Günther, Johann Christian

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Zedler 1735

Günther, (Joh. Christian) ein geschickter teutscher Poet, gebürtig von Schweinitz [sic] in Schlesien, lebte im Anfange des 18 Seculi, studirte zu Leipzig Medicinam, führte dabey ein etwas freyes Leben, und brachte seine Zeit in ziemlicher Dürfftigkeit zu, machte aber dabey sehr schöne Gedichte, von welchen ein Theil nach seinem Tode an. 1723. zu Breßlau zusammen gedruckt worden. Teutsche Acta Erud. Günthers Leben 1734.

Aus: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste Band: 11 (1735), Spalte: 1250. (Wikisource)


Herder 1855

[181] Günther, Joh. Christian, Dichter, geb. 1695 zu Striegau in Niederschlesien, studierte in Wittenberg u. Leipzig Arzneiwissenschaft, zerfiel durch ein zügelloses Leben mit seinem Vater, mit der Welt u. sich selber, trieb sich einige Zeit in Polen und Schlesien herum, st. aber schon 1723 im Elend. Seine Gedichte erschienen erst seit seinem Todesjahr. Göthes Urtheil, G. sei gewesen »ein Poet im vollen Sinn des Wortes, ein entschiedenes Talent, begabt mit Sinnlichkeit, Einbildungskraft, Gedächtniß, Gabe des Auffassens u. Vergegenwärtigens, fruchtbar im höchsten Grad, rhythmisch bequem, geistreich, witzig und dabei vielfach unterrichtet«, mag gelten, doch erscheint der Nachsatz: »das Rohe u. Wilde gehört seiner Zeit, seiner Lebensweise und besonders seinem Charakter oder, wenn man so sagen will, seiner Charakterlosigkeit an«, viel zu milde, denn G. war bei den edelsten Anlagen entschieden lüderlich u. richtete sich selbst zu Grunde.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 181. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000335993X


Pierer 1859

[781] Günther, 2) Joh. Christian, geb. 8. April 1695 zu Striegau in Schlesien, studirte 1715 in Wittenberg u. 1717 in Leipzig; gerieth durch Ausschweifungen in drückende Armuth u. st. 15. März 1723 in Jena, wohin er 1722 gegangen war, um Medicin zu studiren. Er war der letzte Dichter der Schlesischen Schule. Seine Gedichte (Bresl. 1735, 6. Aufl. ebd. 1764), größtentheils Gelegenheitspoesien, sind frei von den Fesseln des Zeitgeschmacks; Lebensbeschreibung, Schweidnitz 1732, von K. E. Siebrandt, ebd. 1738; Günther, Ein literarisch-historischer Versuch von H. Hoffmann, Bresl. 1832.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 781-782. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010055215


Meyer 1907

[524] Günther. 1) Johann Christian, Dichter, geb. 8. April 1695 zu Striegau in Niederschlesien, gest. 15. März 1723 in Jena, erregte schon auf der Schule zu Schweidnitz durch sein poetisches Talent Aufsehen, widmete sich zu Wittenberg dem Studium der Medizin und wurde hier in die wüste Roheit des damaligen Studentenlebens hineingerissen, wodurch er in Zerwürfnisse mit seinem bis zur Härte strengen Vater geriet. Sein Dichtertalent trat bereits in diesen ersten Studienjahren siegreich hervor, obschon er es nach der Sitte der Zeit meist in bezahlten Gelegenheitsgedichten vergeudete und wohl vergeuden mußte. In Leipzig, wo er seine Studien fortsetzte, fand er an Burckhard Mencke einen Gönner, der ihn anscheinend für ein geregelteres Leben gewann. Sein Gedicht auf den Passarowitzer Frieden (1718) machte ihn bekannt, ohne ihm aber die erhoffte Gunst des Prinzen Eugen einzubringen. Von Mencke dem König von Polen und Kurfürsten von Sachsen als Hofdichter vorgeschlagen, verscherzte G. sein Lebensglück, indem er bei der ersten Audienz völlig betrunken erschien. G. kehrte hierauf in sein Vaterland zurück und lebte hier, da ihm das väterliche Haus verschlossen war, von den Wohltaten seiner Freunde, immer tiefer in Ausschweifungen versinkend. Dem wüsten Umhertreiben entwand sich G. schließlich durch den abermaligen Besuch der Universität; er gedachte in Jena seine medizinischen Studien abzuschließen, erlag aber hier den Folgen ungeregelten, ausschweifenden Lebens und innerer Erschütterungen. Günthers Gedichte zeichnen sich durch Lebhaftigkeit der Phantasie und des Gefühls, durch Kraft und Gewandtheit der Darstellung, durch Witz und große Leichtigkeit der Sprache und des Reims aus; stets aus einem innern oder äußern Erlebnis unmittelbar hervorgegangen, bieten sie ein treues Bild seines Lebens: neben dem Edelsten und Höchsten in ihnen findet sich nicht selten das Gemeine, Laszive; überall aber ist der ursprüngliche Dichtergenius erkennbar, der unbewußt die falschen Theorien der gelehrten Dichtung seiner Zeit überwand. Von seinen Liebesgedichten stammen die ersten noch aus der Schweidnitzer Zeit und sind an ein Mädchen gerichtet, das er als Magdalis oder Leonore bezeichnet. In Leipzig wendete er sich dann einer andern Geliebten zu, die gleichfalls in seinen Gedichten den Namen Leonore trägt. Doch hat ihm die erste Geliebte die Treue bewahrt, bis er nach der Rückkehr in die Heimat, an seinem eignen Schicksal verzweifelnd, ihr das Jawort zurückgab. 1721 verlobte er sich mit einer Pfarrerstochter, die er in Gedichten voll eigentümlicher schmerzlicher Rührung als Phyllis besingt. Die erste Sammlung seiner Dichtungen erschien Breslau 1723, der bis 1735 drei Fortsetzungen folgten, eine Gesamtausgabe 1742 (6. Aufl., Leipz. 1764; Nachtrag 1766). Neue Ausgaben (Auswahl) besorgten Tittmann (Leipz. 1874, mit Biographie) und Litzmann (Reclams Universal-Bibliothek, Nr. 1295 u. 1296) und Fulda (in Kürschners »Deutscher Nationalliteratur«, Bd. 38). Eine angeblich von G. selbstverfaßte Geschichte seines Lebens erschien zu Schweidnitz 1732, eine andre von Siebrand (Pseudonym für Christoph E. Steinbach) Leipzig 1738. Vgl. Hoffmann (von Fallersleben), Joh. Christ. G. (Bresl. 1833); Roquette, Leben und Dichten J. Chr. Günthers (Stuttg. 1860); M. Kalbeck, Neue Beiträge zur Biographie des Dichters Chr. G. (Bresl. 1879); Litzmann, Zur Textkritik und Biographie J. Chr. Günthers (Frankf. 1880); Wittig, Neue Entdeckungen zur Biographie des Dichters Joh. Chr. G. (Striegau 1881) und Urkunden und Beläge zur G.-Forschung (das. 1895); A. Hoffmann, Deutsche Dichter im schlesischen Gebirge (Warmbr. 1897); Enders, Zeitfolge der Gedichte und Briefe J. C. Günthers (Dortm. 1904). Zum Helden eines Trauerspiels ist G. gemacht worden von Max Grube (1885) und Ad. Bartels (1889).


Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 524-526. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000672289X


Brockhaus 1911

[737] Günther, Joh. Christ., lyrischer Dichter, geb. 8. April 1695 zu Striegau, gest. im Elend 15. März 1723 zu Jena, reich begabt, aber haltlos. Seine Gedichte hg. von Tittmann (1874). – Vgl. Roquette (1860), Schliebitz (1895).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 737. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001164368