Sorbische Sprache und Literatur
Pierer 1863
In der Sprache (s. Wendische Sprache) unterscheidet man überhaupt zwei Hauptdialekte, den Oberserbischen, welcher sich dem Böhmischen nähert u. von den Wenden der Oberlausitz gesprochen wird, welche sich selbst S. nennen, u. den Niederserbischen, welcher sich mehr dem Polnischen nähert u. von den Wenden der Niederlausitz gesprochen wird, die sich Sersken nennen, während die Umwohner sie im Allgemeinen Soraben, S. od. Wenden nennen. Die Sprache, in beiden Dialekten etwa noch von 160,000 Seelen geredet, geht dem Aussterben entgegen, namentlich in der preußischen Lausitz, wo wenig für die Erhaltung derselben gethan wird, während in Sachsen slawische Sprachvereine, wie die Matica srbsca für Aufrechterhaltung der slawischen Nationalität durch Unterricht u. Gottesdienst sorgen. Selbst in Dresden wird den wendischen Serben Gelegenheit zu Andachtsübungen in ihrer Volkssprache geboten. Die Literatur der S. ist noch in der Kindheit; die Heilige Schrift, Luthers Katechismus u. einige Gebetbücher sind zwar längst in ihre Sprache übersetzt, außerdem hat man aber wenige Nationalschriften. Die Haupterzeugnisse der Sorbenwendischen Literatur findet man verzeichnet in Jordan's Jahrbüchern für slawische Literatur, Kunst u. Wissenschaft, Lpz. 1843–1848, Jahrg. 1–6, u. in Schmaler's Jahrbüchern für slawische Literatur, Kunst u. Wissenschaft, Bautzen 1852–56, Jahrg. 1–4 Den werthvollsten Beitrag zu derselben bilden die Sprüchwörter, Sagen u. Volkslieder der S., welche für beide Dialekte bereits sorgfältig gesammelt sind, in Betreff der Oberlausitzer Mundart durch Schmaler u. Haupt, in Betreff der Niederlausitzer Mundart durch Hauptmann, Zwahr u. Andere.
Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 305. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010959513