauptwerk, 4. Aufl., New York 1872, 3 Bde.; deutsch von Julius, Leipz. 1852, 2 Bde.; Supplementband von Wolf, das. 1867; span., mit Zusätzen von Gayangos und Vedia, 1851–56, 4 Bde.); Lemcke, Handbuch der spanischen Literatur (Frankf. 1855–56, 3 Bde.); Wolf, Studien zur Geschichte der spanischen und portugiesischen Nationalliteratur (Berl. 1859; span. von Unamuno, Madr. 1896); v. Schack, Geschichte der dramatischen Literatur und Kunst in Spanien (2. Ausg., Frankf. 1854, 3 Bde.); Nachträge, das. 1855; span. von E. de Mer (1885–1887); Klein, Geschichte des spanischen Dramas (Leipz. 1871–75, 4 Bde.); Schäffer, Geschichte des spanischen Nationaldramas (das. 1890, 2 Bde.) und besonders G. Baist, Spanische Literatur in Gröbers »Grundriß der romanischen Philologie« (Straßb. 1893); Kelly, History of Spanish Literature (Lond. 1898; span. von A. Bonilla y San Martin, 1901); Beer, Spanische Literaturgeschichte (Leipz. 1903, 2 Bde.; Sammlung Göschen); Ph. A. Becker, Geschichte der spanischen Literatur (Straßb. 1904) sowie die »Synchronistische Übersicht der Weltliteratur« (im 12. Band). Mit literarischen Wechselwirkungen Spaniens und fremder Länder beschäftigen sich in ersprießlicher Weise Arturo Farinelli und Benedetto Croce.[684]

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 674-685. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007497849


Pierer

[450] Spanische Literatur.

I. Das Mutterland Spanien.

A) Geschichtliche Übersicht. Die Grundlage der Spanischen Sprache bilde: die Lateinische Sprache, welche schon in ältester Zeit mit der römischen Herrschaft (s. Spanien S. 353) eingeführt ward u. die einheimische Celtische, von welcher die Baskische (s.d.) wahrscheinlich ein Überrest ist, verdrängte. Spuren ließen alle einwandernden u. hier herrschenden Völker in der Sprache zurück, z.B. die während der Völkerwanderung hier sich ansiedelnden Germanen, bes. die Westgothen, desgleichen die Araber od. Mauren, welche seit dem 8. Jahrh. in Spanien eindrangen Die Letztern übten nicht allein Einfluß auf die Sprache, sondern auch auf die Literatur, welche bisher nur in den Fächern der Geschichtsschreibung u. Theologie, u. zwar in Lateinischer Sprache, von Christen bearbeitet worden war. Die Araber hatten seit dem 12. Jahrb. öffentliche, durch berühmte Lehrer ausgezeichnete Schulen, u. die spanischen Dichter entlehnten von ihnen den glänzenden orientalischen Styl. Neben den Christen u. Arabern lagen auch die hierher gewanderten Juden den Wissenschaften ob, u. obgleich so die Bedingungen zur Bildung einer Literatur in Spanien vorhanden waren, so konnte dieselbe doch keine nationale sein. Erst im 13. Jahrh., als die Herrschaft der Mauren gebrochen wurde, bildete sich eine nationale Sprache aus, u. da die Besiegung der Mauren von Castilien ausging, so breitete die in Castilien zur Zeit der Könige Ferdinand III. u. Alfons X. sich bildende Sprache (Romance castellano) mit der Macht dieses Staates sich auch in Spanien immer mehr aus u. wurde die Schriftsprache. Jene beiden Könige ließen die Gesetze in der Landessprache niederschreiben u. Alfons dichtete selbst in dieser Sprache u. ließ mehre fremde Werke übersetzen. König Johann II., in der ersten Hälfte des 15. Jahrh., begünstigte Künste u. Wissenschaften u. an seinem Hofe waren Dichter gern gesehen. Damals wurde von Juan de Mena der klassische Geschmack in der[450] spanischen Poesie durch Versuche in castilianischen Gedichten nach lateinischen u. italienischen Mustern eingeführt; während der gleichzeitige Marquis von Santillana zur Umgestaltung der castilianischen Kunstpoesie außer der klassisch-gelehrten italienischen Poesie auch die Muster der später provenzalisch-catalonischen Hofpoesie gebrauchte u. durch seine Comedieta de Ponza einen Anfang im Drama machte. Die Sprache durch Wohlklang u. Umfang ausgezeichnet u. die Literatur nicht arm an guten Poesien trat in die für Spanien so glänzende Regierung Isabellas u. Ferdinands II. ein; glorreiche Thaten, errungen durch die Vernichtung der maurischen Herrschaft in Spanien u. durch die Entdeckung Amerikas, begeisterten das Volk u. gaben der Nachkommenschaft Stoff zu Liedern, welche die Väter verherrlichten. Damals fand auch das spanische Drama durch Lope de Rueda, welcher zugleich selbst Schauspieler war, seine erste Ausbildung, u. durch Franc. Cervantes de Salazar wurde die Spanische Sprache zu einer gebildeten Sprache erhoben. Die Periode der drei nach einander folgenden Philippe (1556–1665) sah große Männer, u. grade in dieser Zeit, in welche auch die Sammlungen der alten Romanzen fallen, entfaltete sich die spanische Poesie nach den Mustern des Alterthums u. aus nationalem Geist u. trug bes. Früchte in der alten volksthümlichen Romanze, im Drama u. in den Romanen im Estilo picaresco (den Schelmenromanen). Aber schon begannen auch geistreiche Männer von der dem Genie u. der Productivität abholden Clerisei angefeindet u. verfolgt zu werden u. viele mußten einen Zufluchtsort in fremden Ländern suchen; zu ihnen gehören Boscan, Ponce de Leon, Miguel Cervantes. Bei ihrer Rückkehr brachten sie fremden Geschmack mit, bes. Boscan aus Italien, welcher die Versarten u. Sylbenmaße der Italiener in die spanische Poesie verpflanzte u. die nationale Romanze in den Hintergrund drängte. Sein Nachahmer war Garcilaso de la Vega. Diese Neuerung, als eine antinationale, bekämpfte Cristoval de Castillejo, der letzte Repräsentant der altspanischen Hofpoesie, nicht blos durch sein festes Halten an den alten Formen, sondern auch mit den Waffen des Witzes u. Spottes, ohne daß er jedoch den erstrebten Erfolg erzielte. Lope de Vega, der eigentliche Gründer der spanischen Nationalbühne u. der Vollender der spanischen Volkspoesie, lebte in günstigerer Zeit, ihm wurde vom König Philipp IV. verdiente Aufmerksamkeit bewiesen. Aber während durch ihn die S. L. auf eine hohe Stufe des Geschmacks erhoben worden war, trat doch alsbald durch seinen Neider, den Dichter Luis de Gongora, ein Rückschlag durch die Einführung des Estilo culto (geschmückten Styls) ein. Eigentlich wollte Gongora durch diesen Styl höhere Bildung in die ernste Poesie einführen, aber derselbe artete in unnatürliche, dem Altklassischen nachgebildete Sprache, Dunkelheit, Schwulst u. übertriebene Eleganz aus u. verdrängte die ursprüngliche Reinheit der Sprache, wiewohl Dichter, wie G. de Castro, Quevedo, Solis, Calderon, Cervantes, eine ehrenvolle Ausnahme machten. Mit dem Anfang des 18. Jahrh. kam ein französischer König, Philipp von Anjou, auf Spaniens Thron, u. mit ihm zwar Beförderung der Wissenschaften u. Literatur, indem von ihm 1714 die Academia de la lengua u. die Academia de la historia in Madrid gegründet wurden, aber auch französischer Geschmack u. Einfluß in die Literatur in Spanien. Förderlich für die Literatur war damals auch die Academia del buen gusto, eine Gesellschaft von Männern, welche seit 1729 in dem Hause der Gräfin Lemos zusammenkamen u. sowohl durch ihre Schriften, als durch ihren Umgang entscheidenden Einfluß auf die höheren Stände übten; zu ihnen gehörten der Graf Torrepalma, A. Montiano, Ign. Luzan, Jose Porcel u. L. Velasquez. Jetzt begann der Kampf zwischen den Gallicisten, d.h. denen, welche der Französischen Schule anhingen u. sich durch Kälte u. Steifheit auszeichneten, u. den Gongoristen od. Culteronisten, d.h. denen, welche dem schwülstigen Geschmack Gongora's treu blieben. Die Galticisten, deren Grundsätze durch Luzans Poctica in die S. Leingeführt wurden, wurden vom Hofe begünstigt; sie ahmten nicht blos die französischen Klassiker nach, sondern copirten dieselben völlig; erst die folgende Generation bewies Geschick u. Geist in der Nachahmung. Während die Verehrung der Franzosen so im Schwunge war, kam nebenbei das Studium der älteren castilianischen Dichter wieder auf, u. die Meisterwerke des 16. u. 17. Jahrh. wurden von Neuem herausgegeben; die stumpfe Bewunderung wich der Kritik, welche Vorzüge u. Mängel der Schriften nachwies, die Formen der alten Lieder wurden wieder zur Nachahmung empfohlen, bes. zeichneten sich Don Vicente, welcher sein Volk den Cervantes kennen lehrte, u. für das Drama Garcia de la Huerta durch Herausgabe seines Teatro hespañol aus. Da für die Wissenschaften in den älteren spanischen Schriftstellern nichts. von Bedeutung zu finden war, auch im Volke selbst kein gebildeter Geist herrschte, so suchte man philosophische u. theologische Kenntnisse vom Auslande, bes. aus Frankreich, sich anzueignen, u. der Buchdrucker Fermin de Tojar zu Salamanca ließ viele französische Schriften von Voltaire, Rousseau, Montesquieu u.a. übersetzen. Auch der Reformgeist in politischer u. religiöser Hinsicht in dem benachbarten Frankreich fand in Spanien viele Anhänger, wie Campomanes, Jovellanos u.a., u. selbst der sonst nichts weniger als liberale König Karl III. ließ die gemäßigten Reformideen frei aussprechen.

Unter Karl IV. begann ein sehr schwankender Zustand für die Literatur; der Friedensfürst Godoy, in dessen Händen die Regierung war, war selbst ohne wissenschaftliche Bildung, gleichwohl trieb ihn seine Eitelkeit dazu ein Beförderer der Wissenschaften u. Poeste zu werden, aber seine Charakterlosigkeit u. sein Bestreben es weder mit dem Volke noch mit dem Hofe zu verderben brachten es mit sich, daß er Dichter u. Gelehrte bald beschützte, bald verfolgte. Das unsichere Glück seiner Gunst erfuhren Jovellanos u. Melendez Valdes, der Vater u. Wiederhersteller der neuen spanischen Poesie durch die Salamantinische Schule, einen Dichterbund, welchen Melendez Baldes mit Iglesias de la Casa u. anderen Freunden während ihrer Studienzeit in Salamanca gestiftet hatten; ungestörter waren nur seine Schmeichler, der Lustspieldichter Moratin, Estala u. der Satiriker Arriaza. Werke der wissenschaftlichen Literatur waren, etwa mit Ausnahme der historischen, nur wenige von Auszeichnung; die Poesie, welche sonst immer am meisten in Spanien cultivirt wurde, schwieg bis auf einige lyrische Ergüsse u. das allerdings durch Moratin hoch gehobene Lustspiel. Im Anfange des 19. Jahrh.[451] standen so zwei Parteien einander gegenüber, nämlich die Hofpartei, geführt von Moratin, Estala u. dem Obercensor Melon, welche gewöhnlich das Triumvirat genannt wurden, u. die Oppositionspartei, die Salamantinische Schule, welche von den Ausländern neben den Franzosen auch die Italiener als Muster anerkannte, auch die einheimischen der Goldenen Zeit, bes. in Form u. Sprache berücksichtigte. Aus dieser Schule neigten sich mehr zu den französischen Classicismus außer Melendez Valdes, dem eigentlichen Haupte derselben, die ebenfalls originellen, doch minder geistvollen Dichter Nicolas Fernandez de Moratin, Cadalso, Tomas de Iriarte, Felix Maria de Samaniego u.a.m., während sich die übrigen Poeten, wie Jose Iglesias de la Casa, M. T. Diego de Gonzalez (Poesias, 1812), Juan Pablo Forner (Obras, 1843 ff), Gaspar Maria de Nava Alvarez de Noroña, Manuel José de Quintana, Nicasio Alvarez Cienfuegos, Arriaza u. Gallego sich mehr nach den englischen u. italienischen, so wie nach den alten vaterländischen Mustern bildeten. Während die Bestrebungen der Salamantinischen Schule durch das Triumvirat Ungunst u. Hindernisse fanden, wurden sie desto mehr befördert in den Provinzialstädten, so in Sevilla, wo Blanco White, Arjona, Lista, Reinoso u. Andere eine Akademie der Schönen Wissenschaften gegründet hatten, deren Mitglieder in liberalerem Sinne schrieben, ferner in Granada, wo Mora u. Roca dichteten u. Martinez de la Rosa wirkte, selbst in Cadiz. Das literarische Wirken aller dieser meist jungen Männer bestand in kurzen poetischen Ergüssen u. Kritiken. In der Revolution von 1808 standen die meisten der Liberalen auf der Seite des Volks, das Triumvirat auf der Seite der Franzosen. Anfangs wurden allerdings Poesie u. Beredtsamkeit noch cultivirt, da man sie brauchte, um auf das Volk zu wirken, nachher aber wichen alle Interessen vor den politischen, u. während der französischen Occupation gab es in Spanien fast nur politische Schriftsteller, welche sich auf die Seite entweder der Franzosen od. der Cortes gestellt hatten. Als 1814 der König Ferdinand VII. nach Spanien zurückkehrte, wurde gegen beide Parteien hart verfahren u. die meisten aufgeklärten Spanier verbannt od. eingekerkert u. die Literatur selbst im Lande unter scharfe Censur gestellt, u. es wäre um die S. L. geschehen gewesen, wenn nicht die ausgewanderten Spanier ihre Arbeiten in ihrer Verbannung fortgesetzt hätten. Spanien wurde mit verbotenen Büchern, Pamphleten, Satiren etc. überschwemmt, u. die Regierung vermochte weder dem für sie so gefährlichen Treiben zu steuern, noch fand sie gewichtige Vertheidiger. Die Verbannung spanischer Gelehrten aus dem Vaterlande hatte aber auch großen Nutzen, sowohl für die Geflüchteten selbst, als auch für das Ausland; denn die Flüchtlinge fanden im Auslande Gelegenheit ihre geistige Ausbildung zu befördern, das Ausland aber erhielt Kenntniß von der S. L. In London u. später in Paris wurde durch Vicente Salva u. durch Baudry eine spanische Buchhandlung, angelegt. Die Folgen der Revolution von 1820 waren zu vorübergehend, als daß die damals aus der Verbannung zurüchgekehrten Spanier hätten großen Einfluß auf die Literatur im Lande üben können, denn schon 1823 mußten sie dem Könige wieder weichen.

Mit der neuen Zeit, welche 1834 durch die Erthheilung der Constitution, bes. aber am 8. Nov. 1843 durch die Selbstregierung der Königin Isabella II. über Spanien ausging, schien auch eins neue Zeit für die S. L. zu kommen, u. hoffen konnte man dies, weil theils. die Flüchtlinge gereinigten Geschmack u. reiche Kenntnisse aus dem Auslande mit nach Spanien brachten, theils die Presse durch die Constitution freigegeben wurde; aber die bis jetzt noch kaum zurückgekehrte, durch die Corteskämpfe, durch Ministerkrisen, durch den öftern Wechsel der von der Regierung vertretenen Principien, durch Volksaufstände, durch die von den Christinos u. Carlisten heraufbeschworenen Bürgerkriege oftmals unterbrochene Ruhe ließ noch nicht die gewünschten Früchte auf dem Felde der Literatur reisen. Auch nun wurden die meisten Kräfte immer noch der periodischen Literatur gewidmet u. von Wissenschaften nur die im Dienste des materiellen u. bürgerlichen Interesses stehenden cultivirt. Während auch gegenwärtig in Bezug auf Volksbildung fast Alles noch der Zukunft anheimgegeben ist, macht es sich doch die Regierung nicht mehr zur Aufgabe alles selbständige Denken zu unterdrücken, so daß nicht blos solche Gebiete der Wissenschaft, welche blos eine positive Unterlage u. einen praktischen Nutzen haben, wie Naturwissenschaften, Mathematik, Jurisprudenz u. Cameralia, sondern auch solche, welche eine bedeutendere Entwicklung der Intelligenz u. Speculation nebst kritischer Selbständigkeit beanspruchen, wie die Philosophie, speculative u. historische Theologie, Philologie u. Literaturgeschichte Anba finden können. Freilich wird der katholische Standpunkt noch immer streng festgehalten. Am meisten hat sich neuerlich der Gesichtskreis der Universitäten, deren außer zahlreichen theologischen Seminaren u. verschiedenen Fachanstalten 10 (in Madrid, Barcelona, Granada, Sevilla, Oviedo, Salamanca, Santiago de Compostella, Valencia, Valladolid u. Zaragoza) bestehen, erweitert, da früher auf ihnen nur unfruchtbare Studien der scholastischen Philosophie u. des Rechts u. daneben höchstens etwas Mathematik u. Naturwissenschaften gelehrt wurden, während jetzt auf den Lehrplänen alle im Ausland cultivirten Künste u. Wissenschaften vertreten stehen. Wie gering dagegen noch immer für den Elementarunterricht gesorgt ist, beweist der Umstand, daß 1857 unter einer Gesammtbevölkerung von 15,807,253 Einwohnern auf dem Festlande nicht mehr als 650,000 Schüler u. 220,000 Schülerinnen, also zusammen nur 870,000 Unterricht Genießende gezählt wurden. Erst ganz neuerlich beginnt auch außerhalb der Schulsphäre jener wissenschaftliche u. künstlerische Geist sich zu regen, welcher früher dem spanischen Volke in so bedeutendem Maße eigen war. In den meisten volkreichen Städten findet man bereits Vereine zu wissenschaftlichen u. gemeinnützigen Zwecken (s.u. Spanien S. 344), auch fehlt es nicht an Bibliotheken u. an deren Kunstmitteln für Volksbildung u. Hebung der Literatur (s. ebd.). Im Ganzen zählt man jetzt 40–50 Städte mit Nationalbibliotheken, an eben so viel Orten bestehen gut ausgestattete Museen, viele besitzen auch schon Botanische u. Zoologische Gärten, Sternwarten etc. Die Gemäldesammlung in Madrid reiht sich den ersten der Welt an. Ausgezeichnete Knusthallen, wo Gemälde u. Werke der Sculptur ausbewahrt werden, gibt es außerdem im Escorial, in Ildefonso, in Sevilla, Cordova, Granada etc. Auch besitzen viele Kirchen, besonders in Sevilla, Meisterwerke der Kunst, namentlich[452] von dem Pinsel eines Murillo. Reichdotirte Privatsammlungen gibt es verhältnißmäßig wenige in Spanien. Die Zahl der Zeitschriften ist für die Bildungsstufe, welche die große Masse des Volkes nach dem Obenerwähnten noch heutigen Tags einnimmt, unerhört; in Madrid erschienen 1857 allein mehr als 50 politische Blätter, obgleich unter den 301,660 Einwohnern der Residenz nur etwa 40,000 sind, welche lesen, u. von diesen kaum die Hälfte, welche sich den Luxus einer Zeitung gestatten dürfen, s.u. Zeitungen u. Zeitschriften. Einen großen Theil der Presse beherrscht die Regierung, z.B. außer den politischen Zeitungen alle seit 1833 auf ihre Anordnung in den Bezirksstädten etablirten Intelligenz- u. Anzeigeblätter. Doch bleibt neben der Politik für die Literatur immer noch Feld genug, bes. seit dem letzten Preßgesetz von 1852 u. dem im selben Jahre geschlossenen Vertrag mit Frankreich für den gegenseitigen Schutz des literarischen Eigenthums. Auch der Buchhandel hat sich in letzter Zeit sehr gehoben. Während eo früher an directen Verbindungen mit Deutschland ganz fehlte, haben in letzter Zeit viele Buchhandlungen (in Berlin, Leipzig, Stuttgart etc.) die bedeutenderen Erscheinungen auf dem Gebiete der S. L. in Commission genommen, u. in Paris beschäftigen sich nicht nur einzelne Buchhandlungen mit dem Vertrieb spanischer Drucke, sondern es sind hier auch selbst viele spanische Werke, namentlich in den letzteren drei Decennien, wieder aufgelegt worden od. im Neudruck erschienen. In Spanien selbst aber hat sich in letzter Zeit die Madrider Firma Rivemedegra verdient gemacht durch den Druck der Collecion de los meyores autores españoles, die bereits 40 Bände zählt. Überhaupt sind in der Neuzeit eine große Anzahl älterer wie neuerer Werke aus den inländischen Typographien, bes. in Madrid, Valencia, Sevilla, Barcelona, Salamanca u. Valladolid, in zum Theil schönen Abdrücken hervorgegangen, z.B. an spanischen Komödien allein mehr als 200 Mit der Rührigkeit der spanischen Typographie hält die Regsamkeit der neueren S. L. gleichen Schritt. Überall zeigen sich die erfreulichsten Kriterien des Wiedererwachens des spanischen Kunstsinnes, welche Erscheinung die Aufmerksamkeit aller gebildeten Nationen auf die Pyrenäische Halbinsel hingelenkt u. viele Reisende, wie die Deutschen Willkomm, Ziegler, von Minutoli etc. zu eindringlichen Studien an Ort u. Stelle, andere Forscher dagegen, wie Lembke u. Schäfer, zur Bearbeitung der Spanischen Geschichte, u. noch andere, wie Brinckmeier, Huber, Clarus, Wolf, Münch-Bellinghausen, von Schack, Viardot, Dozy, Ticknor etc. zur Behandlung einzelner Fächer der S. L. veranlaßt hat Auch hat sich in Spanien selbst der Kunstsinn neuerlich ganz entschieden geläutert u. überhaupt der Geschmack in so fern regenerirt, als er ebenso weit entfernt von dem schwülstigen Gongorismus, wie von dem steifen Classicismus der Französischen Schule sich hält, u. es scheint auch, daß die beiden Elemente der neuen Schule, welche noch setzt im Gährungsproceß begriffen sind, das nationale u. das allgemeine europäische, sich endlich gedeihlich verschmelzen werden. Dieser Richtung gehören die meisten jüngeren spanischen Dichter an; ihr Organ ist der Artista, die beiden Gattungen, welche sie bes. cultiviren, sind der Roman u. das Drama; die Stoffe zu beiden wählen sie aus der vaterländischen Geschichte u. in der Behandlung des Drama schließen sie sich an das altspanische, in der des Romans an die englische u. französische Weise an, Durch Saavedra (Romances historicos, Par. 1841) wurden die Spanier zuerst auf die Wiederbearbeitung der allen Sagen- u. Romanzenpoesie hingelenkt, in welcher Richtung u.a. Mora, Zorrilla (Cantos des Trovador, 1840 f., 3 Bde.), Gregorio Romero y Larrañaga (Historias caballerescas españolas, 1843; Cuen os historicos, 1841), Manuel de Santa Ana (Romances y legendas andalucas, 1845) Beachtenswertbes geleistet haben. Alte vaterländische Schriftwerke wurden in Tesoros gesammelt, so von Ochoa Tesoro de historia dores esp.. Par. 1840; Jaime Tio, Tesoro de los autores illustres. Barc. 1841.

O Literaturwerke. Die Poesie ist von jeher in Spanien gepflegt worden, nicht nur daß der Charakter des ganzen spanischen Volks poetisch ist, so hatte sie auch königliche Verehrer, wie an Alfons X. u. Prinz Juan Manuel, u. königliche Beschützer vor Allen an Johann II. Nachdem die Periode der Troubadours geschlossen war. bildete sich in Spanien, im Gegensatz zu der gállisch-limosinischen Poesie, eine eigene, nationale, romantische Poesie. Die Kämpfe gegen fremde Überwinder in der Zeit des Erwachens des spanischen Geistes hatten mehr Selbständigkeit, Kraft und Haltung gewirkt: nach ihrem naturgemäßen Entwickelungsgang ging die Poesie in Spanien vom Lvrisch-Epischen aus, nahm den Roman in die Mitte u. endigte mit dem Drama. Ritterlicher, christlicher Sinn, eine gewisse Schwerfälligkeit u. Fülle, tiefer Ernst u. Bedeutung selbst im Kleinen, Kunst im Natürlichen ist der Charakter der spanischen Poesie, welcher ihr theils durch die Lage u. Verhältnisse des Landes, theils durch die Einflüsse von außen aufgedrückt wurde. Eigenthümlich sind den Spaniern die Redondillen (Redondillas) als stehendes Metrum für Romanze u. Drama. In Romanzen (Romances) besteht der Reichthum der spanischen Poesie; bes. die der alten Zeit angehörenden sind treue, kindlich poetische Erzählungen ritterlicher Thaten, haben selten hohen lyrischen Schwung, dagegen eine in das Kleine gehende Genauigkeit in der Überlieferung einzelner Umstände, alle bei Volksliedern gewöhnlichen Rauheiten, Freiheiten u. Nachlässigkeiten des Sylbenmaßes, welches in allen gleich ist, gewöhnlich acht-, zuweilen sechs-, selten elfsylbig; die letzte Art nennt man heroische Romanzen. Man theilt sie gewöhnlich in die Romanzen nach den Ritterromanen, welche aus dem Sagenkreise Karls des Großen schöpften u. bes. spanische Helden besangen, u. in die historischen, zu denen bes. die Kämpfe mit den Mauren reichen Stoff gaben. Letztere schlossen sich den dem 12. Jahrh. angehörenden Romanzen vom Cid (s.d.) an, deren viele in der Historia de los Vandos de los Zegris y Abencerrages (aus dem Arabischen des Haben Hamin in das Castilianische übersetzt von Gines Perez, Valencia 1613 u. ff., abgedruckt im ersten Band der Bibliotheca española, Gotha 1805), einer romanzenartigen Chronik der maurischen Helden, stehen. Von den Romanzen der spanischen Dichter gibt es mehre nationale Sammlungen, Romanceros, s.d. unt. Romancero. Das Lied (Cancion) wurde Anfangs, nach dem Muster der Troubadourenpoesie an den Höfen von Catalonien, Aragonien u. Castilien durch, von den Königen u. dem Hofadel begünstigte poetische Gesellschaften ausgebildet. Es zeichnete[453] sich von den Romanzen bes. durch seine Abtheilungen in kleine Strophen (Coplas) aus. Später gab es verschiedene Arten, die eigentlich sogenannten zwölfzeiligen Canciones (s. Cancion), die siebenzeiligen. Villancicos (s.d.) u. die poetischen Glossen (s.d. 3). Eine früher gewöhnliche Art spanischer Lieder sind die Endechas, Trauerlieder im alten Nationalstyl, bestehend aus kleinen Stanzen; für den Gesang sind die Seguidillas (s.d.), die aus kleinen Stanzen bestehenden u. in reinem, einfachem Styl geschriebenen Letrillas u. die Liras in fünf- u. sechszeiligen Stanzen, welche man alle unter dem gemeinschaftlichen Namen der Versos de arte menor (Gedichte der kleinern Kunst) begreift. Wie von den Romanzen, so gibt es auch von den alten Liedern Sammlungen (Cancioneros); die ältesten Cancioneros enthalten die Lieder einer poetischen Gesellschaft eines bestimmten Hofes (s. oben), so der Cançoner d'amor der Dichter vom aragonischen Hofe seit Ferdinand I. u. der Cancionero de Lope de Stuñiga von denen unter Alfons V. (beide in Catalonischer Sprache, noch ungedruckt); der Cancionero de Baena der Dichter vom castilianischen Hofe seit König Johann I., in galicischer u. castilianischer Sprache, herausgeg. von Gayangos u. Pidal, Madr. 1851, u. von Michel, Lpz. 1852. Später enthielten solche Cancioneros Lieder aus aller Zeit u. von aller Art, so der Cancionero general, herausgeg. von I. Fern. de Constantina, o. O. u. I., vermehrt von Fernando del Castillo, Val. 1511 u.ö., Auszug Sarag. 1552. Eine neue Periode trat für die Poesie durch Boscan (s.d.) ein; dieser, gebildet durch italienische Muster (Dante, Petrarca) brachte neue Rhythmen (Hendekasyllaben) u. neue lyrische Arten in sein Vaterland. Bei seinem Lebzeiten blieben die Neuerungen bei dem Sonett Soneto) u. der Canzone (Cancion real) stehen; sein Nachfolger Garcilaso de la Vega fing schon an sich in dem Idyll zu versuchen u. bald begannen alle italienische Arten u. Formen nachgeahmt zu werden, man schrieb Terzetten, Ottaven, Madrigals etc., u. noch bis jetzt haben sich diese Dichtungsarten erhalten. Dagegen wollte das historische u. romantische Epos auf spanischen Boden zu verpflanzen nicht recht gelingen. Versucht haben sich Alonzo ve Ercilla (im 16. Jahrh., Kampf gegen die Araucaner), Martinez de la Rosa (Zaragoza), A. Sanchez (Titiada, Madrid 1792), Valvidarez y Longo (Iberiada, Cadiz 1813). Auch in neuester Zeit sind wieder Versuche im Epos gemacht worden; die Akademie verlangte 1831 ein Gedicht, welches die Belagerung Zamoras besang, u. Baron de Bigueral u. Don Jose Joaquin de Virues y Spañola gewannen den Preis; auch I. M. Diaz (Blanca, El Indio), Juan de Plano (El seno de Abraham), I. Mar. Maury (Esvero y Almedora, Paris 1840), Espronceda u. Ruiz de la Vega (Pelayo, Madr. 1839 ff., 3 Bde.), Corradi (Torrigos), I. Cabrera (Die Vertheidigung von Bilbao), Reinoso u.a. machten wieder Versuche im historischen Epos, aber sie fanden keinen Beifall, u. erst die Verbindung der romanartigen Behandlung des Epischen mit der alten Nationalform, wie sie Angel de Saavedra in Florinda u. im Moro esposito 1834 versuchte, gefiel wieder. Komische Epopöen schrieben Lope de Vega (Gatomachia, Katzenkrieg), G. Alvarez de Toledo (Der Eselskrieg), Jos. de Villaviciosa (Mosque), Franc de Quevedo (Orlando), Pedro Sylvester (Proserpina). Das religiöse Epos la Cristiada von Diejo de Hojeda, wurde von I. M. de Berriozabat, Par. 1837, wieder herausgegeben.

Aus der romantischen Dichtung hob sich der Roman (Novela) hervor, zuerst als Ritterroman in eigenthümlicher Weise, wie noch im Amadis (s.d.) zu sehen ist. Solcher Ritterromane wurde eine große Menge producirt, da das spanische Volk eine große Vorliebe dafür zeigte. Aber das Ritterthum erschien zuletzt in ihnen mit seiner abgelebten Idee u. deren mit der Wirklichkeit immer größer werdendem Contrast nur als Caricatur. Diese Ritterromane parodirte Miguel de Cervantes in seinem Don Quixote (1604) u. er wurde zugleich der Begründer des Liebesromans in der S. L. Neben dem Ritterroman bildeten sich die sogenannten Schelmen- od. komischen Romane aus; Begründer derselben war Diego de Mendoza im Lazarillo de Tormes u. Matteo Aleman (Ende des 16. Jahrh.) durch den Guzman de Alfarache. Außerdem wurden Schäferromane geschrieben, denen, bis auf die Diana des Montemayor, nicht viel Gutes nachgesagt werden kann; an Schwulst, Witzelei, Geschraubtheit u. allen Gebrechen der mittlern Zeit der S-n L. leidet selbst Lope's de Vega Arkadien; sogar dramatische Romane, wie die Geschichte von Calisto u. Melibea, wurden geschrieben. Der erste historische Roman nach dem Vorbild Walter Scott's war Gomez Arias von Telesforo de Truebo Cosio (Lond. 1828, 3 Bde.), u. wurde sogar englisch geschrieben; die ersten historischen Romane in Spanien schrieb I. I. Mora, welche freilich eigentlich blos Übersetzungen von Scotts, Coopers u. Irvings Romanen waren; Ramon Lopez Soler (Pseudonym Gregor. Perez Miranda) setzte nur an die Stelle englischer Personen u. Ortsnamen spanische, Originalromane schrieben: Rafael Humara y Salamanca (Ramiro conde de Lucena, 1828, Los amigos enemigos, 1834), Patricio de la Escosura (El Conde de Candespina, 1834, Ni rey ni roque, 1835, El Patriarca del Valle, 1846), José de Espronceda (Sancho Saldaña, 1833), Mariano José de Larra (Macias); José de Villalta (El golpe en vago), Gertrudis Gomez de Avellaneda (Espatolino, Guatimocin, Sab, Dos Mugeres) u.a.m. Die Coleccion de novelas historicas 1832–35 enthält Romane von Estanislao de Cosca Vayo, Escosura, de Espronceda, Soler, Mariano Jose de Larra, Villalta. Außerdem schrieben historische u. Sittenromane: E. de Cosca Vaya (Der Cid, 1832), Jorge Montgomery (Der Bastard von Castilien, 1833), C. Gonzalez Bravo y Eugenio Morena (Ramiro Sanchez de Guzman, 1835), Bernardino Nuñez de Arenas (Das 16. Jahrh. in Frankreich), Cordova (Der Maurenkönig von Toledo, 1835), Franc. Martinez de la Rosa (Dona Isabella de Solis, Königin von Granada, 1837–39), Serafin Calderon (cristianos y Moriscos, 1838), Avecilla (La conquista del Peru, Paris 1854) u. v. a. Novellen nach dem Muster des Cervantes (daher Novelas ejemplares), deren schon Timoneda u. Perez be Montalvan geschrieben, waren nachher ganz vernachlässigt worden, wurden aber in neuester Zeit wieder mehrfach geschrieben, z.B.: La Costurera y el barrio latino, Paris 1852; eine Sammlung dergleichen gab Sarmiento heraus (Amor y virtud, 1831), andere Sammlungen von Novellen erschienen Madr. 1834 (in- u. ausländische), 1838 ff.[454] (coleccion de novelas originales españolas) u. 1842 ff. (Jardin literario). Von Emmert erschienen speciell Las Donquixotadas mas extrañas, Tübingen 1826. Zahlreiche Originalnovellen aus allen Gattungen der Romanpoesie erschienen im letzten Decennium auch in Zeitschriften u. den Feuilletons der Zeitungen, während man sich früher dort meist mit Übersetzungen französischer Romane begnügte. Jüngere Novellisten von hoher Begabung sind Gabino Tejado, Navarro Villoslada, Muñoz Maldonado u.a.m. Reich ist die S. L. an schön geschriebenen Sittenschilderungen u. satirischen Darstellungen aus dem Leben der Gegenwart, wie denn überhaupt die Spanier in der ironisch-satirischen Art von jeher Bedeutsames geleistet haben. In neuerer Zeit versuchten sich im satirischen Roman Francisco Seneriz, E. de Tapia u.a.m. Dergleichen Romane finden sich bereits in verschiedenen Sammelwerken, z.B. in den Tipos españoles (1843 ff.) u. den Los Españoles, pintados por si mismos (1843–51). Meisterhaft in diesem neuen Genre sind Ramon de Mesonero y Romanos (Manual de Madrid etc.), Serafin Calderon (Enscenas andalucas, 1847), Mariano José de Larra, (Ritratos de costumbres; Obras, 1850, 2 Bde.). Letzter war unter dem Namen Figaro gleicher Zeit einer der schärfsten, originellsten u. geistreichsten Journalisten, der in neuester Zeit nur von Modesta Lafuente, welcher unter dem Namen Fra Gerundio von 1844–50 zahlreiche journalistische Arbeiten u. satirische Schilderungen veröffentlichte, übertroffen wurde. Von minderer Bedeutung als Satiriker sind Antonio Maria Segovia (Obras, 1848) u. Juan Martinez Villergas; berüchtigt ist der seit 1812 thätige Bartolomé José Gallardo.

Das Drama ging auch in Spanien aus dem geistlichen Schauspiele hervor; seit Johann I. von Aragonien u. Isabella bildete sich das weltliche Drama heraus. Ohne den Unterschied zwischen Tragödie u. Komödie zu haben, theilten sich in alter Zeit die spanischen Dramen (Comedias) in a) geistliche Schauspiele, zu welchen einestheils die Autos sacramentales, Fronleichnams-, u. Antos al nascimiento, Weihnachtsstücke; anderntheils Comedias divinas, Darstellungen aus der Biblischen Geschichte u. Comedias de Santos, dergleichen aus der Heiligenlegendegehörten; u. b) weltliche Schauspiele; zu ihnen zählen die heroischen od. historischen (Comedias de ruido); die Mantel- u. Degenstücke (Comedias de capa y espada), welche in den vornehmern Zirkeln spielen u. voll Intriguen sind; Charakterstücke (Comedias de figuron), in denen Glücksritter u. Damen die Haupt rollen spielen. Außerdem gab es noch Vorspiele, Loas, Entremes u. Sainetes, eigentlich mimische Processionen von Musik u. Tanz begleitet, später Possenspiele, Pasos, Farsas etc. Die Sujets waren historisch, der Hof machte den Mittelpunkt, Luft u. Trauer, Ernst u. Scherz wechselten ab; der Gracioso (s.d.) erschien in jedem Drama. Die Einkleidung ist in Redondillen, die Abtheilung in fünf Handlungen u. drei Acte od. Tage (Jornadas). Obgleich schon Juan del Encina u. der Marques de Villena Schäferspiele u. allegorische Schauspiele geschrieben, so gilt doch als Schöpfer des weltlichen Drama in Spanien Lope de Rueda, selbst ein Schauspieler. Zu seiner Zeit gab es noch keine stehendet Theater, sondern eine leichte Breterbühne wurde an den Schauplätzen errichtet, welche nur durch einen Vorhang ausgezeichnet war; die Garderobe trug er in einem Sack bei sich. Seine Dramen waren Schäferspiele u. dramatische Novellen, erstre wurden mit 2–3 Zwischenspielen lustigen Charakters durchwebt, zu den andern war der Stoff aus dem Volksleben u. den Zeitbegebenheiten genommen. Schon Torres Naharro, welcher noch vor Rueda lebte, machte Verbesserungen in der Technik des Theaters, er verzierte die Bühne, erfand Coulissen, vermehrte die Garderobe, ließ die lustigen Personen ohne Bärte auftreten u. nur die Alte Spielenden ihr Gesicht verstellen, brachte Zweikämpfe u. Schlachten auf die Bühne u. stellte die Musiker vor die Bühne, während sie früher unsichtbar hinter derselben gestanden hatten. Die Musik in den Zwischenacten bestand übrigens in dem Absingen einer Romanze zur Guitarre. Nach ihnen schrieben Dramen Juan de la Cueva, Luis de Miranda, Virues, Cervantes, welcher dem spanischen Drama seine Vollendung u. seine Gestalt gab, es in drei Acte theilte u. zuerst allegorische Personen auf das Theater brachte. Ein sehr gefeierter dramatischer Dichter ist Lope de Vega; sein Hauptverdienst um das spanische Drama war die Vervollkommnung des Dialogs u. das Bestreben Haltung in die Charaktere zu bringen; dagegen war er sehr schwach in der Vertheilung der Zwischenhandlungen, welche mit dem Ganzen in keinem festen Zusammenhang bei ihm stehen. Neben u. nach ihm schrieben in guter Weise Juan Perez de Montalban, sein Schüler, Ramon, Miguel Sanchez (bes. Intriguenstücke), Mira de Amescua, Guillen de Castro, Aguilar, Luis Velez de Guevara, Antonio de Galarza (in provencalischer Mundart), Gaspar de Avila, Gabriel Tellez, bekannter unter dem Nauen Tirso de Molina, Juan Ruiz de Alarcon, ein origineller Dichter, um 1628, dessen Teiedorde Segovia u. Ganar amigos unter die Meisterwerke der heroisch-romantischen Gattung gehören u. dessen Lustspiel La verdad sosp chosa das Vorbild von Corneille's Menteur ist. König Philipp IV. nahm sich mit großer Liebe des Theaters an u. schrieb selbst für dasselbe, unter ihm lebte der größte spanische Dramatiker Calderon (s.d.). Durch diesen kam nicht nur eine richtige Anordnung der Scenen u. Wahrscheinlichkeit der Zwischenhandlungen in die Spiele, sondern er hob auch die Rollen der Frauen u. bildete aus den bisherigen Liebesrittern edle u. würdige Männer; neben ihm dichteten noch Solis, Moreto, Candamo, Roxas de Castro, Fragoso, Diamante, dessen Cid ebenfalls von Corneille benutzt wurde, Mendoza, Juan de la Hoz, Salazar y Torres, welcher in seinen phantastisch märchenhaft gehaltenen Dramen eine blühende Phantasie zeigt. Mit dem Einzug der französischen Dynastie sank Sinn u. Geschmack auch für das Drama; weil der französische Klassicismus mit der aristotelischen Einheit ganz der spanischen Nationalität im Schauspiel entgegen ist, so erlahmte es nach u. nach ganz. Tragödie u. Komödie, schon früher durch Virues geschieden, wurden jetzt völlig durch Ramon de la Cruz getrennt; das Trauerspiel hielt sich in dem Gebiete des höheren Lebens, das Lustspiel in dem Familienleben u. schilderte bes. dessen lächerliche u. schwache Seiten. Muster im höhern Lustspiel war Moreto. Indessen unterließ man nicht auch in den Sammlungen alter Dramen, wie in dem Teatro hespañol von G. Garcia[455] de la Huerta 1785, 15 Bde., noch auf das Nationale zurückzuweisen; Andere suchten durch satirische Spiele dem eingerissenen Geschmack einen Damm entgegenzustellen. Der Geschmack der höheren Stände u. des Hofes verlangte nationale Stoffe im französisch-klassischen Gewande, daher machte Cañizares mit seinen Tragödien bei dem Volke kein Glück; seine Charakterkomödien sind dagegen voll Leben. N. Fernandez Moratins Tragödien konnten sich neben die besseren französischen Muster stellen; er war überhaupt der erste bedeutendere Dichter der neuern Schule, deren Sache er auch in mehren Abhandlungen verfocht u. ihr sonst auch durch Correctheit u. Energie der Sprache Ehre machte. In den Tragödien u. Komödien des Francisco Martinez de la Rosa (z.B. Los celos infundados; Werke, Paris 1827–30, 5 Bde) tritt politische Tendenz hervor, Martinez ging aus der frühern Zeit hervor u. ist reiner Klassiker; wenig Ruhm erwarben Lopez de Ayala, Nicasio Alvarez de Cienfuegos, von dessen Trauerspieien mehre gar nicht auf die Bühne gekommen sind; Meschior Jovellanos, Angel de Saavedra, Duque de Rivas (in seinen Werken ungleich; sein destes Lustspiel: Tanto vales cuanto tienes; seine besten Dramen: Solaces de un prisonero, La Morisca de Alajuar, 1842; die Schicksalstragödie: Don Alvaro); begründeteren Beifall fand dagegen bis jetzt Manuel Quintana mit seinen Tragödien. Neben diesen Originaldichtern, denen noch Cadalso, Pelayo, V. Garcia de la Huerta u.a. beigefügt werden müssen, fanden sich häufig Übersetzer italienischer u. französischer Stücke, namentlich von Corneille, Racine u. Voltaire. Mit Glück versuchte sich Tomas Iriarte in der Komödie; Jovellanos machte den Versuch das Rührstück auf dem spanischen Theater einzuführen, u. Leandro Fernandez Moratin, der spanische Moliere genannt, wurde der Wiederhersteller des spanischen Nationallustspieles; seine Stücke zeichnen sich durch Laune, komische Kraft, Wahrheit u. Natürlichkeit aus; M. Eduardo de Gorostiza, der Brasilianer, nahm die Komödie des 17. Jahrh. zum Vorbild; sein hervorragendstes Werk ist das Lustspiel: Contigo pan y cebolla zu betrachten ist. Angel de Saavedra machte in der Fuerza del sino einen Versuch in dem sogenannten philosophischen Schauipiel. Andere gerühmte Dramatiker sind: Burgos, Manuel Breton de los Herreros (bes. Komödien, in denen er einer der berühmtesten u. fruchtbarsten Dichter ist, so schrieb er: La Marcela, A la vejez viruelos, Una de tantas, Muérete y verás, Una vieja; das Drama: Vellido Dolfos etc.); Mariano Jose de Larra, Flores y Arenas, Jose Maria de Carnerero, Man. Rances, Jose de Espronceda, Garcia Gutierrez (schr. das Drama: El Trovador, 1836, die Komödien: El page, Magdalena, El rey monge, Batilde, Margarita de Borgonna, La Pandilla etc.); Jose Zorrilla (das Lustspiel El zapatero y el rey, Lieblingsstück der spanischen Bühne); Antonio Gil y Zarate (Obras dramaticas, Par. 1850); Telesforo de Trueba Cosio (welcher England fast mehr angehört als Spanien); Ventura de la Vega (Don Quijote en Sierra Morena; viele Lustspiele meist nach dem Französischen). Diesen reihen sich aus jüngster Zeit an: Doncel. (A rio revuelto ganancia de pescadores), welcher mit Valladares mehre Stücke (Sobresaltos y congojas, Las trsvesuras de Juana etc.) gemeinschaftlich schrieb; Lüis Olona (Komödien: Se acabarán los enredos, El primo y el relicario etc.). Tragödien schrieben: Juan Eugenio Hartzenbusch, einer der beliebtesten Bühnendichter der Gegenwart, Patricio de la Escosura (La corte del Buen Retiro, Barbara Blomberg, La mocedades de Hernan Cortes, Roger de Flor, Cada cosa en su tiempo, El tio Marcelo etc.); Jose Maria Diaz (Elvira de Albornoz, Felipe II. Juan de Escobedo, Una reina ne conspira, Junio Bruto, Jephthe etc.); Miguel Augustin Principe (El conde Don Julian, Cerdan. Justicia de Aragon, Periquito entre ellas etc.); Eusebio Asquerino (Españoles sobre todo Felipe el hermoso, Un verdadero hombre de bien, Los dos tribunos etc); Doña Gertrudis Gomes de Avellaneda (Alfonso Munio, Principe de Viana. Saul); Ramon de Campo amor, Jose Muñoz Maldonado, Figueroa, Jose Jacinto Milanes, Jose de Audueza (die beiden letzten sind Amerikaner); ferner die jüngeren Talente: Manuel Cañete (Un rebato en Granada, El duque de Alba); Aurel Fern. Guerra (Alhamabra, La hija de Gervantes, Alonso Cano) u. viele Andere. Dramen schrieben: Juan de la Pezuela y Ceballos, Eug. de Ochoa, Jose Mar. Diaz, Joaq. Franc. Pacheco, Jac. de Salas y Quiroga, Principe, Roca de Togores, Gregorio Romero Larrañaga (Doña Jimena de Ordonnez, Garcilaso de la Vega, Misterios de honra y vergenza etc.). Was die Sainetes od. dramatischen Zwischenspiele betrifft, so geschah für die selben mehr durch Sammlung älterer, als durch Schöpfung neuerer; so wurden die des Ramon de la Cruz von Duran (Madr. 1843, 2 Bde.), die des I. Ign. Gonzalez del Castillo von Ad. de Castro (Cadiz 1845, 2 Bde.) herausgegeben. Seit einigen Jahren haben mehre jüngere Kräfte die Wiederherstellung der spanischen Oper (bisher war nur die Italienische Oper in Gunst) versucht; doch haben sie sich nur bestrebt eine der französischen ähnliche komische Oper (Zarzuelas) in ihrem Vaterlande einheimisch zu machen. Im Allgemeinen läßt sich behaupten, daß die gegenwärtige Tendenz des spanischen Dramas wesentlich eklektisch ist u. verschiedene Formen u. Weisen des alten, ursprünglichen u. originellen Dramas mit ausländischen u. modernen Elementen zu combiniren sucht. Noch ist indeß alles im Fluß u. Übergange; kaum zeigt sich eine feste originale Richtung, nur so viel ist entschieden, daß der alte französische Classicismus, wie er unter den Bourbonen herrschte. in dem spanischen Drama der Gegenwart vollständig abgethan ist, während dagegen der moderne französische Romanticismus seine Herrschaft übt u. dem selben bisher der größte Theil der spanischen Dramatiker huldigte. Seitdem übrigens die spanische Regierung das Theater unter ihre Obhut gestellt hat, genießen die Dichter mehr Anerkennung, die Schauspieler mehr Achtung. Im Jahr 1846 wurde vom Minister Sartorius das alte Teatro del principe in Madrid als Teatro español zum Nationaltheater eingeweiht. Die neuesten Theaterstücke erscheinen (seit 1836) in dem Teatro moderno español (bis 1862 über 150 Bände), der zweiten Abtheilung der Galeria dramatica (die erste Abtheilung enthält ältere Dramen) u. in dem Repertorio dramatico. Sammlung älterer spanischer Dramatiker veranstaltete Norwich (Teatro [456] español, Brema 1809, 2 Bde.): Duran (Talia españ. 1834); Hartzenbusch, Teatro antiguo español. welches einen Theil der Galeria dramatica bildet, 1836 ff. (die Werke Tirso's de Molina, Alarcons u. Calderons); Eug de Ochoa (Tesoro del teatro españ., 1839, 5 Bde., Auszug daraus 1840, auch in Deutschland nachgedruckt, Bielef 1840, n. A. 1846; diese Sammlung enthält den Cervantes, Lope de Vega, Calderon, Molina, Moreto, Rojas, Alarcon, Cañizares, Ramon de la Cruz, Moratin, Martinez de la Rosa, Gorosfnza u. Herreros). Die Coleccion general de comedias escogidas begann 1826 u. ist noch unabgeschlossen Einen alphabetischen Katalog aller spa. nischer Komödien, Tragödien, Autos, Zarz elas, Entremeses u. anderer Gattungen von Theaterstücken bearbeitete Vinc. Garcia de la Huerta (Madr. 1785). Daraus hat Asher (in seinem Catalogue de livres anciens et modernes, Berl 1852) ein Verzeichniß spanischer Dramen zusammengestellt, welches nicht weniger als 285 Werke umfaßt. In Spanien war es zeitweise sehr Sitte, daß zwei bis drei Verfasser an einem Drama schrieben; so schrieb Diamante gern mit Villaviciosa u. Matos, Figueroa gern mit Cordova, Martinez mit Nino, Cancer u. Belmonte, Matos mit Villaviciosa, Avellaneda, Cancer u. Moreto, u. selbst Calderon mit Solis u. Coello gemeinschaftlich. Eine Geschichte des spanischen Theaters bis auf Lope de Vega schrieb der jüngere Moratin. Spanische Dramen übersetzte A. W. Schlegel (Spanisches Theater. Berl. 1803 u. 1806, 5 Stücke enthaltend); F. D. Gries (Berl. 1815–24, n. Ausg. ebd. 1840 ff., 9 Bde.); Malsburg (1819–25, 6 Bde.); C. A. Dohrn (Spanische Dramen, Berl. 1841–44, 4 Thle.) u. von Schack (Spanisches Theater, Frankf. a. M. 1845, 2 Thle.). Vgl. v. Münch-Bellinghausen, Über die älteren Sammlungen spanischer Dramen, Wien 1852; v. Schack, Geschichte der dramatischen Literatur u. Kunst in Spanien, Berl. 1845 f., 3 Bde., 2. A. Frkft. 1854, 3 Bde.; zur Geschichte des spanischen Dramas in Ferd. Wolfs Studien zur Geschichte der spanischen u. portugiesischen Nationalliteratur (Berl. 1859).

Die lyrischen Poesien sind mannichfaltig u. zahlreich u. athmen eine Glut u. Tiefe der Empfindung, wie sie nur dem Südländer eigen ist; vorzüglich sind von ergreifender Gewalt die geistlichen Lieder; vorzüglich lieferte treffliche geistliche Lieger u. Nachbildungen von Psalmen I. L. de Villanueva, Herrera, Fray Luis de Leon, Felix Jose Reinoso, ft. 1842, Melendez Valdes. Andere Lyriker sind Iglesias (Gedichte, Madr. 1821), Francisco de Quevedo, Garcilaso de la Vega, N. Fernandez Moratin (bildete sich nach klassischen Mustern, bes. nach Horatius, von welchem er auch einige Oden übersetzt hat); L. Fern. Moratin (Werke, Par. 1832), Aroyal (Poesias; Madr. 1788), Quintana (Gedichte, ebd. 1821), Arriaza (ebd. 1826), Alb. Lista y Aragon, einer der vorzüglichsten spanischen Lyriker (Poesias, Madr. 1822, 2. A. 1837); Ang. de Saavedra Duque de Rivas (Gedichte, ebd. 1821 ff.), Alvarez de Cienfuegos, Gallejo, Jose Joach. de Mora, welcher sich mit Glück in den meisten lyrischen Dichtarten versuchte; Martinez de la Rosa, welcher als Dichter die klassische Schule der Franzosen zum Vorbild hatte (Obras literarias, Paris 1832, 4 Bde.); Pablo de Xerica (Ensayos poeticos; Valencia 1814, Poesias, Bordeaux 1838, Letrillas y fabulas, ebd. 1838). Manoel Breton de los Herreros, I. Eugenio de Tapia (Poesias; ebd. 1821, 2 Bde.), Juan Maria Maury, genannt Il poeta delicado. Trueba Cosio, Arellano, Sanchez Barbero, Arjona, der Graf von Noraña, Ventura de la Vega, dessen Gedichte rein lyrischer Natur sind, Juan Eugenio Hartzenbusch, Ramon de Campoamor (Poesias, 1840), Juan Bautista Alonso, Santos Lopez Pelegrin, pseudonym Abenamar (Poesias. 1841, der Herzog von Frias, Juan Donoso Cortes, st. 1853, Juan de la Pezuela El cerio de Zamora), Nicomeoes Pastor Diaz (Poesias, 1841), Valladares (La creation, Amora del viernes santo) u.a.m. Zu den Dichtern der nationalen Richtung gehören: Jose Zorrilly Moral, Jacinto de Salas y Quiroga (Gedichte, 1834), Jose de Espronceda, Jose u. Salv Bei mudez de Castro, Lnis de Usoz y Rio, Eug. de Ochoa, Pedro de Madrazo, Julian Romea, Serafin E. Calderon, welcher doch noch zur Klassischen Schule sich neigt (Poesias del solitario, 1833), I. M. Diaz, Greg. Romero y Larrañago, Eur. Gil, Man. Maria del Marinol u.a.m. Die bekannteste spanische Dichterin ist Gertrudis Gomes de Avellaneda (Poesias. Madr. 1842); eine neuere Dichterin ist Vicente Maturana (Poesias, 1829, Himno á la luna. 1838 etc.), u. vielleicht die jüngste Marcelina Azlor. Dichter zweiten Ranges sind: Man. Mar. de Alzaybar (Obras poet., Aachen 1832), Jose Somoza (Ensayos ritmicos, 1833), Franc. de la Iglesia y Darrac, Eug. Floran, Franc. Grandallana, M. Alcaide, Geron. Moran, Leop. Aug. Cueto, M. de Rementeria, Mar. Roca de Togores, I. Franc. Pacheco, I. de Castro y Orosco, Gabriel Garcia y Tassara, I. F. de Zaragoza, Angel Casimiro de Govantes, Garcia Goyena, A. Ribot (Mi deportacion, Mars. 1839), Gabriel Alexandro Real de Azua (Fabulas, Par. 1839, Poesias diversas, ebd. 1839), Joaquin Maria Bover de Rosello, Enrique Ozero de la Cruz, Jose Negrete, Conde de Campo Alange. u. m. A. Das Andenken an die alten Lyriker suchte Jose Lopez durch die Veranstaltung des Parnaso español (Madr. 1768–78, 20 Bde.) wieder zu erneuern. Deutsche Übersetzungen lyrischer Gedichte in Diepenbrocks Geistlichem Blumenstraus, S. Mutzl's Blumenlese aus spanischen Dichtern, Landsh. 1830, u. Geibel u. Heyse's Spanischem Liederbuch Berl. 1859. Im erotischen Lied leistete schon Garcilaso de la Vega im 16. Jahrh. Bedeutendes, später Manuel de Villejas, Rodriguez del Padron u. I. Melendez Valdes.

Die Satire fing schon früh an ihre Geißel zu schwingen; Mingo Rebulgo, ein satirischer Schäferdialog, von einem Ungenannten, war vielleicht die erste Satire in Span, en; Johanns II. Dichterhof war oft der Gegenstand des Spottes. Gegen die schwülstigen, geschraubten, witzelnden Dichter seiner Zeit schrieb im Anfang des 17. Jahrh. Francisco de Quevedo seine Satiren, berühmt sind bes. seine Traume (Sueños) u. die Briefe des Ritters von der Zange gegen den spanischen Adel, später gegen den übertriebenen Gallicismus Pitillas; Diego de Mendoza, Pelayo, Cadalso, I. I. Mora, Jovellanos, Gallardo, Villanueva, Caballero, ein politischer Satiriker u. sehr beißend; Soler, gab seine satirischen Flugblätter 1835 gesammelt als Obras del Bachiller de Santa-Clara, M. I. de Larra seine satirisch-kritischen Artikel aus[457] Zeitschriften 1837 unter dem Titel Figaro heraus, früher hatte er die satirischen Zeitschriften El duenda satirico u. El pobrecito hablador herausgegeben. Satirische Schilderungen gab Ramon de Mesonero y Romanos in dem Panorama matritense, 1837. Andere Satiriker sind: Segovia (Pseudonym el Estudiante), welcher sein sticht, Lopez Pelegrin (Pseudonym Abenamar), welcher plump zuschlägt, u. Modesto Lafuente (Pseudonym Fray Gerundio). In der Äsopischen Fabel (Fabula) versuchte sich Tomas de Iriarte (Ende des 18. Jahrh.), sein schwacher Nachahmer war Samaniego; ferner dichteten Fabeln Angel Casimiro de Govantes, Garcia Goyena, Gabriel Alexander Real de Azua. Poetische Briefe schrieben Diego de Mendoza u. Breton de los Herreros. Die didaktische Poesie wurde cultivirt im 15. Jahrh. von Juan de Mena (Las trecientas, d.h. die 300 [Stanzen], jedoch mehr ein historisch-didaktisches Gedicht), Tomas de Iriarte (über die Musik, in der Sammlung seiner Werke, Madrid 1787), u. Moratin dem Ältern (La Diana, nur Bruchstück in der Sammlung seiner Werke). Über die Geschichte der spanischen Poesie schrieb M. Sarmiento in seinen Memorias para la historia de la poesia y poetas Españolas, Madrid 1775, vgl. Santillanas Brief über die ältesten spanischen Poesien, welcher übersetzt in der Schubertschen Bibliothek steht; eine fast vollständige Geschichte der spanischen Poesie enthalten die Anmerkungen zu Martinez' de la Rosa Poetik. Theoretische Schriften für die spanische Poesie sind: die Poetik von Enrico de Villena (La gaya ciencia, d.i. die fröhliche Wissenschaft, aus dem 15. Jahrh.), von Juan de la Cueva, Ignazio Luzan (1736), Martinez de la Rosa, Tracia Diccionario de la rima, Barc. 1829; Maury Versification y elocneion, Paris 1835.

Werke der Beredtsamkeit wurden des seit der Gründung der Akademie geliefert, es waren Lobreden (Elogios), ganz im Geist u. Geschmack der französischen Akademie. Es gibt deren ausgezeichnete durch Mängel u. Vorzüge, wie die französischen, von Jovellanos, Vargas, Ponce, Vieira, Muñoz, Gil, Clemencin, Cienfuegos u.a. Graf Cabarres schrieb ausgezeichnete akademische Reden; die geistlichen Reden Gils, Lavaigs, Don Joses sind nach französischen Mustern.

Die Geschichte gehörte früher der Poesie an, indem man nur Leben u. Thaten großer Männer besang u. dies in Romanzen. Reimchroniken gab es schon zur Zeit Alfons' X., u. dieser König schrieb selbst eine, u. daneben wurden noch Lebensbeschreibungen von Heiligen geschrieben, wie des Gonsalvo Berzeo Leben des S. Domingo; im 15. Jahrh. zeichneten sich als Historiker aus Alonso de Palencia, Perez de Guzman u. Pedro Lopez de Ayala, deren Chroniken die Akademie in neuerer Zeit wieder herausgegeben hat; im 16. u. 17. Jahrh., wo Tacitus u. Livius als Muster dienten, Diego de Mendoza (Geschichte des Rebellionskrieges in Granada); Geronymo Zurita (Anales de la corona de Aragon); Amdrosio de Morales, der Historiograph Philipps II., der Jesuit Juan de Mariana (Allgemeine Geschichte von Spanien, 1601 u.ö.; fortgesetzt von Peter Miñana bis zu Philipp II. u. von Alberto Lista bis 1608); Solis (Geschichte der Eroberung Mexicos). Der neueren Zeit gehören Martinez Mariana (Teoria de las Cortes); Juan Baut. Muñoz (Geschichte Amerikas, 1791, nur der 1. Bd.); Navarrete (Über den Antheil der Spanier an den Kreuzzügen); Bustamente (Geschichte der mexicanischen Revolution, Par. 1829); I. A. Conde (Die Geschichte der maurischen Herrschaft in Spanien); Ascargota (Geschichte von Spanien, Madr. 1807); Llorente u. Estrada mußten aus politischen Gründen Spanien verlassen u. schrieben in der Fremde; Canga-Arguelles (Geschichte des Kriegs auf der Halbinsel, Lond. 1819, u. eine Kritik der Geschichte des Spanischen Befreiungskriegs von Clarke, Southey u.a., Madr. 1834, 4 Bde.); Zavala (Geschichte der mexicanischen Revolution, Paris 1831); E. Mora (Mexico u. seine Revolutionen, ebd. 1836); Cardenas y Cano (Geschichte von Florida, Madr. 1829, 4 Bde.); Restrepo (Geschichte der Revolution von Columbia, Par. 1828); Torrente (Geschichte der spanisch-amerikanischen Revolution, Madr. 1829 f.). Graf Toreño (Hist. del levantamiento, guerra y revolucion de España, 1835–37, 5 Bde.); Jose Muñoz Maldonado (Hist. politica y militar de la guerra de la independencia de Esp, 1833, 3 Bde.); Aug. Alcaide (Hist. de los ditios de Zaragoza, 1832, 3 Bde.); Miñano (Geschichte der Revolutionen von 1820 u. 1836); I. M. de Larra (De 1830 á 1835, Madr. 1836); P. A. de Abacilla (Diario de la guerra, 1837); Fermin Caballero (Fisionomia de los diputados á cortes en 1834, 1835, 1836, Madr. 1836; El gobierno y las cortes del estatuto, 1837) n. A. Von der Partei der Karlisten beschrieb den Bürgerkrieg Clemente Madrazo Escadera (Un episodio de la guerra civil en ejéscito de Carlos V., Par. 1840); Ruy Sanchez (Hist. de Don Carlos, 1844, 2 Bde.); Jose Sejnudo Florez (Espartero, 1843 f.) u. v. A. Als Specialhistoriker der Neuzeit sind noch zu nennen: Martinez de la Rosa (Hernan Perez de Pulgar, 1834; El espiritu del siglo, 1835–39, 2 Bde.); Tomas Gonzalez Arnao, Reichsarchivar (Über die Zeit der Reformen des Ximenes; Del retiro, estancia y muerte del emperador Carlos V., 1843); General Evaristo San Miguel (Hist. de Felipe II., 1849); Salvador Bermudez de Castro (Ant. Perez, 1842); Jose Gonzales Carvajal (La España de los Borbones, 1843); Joaquin Franc. Pacheco (Historia de la regencia de la reina Cristina, 1841) etc. Für Provinzialgeschichten sind bes. zu bemerken: Jose Yanguas y Miranda, Über Navarra, 1833; Prospero de Bofarill y Mascaro, Über die Grafen von Barcelona, Barc. 1836; auch Pujaltes Cronica de Cataluña wurde Barc. 1829 f. zuerst vollständig herausgeg; Jose Yanguas y Miranda über Navarra (Pamplona 1833), Bover über Mallorca, Ripoll (viele kleine Schriften) u. bes. Prof spero de Bofarull y Mascaro (Los condes de Barcellona, Barc. 1836 etc.) über Catalonien; hieran reiben sich die Werke von I. Verea y Aguiar (Ferrol 1838) über Galicien; über Granada von Jose Hidalgo Morales (1842) u. bes. Miguel Lafuente (1843 f., 4 Bde.); über Valencia von Vincente Boix (1845). Unter den Geschichtsschreibern einzelf ner Städte u. Orte sind auszuzeichnen Augustin Azcona (Hist. de Madrid, 1843), Ramon de Mes sonero y Romanos (Manuel de Madrid, 1835), Adolfo de Castro (Hist. de Cadiz, 1845), Amador de los Rios (Sevilla, 1844, Toledo, 1847), I. Quevedo (Hist. del real monasterio de San Lorenzo del Escorial, 1849) etc. Mehre ältere Städtechroniken, wie die Augustin's de Horozeo[458] über Cadiz (Cadiz 1845) wurden herausgegeben. Ein wichtiges Werk ist die España sagrada, welches 1836 schon 30 Bände füllte, es hat zu Verfassern Florez, Resco, Fern. de Rojas, Fray Ant. Merino, Don Jose de la Canal; Jose Llorente schrieb die Geschichte der Inquisition. Gründliche Arbeiten über die Geschichte der Juden in Spanien veröffentlichten Jos. Amador de los Rios (1848) u. Adolfo de Castro (Cadiz 1847), Letzter auch über die Protestanten (ebd. 1851). Über allgemeine Geschichte Spaniens lieferte Ortiz y Sanz ein sehr genaues u. brauchbares Handbuch (2. Aufl. Madr. 1841, 9 Bde.); Modesta Lafuente in seiner Hist. general de España (1850–53,1._– 8. Bd.) ein Nationalwerk im eigentlichen Sinne des Wortes. Unter den kürzeren Handbüchern über spanische Geschichte sind außer Ascargeta (Paris 1836) noch Alvarado de la Peña (Madr. 1826), G. de la Escosura (1831) u. Castellar (Par. 1852) erwähnenswerth. Die Culturgeschichte Spaniens behandelten in vortrefflicher Weise Eugenio de Tapia (1840, 4 Bde.), Fermin Gonzalo Moron (1842), Adolfo de Castro (Examen critico de las causas de la decadencia de España, Cadix 1852); Antonio Ferrer del Rio (Decadencia de Esp., 1852); ferner Nuñez de Castro (Sole Madrid es corte); Sempere (Memorias para la historia de la constituciones españolas); Miguel Lafuente (Condieion y revoluciones de algunas razas españolas, Granada 1847); D. Ramon Ruiz de Eguilaz (Sobre algunas descabrimentos eimenciones debitos á la España, 1849); M. F. Navarrete (Sobre la hist. de nautica y de las ciencias matemadicas entre los Españoles, 1846). Mansieht hieraus, daß der neue Aufschwung, welchen die literarische Bewegung in Spanien genommen hat, u. der neue Geist, welcher mit demselben in die S. L. eingezogen ist, sich bes. auch aus den sich häufenden Arbeiten über Geschichte entnehmen läßt. Vor allem sind die zahlreichen u. umfassenden Forschungen in Betreff der vaterländischen Geschichtewichtig u. schätzbar. Unbedeutender ist dagegen das, was über die Universalgeschichte, sowie über die Geschichte der außerspanischen Völker u. Staaten veröffentlicht worden ist. Unter den Werken über allgemeine Weltgeschichte ist vielleicht nur der Curso de historia universal von Alberto Lista y Aragon, eine vermehrte u. bis auf die neueste Zeit fortgesetzte Bearbeitung von Ségur's Histoire universelle zu nennen; derselbe schrieb auch Elementos de historia antigua (1845). Dieübrigen Länder Europas betreffen u.a. des Angel Saavedra Sublevacion de Napoles capitaneada por Mazaniello (1849), u. Eust. Maria de Neuclares spanische Bearbeitung u. Fortsetzung von Man de Faria y Sousa's Hist. de Portugal (1845, 2 Bde.).

Biographien schrieben: G. Diaz de Games (Die Geschichte des Grafen P. Niño de Buelna, Fernando del Pulgar, berühmte Männer); Navarrete (Biographie des Cervantes); I. I. Moria (Memoiren von Ferdinand VII.); Quintana (Vidas de Españoles celebres, 1807–33, 3 Bde., Par. 1845; Claros varones de America, 1831); Martinez de la Rosa (Fern. del Pulgar); Jose Mor de Fuentes (Selbstbiographie 1836); Pastor Diaz u. Cardénas (Galeria de hombres celebres contemporaneos, 1841 f.), welche in Hinsicht auf Styl u. Gehalt der Darstellung obenanstehen; D. Feliz Torres Amat schrieb 1835 die Biographie seines Oheims des Erzbischofs von Palmyra; Ant. de Iza Zamacola y Vilar schrieb über Calderon (1840); E. F. de Navarrete gab zwei ältere Biographien Garcilaso's de Vega (1850 u. 1652) heraus. Unter den Memoiren sind unter anderen diedes Marques de Milaflores (Lond. 1834, Madr. 1844), von Jose Maria de Zuaznavar u. Francia (Bayonne 1834, Fortsetzung ebd. 1835), Vicente Pazos (Lond. 1834), des Manoel Godoy (Par. 1839), von Rodil (Madr. 1837), der Generale Juan van Halen, Cordova, Llander etc. von Wichtigkeit für die Geschichte ihrer Zeit. Die spanische Numismatik betrifft die Goleccion de documentos para la hist. monetaria de España, 1844 ff.; das spanische Ordenswesen die Noticias de las ordenes de caballeria en España (1835, 4 Bde.). Die Academia de la historia gibt auch mehre Sammlungen von historischen Quellen heraus, so in neuester Zeit die Cronica del rey Fernando IV.; Urkunden zur castilianischen Geschichte aus dem Archiv von Simancas, Madr. 1824 f., 5 Bde.; ferner Memorias (1796–1836, 7 Bde.), u. endlich verschiedene ältere Chronisten, Rechtsbücher, Wappenbücher u. Geschichtswerke, z.B. die Obras des Oviedo. (1852 ff.). Sonst sind als hierher gehörig noch zu nennen die Coleccion de documentos conclerneutes á las provincias vascongadas (1829 f., 5 Bde.); Andr. Muriels Urkundensammlung zur Regierungsgeschichte Karls III. (1839); Ripolls Documentos del ar chivo de la catedral de Vich (Barc. 1834); die Dcumentos ineditos von Serra (1845–51, 5 Bde.); die Coleccion de documentos ineditos von Navarrete, Salva u. Baranda (1842–54, 18 Bde.) u.a.m. Herausgegeben wurden ferner außer vielen andern von Cayet Rossell eine Sammlung der Historiadores de sucesos particulares (1852 ff.); die Chronik des Bernaldez (Granada 1850); die Cronica de les reyes de Navarra (Pamplona 1843) von Don Jose Yanguas y Miranda, des Solis Hist. de la conquista de Mejico (Par. 1844) von I. de la Revilla etc. Ein wichtiges Urkundenwerk ist auch die noch unvollendete España sagrada (s. oben). Betrachtet man die Leistungen der spanischen historischen Literatur, so lassen sich in derselben im Allgemeinen zwei Hauptrichtungen unterscheiden, eine verallgemeinernde u. freiere, deswegen aber auch oftmals leichtfertigere, oberflächlichere; u. dieser gegenüber eine particularisirende, beschränkende, dadurch aber oft um so genauere Richtung. Der die Geschichte in Roman auflösenden Darstellungsweise ist eine Neigung zur Publication der Quellen in der ganzen Trockenheit ihrer ursprünglichen Form zur Seite getreten. Der ersteren Richtung fallen unter den obenverzeichneten Werken eine große Anzahl historischer Gelegenheitsschriften, sowie Übersetzungen u. Nachahmungen französischer Productionen anheim. Von deutschen historischen Arbeiten ist bis jetzt nur Einzelnes in das Spanische übersetzt worden, doch hat die Real Academia in neuester Zeit die Absicht kundgegeben auch eine Auswahl der gediegensten fremden Geschichtswerke, bes. solcher, welche die spanische Geschichte berühren, mit spanischem Text herauszugeben.

Wiewohl in einem Lande, wo die Inquisition ihren Sitz aufgeschlagen hatte u. mit furchtbarem Ernst waltete, freie Forschungen auf dem Gebiet der theologischen Wissenschaften nicht wohl zu erwarten sind so kann man doch die Verdienste eines [459] Scio, Torres Amat (bes. seine Kirchengeschichte, Madr. 1806, 13 Bde), Gonzalez Carbajal, Cabrera, Villanueva, Palafox u. v. A. als gelehrter Theologen (Torres Amat u. Gonz. Carbajal haben die Bibel von Neuem übersetzt) nicht streitig machen. Um die Jurisprudenz machten sich früher verdient Mayans, Finestra, Campomanes, Colon, Mateo y Sanz, Marques de la Corona, Floridablanca, Salas, Perez y Lopez, Elizonda u. v. A. In der neuesten Zeit nahm unter den wissenschaftlichen Leistungen die für Rechtswissenschaft eine bedeutende Stelle ein, da sowohl der Absolutismus als auch die Gegenpartei ihre Begründung in den alten Gesetzen suchen wollten u. sich daher einem tüchtigen Studium derselben unterziehen mußten: hierher gehörten die von G. Lopez herausgegebenen, von Alfons X. herrührenden Las siete parti las Madrid 1829 f; Diccionario juicial. ebd. 1827; Hevia y Bolano Curia filipica. ebd. 1825, für das Händelsrecht, wohin auch E. de Tapia Jurisprudencia mercantil, Valencia 1829, gehört; für Criminalrecht Lardizadal y Uribe (Über Criminalgesetze, Madr. 1828); Privatrecht Llamas y olina (Üder die Gesetze von Toro, ebd. 1827); Zuasnavar (Über die Gesetzgebung von Navarra, ebd. 1828). Gesetzsammlungen wurden schon früh veranstaltet, für Castilien unter Ferdinand III. (Fuero juzgo, wovon die Akademie 1815 eine neue Ausgabe veranstaltete) u. Alfons X. (Fuero real u. Leyes de las siete partidas für Aragonien auf dem Reichstag zu Huesca 1247); das alte Seegesetz (in Catalonischem Dialekt) zum Theil schon im 10., größtentheils jedoch im 13. Jahrb. verfaßt (mit holländischer Übersetzung von Abr. Westerveen, Leyd. 1704, steht auch in G. L. M. de Casaregio Discursus legalis de commercio, Flor. 1719, Fol.). In neuester Zeit wurden die alten Rechtsquellen wieder geöffnet, indem die Akademie der Geschichte 1836 die Opusculos legales del rey Alonso X., 2 Bde., Fol. u. 1836–43 die Coleccion de cortes de Leon y Castilla herausgab; schon 1832 waren die Usages y demas derechos de Cataluña herausgegeben worden. Hieran schloß sich eine spätere Coleccion de fueros municipales (1847, 2 Bde.) von Tomas Muños y Romero, das Fuero viejo de Castilla (1847) von Asso y del Rio y Manuel, u. eine Neuausgabe der Siete partidas Alfons des Weisen von De Vargas y Ponce (Par. 1851, 5 Bde.), Über Rechtsgeschichte, ein Gebiet, welches in den letzten Decennien mit besonderer Vorliebe gepflegt wurde, schrieben: Palanca y Gutierrez, Garcia de la Madrid (Hist. de les tres derechos, rom., canonico y castell., 1831); I. M. Zuasnavar y Francia (Comp. hist. de la jurisprudencia de la corona de Castilla, 1832); Rodrigo Quiroga (Comp. hist. del derecho civil de Esp., Salamanca 1837); Fr. Magin Ferrer (Las leyes fundamentales de la monarquia esp., Barc. 1843); Manresa Sanchez (Hist. leg. de Esp., 1842); F. M. Marina (La legislacion de los reynos de Leon y Castilla, 1845); I. M. Antequera (Hist. de la legislacion española, 1849); Sempere y Guarinos (Hist. de los vinculos y mayorazgos, 1847); Ramon Ortiz de Zarate (Analisis hist.- crit. de la legislacion española, 1846); Carlos Raul (Defensa de las regalias, Barc. 1852) u.a.m.; systematisch wurde das vaterländische Recht behandelt von I. M. Alvarez, V. Fern. de la Rua, Ramon Sala, Juan Salat die Gerichtsordnung erläuterte Sanchez; üder Staatsrecht (Berecho politico) schrieb I. Donoso Cortes, über Völkerrecht (Derecho de gentes) Andres Bello; Versuche über Rechtsphilosophie schrieben Cortes u. Alex. Galiano. Auch die cameralistischen u. politischen Wissenschaften haben Bearbeiter an Malo, Evaristo San Miguel, Valle Santoro. Die Medicin, welche durch Araber u. Juden in Spanien früh in Ansehen stand, wurde später im Verhältniß zu den übrigen Wissenschaften vernachlässigt, indeß erwarben sich Einzelne, wie Piquer, Vives, Luzuriaga, Bonello y Lacaba, Ortiz, Hurtado de Mendoza (Anatomie), Cadallero, Arejula, G. Medes, Pastor, Vidal (gerichtliche Chirurgie, Madr. 1827), Viguerra (Physiologie der Weiber, Madr. 1828), I. A. Bernal Muñoz, Mariano Jose Gonzalez y Crespo, Ballesteros (über Taubstumme) einige Verdienste um dieselde. Bedenkt man aber, was Casal, Molina, Cavanilles, Mutis, La Gasca, Ruiz y Pavon, Rojas Clemente, Azara etc. für Naturwissenschaften geleistet haben, so muß man urtheilen, daß solche eher noch ihre Verehrer finden. Vor allem aber zeichnet sich aus, was in das Gebiet der Mineralogie u. des Bergbaues gehört, welche Wissenschaften die Spanier vornämlich wegen Brasilien cultivirten; vorzügliche Schriftsteller in diesem Fach sind Alvarado de la Peña u. Don Guillermo Schulz. In der Geographie u. Statistik ist erst in neuester Zeit etwas Bedeutendes geschehen, sowohl für alte Geographie (s. unten S. 461), als auch für neuere Geographie, hier sind bes. zu bemerken Jose Mar. Vallejo (Nociones geogr. y astron. para comprender la nueva division del territorio esp., 1834); Fuster (Estadistica o censo general de la poblacion de Esp., 1843); Caballero (Manual geogr.- administrativo de la monarquia esp., 1844); Mellado (Guia del viagero en Bsp.); Verdejo Paez (Descripcion de Esp.); vor Allen aber Sebastian de Miñano (Diccionario geogr. de Esp., 1826–29, 11 Bde.) u. Pasquale Madoz (Diceion. geogr.- estad.- hist. de Esp., 1845 ff.). Für die allgemeine Geographie wurde das Diccionario manual geogr. nach Malte-Brun bearbeitet 1834, 2 Bde.; D. Fermin Cabaltero erklärte in seiner Nomenclatura geogr. de España, Madr. 1834, die spanischen Ortsnamen. D. Martin Ferarde u. Antillon bearbeiteten neuerlich ebenfalls Zweige der Geographie u. Statistik in wissenschaftlicher Weise. Von den spanischen Colonien erhielt Cuba durch Ramon de la Sagra (Havanna 1831, Par. 1843) u. die Insel Fernando Po durch Jer. de Usera y Alcaron (Madr. 1848) sehr gute Beschreibungen; ebenso das benachbarte Marokko durch Serafin Calderon (ebd. 1844). Unter den Handbüchern der allgemeinen Geographie ist das von Verdejo Paez in vielen Auflagen verbreitet. In der ganzen civilisirten Welt als vortrefflich anerkannt ist Navarretes Goleccion de viages y descubrimientos que hicieron por mar los Españoles (1825–37). Die Staatsökonomie, wozu schon Osorio, Perez de Herrera u.a. brauchbare Vorarbeiten geliefert hatten, wurde im 18. Jahrh. durch Mata, Campomanes, Ward u.a. als Wissenschaft begründet u. in neuester Zeit von L. Borda Espremada n. A. bearbeitet.

Die Philosophie steht im Allgemeinen noch auf dem scholastisch-empirischen Standpunkte u. ist, weit meist von Geistlichen cultivirt, Magd der Theolegie[460] geblieben; höchstens in ihren mehr praktischen Zweigen ist einiges, wenigstens für Spanien Bemerkenswerthe an das Licht getreten. Dahin gehören die rechts- u. politisch-philosophischen Schriften von Alcala Galiano (Maximas y principios de la legislacion universal, 1834; De la revision de nuestras leyes, 1837) u. von Juan Donoso Cortes (Principios constitucionales, 1837; Consideraciones sobre la diplomacia, 1834). Als Erstlinge einer selbständigen Speculation dürfen einige Schriften von Jose Regnero Arguelles (Unidad symbolica y destino del hombre en la tierra, 1837; Reflexiones sobre la tolerancia civil y politica do cultos religiosos, 1837) u. von Valladares (La esperanza y los presenti mientos, 1847) gelten. Geschätzt ist das Manual de logica von Man. Muñoz y Garnica (2. A. 1852, 2 Bde.). Ein Philosoph im wahren Sinne des Wortes war Jaime Balmes, starb 1849 (Filosofia fundamental, 2. A. Par. 1852; Le protestantisme comparé au catholicisme dans ses rapports avec la civilisation européenne, Löwen 1846). Die Schriftsteller auf dem Gebiete der Moralphilosophie sind meist Übersetzer.

Um die Alterthumskunde, älteste Geschichte, Geographie u. Ethnographie Spaniens machten sich I. A. Cean-Bermudez (Sumario de las antiguedades romanas que hay en España, 1832), Miguel Cordez y Lopez (Dicc. hist.- geogr. de la España antigua, 1836, 3 Bde.), Augustin de Blas (Origen; progressos y limites de la población, 1833), Fermin Caballero (Nomenclatura geographica de España, 1834) u. v. A., meist in kleineren. Schriften u. Abhandlungen, verdient. Die bedeutendsten spanischen Kunsthistoriker der Gegenwart sind Federigo Madrazo y Agudo u. Don Eugenio de Ochoa, beide die Herausgeber der Zeitschrift El artista; ferner Jose Galofre (El artista en Italia, 1851); Genaro Pedro Villa-Amil (L'Espagne artistique et monumentale, Par. 1842–50); I. Caveda (Ensayo hist. de los diversos generos de arquitectura empleados en España; 1849). Auf dem Gebiet der klassischen Philologie u. Alterthumswissenschaft hat Spanien seit Jahrhunderten nichts von Bedeutung geleistet. In Spanien sehr geschätzt ist. V. Salva's neue Bearbeitung von Valbuena's Diccion. lat. español. Man begnügte sich einzelne römische u. griechische Autoren in die Landessprache zu übertragen. In neuester Zeit wurden des Heineccius Antiquitates romanae von C. Dicenta y Blanco (1944 f., 3. Bde.) u. desselben Hist. iuris Romani von Man. Fern. Arango u. Man Roson Lorenzana (1845, 3 Bde.) ins Spanische übersetzt. Von klassischen Werken übertrugen außerdem Vicente Espinel die Ars peetica des Horatius, dessen ganze Werke D. Javier de Burgos (Madr. 1820–23); Clemencin u. Canga-Argnelles die griechischen Bukoliker u. die kleinen Lyriker; Estala den Sophokles u. Aristophanes; D. Jose Gomez Hermosilla den Homer (ebd. 1821); Romanellos den Isokrates u. Plutarchos; Gonzalez Carvajal die Psalmen u. andere poetische Bücher des Alten Testaments (Madr. 1827–30, 6 Bde.). Dasselbe Schicksal, wie die klassischen, hatten auch die orientalischen Studien, wenn auch hier schon früher die reichen arabischen Schätze der spanischen Bibliotheken mehre auch im Ausland geschätzte Werke hervorriefen. Noch immer in hohem Ansehen steht Conde's Hist. de la dominacion de los Arabes en España (Madr. 1820, Par. 1840); eines europäischen Rufes als Orientalist genießt Don Pascal de Gayangos (z.B. The Mahommedan dynasties of Spain, Lond. 1840). Ein gründlicher Kenner der sogenannten Rabbinischen Literatur ist Amados de los Rios. Später übersetzte man bes. italienische Poesien u. als Frankreich überwiegenden Einfluß auf die S. L. erhielt, französische (bes. Molière u. Voltaire), englische nur wenige, wie Olwedo Pope's Essay of man, Moratin Shakspeares Hamlet, Gomez Romero Thomson's Jahreszeiten (Madr. 1806) u. neulich Escoiquiz u. de Hermida Milton's Verlorenes Paradies. Die Hauptperioden der Übersetzung waren die Jahre 1820–23, wo der sich wieder hebende Liberalismus viele englische u. französische Schriften, welche seine Sache zu fördern u. zu begünstigen schienen, auf spanischen Boden verpflanzte. Damals wurden Adam Smith, Montesquien, Chateaubriand, B. Constant, Desnoyer, sowie in andere Zweige des Wissens einschlagende Schriften, als von Bichat, Cuvier, Pinol, Cabanis etc. übersetzt. Deutsche Literatur hat man erst in neuerer Zeit kennen gelernt u. mehres übersetzt, z.B. Joh. Mar. de Fuentes 1831 Werthers Leiden. Während früher Spanien durch die Priester u. Missionäre in seinen amerikanischen Colonien dem Lingnisten eine große Anzahl von jetzt unschätzbaren Arbeiten mittel- u. südamerikanischer Indianervölker geliefert hat, geschieht gegenwärtig auf diesem Gebiete gar nichts mehr. Dagegen wird auf den Philippinen namentlich das Tagala, als die verbreitetste einheimische Sprache, fleißig studirt u. Vieles in. derselben gedruckt, wie denn eine lange Reihe von Übersetzungen spanischer Volkssagen u. Volksbücher in Versen u. Prosa zu Manilla gedruckt worden ist. Erwas thätiger zeigten sich die Spanier für lexikalische u. grammatikalische Bearbeitung der Spanischen Sprache, wenn auch bis jetzt noch kein Buch an das Licht getreten ist, welches auf wissenschaftliche Bedeutung Anspruch machen könnte. Die beste spanische Grammatik bleibt immer noch die von V. Salva (1831, n. A. Par. 1854); über Orthographie schrieben P. Madariaga (Arte de escrivir, Madr. 1777), José René Masson (Ortografia de la lengua castellana, Par. 1826), José Maria Gonzalez, G. Ximenes, José Maria Palacios u. la Real Acad. Española (Ortografia de la lengua Castellana, Madr. 1792, n. A. ebd. 1815, 1835 ff. u. Par. 1855); das brauchbarste Wörterbuch lieferte ebenfalls Vinc. Salva, welcher überhaupt in philologischer Beziehung als Autorität gilt (Par. 1845); den Versuch eines etymologischen Wörterbuchs machte Cabrera (Madr. 1837). Die Synonymik behandelten Huerta (Bxamen de los sinonimos de la lengua Castellana, Madr. 1299, n. A. Valencia 1807, 2 Bde.), March (Barcel. 1834), Pedro Maria de Olive (2. A. Par. 1952); die Verskunst Maury (Par. 1835), u. Gomez Hermosilla (Arte de hablaren prosa y versos, Par. 1837, 2 Bde., 2. A. 1842) u.a.m. Reimwörterbücher verfaßten Cracia (Barcel. 1829) u. ein Anonymus (Par. 1852). Für Kenntniß der spanischen Dialekte ist von Wichtigkeit die Coleccion de poesias en dialecto asturiano (Oviedo 1839). Mit großen Eifer werden zum Theil kritische Ausgaben der alten spanischen Klassiker veranstaltet, so von Duran u. Hartzenbusch Sammlungen älterer spanischer Dramatiker[461] (s. oben S. 457); hierher gehören Buenav. Carlos Ariban's Biblioteca de autores españoles (1846–52, 1.–18. Bd.), die treffliche Ausgabe des Don Quixotte mit Commentar von Dom Clemencin (1833–39, 6 Bde.), der Poesias escogidas des E. G. Lobo (Par. 1837), der Gedichte des Padilla durch Miguel del Riego (Lond. 1842), der Obras des Luiz de Granada von José Joaquin de Mosa (2. A. 1850, 3 Bde.), der Werke des Marquis von Santillana durch I. Amador de los Rios (Par. 1852), der Obras (1852) u. von Las tres coronas en el aire (1847) des Quevedo, der Celestina des F. de Roja's (1846), der lyrischen Poesien des Calderon von Ad. de Castro (Cadiz 1845), der Rimas ineditas des I. Lopez de Mendoza, Marquis von Santillana, des Fernan Perez de Guzman u. anderer Dichter des 15. Jahrh. durch E. de Ochoa (Par. 1844) etc. Von Bedeutung für die Geschichte der älteren spanischen Dichtung sind die Ausgaben der Romanceros u. Cancioneros (s. oben S. 453 f.). Einen Wiederabdruck des obscönen Cancionero de obras de burlas provocantes (Lond. 1841) besorgte ein flüchtiger Spanier in England. Die erste spanische Sprüchwörterssammlung erschien Sevilla 1535. Mit Sammlungen von Sprüchwörtern, Sentenzen, Idiotismen etc. beschäftigten sich in älterer Zeit Lopez de Mendoza, Don Inigo, Marquis de Santillana (Sevilla 1548, Auvers 1558, 1594), Martin Nucio (Envers 1549, 1558), Hernan Nunez (Salamanca 1555, Brucelas 1611, Madr. 1619), Melchior de Sania Cruz (Brucellas 1598 u. 1614), Cristoval Perez de Herrera (Madr. 1618), M. de Llamazares (Leon 1670) u. v. A.; die neuste Sammlung stellte zusammen der Deutsche Friedrich Köler (Sammlung spanischer Sprüchwörter, mit Erläuterungen u. Übersetzungen, Lpz. 1845). Auch findet man in den Werken von Gomez de Mier, Ch. Pompée etc. viele Apophthegmen, Idiotismen etc. Als Kritiker erwarben sich Verdienste unter vielen Andern Aug. Duran, dessen Discurso sobre el influjo que ha tenido la critica moderna en la decadencia del teatro antiguo (Madr. 1848) wesentlichen Einfluß auf die nationale Regeneration des spanischen Drama übte, u. Don Alberto Lista (Ensayos literarios y criticos, Sevilla 1844, 2 Bde.); nächst diesen Pidal, Hermosilla (Juicio crit. de los principales poetas esp. de la ultima edad, Par. 1840, 2 Bde.), M. Lasuente, Enrique Gil, Ant. M. Segovia (pseudonym El Estudiante) etc. Für die Geschichte der spanischen Nationalliteratur ist in Spanien selbst nur wenig, das meiste u. beste aber in Deutschland gearbeitet worden. Reiches biographisches u. bibliographisches Material bieten die Werke von Juan Pedro Fuster (Biblioteca valenciana, Val. 1827–30, 2 Bde.), Feliz Torres Amat (Memorias para ayudar á formar un diccionario critico de los escritores catalones, Barcel. 1836), Miñano (Diccion. biogr. y bibliogr. de la isla de Cadiz, 1830), Bover (Memoria biografica de los Mallorquines que se han distinguido en la antigua y moderna literatura, Palma 1842); Ant. Fern. Morejón (Hist. bibliografica de la medicina española 1842–46,1.–5. Bd.), Eug. de Ochoa Apuntes para una biblioteca de escritores esp. contemporáneos, Par. 1840, 2 Bde.; Catalogo razonado de los manuscritos esp, exist. en la biblioteca de Paris, Par. 1844). Über die Erscheinungen der spanischen Presse berichten die Bioliografia de España u. (seit 1840) das Boletin bibliografico. Für die Literaturgeschichte selbst sind wichtig von älteren Werken Mohedano (Hist. literaria de España, Madr. 1776–91, 12 Bde.); Alv. Aug. de Liagno (Kritische Bemerkungen über Castilianische Literatur. Aachen 1829 f., 2 Hste.); Gomez' de Cortina u. Hugalde y Molinedo's mit vielen Zusätzen bereicherte Übersetzung eines Theils von Bouterwek's Geschichte der spanischen Poesie (Madr. 1829); José Lorenzo Figueron's u. José Amador de los Rios Übersetzung von Sismondi's Hist. de la literatura española (Sevilla 1841 f., 2 Bde.); ferner die neueren Autoren Martinez de la Rosa (Geschichte der spanischen Poesie, auch ins Deutsche übersetzt, Frankf. a. M. 1840); Gil de Zarate, Manuel de literatura (1843, 2 Bde., 2. A. 1851); A. Ferrer del Rio, Galeria de la literatura española (1846), Salvador Costanzo, Ensayo polit. y lit. sobre la España y Italia (2 A. 1848); die Übersetzung von Ticknor's Historia de la literatura española durch Pascual de Gayangos u. Enrique de Vedia (Madr. 1851–53, 2 Bde.). Chrestomathien u. Anthologien, meist mit biographischen Notizen, veranstalteten Quintana (Poesias selectas castellanas, Madr. 1830, 4 Bde., Par. 1838; Musa epica española, Madr. 1830–33, 6 Bde., Par. 1840); Fabricio (Los historiadores españoles en pruebas escogidas, Lpz. 1858); Booch-Arkossy (Spanische Chrestomathie, Lpz 1857) u.a.m. Andere, theils ältere, theils neuere spanische Anthologien sind: Sedano's Parnaso español. Madr. 1768–78, 9 Bde.; Ramon Fernandez Coleccion de diversos poetas españoles, ebd. 1789–1819, 20 Bde.; Böhl de Faber's Floresta de rimas antiguas castellanas, Hamb. 1821_–25, 3 Bde.; Wolf's Floresta de rimas modernas castellanas, Par. 1837, 2 Bde.; Capmany's Teatro historico-critico de la elocuencia castellana. Madr. 1786–94, 5 Bde.; Aribau's Biblioteca de autores españoles, ebd. 1846 ff. u.a.m. Die neuesten Dichter Spaniens behandelt Avelina de Orihuela, Poetas españoles y americanos del siglo XIX., Par. 1851. Beiträge zur Geschichte der dramatischen Kunst bes. lieferten Luis Lamarca (El teatro de Valencia, Valencia 1840), Alb. Lista (Lecciones de la literatura dramatica esp., 1839) u. Lombia (El teatro, 1845). Von. Ausländern machten sich um die Geschichte der S. L. verdient: in Frankreich (außer Sismondi) Puibusque (Hist. comparée des lit. esp. et franç., Par. 1848, 2 Bde.); Viardot u. Ph. Chasles (Etudes sur l'Espagne, Par. 1847, auch deutsch); in England u. Amerika Kennedy (The modern poets and poctry of Spain, Lond. 1852) u. vorzüglich Ticknor (Hist. of Spanish Literature, New York 1849, 3 Bde.; deutsch von Julius, Lpz. 1852., 2 Bde.); sowie anch Prescott (Critical and histor. essays, Lond. 1850); in England schrieb auch der Spanier Anaya (Essay on Spanish Literature; Lond. 1818); in den Niederlanden Dozy (Recherches sur l'hist. polit. et liter. de l'Espagne pendandle Moyen Age, Leyd. 1849, n. A. Brüssel 1860, 2 Thle.); in Deutschland ehedem F. I. Bertuch (Magazin der Spanischen u. Portugiesischen Literatur, Weim. 1780, 1. Bd.); Bouterwek, Buchholz u. Sandvoß, Huber, Ideler u. Nolte u.a.m.,[462] neuerlich E. Clarus (Darstellung der S-n L., im Mittelalter, Mainz 1846, 2 Bde.); Brinckmeier (Geschichte der spanischen Nationalliteratur, Lpz. 1844; u. Die Nationalliteratur der Spanier seit dem Anfang des 19. Jahrh., Göttingen 1850), V. A. Huber (Be primitiva cantilenarum epicarum vulgo Romances apud Hispanos forma, Berl. 1844), Ad. Keller etc., bes. aber Lemcke (Handbuch der S., L., Lpz. 1855 f., 3 Bde.) u. Ferd. Wolf in Wien (Über die Sammlung spanischer Romanzen in fliegenden Blättern, Wien 1850, u. Studien zur Geschichte der spanischen u. portugiesischen Nationalliteratur, Berl. 1859). II. Das spanische Amerika. Bei der drei Jahrh. lang mit Entschiedenheit durchgeführten Politik der Spanier in ihren sämmtlichen amerikanischen Colonien, welche durchaus nicht duldete, daß sich unter dem Volke eine gewisse Bildung verbreitete, u. mit Hülfe der Inquisition jede freiere Geistesregung unterdrückte, mußten bei dem Ausbruch des Südamerikanischen Befreiungskrieges Unterricht u. wissenschaftliche Bildung im spanischen Amerika völlig unbekannte Dinge sein. Selbst die große geistige Bewegung, welche Ende des 18. u. Anfang des 19. Jahrh. unter der spanisch-amerikanischen Bevölkerung bemerkbar wurde, beschränkte sich auf die höheren Kreise der Gesellschaft. Während der zwanzigjährigen Anarchie u. Verwirrung, welche die Revolution (1807–27) herbeigeführt hatte, erlangte die unwissende, dabei aber friedliche Masse, nur die Kenntniß des Kriegs, ein Umstand, der von größtem Einfluß auf die Entwicklung eines eigenthümlichen kreolischen od. spanisch-amerikanischen Nationalcharakters war u. das Verhalten des Volks u. die innere Geschichte der neuen Republiken wesentlich bedingte. Obgleich die Lenker u. Leiter der letzteren nicht verabsäumt haben durch Gründung höherer u. niederer Anstalten (wie der Akademie zu Mexico, Caracas u. Bogota, der Normalschulen u. Provincialschulcollegien der columbischen Republiken Peru u. Chile, der Akademie der Musik u. der Ingenieurschule zu Buenos-Ayres), Unterricht u. wissenschaftliche Bildung zu verbreiten, so ist doch die Aufgabe der Regeneration der Hispano-Amerikaner zu groß u. schwierig, als daß sie schon jetzt eine befriedigende Lösung hätte finden können. Als Mittelpunkte der gegenwärtigen geistigen Bewegung dürften namentlich Mexico, Cuba, Peru u. Buenos-Ayres zu betrachten sein. A) In Mexico zeigte sich im 16. Jahrh. ein reger wissenschaftlicher Eifer; theils durch Spanier, theils durch spanischgebildete Eingeborne wurden tüchtige historische, sprachliche, meist theologische u. andere wissenschaftliche Werke geliefert. Mit der ersten Niederlassung der Europäer kam auch die Buchdruckerkunst in die Neue Welt; für das erste in Mexico gedruckte Buch gilt ein Manual ad ministranda sacramenta vom Jahre 1540. Das ganze 17. u. die erste Hälfte des 18. Jahrh. zeichnen sich durch eine große Armuth an Geistesproducten aus. Erst gegen Ende des 18. Jahrh., nach Vertreibung der Jesuiten (1767) beginnt eine neue Periode geistigen Lebens u. productiver Thätigkeit. Diego Abadiano, ein gelehrter Geistlicher aus Mechoacan, wirkte als Historiker, Dichter u. Kritiker; die erste Literaturzeitung, die Gazeta de literatura, unter Redaction Antonio Alzates trug viel zur Verbreitung wissenschaftlichen Strebens bei; Velasquez de Leon zeichnete sich in Mathematik u. Astronomie, Gamboa im Bergwesen, Andres del Rio als Mineralog u. Geognost aus. Viele Schriften u. auch treffliche poetische Werke rief der Befreiungskrieg selbst hervor. Mit dem Jahre 1821 beginnt für Mexico eine neue Epoche der Literatur, welche seitdem zu einer freieren Entwicklung gelangt ist. Die Neigung der Kreolen zur Poesie hat auf diesem Felde. manches Beachtenswerthe hervorgerufen. Auch in ihrem Mutterlande berühmt war ihrer Zeit die Dichterin Juana Inez de la Cruz (geb. 1651, st. 1695, Obras poeticas, Madr. 1689, 3 Bde), welche meist Autos verfaßte; F. Manuel de Navarrete, der amerikanische Schwan genannt (geb. 1768 in Mexico, st. 1809 in Tlalpujuhua) ist als Anakreontiker u. Bukoliker (Poesias, Mexico 1823) berühmt. Als Romandichter machte sich im dritten Decennium dieses Jahrh. der Licentiat Zarate (Perico Sarniento u. La Popita) bekannt; derselbe schrieb auch gute Fabeln u. redigirte mit satirischem Humor die Zeitschrift El pensador mejicano. Beliebte Lyriker der Jetztzeit sind: Pesado, Zeredia, Sanchez Taglo, Ortega, Peyno etc. Unter den Dramatikern ist Gorostiza (s. oben) auch in Spanien bekannt; sonst dürfte noch Calderon zu nennen sein. Das Theater ist in Mexico sehr begünstigt; die Stadt Mexico selbst hat drei Theater, worunter seit 1843 das schöne u. großartige Teatro nacional; die größeren Provinzialstädte, wie Puebla, Guanaxuato, Guadalaxara haben stehende Theater; die mittleren, wie Orizaba, Veracruz, Oaxaca, wenigstens in der kühleren Jahreszeit. Aufgeführt werden theils die Werke der alten spanischen Klassiker, theils die neuerer spanischer Dramatiker; daneben Übersetzungen von deutschen, italienischen, französischen u. englischen Stücken. Auch Autos sacramentales werden noch häufig dargestellt. Im Allgemeinen ist die Poesie sehr dem Einflusse Frankreichs hingegeben. Gute Arbeiten hat die historische Literatur in Mexico aufzuweisen; dahin gehörte aus dem 16. Jahrh. Fr. Lopez de Gomara (Cronica de la nueva España, herausgegeben von Bustamente, Mexico 1826); Bernardino de Sahagun, starb 1590 (Hist. univ de nueva Esp., Mex. 1829, 3 Bde.); Torquemada (Monarquia Indiana, Sevilla 1615, 3 Bde., Madr. 1723); Fernando de Alva Ixtilxochitl (Hist. Chichimeca); Toribio de Benaventa od. Motolinia (Hist de los Indios); Gonz. Fern. de Oviedo y Valdez, geb. 1478 (Hist. general de las Indias); Comargo (Hist. de Tlascala) etc.; aus dem 18. Jahrh. Franc. Ant. Lorenzana, Erzbischof von Mexico (Hist. de nueva Esp., Mex. 1770; Concilios provinciales I. et II. de Mexico, ebd. 1769); Maria Veytia, geb. 1718, st. 1780 (Historia antigna de Mexico, ebd. 1836), Clavigero (Storia antica del Messico, Cesena 1780, 4 Bde.) u. Ant. de Gama (geb. 1735, st. 1802) schr. Mehres über aztekische Alterthümer. In neuester Zeit machte sich bes. Carlos Maria Bustamente theils durch Herausgabe mehrer älterer historischer Schriften, theils durch selbständige Arbeiten (z.B. Hist. de la revolucion mejicana, Par 1829) verdient. Andere Geschichtschreiber sind Lorenzo Zaavala (Hist. de la revolucion de Mejico, Par. 1831) u. Jose Maria Luis Mora (Mejico y sus revoluciones, ebd. 1836, 8 Bde.; Obras sueltas, ebd. 1838, 2 Bde.). Die Urgeschichte Amerikas schrieb Brasseur de Bourbourg (Cartas para servir de introduccion á la hist. primitiva de [463] las naciones civilizadas de la America septentrional, Mex. 1851). Beiträge zur Kunde der zahlreichen Sprachen der eingeborenen Indianer (wie Naxera über das Othomi) hat die neuere Zeit nur wenig geliefert; desto mehr geschah hierfür durch den Bekehrungseifer des 16 Jahrh., wo z.B. Alonso de Molina über das Aztekische (Arte, Mex. 1571; Vocabulario. ebd. 1571, 2 Thle.; Catecismo, 1564; Confessionario, 1565 etc.) noch jetzt geschätzte Arbeiten veröffentlichte. Reiches Material für Literaturgeschichte u. Bibliographie Neuspaniens lieferten Juan Jos. de Eguiara y Eguren (Biblioteca mexicana, Mex. 1755) u. Jose Mariano Beristain de Souza (Biblioteca hispano-americana septentrional, ebd. 1816). Als Botaniker machten sich in neuerer Zeit Cervantes, de la Clave u. Lejarza, als Geograph u. Geognost Joseph Maria Bustamente bekannt Die Zahl der Zeitungen, meist jedoch ohne Geist u. Geschick redigirt, ist beträchtlich. Von Werth ist das 1847 begonnene Museo mejicano, welches werthvolle, bistorische, biographische u. belletristische Arbeiten derjüngeren Talente des Landes enthält. In Yucatan traten in neuerer Zeit in Wenceslao Alpuche, st. 1841, u. Miriano Irujillo zwei begabte Dichter auf. B) Cuba hat die besten Dichter des spanischen Amerika hervorgebracht. Ihre Reihe beginnt mit Zegueira u. Desval, welche von Jose Maria Heredia (geb. 1803 in Santiago, st. 1839 in Mexico; schr. Poesias, New York 1825; Obras, Toluuca 1832; Obras, Barcel. 1840) weit übertroffen werden. Neben Letzterem sind noch zu nennen Jose Milanes (El Alarcos, Tragödie; Obras, Havanna 1849 f., 4 Bde.) u. Gabriel de la Concepcion Valdes, als Dichter unter dem Namen Placido bekannt, erschossen am 28. Juni 1844 (Poesias, Havanna 1848 u.ö.). Minder bedeutend sind Rafael Maria de Mendive (Pasionarias, ebd. 1847) u. Juan Guell y Rente (Hojas del Alma, ebd. 1846) sowie Leopoldo Turla, Manuel Orgallez, Narciso de Foxa, Miguel Cardenas y Chavez. Das Lyceum der Künste u. Literatur setzt bisweilen Preise für die besten Gedichte aus. Unter den cubanischen Zeitschriften enthält die Siempra viva viele gelungene Poesien, ebenso der, Aguinaldo Matanzeron (1847) von Jose Victoriano Betancourt u. Miguel Tolon, namentlich von den Ausgebern selbst. Als Satiriker u. Sittenschilderer ist Jose de Cardenas y Rodriquez sehr beliebt; als politischer Schriftsteller Ant. Jose Saco (Situacion polit. de Cuba, Havanna 1851) von Bedeutung. Eine vortreffliche geographisch-statistische Arbeit lieferte Ramon de la Sagra (Hist. econ., polit. y estadistica de Cuba, ebd. 1831, Par. 1843), welcher auch eine Hist. fisica, polit. y natural de Cuba (Par. 1837 ff.) begann; die einzige historische Arbeit über die Insel verfaßte Jac. de la Pezuela (New York 1842). C) Von weniger Bedeutung scheinen die literarische Erzeugnisse des spanischen Südamerika. Der namhafteste Dichter Neugranadas ist J. F. Madrid in Caracas (Elegias peruvianas, Cartagena 1825), dessen Dramen Guatimoc u. Atala auch vielfach anderwärts gegeben werden. Der ausgezeichnetste Dichter des westlichen Südamerika ist J. J. Olmedo aus Lima. Mehre publicistische Schriften des Franc. de Paula G. Vigil (z.B. Compendio de la defensa de la autoridad de los gobiernos contra las pretenciones de la Curia Romana, Lima 1852) wurden in den päpstlichen Index aufgenommen. Als Geschichtschreiber sind Restrepo (Hist. de la revolucion de Columbia Par. 1827–32, 10 Bde.); M. Baralt u. Ramon Diaz (Resumen de la historia de Venezuela, Par. 1841–44, 2 Bde.) u. Claudio Gay (Hist. phisica y politica de Chile, ebd. 1845 ff., 4 Bde.) mit Auszeichnung zu nennen. Von Interesse sind E. Garrosco's Calendario y guia de forasteros de la Rep. Peruana (Lima 1847, sowie eine anonyme Biogr. del general Don M. Bulnes, Santiago 1846). In den La Platastaaten sind als Dichter Juan C. Barela, bes. aber Estéban Echeverria (Rimas, 1837) zu nennen. Unter den historisch-geographischen Werken ist wichtig Pedro's de Angeli Coleccion de obras y documentos relat á la hist. de las provincias del Rio de la Plata (1837, 6 Bde.);ferner sind zu nennen J. Arenale Sobre las operaciones e incidencias de la division liberatora en, 1821, 1832, u. Fel. de Azara's Descripcion e hist. del Paraguay y del Rio de la Plata (Madr. 1847, 2 Bde.).

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 450-464. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2001096486X


Damen Conversations Lexikon 1837

[335] Spanien (Literatur und Poesie). Es war unter dem lächelnden Himmel der Provence, wo nach der langen, öden Nacht der ehernen Zeiten wiederum die heitere Kunst der Lieder als duftende Rose der Erde entsproßte. Von Burg zu Burg, über Berg und Thal zogen mit dem goldenen Saitenspiel, als die leichtbeschwingten Sänger-Herolde der luststrahlenden Göttin Heiterkeit, die Troubadours, durch das Land, während sie zu gleicher Zeit, doch ernster und gemüthlicher und mehr aus den Tiefen der Ahnung und Sehnsucht hervor, in Deutschland als Minnesänger von Frauenschöne und Frauendienst und von dem Frühlinge des Lebens, der Welt und der Liebe sangen Aber jenseits der Pyrenäen, wo unter dem brennenden, fast schwermüthig-glühenden Himmel aus dem heißen Gemisch iberischen, römischen und gothischen Blutes wie aus einem brennenden, von Afrika's Gold durchwirkten Purpurschleier sich ein zwar heiteres, aber selbst in seiner Heiterkeit ernstblickendes Volk emporwand, da vermochte die »lustige Wissenschaft« (gaya scienza) mit ihren limosluschen Liedern, mit ihrem lächelnden Scepter von Flatterrosen kein neues Reich ihrer scherzenden Herrschaft zu begründen. Denn selbstständig, aus dem eignen Innern des Spaniers[335] war schon die blaue Blume emporgeblüht, die still und sinnend, einsam unter den plaudernden Schwestern, am grünen Gestade des Sees das klare Auge öffnet, in heilige Andacht versunken zwischen dem Thränenschleier der Thautropfen zum blauen Himmelsauge emporblickt, oder den Stimmen lauscht, welche aus den Tiefen des Sees ahnungsvoll emporklingen, und sanft ihren Kelch schließt, wenn am Abend melodisch der Sang des Schwanes über die Wellen herübertönt, wenn die Nacht naht mit ihrem zweiten Himmel der Erinnerung und Ewigkeit, und die Sonne des Dunkels erglänzt, der goldne Mährchenhüter, der Traum. Wohl trug der Trovadore auch seinen duftenden Blumenkranz um das Haupt; wohl lächelte auch sein Antlitz, wenn er von den Freuden der Minne sang, und leicht und tändelnd gleiteten die Finger über die goldnen Saiten: – aber dazwischen klirrte das Schwert, ein heißes Ach! der Leidenschaft zog wie eine flammende Windsbraut durch die Aeolusseufzer der Redondillen; der goldne Harnisch gab ehernen Klang, als träum' er von Schlachten, nur in den dunkeln Teppich südlichen Ernstes wirkte der Sänger die purpurnen Blumen des Liedes; und zwischen dem Kranze flatterte der schwarze Helmbusch hervor. Da sang der Dichter gleich der Nachtigall nur in der heißen Mitternacht das Leid seiner Liebe; dazu ertönten Waldhörner in der Ferne, wie thränen- und gnadenreiche Töne aus einer andern Welt; ein afrikanisches Schlachtroß eilte irr vorüber mit purpurner Sammetdecke und stampfte den Boden; in den Wipfeln der Kastanien wehte ein Frühlingshauch von tausend Blüthendüften wie eine purpurne Ahnung des ewigen Sommers; und dort an dem Oelberg, von der hochgebauten Stadt mit dem Kreuze schaute mit liebendem Blick, den Sternenschleier gehoben von der ewigen Stirn, die gebenedeiete Jungfrau! – Heiterer jedoch blühte die Kunst des Gesanges in den südlichen Königreichen. Da hatte sich durch die Mauren, diese echtpoetischen Söhne der Wüste, ein Geist der Poesie ausgebreitet, der in diesen romantischen Thälern, unter diesem elysischen Himmel ein ganz eigenthümilches [336] Kolorit erhalten mußte. Decimas, kleine poetische Gemälde von 10 Zeilen, gaben in dem kleinsten Rahmen die lieblichste Mährchenlandschaft: wie verschleierte Jungfrauen den verfallenen Schachten entstiegen, wie dem Wanderer im alten Olivenhain ein Zwerg mit silbernem Horne oder eine Taube mit goldenem Schlüssel erschien etc Keine grausenden Bilder von nordischen Ungeheuern, keine Schrecknisse einer wilden, hyperboräischen Phantasie webten ihren Nachtmantel über diese romantische Träume: hier war nur die Lieblichkeit und Milde des Südens, Alles schön und rosenfarben, Alles lächelnd und hoffnungsvoll. Melodisch ertönten zu der Mandoline die Serenaden, wo nicht nur die Worte von den Liedern, sondern auch die Melodie der Musik und die Farbe der Kleidung den Triumph des glücklich oder die Verzweiflung des unglücklich Liebenden ausdrückten. Die ganze Form dieser Poesie bestand dabei vornehmlich im Endreim, und besonders paßten zu den kleinen Liebesliedern von 7–13 Distichen die Ghaselen, jene arabischen Rhythmen, in denen sich immer der zweite Vers mit dem zweiten Verse reimt, der erste aber reimlos bleibt. Bald jedoch sollte auch hier in Folge der Kämpfe mit den Mauren in die goldene Sternensaat heiterer Mährchen die Blutsaat des Kriegs ihre purpurnen Perlen winden. Bald sang man von tapfern Rittern, die einen riesenhaften Mohren erlegten, von Heiligen, die ein Kind des Feindes aus dem Strome retteten, von jungen Helden, die ihren Damen zu Ehren abenteuerliche Züge unternahmen. Der Cid erschien, der unbeugsame, hochgesinnte und großmüthige Ruy Diaz, ewig lebend in der Poesie seines Vaterlandes: der größte Held seines Jahrhunderts, die Krone des spanischen Ritterthums. In ihm schuf die Sage die herrlichste Heldengestalt, einen, tief in das geistige Leben seines Vaterlandes verwachsenen Volkshelden, in allen Sagen und Liedern gepriesen und gefeiert, soweit in der alten und neuen Welt der Wohlklang spanischer Zunge tönt. Elf Mohrenkönige zogen an seinem Triumphwagen: Herder war es, der ihm durch seine treffliche[337] Uebertragung dieser Cid-Romanzen unter uns einen neuen Triumph bereitete. So nur, unter diesem Himmel, unter diesem Volke, konnte die Romanze entstehen, dieß echte Erzeugniß des abenteuerlichen arabisch-romantischen Rittergeistes, die bald als erzählende Romanze in Redondilien (redondillas, – Ringelverse von 4 trochäischen Füßen), dactylischen Stanzen und Sonnetten, bald als mehr lyrische Romanze, »cancion« (Lied) genannt, welche in kleine Strophen (coplas) eingetheilt wurde, zur Mandoline oder wie letztere, zu dem beliebten Nationaltanze, der Sarabande, gesungen wurde. Und es ist ein herrlicher Lichtpunkt in der Geschichte der spanischen Literatur, daß der goldene Schatz seiner Urpoesie gleichzeitig in zwei reichen Sammlungen aufbewahrt wurde: in dem »Cancionero general« (»allgemeines Liederbuch«) und dem noch reichhaltigeren »Romanzero general« (»allgemeines Romanzenbuch.«) – Unterdessen war auch die Sprache Spaniens immer mehr zur stolzen Jungfrau emporgeblüht. Ursprünglich eine Tochtersprache der Lateinischen, dann eine wunderbare Mischung des gothischen Idioms mit dem römischen, eben so wunderbar gemischt wie das Volk selbst, war seine erste Dichtersprache das »Romanzo.« Mild und lieblich sprach der Catalonier und Valencianer, kühn und ausdrucksvoll der Castilier, in säuselnden Zischlauten der Galicier. Nachdem aber die Araber gelandet waren an den Blumengestaden Valencia's, vermischten sich die Laute des Südens mit dem Romanzo, und als sich später die Monarchie immer mehr in Castilien concentrirte, triumphirte das castilische Idiom über die aragonischen Troubadours, während nur die Basken und Galicier voll Heimwehs an der alten Sprachweise festhielten. Vornehmlich war es der König Alfonso X. im 13. Jahrhundert, welcher die castilische Mundart zur herrschenden erhob. Die Stanzen, welche er selbst schrieb, waren zwar nicht eben dichterisch, sondern nur von rhythmischer Leichtigkeit. Aber die Mühe, die er sich um die Kultur der castilischen Sprache gab, reizte zur Nacheiferung[338] auf. Auf seinen Befehl wurde die Bibel in's Castilische übersetzt und eine allgemeine Chronik von Spanien und eine Geschichte der Eroberung des heiligen Landes in derselben Mundart verfaßt. In der reinen und bestimmten Diction, deren man sich nun in Castilien und Leon befleißigte, konnte sich der poetische Geist der Nation freier und kräftiger aussprechen; und so stimmte sich die castilische Sprache immer mehr in jene, ihr später eigene, wunderbare Musik mit ihren tiefen, klangvollen Vocalen, der stillen, prächtigen Majestät ihres Redestromes, und den glühenden Tiefen ihrer sonoren Trochäen. – Nach dem Untergange der ersten romantischen Zeit mit ihrer unnachahmlichen Zartheit und Lieblichkeit, erhielt die spanische Poesie einen neuen Schwung durch ihre Verbindung mit den Künsten Italiens (im 16. Jahrh.), und es wurde allgemeine Sitte, sich nach italienischen und altklassischen Mustern zu bilden. Die ersten Sonnette im petrarchischen Style dichtete Juan Boskàn Almogavèr, und durch gleiche Innigkeit des schwärmerischen Gefühls zeichneten sich die Schäfergedichte des Garzilaio de la Vega aus. Reich an herrlichen Bildern und Sentenzen sind die Episteln (cartas) des Diego Hutardo de Mendoza, sowie sein köstlicher Schelmenroman: »Lazarillo de Tormes.« Von unübertrefflicher Naivität sind die Idyllen des Francisco de Saa de Miranda, und den berühmten Schäferroman des Jorge de Montemayor: »Diana« liest man noch jetzt mit Interesse. Zu gleicher Zeit schuf Fernando de Herrera, von seinen Zeitgenossen der »Göttliche« genannt, die ersten Oden. Dieser altklassischen und italienischen Schule, die sich schon oft auch in einer mehr schwülstigen, preciösen Sprache gefiel, widersetzte sich allein Christoval de Castillejo, der durch seine schalkhaft erotischen Volkslieder wiederum die altspanische Naturpoesie geltend machen wollte. Die Prosa machte in dieser Periode wenig Fortschritte; fade Ritterromane à la Amadis wurden von der Lesewelt verschlungen und Timoneda's barokke Mährchen (patrañas) waren nichts[339] als schlechte Nachahmungen italienischer Novellen. Erst Cervantes (s. d.), dieser Märtyrer der Poesie, schuf in seinem »Don Quixote« ein Meisterstück von Prosa und Poesie, in welchem im Gegensatz zur faden Tagesromantik der echte Geist der Romantik weht. Eine liebliche Sommerlandschaft, in der die tiefsten Tiefen der Natur und des Menschenlebens in der höchsten, hellsten Klarheit vor uns ausgebreitet liegen, so erscheint sein Gedicht, in welchem er lächelnd die Geißel schwingt, mit der er die Thorheiten seiner Zeit züchtiget. Ueberhaupt sollte die neue Blüthe der spanischen Literatur jetzt zur goldenen Frucht reisen. Lopez de Vega (s. d.) erschien, dieser wunderbare dramatische Dichter, welcher einzig dasteht unter allen Dichtern der Welt, in seiner Fruchtbarkeit der dramatischen Erfindung und Schnelligkeit im Schaffen. Den flüchtigen Tanz der leuchtenden Gedanken hauchte er in flüchtiger Grazie und Rundung in magischen Umrissen auf das Papier, und oft war in dem flüchtigen Horentanze eines Tages der ganze duftende, von Sonnenstrahlen und Lorbeerzweigen umrankte Tempel eines Drama's wie von Zauberhänden aufgebaut. Nach ihm führten durch den schon so reich blühenden spanischen Dichtergarten die beiden Brüder de Argensola die grünenden Taxuswände ihrer klassischen Lieder und horazischen Episteln; und der Gigant Calderon (s. d.), der Shakespeare des Südens, Spaniens erhabenster poetischer Genius mit seinen Lilienschwingen, in deren Kelche sich der ganze Himmel des träumenden Lebens barg, setzte auf das grüne Eiland in der Mitte des Gartens seinen Feentempel, der mit seinen buntschimmernden Fenstern und seinen Arabeskengesimsen einem Wundergebäude der Tausend und Einen Nacht, mit seinen antiken Säulen und stolzgewölbten Kuppeln einem griechischen Tempel gleicht, während in der heiligen Nacht seines Innern der Genius des Lebens auf hoher Säule thront, umwallt von einem goldenen Schleier mit der geheimnißvollen Inschrift: »das Leben ein Traum.« – Doch nicht lange sollte das goldene Zeitalter der span. Literatur währen. Schon der sonst treffliche[340] anakreontische Dichter Estevan Manuel de Villegas (1595) ging von der klassischen Einfachheit des antiken Styls zu einem verzierten und verkünstelten über. Die schwülstige Ohnmacht der Marinisten säuselte mit ihrem süßlichen Klingklang von Italien herüber und fand in dem selbst schon ohnmächtigen Spanien lebhaften Anklang. Nur der witzige Roman: »Guzman de Alfarache« von Mattheo Alemann, und die Novellen der Dichterin Mariana de Caravajal y Saavedra dürften unter den Erzeugnissen dieser Periode Erwähnung verdienen. Als aber mit der Thronbesteigung der Bourbonen auch französische Formen in dem erschütterten Reiche Eingang fanden, als alle wahre Poesie in der kalten Eleganz gallischer Künstelei unterging, und der ganze, stolze Königsbau der Halbinsel einer verwitterten Ruine glich: da wandelte sich auch Granada's dichterisches Wappen, der grüne Granatapfel mit den rothen Kernen und dem silbernen Zweige, in eine dürre, bittere Frucht der Wildniß; da schwieg ein Jahrhundert lang Spaniens goldener Dichtermund; und erst in neuester Zeit standen wiederum Dichter, wie der Tragiker Nicasio Alvarez de Ciensurgos, der Lustspieldichter Leandro Fernandez Moratin und der als Poet und Prosaiker gleich gediegene Martinez dela Rosa, auf, welche sich weit über das gewöhnliche Niveau erheben und die Morgenröthe einer neuen Literatur für Spanien siegreich verkündigen. S....r.

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 335-341. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001768263


Brockhaus 1841

[234] Spanische Sprache, Literatur und Kunst. Die span. Sprache ist eine Tochter der lat., mit welcher sie mehr Ähnlichkeit hat als die ital. und franz. Zu den fremden Elementen, die bei ihrer Bildung mitgewirkt, gehört außer dem Gothischen auch noch das Arabische, welches durch die lange Herrschaft der Araber im südl. Spanien so herrschend geworden war, daß sogar die Bibel ins Arabische übersetzt werden mußte. Die jetzige span. Sprache ist eigentlich der castilische Dialekt, welcher sich über das ganze Land verbreitet hat. Nur in Aragonien, Catalonien und einem Theile von Valencia hört man das Volk noch das Catalonische sprechen, welches von dem Castilischen sehr abweicht und mehr Verwandtschaft mit dem Provenzalischen hat. In den baskischen Provinzen hat sich noch eine ganz eigne Sprache erhalten, die mit keiner europ. verwandt ist. Der Charakter der span. Sprache ist Ernst, Tiefe und Feinheit. Die span. Literatur, die sich mit Ausnahme dieses Jahrhunderts von allem fremden Einflusse frei erhalten hat, trägt ein durchaus nationales Gepräge, ist aber, mit der anderer Völker verglichen, nicht reich, und hat namentlich aus der neuern Zeit nichts mehr aufzuweisen, was den Leistungen im 16. und 17. Jahrh. gleichkommt. Die reichste und glänzendste Seite dieser Literatur ist die Poesie. Auf die Ausbildung derselben hat die arab. Poesie großen Einfluß gehabt und zu ihrer eigenthümlichen Gestaltung beigetragen. Einheimisch in der span. Poesie ist besonders die Assonanz, d.h. die Gleichheit der Vocale in der Endsylbe, ohne Berücksichtigung der Consonanten, wie dieses beim Reime stattfindet. Hierzu eignet sich auch die span. Sprache wegen ihrer volltönenden Endsylben vor allen. Doch verschmäht sie darum nicht den Reim. Unter den Gedichtformen sind nur die einfachern, längern oder kürzern Strophen aus kurzen Versen, von denen zwei und zwei reimen oder assoniren, in Spanien einheimisch. Die künstlichern, wie Sonett, Terzine, Sestine, Octave, sind aus dem Italienischen entnommen. Die Assonanz gibt besonders der Romanze ein eigenthümliches Gepräge, die aus kurzen Versen mit abwechselnder Assonanz besteht, doch so, daß der nämliche Vocal das ganze Stück beherrscht. Spanien ist das Vaterland der Romanze, welche aus der Vermischung von christlichen und arab. Elementen entstanden ist. Die kriegerischen und Liebesabenteuer des langen Kampfes zwischen Spaniern und Arabern bilden den gewöhnlichsten Stoff derselben. Die fabelhaften Thaten Karl's des Großen und seiner Paladine, die Thaten und Schicksale des berühmten Cid und die letzten Kämpfe der Mauren in Granada haben mehren großen Sammlungen solcher Romanzen den Ursprung gegeben. Die ältesten Denkmale der span. Poesie gehören dieser Gattung an, nämlich das »Poema del Cid«, wahrscheinlich aus dem 12. Jahrh., und das fast ebenso alte aber weniger bekannte »Poema del Alexandro«. Als Dichter von Romanzen, welche Dichtungsart bis auf den heutigen Tag bei den Spaniern am beliebtesten geblieben ist, und von kleinern lyrischen Gedichten sind zu nennen aus dem 15. Jahrh. Don Enrique de Villena, Innigo Lopez de Mendoza, Guzman und Enzina, der durch seine Romanzen, Lieder und Schäfergedichte bei seinen Zeitgenossen weit berühmt war. Die berühmtesten Dichter des 16. Jahrh., denen man schon die Bekanntschaft mit Dante, Petrarca und Boccaccio anmerkt, sind Juan Boscan, der Lehrer des Herzogs Alba, Garcilaso de la [234] Vega, Montemayor und Luis de Leon, von denen Allen wir außer Romanzen auch Gedichte von künstlichern ital. Formen haben. Dagegen verschmähte Castillejo, Secretair bei Kaiser Maximilian, jede Nachahmung des fremden Geschmacks in Inhalt und Form. Auch Cervantes ist wegen seiner Canzonen und Sonette und seines in Terzinen geschriebenen »Viage al Parnasso« bei dieser Dichtungsgattung zu nennen. Dieser bildet schon den Übergang zu dem 17. Jahrh., in welchem sich Gongora, die beiden Brüder Argensola, und besonders Franc. de Quevedo y Villegas auszeichnen. Letzterer ist nicht zu verwechseln mit dem gleichfalls berühmten Estevan Man. de Villegas, welcher der span. Anakreon heißt und demselben Jahrhundert angehört. Das 18. Jahrh. brachte erst spät einige namhafte Dichter hervor, wie Huerta, Yriarte, Heredia und Melendez Valdes. Letzterer, gest. 1817, wurde durch die Art, wie er den alten und neuen Kunstton zu vereinigen wußte, der Begründer einer neuen Schule. Der neuern Zeit gehören an: Tom. Gonzales Carvajal, dessen Übersetzungen der Psalmen und anderer poetischen Bücher der h. Schrift zu den vorzüglichsten Erzeugnissen der span. Poesie gehören, Arriaza, Ceroni, Hermenegildo de la Torre u. A. Spanien besitzt auch viele ausgezeichnete Übersetzungen fremder Werke, so des Aristophanes und Sophokles von Estala, des Horaz von Burgos, des Homer von Hermosilla, des »Verlorenen Paradieses« des Milton von Escoiquiz und von Hermida, der »Jahreszeiten« des Thomson von Romero. Da das epische Element bei den Spaniern das eigenthümliche Gewand der Romanze annahm, so hat sich das eigentliche Epos bei ihnen nie recht ausgebildet. Zu nennen sind nur die Epopöen »Araucana« von Alonzo de Ercilla (gest. 1595), worin die Unterjochung der amerik. Provinz Arauco durch die Spanier erzählt wird, mit lebendigen Naturschilderungen aus des Verfassers, der bei diesem Kampfe selbst mitgefochten, eigner Anschauung, und »Mexico conquistada« von Juan de Escoiquiz, gegen Ende des 18. Jahrh. Diese sind indessen auch fast die einzigen ihrer Gattung. Dagegen steht die span. Poesie in dem Romane, deren ältester »Amadis de Gaula« aus dem 14. Jahrh. von unbekanntem Verfasser ist, und besonders in dem komischen und satirischen Romane auf einer hohen Stufe der Vollkommenheit. Letzterer Gattung gehört bekanntlich das größte Werk der span. Poesie, der weltberühmte »Don Quixote« von Cervantes (s.d.) an. Auch hierin leistete das 16. und 17. Jahrh. das Höchste. Zu nennen sind noch »Vida de Lazarillo de Tormes« von Mendoza, »Guzman« von Tom. Aleman, »Vida del gran Tacaño«, ein classischer Bettler- und Schelmenroman von Villegas, und »Diablo coxuelo« (Der hinkende Teufel) von Dueñas. Aus dem 18. und 19. Jahrh. gehören dieser Gattung an der Jesuit Isla, gest. 1781, welcher die Thorheiten des span. Klerus geißelte, Trigueros u. A. In neuester Zeit ist in Spanien nach dem Muster von Walter Scott auch der historische Roman ausgebildet worden.

Die fruchtbarsten Dichter hat Spanien im Drama hervorgebracht. Die dramatischen Stücke werden hier zwar alle Comedias genannt, unterscheiden sich aber in drei Classen: solche, welche geistliche und religiöse Gegenstände behandeln; solche, welche heroisch-allegorische Gegenstände darstellen, und endlich solche, welche die Spanier Comedias de capa y espada, d.h. Mantel- und Degenstücke, nennen. Nur letztere entsprechen unsern Komödien. Außer diesen größern Stücken haben die Spanier noch eine große Menge kleinerer in einem Acte, welche theils als Zwischenspiele der größern Stücke, theils nach Beendigung derselben gegeben werden. Solche sind die Autos sacramentales, religiös-allegorische Darstellungen, Saynétes und Entreméses, komische Zwischenspiele. Diese kleinern Stücke tragen alle ein ganz nationales Gepräge an sich. Der als Lyriker schon erwähnte Enzina verfaßte auch einige Autos, nach ihm traten auf Lope de Rueda, Juan de la Cueva, und endlich im 17. Jahrh. Lope de Vega (s.d.) und Calderon (s.d.). Demselben Jahrhundert gehören auch noch an Moreto, der Dichter des bekannten Stückes »Donna Diana« (im Span. »El desden con el desden«) und der als Geschichtschreiber bekantere Solis. Im 18. Jahrh. verlor das span. Drama seine Originalität durch Nachbildung franz. Werke. Erst im 19. Jahrh. hoben es wieder Moratin und Martinez de la Rosa, Letzterer namentlich durch seine Trauerspiele (»La vidua de Padilla«, »Morayma«, »Oedipus« u.a.). Erst mit diesen hat das Trauerspiel in Spanien eine Höhe erreicht, die sich mit ihren andern Dichterwerken messen kann. In der wissenschaftlichen Literatur der Spanier ist die historische am meisten von Bedeutung. Die wichtigsten Historiker, die sich denen der übrigen gebildeten Völker wol an die Seite stellen können, sind Mendoza, gest. 1575, der den Krieg gegen die Mauren von Granada erzählte; Zurita, gest. 1580, Verfasser einer Geschichte von Aragonien; der Jesuit Mariana, gest. 1623, der eine allgemeine span. Geschichte schrieb; Herrera, gest. 1625, und Solis, gest. 1686, von denen Jener eine Eroberungsgeschichte Westindiens, dieser Mexicos verfaßte. Der neuern Zeit gehört Llorente an, dessen Geschichte der Inquisition 1818 erschien. Spanien besitzt auch einige sehr umfangreiche geographische Werke, namentlich aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts.

Unter den Künsten bei den Spaniern verdienen außer der Poesie hier nur die Musik und die Malerei einer besondern Erwähnung. In der Kirchenmusik kann Spanien allen andern Ländern an die Seite treten, nur sind die Compositionen nicht durch den Druck bekannt gemacht, sondern liegen bei den Kathedralen, in denen sie bei großen Festen aufgeführt werden. Auch in dieser Beziehung hat das 16. und 17. Jahrh. die größten Meister aufzuweisen, wie Comes, Baban, Perez, Salinas, Rabaza, Fuentes u. A. In der Opernmusik ist Spanien zurück, aber reich an schönen Volksgesängen. – Der größte span. Maler ist Murillo (s.d.), gest. 1682, der Schüler und Nebenbuhler des von Manchen gleich hochgeschätzten Velasquez de Silva, gest. 1660. Es ist dies auch in der Malerei die Zeit der größten Blüte, welche durch eine glückliche Nachahmtung der Italiener hervorgerufen war. An jene Namen schließen sich noch an: Juan de Juanes, gest. 1579, von dem das Gemälde »Marter des Protomärtyrers« herrührt, Ribalta, Castello, Espinosa, Navarrete, Schüler des Tizian, Pacheco, Moralez, mit dem Beinamen des Göttlichen, wegen der sich in seinen Gemälden aussprechenden Frömmigkeit, und Ribera, bekannter unter dem Namen Spagnoletto.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 234-236. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000865680


Herders 1857

[269] Spanische Literatur. Die ältesten Ueberreste der s. n L. sind in lat. Sprache vorhanden (vgl. Isidorus Hispalensis), die eigentliche s. L. beginnt erst im 12. Jahrh., feiert ihr goldenes Zeitalter im 16. und 17., ringt mit dem eindringenden Franzosenthum vom 18. bis herein ins 19., wo trotz dem fortdauernden Nationalunglück eine neue Erhebung beginnt. Die Grundeigenthümlichkeiten der spanischen Nationalliteratur sind Naturwüchsigkeit, eine wundersame Verschmelzung von Katholicismus, Ritterlichkeit und Orientalismus, eine einzig dastehende Fruchtbarkeit und Vielseitigkeit der Dichter u. Schriftsteller. Die im 18. Jahrh. aufkommende Nachahmung des franz. Geschmackes lief keineswegs auf ein gänzliches Aufgeben des span. Geistes hinaus u. Thatsache ist, daß dieselbe stets Opposition fand, sowie daß die Masse des Volkes von jeher nicht viel davon wissen wollte, endlich daß die Besten unter den heutigen Dichtern u. Schriftstellern den altspanischen Classikern nacheifern. Mit Verweisung auf die Artikel über die einzelnen Namen folge eine gedrängte Uebersicht des Entwicklungsganges der reichhaltigen, im Einzelnen noch viel zu wenig bekannten und gewürdigten s. n L. Die I. Periode der s. L. wird bis Johann II. von Kastilien (1406) gerechnet u. zeigt eine vorherrschend epische und didactische Richtung. Ihr ältestes erhaltenes Denkmal sind das Poema del Cid, eine um 1150 abgefaßte Reimchronik, Heiligen- und Marienlegenden des Gonzalo von Berkeo (gest. um 1268) und andere Heiligengeschichten, namentlich auch von den hl. 3 Königen. Seguras Bearbeitung der Alexandersage, die Gedichte vom Pfauengelübde u. Apollonius von Tyrus gehören dem 13., das Gedicht vom Conde Fernan Gonzalez dem 14. Jahrhundert an. Gleichfalls im 14. Jahrhundert begann man Romanzen (Joglarromanzen), die sich aus alten lyrisch-epischen Volksliedern entwickelt hatten, aufzuzeichnen und zwar zunächst die von Karl d. G. u. dessen Paladinen. Den gewaltigsten Anstoß zur Erhebung der Wissenschaften und Künste hatte Alfons X. von Kastilien (1252–1284) gegeben, der das Lateinische bei den Gerichten sowie in der Literatur durch das Kastilianische verdrängte und der Nationalliteratur eine vorherrschend didactische Richtung gab. Er selbst und mehre seiner Nachkommen traten als Schriftsteller und Dichter auf. Berühmt wurde el conde Lucanor, eine Sammlung von moralischen und politischen Rathschlägen in Novellenform, verfaßt vom Infanten Don Juan Manuel (1362), der bedeutendste Dichter des 14. Jahrhunderts aber war Juan Ruiz, Erzpriester von Hita (gest. um 1351), der vortreffliche Hirtenlieder, Liebeslieder, Fabeln u.s.f. gleichfalls in den Rahmen einer Erzählung einreihte und zugleich Proben aller damals bekannten Versmaße lieferte. Lehrdichtungen eines Rabbi Santo, ein Gedicht vom Todtentanz und manches andere aus dieser Periode sind noch ungedruckt. Um die historische Prosa erwarb sich Verdienste der als Dichter (Reime über das Hofleben) sowie als Uebersetzer des Livius berühmte Ayala durch seine Chronik, ebenso Villason, Gonzalez de Clavijos durch eine Reisebeschreibung; endlich gehört auch die Prosachronik vom Cid sowie der Ritterroman Amadis des Vasco de Lobeira (?) noch dieser Periode an. – Die II. Periode geht von Johann II. von Castilien bis zum Ende des Mittelalters, 1406–1500 und kennzeichnet sich durch das Aufblühen der Lyrik. Die Troubadourpoesie wurde längst gepflegt an den Höfen von Barcelona und der aragonischen Könige, in kastilischer Mundart gedieh sie während der langen Regierung Johanns II. Doch zeigte diese Hofpoesie weit weniger ächte Poesie als Künsteleien [269] u. Gelehrsamkeit u. ihre Erzeugnisse sind so ziemlich über einen Leisten geschlagen: Villena, Mendoza, dann Santillana (Trauergesang auf Villenas Tod, Lehrgedicht für Privatmänner, Freuden der hl. Jungfrau), der durch ein historisch-kritisches Sendschreiben über die kastil. Poesie großes Verdienst erwarb, Juan de Mena (1412–1456) zeigte in seinem berühmten Gemälde des menschlichen Lebens weit mehr Belesenheit als Poesie, die 3 Manrique, Badajoz u.a.m., deren Dichtungen sämmtlich in dem 1511 zu Valencia zuerst herausgekommenen »Cancionero general« sich finden, darunter auch die des Diego de San Pedro, Verfasser einiger Liebesromane sowie des geistlichen Liederdichters Perez de Guzman. Bemerkenswerth ist aus dieser Periode das Anlehnen der Dichter an altclassische und italienische Muster, namentlich an Dante, sowie der Anfang des spanischen Drama; Villena veredelte die Mysterien, aus denen autos sacramentales wurden, Encina lieferte Schäferspiele, Rojas aber um 1500 die Celestina, einen noch jetzt bekannten dramat. Roman in classischer Sprache (dtsch. von Bülow, Lpz. 1843). Hinsichtlich der Prosa schritten die Historiker Guzman, Hernando del Pulgar, der Graf Nin(j)o von Buelna, die Chronik des Don Alvaro de Lima vom Chronikenstyl bereits zur pragmatischen Darstellung fort, Pulgar lieferte auch eine Briefsammlung, ebenso Ciudad-Real. – Die III. Periode 1500–1750, schließt das goldene Zeitalter der s. L. in sich, die kastil. Mundart u. Bildung wurde in 2 Erdtheilen herrschend u. in allen verbreitet. Fremdes u. vor allem Italienisches (1504 wurde Neapel span.) in sich zu verschmelzen, ohne die nationale Eigenthümlichkeit aufzugeben, verstanden damals die span. Schriftsteller u. Dichter, deren berühmteste dem geistlichen Stande u. dem Adel angehörten, so meisterhaft, wie in unserer Zeit die Deutschen. Boscan Almogaver (gest. um 15421 eiferte dem Petrarca in Sonetten nach, dichtete herrliche poetische Episteln und Elegien u. lieferte Muster für Erzählungen in reimlosen Stanzen und Jamben. Ihn überbot sein Freund Garcilaso de la Vega (st. 1536), der auch Eklogen im Geschmacke des Virgil und Sannazaro dichtete; der gemüthliche und launige Dichter Hurtado de Mendoza hinterließ auch ein Muster des komischen Romans, nämlich die satirische Lebensbeschreibung des Lazarillo von Tormes sowie eine vortreffliche Geschichte des Krieges wider die Mauren in Granada von 1568. Unter den span. Dichtern glänzten auch die Portugiesen de Saa Miranda (gest. 1558), Idyllendichter, Lyriker und Komiker, und Montemayor (gest. 1561) mit seiner Diana, einer romantischen Schäfererzählung. Als der größte Lyriker dieser Zeit stand aber ein Geistlicher, Hernando de Herrera, da; sein Standesgenosse Luis Ponce de Leon verband die strenge Correctheit der Alten mit der Gefühlsschwärmerei der Neuern. Den Vorhergehenden schließen sich an Hernando de Acun(j)a, zugleich trefflicher Uebersetzer aus dem Lateinischen, Francisco de Rioja, Baltazar de Alcazar, der seinen Witz unter Philipps II. Aegide sprühen ließ, Vicente Espinal, der auch Horazens ars poetica nachahmte, Barahona de Soto u.a.m. Der schalkhafte und satirische Christoval de Castillejo wurde zum Hauptvorkämpfer der altspanischen Naturpoesie, die Brüder Argensola aber nahmen sich ganz u. gar den Horaz, de Villegas (st. 1669) den Anakreon sammt seinen Versmaßen zum Muster, Xauregui übersetzte Lukans Pharsalica, Tassos Aminta u. Guarinis treuen Schäfer. Gongora steht als Romanzendichter neben Castillejo, Quevedo u.a., aber er verfiel in Affectation, in Ueberladungen und Künsteleien der Sprache und Darstellung, die ihn zum Oberhaupt der cultoristos und conceptistos machten, welche nach ihm Gongoristen genannt wurden und bis ins 18. Jahrhundert hinein mit der Poesie tändelten u. spielten. Für den Mangel an einer naturwüchsigen Lyrik entschädigte man sich im 17. und 18. Jahrhundert durch Sammlungen der im Volksmunde lebenden Romanzen. – An Heldengedichten fehlte es nicht, namentlich übersetzte man fremde und Karl V. wurde bedeutend angesungen, allein das einzige gute Epos blieb die Araucana des Ercylla y Zuniga. Trefflich gelangen dagegen koden.[270] mische Heldengedichte dem Lope de Vega, Villaviciosa u. dem Franc. de Quevedo, dem kenntnißreichsten und witzigsten aber dabei aller Originalität baaren Kopfe seiner Zeit, der in seinen Schriften alle guten und schlimmen Eigenschaften der damaligen s. n L. repräsentirt, namentlich als Gongorist aus dem classischen Styl in den estilo culto (künstlicher und verzierter Styl) fiel und ungeheuren Einfluß übte. Die Krone der span. Dichtkunst, der unmittelbarste Ausdruck des Charakters u. poetischen Lebens der Nation wurde das Drama, neben welches sich einzig u. allein das engl. stellen läßt. Während die alten Mysterien fortlebten und sich entwickelten, ebneten gleich anfangs Torres Naharro den Pfad zu phantastischen und von Heldenthaten und Wundern strotzenden Verwicklungs- und Intriguenstücken, Gil Vicente und Lope de Rueda aber zu den die Wirklichkeit schildernden. Einige (Boscan, Perez de Oliva u.a.) versuchten mitten im 16. Jahrhundert das antike Drama in Spanien aufleben zu lassen, allein davon wollte das Volk so wenig wissen als später von den gelehrten Kritikern u. Kritikastern, welche über das einheimische nationale Drama herfielen. – Die goldene Zeit der dramatischen Kunst Spaniens dauerte vom Ende des 16. bis ins 18. Jahrhundert hinein, folglich beispiellos lange, die Zahl der Theaterdichter hieß Legion und wie um 2 Sonnen ihre Planeten, so gruppirten sie sich um 2 unsterbliche Dichter: Lope de Vega und Calderon. An ersten schlossen sich namentlich an: der Epiker Juan de la Cueya, Virues (die Trauerspiele Semiramis und Cassandra), der durch seinen Don Quixote unsterbliche Cervantes, Gillen de Castro (st. 1631, hinterließ dem Franzosen Corneille ein Muster zu seinem Cid), Guevara, Montalban, Tirso de Molina, der herrliche Juan Ruiz de Alarcon, Antonio de Galarza, Gaspar d'Avila. Zu Calderon schwuren Rojas, der in der Komik starke A. Moreto, Fragoso (1650), Diamante (1670), Hurtado de Mendoza, Juan de la Hoz, der Historiker de Solis. Obwohl mit dem Gongoristen Salazar y Torres sich der Verfall stark ankündigte, gab es doch noch lange tüchtige Dramatiker wie z.B. den um 1722 blühenden Antonio de Zamora, dessen Don Juan durch Mozart unsterblich geworden. – Auch in der Prosa eiferte man einerseits den Alten nach u. rang nach eleganten Formen, anderseits nach der Ausbildung eines Nationalstyles. So gingen namentlich die Historiker bei den Griechen u. Römern zur Schule: Guevara (1548) und Pedro Mexia (st. 1552), Karls V. Hofhistoriographen, Sepulveda, Mendoza; ein trefflicher Historiker war Ocampo, ihn überflügelte aber Morales. Mit seltener Gründlichkeit u. Tiefe erforschte Zurita (st. 1580) die Entwicklung der Verfassung Aragoniens, ihn setzte der Dichter L. B. Argensola mit Glück fort; der 1601 gest. Graf Portalegre, der Marquis von Espinao, der fruchtbare A. de Herrera, A. de Solis, der Jesuit Mariana reihen sich den besten Historikern dieser Periode würdig an. Philosophische Werke über Moral und Politik lieferten Perez de Oliva, Morales, Cervantes de Salazar (st. 1546), die Historiker Guevara und Mexia, der humoristische Staatsmann Saavedra y Faxardo, Antonio Perez, Juan Huarte. Höchst Ausgezeichnetes leisteten die Spanier zu dieser Zeit für die Ascese und religiöse Erbauung: der Dichter L. Ponce de Leon, Ludwig von Granada, die heilige Theresia und ihr Lebensbeschreiber Diego de Yepes (gest. 1613), Johannes vom Kreuze (st. 1591), Pedro Malon de Chaide (st. um 1590); als Vertreter der Humanität, im wahren Sinne des Wortes wird der Dominikaner Las Casas noch heute gefeiert. Roman und Novelle fanden in Spanien einen sehr günstigen Boden. Im 16. Jahrhundert fand man die abgeschmacktesten Ritterromane noch genießbar, wie denn auch der Geist und Character des Ritterthums sich nirgends auf der Welt so lange erhalten hat wie in Spanien; Cervantes versetzte dem Amadis und Consorten den Gnadenstoß, ließ aber den Schäferroman ungeschoren, schrieb selbst einen der besten (Galatea) und machte den Liebesroman und die Novelle national, welche bald zum Rahmen wurden, um die Sitten und Verhältnisse der Gesellschaft zu schildern[271] und zu persifliren in kleinern Novellen, in Schelmenromanen sowie in Dichtungen nach dem Muster des diable boiteux; Perez de Hita und Garcilaso de Vega begründeten den historischen Roman, gegen das Ende der Periode verdarb der Gongorismus auch die Prosa. – Der IV. Periode der s. L., die Zeit von 1750 bis heute (1856) umfassend, ist eigenthümlich der Kampf der span. Nationalität mit Franzosenthum u. rationalistischen Bildungselementen, welche mit den Bourbonen sich eindrängten, u. das Volk bis heute zu keiner gedeihlichen Entwicklung gelangen ließen. Luzan war es, der einerseits der Ausartung des Geschmackes entgegentrat und mit seiner Poetik für die Verbreitung der Grundsätze der frz. Classiker ungemein wirkte, ihm gegenüber focht Huerta gegen das Eindringen fremdartiger Elemente, die salamantinische Dichterschule aber suchte dem span. Geist und Character ausländische Formen zu befreunden. Ihr Haupt wurde Melandez Valdes, ihre andern ausgezeichneten Vertreter waren Moratin, Cadolfo, Iriarte, der Fabeldichter Samoniego, ferner Iglesias, Noron(j)a, Cienfuegos, Gallego u.a., die übrigens nicht nur französische sondern auch englische und italienische Muster gelten ließen. Seit der napoleonischen Zeit verschlang die Journalistik und der Parteikampf einen großen Theil der literarischen Thätigkeit und neben den Classikern u. Neuromantikern bekämpfte sich noch eine Menge literarischer Parteien, aber der Patriotismus hob sich wieder und mit ihm das entscheidende Ansehen der altspan. Schriftsteller und Dichter. Ein Hauptvertreter der altspan. classischen Schule wurde der Dramendichter Quintana (Pelago 1805), neben ihm glänzten Somoza, der Pfarrer Reinoso, Maury, der gleich ausgezeichnet in span. und franz. Sprache dichtete, der ausgezeichnete Carrajal (1753–1834), der Nationalökonom Estrada (geb. 1769), der Dichter Mora (geb. 1783), Herreros (geb. 1860), der als Theaterdichter den span. Classikern auch hinsichtlich der Fruchtbarkeit Ehre machte, der Dramatiker Zarate, der aus den Rheinlanden abstammende Hartzenbusch u.s.f. Den Geist der Neuzeit zwängten mitunter in altclassische Formen Burgos, Arjona, Castro, Floran und Xerika. Ein tüchtiger Kritiker ist Lissa, der außerhalb Spaniens bekannteste Dichter unserer Zeit de la Rosa. Angel Saavedra, Herzog von Rivas, schlug die Brücke zur Romantik im franz. Sinne des Wortes, die Vertreter derselben (Zorilla, geb. 1827, die in Gräßlichkeiten wetteifernden Espronceda und Negrete, die Satiriker Larra und Segovia u.s.f.) finden großen Beifall, über den Werth ihrer Leistungen wird die Zukunft richten. Gil (geb. 1815) schlug elegische Töne an, Diaz (geb. 1811) zeigte ausgezeichnete Dichteranlagen. Fast alle die genannten Dichter spielten auch in der Politik sowie als Journalisten, Novellenschreiber u. dgl. eine Rolle, ebenso der Publicist. Salvador Bermudez (geb. 1817) und José Bermudez. Der Topograph und Nationalökonom Romanos ist trefflich als Sittenmaler und hat die französelnde Hyperromantik köstlich persiflirt, der Advokat Pacheco (geb. 1808) behandelte romantische Stoffe in classischer Form, Salas y Quiroga gilt als der beliebteste Dichter seiner Heimath. Im Roman kamen Uebersetzungen und ängstliche Nachahmungen der Franzosen und Engländer in Mode, in neuester Zeit geißelte Seneriz in einem Romane die Tollheit des Radicalismus. Die wissenschaftliche Literatur Spaniens steht nicht so großartig da, wie die poetische, aber von den ältesten Zeiten bis auf diese Stunde zählte Spanien tüchtige Gelehrte, Großartiges wurde besonders geleistet in der Geschichte und ihren Hilfswissenschaften, vor allem in der Geographie und Statistik; die Gegenwart ist sehr reich an Geschichtschreibern, natürlich von sehr verschiedenem Werth. Auch in der Theologie, Rechtswissenschaft sowie für Naturwissenschaften, Mathematik und Medicin zählt Spanien hochberühmte Namen, hinsichtlich der letztgenannten Wissenschaften wie hinsichtlich der Philosophie und Philologie wird der Mangel an speculativem Geist schwer beklagt, darunter aber zumeist das bis heute vorherrschende Festhalten an der Autorität der Kirche verstan- [272] Daß es aber den Spaniern niemals an tiefen Denkern fehlte, wiewohl sie sich mit dem Weben philosophischer Spinnennetze wenig abgaben, ist sicher; aus der neuesten Zeit seien hier nur genannt der Rechtsgelehrte Donoso Cortes (gest. 1851) u. der kath. Philosoph Balmes. Die Bourbonen thaten trotz großen Bibliotheken u. Stiftung von Akademien blutwenig für die Volksschulen u. höhern Lehranstalten u. das meiste, was dafür geschah, ist dem Clerus zu verdanken. In der Gegenwart nimmt die Zahl der Encyklopädien u. Journale, welche sich Verbreitung wissenschaftlicher Bildung u. wohl auch Verbildung angelegen sein lassen, bedeutend zu. Ueber die schöne Literatur Spaniens schrieb Ticknor, eine Geschichte der dramatischen Literatur und Kunst Schack, eine umfassende Geschichte der s. n L. und Wissenschaft fehlt bis heute.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 269-273. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003522180


Brockhaus 1911

[733] Spanische Sprache und Literatur. Die span. Sprache, wie die übrigen roman. Sprachen aus der lat. Volkssprache entstanden, ist der Muttersprache am ähnlichsten geblieben, die Mischungen mit german. und arab. Elementen betreffen fast nur den Vokabelschatz. Der älteste (12. Jahrh.) Dialekt, der kastil. (castellano), siegte über alle andern; doch erhielten sich bes. das Leonesische, das Galicische (mit dem Portugiesischen sich berührend) und Katalanische (s. Katalanische Sprache) als Träger einer reichen Literatur. Grammatiken von Wiggers (2. Aufl. 1884), Fesenmaier (3. Aufl. 1884), Schilling (14. Aufl. 1904); Wörterbücher von Franceson (3. Aufl. 1884), Booch-Arkossy (7. Aufl. 1887), Tolhausen (4. Aufl. 1903); etymolog. von Barcia (5 Bde., 1883) und Eguilaz (1880).In der Zeit vor dem 12. Jahrh. wurden in Spanien außer lat. Chronikenschreibung und Hymnendichtung nur anmutige Tanzlieder und ähnliches gepflegt; im 12. Jahrh. fand eine Einwanderung franz. und normann. Elemente statt, wonach sich Galicien und Portugal der Lyrik der Provenzalen, Kastilien mehr der erzählenden Poesie Nordfrankreichs anschlossen. Ältestes und hervorragendstes volkstümliches Epos ist das »Poema del Cid«, bedeutendster Vertreter der kirchlichen Dichtung jener Zeit (um 1230) Gonzalo de Berceo; das »Poema de Fernan Gonzalez« verkirchlicht die Volkssage. Durch Alfons X. kam die gelehrt-didaktische Kunstpoesie zur Entwicklung, und durch die Abfassung der Landesgesetze in span. Sprache, durch seine Weltchronik etc. ward er der eigentliche Schöpfer der span. Prosa, die noch längere Zeit bes. von Mitgliedern der Königsfamilie in Chroniken, Rahmenerzählungen etc. gepflegt wurde; auch zahlreiche Übertragungen, bes. aus dem Französischen, so die Abenteuerromane der Karls-und Artussage, fallen in diese Zeit; dahin gehört auch der berühmte Ritterroman »Amadis«. Der bedeutendste Dichter des 14. Jahrh. war der volkstümliche Lyriker Juan Ruiz. – In der nächsten Periode (15. Jahrh.) trat mit der kastilian. Sprache die höfische Kunstlyrik (der provenzalischen ähnlich) in den Vordergrund, wie sie in den Cancioneros (s.d.) zum Ausdruck kommt; ihre namhaftesten Vertreter waren Santillana und Mena, sowie Gomez und Jorge Manrique, Novellen und volkstümliche Romanzen schrieb bes. R. del Padron; berühmte Geschichtschreiber waren Guzman, A. de Luna, P. Niño und del Pulgar; auch fallen die Anfänge des span. Dramas in diese Periode. – Die dritte Periode, die Blütezeit der span. Literatur, bis Mitte des 18. Jahrh., charakterisiert sich durch Nachahmung altklassischer und italischer Muster. Der italischen Schule (Boscan, Vega, Mendoza, Argensola, Villegas u.a.) trat mit Castillejo eine an den Nationalformen haltende Partei entgegen; aus der Verschmelzung beider Richtungen gingen die Poesien Herreras, Riojas, Ponce de Leons, Acuñas und Montemayors hervor. Letzterer und Sá de Miranda führten den halb in Versen, halb in Prosa abgefaßten Schäferroman ein, den außerdem Gil Polo, Cervantes, Balbuenas, Montalvan u.a. pflegten, den Schelmenroman bes. Mendoza, Aleman, Quevedo, Espinel, burlesk-phantastische Erzählungen: Quevedo, Guevara, Saavedra, den histor. Roman: Perez de Hita, die Novelle in hervorragender Weise Cervantes, der Schöpfer des »Don Quixote«, einer genialen Parodie der Ritterromane. Unheilvoll wirkte Gongora, der den Romanzenstil in die Kunstpoesie einbürgerte und einen sog. gebildeten Stil (Kulteranismus) einführte; in hervorragender Weise wandte sich das Interesse den Volksromanzen (Romanceros) zu. Die epische Poesie hat neben Dichtungen Sotos, Lope de Vegas u.a. hauptsächlich die »Araucana« des Ercilla aufzuweisen. Zum höchsten Glanz gedieh das span. Drama, dessen Hauptvertreter Lope de Vega und Calderon waren. Dem erstern schlossen sich Guevara, Mescua, Mendoza, Montalvan, Cueva, Virues, Cervantes, Castro, Tellez (Tirso de Molina), Alarcon, dem zweiten Rojas, Moreto, Fragoso, Diamante, Hoz, Solis, Salazar an. Unter den Geschichtschreibern [733] zeichneten sich aus Sepulveda, Mendoza, Ocampo, Morales, Zurita, Melo, Moncada, Solis, Mariana; auf moralisch-philos. Gebiet Oliva, Guevara, Mejia, Huarte; auf polit. Saavedra, auf religiösem Fray Luis de Leon und Fray Luis de Granada, J. de la Cruz, der Humanist Las Casas. – Die vierte bis zur Gegenwart reichende Periode charakterisiert sich durch das Eindringen der modernen, bes. franz. Bildung, die sich schon bei Luzan und Feyjoo zeigt; es bildete sich eine neue (romantische) Dichterschule, die salamantinische, deren Haupt Melendez Valdes war, dem sich Iglesias, Noroña, Quintana, Cienfuegos, Arriaza und Gallego anschlossen; zu der latinistisch-eleganten Schule der Sevillaner gehören Arjona, Reinoso, Blanco, Lista. Vertreter der seit 1833 aus Frankreich eindringenden Romantik mit ihrer Vorliebe für das Mittelalter waren bes. Saavedra, Herreros, Arolas, die Dramatiker Gil de Zarate, Gutierrez, Hartzenbusch, Zorrilla, Gonzalez, Ayalas; unter den neuern, mehr realistischen sind die bedeutendsten Tamayo y Baus, Ayala, Catina, Echegaray, Dicenta; als neuere Lyriker sind zu nennen: Esproncedas, Becquer, Tassara, Trueba, Campoamor, Nuñez de Arce, Garcia, Prado und die Dichterinnen Avellaneda, Coronado, de Ysern; den modernen Roman vertreten nach Fernan Caballero bes. Alarcon, Valera, Pereda, Galdos, die Galicierin Bazan, Alas (Clarin), Campion, Unamuno, der Jesuit Coloma und Palacio Valdes; andere hervorragende Prosaiker sind: Larra, Somoza, Estebanez Calderon, Selgas, Tejado. – Vgl. Puymaigre, »Les vieux auteurs castilians« (2 Bde., 2. Aufl. 1888-90), de los Rios (Bd. 1-7, Madr. 1861-67), Ticknor (deutsch, 2 Bde., 2. Ausg. 1867), Schack (dramat. Literatur, 3 Bde., 1845-64; »Span. Theater«, 2 Bde., neue Aufl. 1886), F. Wolf (1832, 1834, 1847, 1859), Lemcke (3 Bde., 1855-56), Klein (Drama, 4 Bde., 1871-75), Schäffer (Drama, 1890), Becker (1905).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 733-734. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001575791