Niederdeutsch

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Niederdeutsch, auch plattdeutsch genannt, Sprache bzw. Mundart der norddeutschen Regionen.


Über niederdeutsche Literatur siehe auch hier im Artikel Pierer.


Adelung 1798

[493] Niederdeutsch, adj. et adv. in dem niedriger gelegenen Theile Deutschlandes einheimisch, darin gegründet; im Gegensatze des Oberdeutsch. Ein Niederdeutscher, ein Einwohner dieses Theiles von Deutschland, im Gegensatze eines Oberdeutschen. Die Niederdeutsche Sprache oder Mundart, welche in diesem Theile von Deutschland gesprochen wird, und wohin nicht nur die Niedersächsische, sondern auch die Holländische, Friesische, Hollsteinische u.a. Mundarten gehören. S. Hochdeutsch.

Quelle: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 493. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000338788

[783] Plattdeutsch, adj. et adv. plattes Deutsch, Niederdeutsch; im Gegensatze des Hoch- und Oberdeutsch. Plattdeutsch reden. Die Plattdeutsche Sprache.

Quelle: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 783. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000359858


Pierer

[199] Plattdeutsch, im Gegensatz zu der hochdeutschen Schriftsprache die in dem norddeutschen Tisklande vom Rhein bis an das Kurische Haff gesprochene Volkssprache, welche in sprachgeschichtlicher Hinsicht als Niederdeutsch den hochdeutschen Mundarten gegenübersteht. Durch eine Linie, welche die Städte Aachen, Bonn, Kassel, Nordhausen, Kalbe, Dessau, Wittenberg, Lübben, Krossen, Meseritz, Thorn, Graudenz, Rastenburg, Insterburg u. Labiau berührt, wird dieselbe im Süden einerseits von den oberdeutschen, andererseits von den slawischen Dialekten geschieden, während sich ihr im Westen (Jülich, Köln, Elberfeld, Wesel) das Niederrheinische, im Norden das Holländische, an der Nordseeküste hin das Friesische. in Schleswig zwischen Tondern u. Flensburg das Dänische anlehnt. Das Niederdeutsche steht schon von den ältesten Zeiten her durch den zur Weichheit u. Blödigkeit neigenden Vocalismus sowie durch Schmälerung des ganzen Lautbestandes dem Hochdeutschen gegenüber; die hochdeutschen Diphthonge gehen in bereits vorhandenen Längen auf, der Umlaut ist nur spärlich entwickelt, die kurzen u. langen Vocale werden nicht mehr streng geschieden; der Consonantismus verschmäht den Fortschritt der Lautverschiebung, scharfe Blaselaute werden geschwächt od. gehen ganz verloren, während w, v, j bevorzugt werden. Aus diesem Grunde sind auch die Dialekte des Plattdeutschen nicht so scharf geschieden u. so zahlreich, wie im Hochdeutschen, gegen welches überhaupt das Niederdeutsche, obgleich es weicher u. angenehmer lautet, doch an Kraft u. Mannichfaltigkeit weit hintenansteht. Nur zwei Hauptglieder heben sich entschiedener von einander ab, das Westfälische (mit dem Münsterländischen, Paderborn'schen, Sauerländischen etc.) u. das eigentlich Niedersächsische östlich der Elbe, welches sich in Folge der deutschen Eroberungen im Mittelalter über die früher von Slawen bewohnten Länder des nordöstlichen Deutschland bis weit an der Ostsee hinauf ausgebreitet hat. Ein ganz reines unverfälschtes Niederdeutsch ist gegenwärtig nur noch selten zu hören, da es in den Städten mehr od. minder stark durch das Hochdeutsche beeinflußt ist u. auf dem Lande in bäuerische Rohheit verfällt. In historischer Beziehung unterscheidet man, wie beim Hochdeutschen, drei Stufen der Sprachentwickelung. Aus dem ältesten od. altniederdeutschen Zeitraume ist an größeren Schriftdenkmälern nur der Heliand (s.d.) auf uns gekommen. Zahlreichere Denkmäler bietet die zweite od. mittelniederdeutsche Periode, doch blieb die Niederdeutsche Literatur im Wesentlichen auf die Bedürfnisse des Volkes u. des täglichen Lebens beschränkt, während in Gedichten für höfische Kreise die Hochdeutsche Sprache angewendet wurde. Hauptgegenstände der Niederdeutschen Literatur bilden daher Reimchroniken, Rechtsbücher u. lehrhafte Gedichte; das was sich an epischen, lyrischen u. dramatischen Stücken findet, erreicht weder an innerem Gehalt noch künstlerischer Form die besseren Erzeugnisse der gleichzeitigen hochdeutschen Literatur. Unter den Reimchroniken in Niederdeutscher Sprache sind hervorzuheben: die Gandersheimer Chronik des Pfaffen Everard (um 1216); eine Chronik der Fürsten von Braunschweig (De Kronich van Sassen, herausgeg. von Scheller, Hannover 1826), welche um 1280 verfaßt wurde; die niederrheinische Chronik von Köln, welche Gotfried Hagen um 1270 verfaßte (herausgegeben von Grote, Köln 1834). Unter den prosaischen Chroniken sind zu nennen: die Lübische Chronik des Franciscanerlesemeisters Dethmar zu Lübeck (mit den Fortsetzungen herausgegeben von Grantoff, 2 Bde., Hamb. 1829); die noch ungedruckte Magdeburger Schöffenchronik; die verschiedenen Geschichtsquellen der Stadt Bremen (herausgegeben von Lappenberg, Brem. 1841). Unter den Rechtsbüchern steht der Sachsenspiegel (s.d.) oben an. Unter den Dramen sind anzuführen das Spil van der upstandinge (herausgegeben von Ettmüller 1851), der Theophilus (herausgegeben von Hoffmann, 1853), der Sündenfall u. die Marienklage (beide herausgegeben von Schönemann, Hann. 1855). Das Lied von Koning Ermenrikes dôd (herausgegeben von Gödeke 1851) ist für die deutsche Heldensage beachtenswerth; von höchster literarischer Bedeutung wurden jedoch der nach dem Niederländischen bearbeitete Reinecke u. der Eulenspiegel. Eine niederdeutsche Bearbeitung der Vier Bücher der Könige wurde von Merzdorf (Oldenb. 1857) herausgegeben. Eine Anzahl von historischen u. theologischen Werken wurde auch noch im 16. Jahrh. in Plattdeutscher Sprache verfaßt, wie die Pommersche Chronik des Thomas Kantzow, die Chronik von Dithmarschen des Joh. Adolfi, genannt Neocorus, die Hamburger Chronik des Reimar Kock u.a.m. Nach Einführung der Reformation gewann die Hochdeutsche Schriftsprache die Alleinherrschaft in der Literatur u. verdrängte den Schriftgebrauch des Niederdeutschen so vollkommen, daß 1622 bereits die letzte Ausgabe der lutherischen Bibel gedruckt wurde. Die niederdeutschen Gesangbücher aus jener Zeit hat Geffcken (Berl. 1858) herausgegeben. Seitdem ist das Niederdeutsche, welches mit dem 16. Jahrh. seine mittelalterliche Periode abschließt, auch aus der Kirche u. der Schule verdrängt worden u. im Munde der Gebildeten nur hier u. da noch als Verkehrssprache des täglichen Lebens zu finden. Von einer Plattdeutschen Literatur neben der Hochdeutschen kann daher nicht die Rede sein. Es erschienen zwar einzelne Schriften u. Dichtungen in Plattdeutscher Sprache, wie in allen übrigen deutschen Dialekten, doch waren dies Alles nur Versuche, welche eine eigentliche literarhistorische Bedeutung nicht besaßen. Das Bedeutendste vielleicht lieferte W. Bornemann, welcher seit 1814 verschiedene plattdeutsche Gedichte (im Märkischen Dialekt) veröffentlichte. Einen neuen Aufschwung erhielt jedoch die plattdeutsche Dichtung durch Klaus Groth (s.d.), welcher durch seinen hellsprudelnden Quickborn (1853) eine ungewöhnliche Theilnahme an diesem Literaturzweige hervorrief. Bei der Fülle von Erscheinungen, welche seitdem an das Licht getreten sind, hat jedoch nur der kleinste Theil ein Anrecht auf wirklichen poetischen Werth; viele plattdeutsche Dichter leiden an dem Fehler, daß sie das plattdeutsche Idiom, welches sich vortrefflich zum Ausdrucke des Naiven, Gemüthlichen, Humoristischen, Schalkhaften eignet, zum Ausdruck der zartesten u. sentimentalsten Empfindungen auch wohl tiefsinnigsten[199] u. gedankenschwersten Reflexionen machen. Letzteres gilt insbesondere auch von Klaus Groth selbst im Gegensatz des mecklenburgischen Volksdichters Fritz Reuter (s.d.). Andere plattdeutsche Dichter der neuesten Zeit sind: T. Brinkmann u. L. Giesebrecht, Theod. Storm, Karsten, Runge, D. G. Babst, Sophie Dethleffs, Berling, J. Meyer, L. Gisebrecht u. A. Vgl. Eschenhagen, Album plattdeutscher Gedichte, Berl. 1860. Noch immer beliebt in einem anderen Theile Niederdeutschlands sind die plattdeutschen Predigten von Jobst Sackmann (s.d.); Eichwald gab Niederdeutsche Sprüchwörter u. Redensarten (Lpz. 1860) heraus. Die wissenschaftliche Behandlung der Niederdeutschen Sprache hat erst in jüngster Zeit begonnen. Ritter, Grammatik der mecklenburgisch-plattdeutschen Mundart, Neustrelitz 1829; Wiggers, Grammatik der Plattdeutschen Sprache, 2. Aufl., Hamb. 1857; Marahrens, Grammatik der Plattdeutschen Sprache, Altona 1858; Tiling u. A., Versuch eines bremischniedersächsischen Wörterbuches, Bremen 1767 f., 5 Bde.; Schützel, Holsteinisches Idiotikon, Hamb. 1800 f., 3 Thle.; Richey, Idioticon Hamburgense, Hamb. 1743, 2. Aufl. 1755; Dähnert, Plattdeutsches Wörterbuch nach der pommerschen u. rügischen Mundart, Strals. 1781; Strodtmann, Idioticon Osnabrugense, Lpz. u. Alt. 1756; Kosegarten, Wörterbuch der Niederdeutschen Sprache, Greifsw. 1857 f.; Schambach, Wörterbuch der niederdeutschen Mundart der Fürstenthümer Göttingen u. Grubenhagen, Hann. 1858; Danneil, Wörterbuch der altmärkisch-plattdeutschen Mundart, Salzwedel 1859; Kinderling's Geschichte der Niedersächsischen od. sogenannten Plattdeutschen Sprache, Magdeb. 1800; Eschenhagen, Die Plattdeutsche Sprache u. deren neue Literaturbewegung, Berl. 1860; Klaus Groth, Briefe über Hochdeutsch u. Plattdeutsch, Kiel 1857.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 199-200. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010650059


Damen Conversations Lexikon

[235] Plattdeutsch, niedersächsisch, jene breite, weiche deutsche Mundart, die sich vorzugsweise noch jetzt in Westphalen, am Niederrhein und in Belgien findet, der die reinere, aber härtere Mundart im südlichen Deutschland entgegensteht. Man nimmt an, daß bereits nach Einwanderung asiatischer Völkerstämme in Deutschland beide Mundarten entstanden, indem die kriegerischen Bewohner des rauhen und gebirgigen Süddeutschlands eine härtere Sprache redeten, als die friedlichen Völkerstämme in den ebenen Gegenden Norddeutschlands.

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 235. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001759124


Brockhaus 1839

[512] Plattdeutsch. Die deutsche Sprache wird innerhalb Deutschlands in zwei Hauptmundarten gesprochen, von denen die plattdeutsche, niederdeutsche oder niedersächsische in dem größern Theile von Norddeutschland, die Oberdeutsche in mehren Dialekten in Süddeutschland die herrschende ist. Jene unterscheidet sich im Allgemeinen durch Weichheit von der letztern, die härter und schärfer tönt, aus beiden aber, jedoch mehr dem Oberdeutsch sich nähernd, entstand das sogenannte Hochdeutsch, welches seit dem 16. Jahrh. vorzüglich durch Luther's Bibelübersetzung die allgemeine Schrift- und Gelehrtensprache, sowie als das gebildetste und reinste Deutsch, auch die der Gebildeten geworden ist.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 512. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000854352


Herder 1856

[562] Plattdeutsch, Niederdeutsch, die Volkssprache Norddeutschlands vom Niederrhein bis Memel, Sprache der von den alten Friesen u. Sachsen abstammenden Deutschen, zerfällt in mehre Dialecte u. ist seit dem 17. Jahrh. aus der Schrift so gut als verschwunden, zumal die Dichtungen im P. doch nur eine locale Bedeutung haben. Aus der alten Zeit haben wir den »Heliand«, aus dem Mittelalter viele Chroniken, den Sachsenspiegel, Reineke Vos, den Eulenspiegel; die letzte Bibel in P. wurde 1522 gedruckt.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 562. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003472779


Brockhaus 1911

[268] Niederdeutsch, Plattdeutsch, die Sprache des Norddeutschen Tieflandes, im weitern Sinne auch die niederländ. und fläm. Sprache; durch den Mangel der hochdeutschen Lautverschiebung vom Hochdeutschen unterschieden. (S. Deutsche Mundarten.) [Karte: Deutschtum I.] Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 268. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001391534