Lied
Wolff, Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes (1844)
"Der Charakter des Liedes gründet sich auf die Darstellung eines einzigen bestimmten, bestimmt ausgesprochenen Gefühls unter der Einheit einer möglichst vollkommenen ästhetischen Form, welche für den Gesang geeignet seyn muß. Jene Empfindung nun nach seinen verschiedenen Richtungen und Eigenschaften hin ausgesprochen, bildet den Stoff oder Inhalt des Liedes, und mit ihm muß der Ton, d.h. die Art und Weise der Behandlung und des dichterischen Vortrages in genauer Uebereinstimmung stehen."
kann sich über alle Gegenstände des inneren u. äußeren Lebens erstrecken
Herder, Volkslied, Zweiter Teil. Vorrede 1778/79
Das Wesen des Liedes ist Gesang, nicht Gemälde: seine Vollkommenheit liegt im melodischen Gange der Leidenschaft oder Empfindung, den man mit dem alten treffenden Ausdruck: Weise nennen könnte, (-) Lied muß gehört werden, nicht gesehen"
Kommentar
Im "Buch von der Deutschen Poeterey" von Martin Opitz kommt die Gattung Lied unter der Bezeichnung "Lyrica" vor. Neuere Poetiken vor allem im 19. und frühen 20. Jahrhundert sprechen vom Lied als ursprünglichster Form oder "Herzstück" der Lyrik. Dabei handelt es sich um eine neue Entwicklung, die Antike, Mittelalter und früher Neuzeit noch fremd war. Wegen der spezifischen Bedeutung des Liedes als einer gesungenen (romantischen) Gattung im Deutschland des 19. Jahrhunderts (Franz Schubert, Carl Löwe, Robert Schumann, Hugo Wolf) wurde die Wortform "the lied" bzw. "le lied" ins Englische und Französische übernommen.
Das deutsche Wort Lied stammt vom althochdeutschen "leod, liod" und ist verwandt mit altfrz. lai (strophisches gesungenes Gedicht). Wortgeschichte und Bedeutungsdifferenzierung siehe Lied (Grimms Wörterbuch)