Bodenstedt, Friedrich von: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 14. Februar 2024, 18:44 Uhr
Meyers 1905
[130] Bodenstedt, Friedrich von, Dichter und Schriftsteller, geb. 22. April 1819 zu Peine im Hannöverschen, gest. 18. April 1892 in Wiesbaden, studierte Philologie in Göttingen, München und Berlin, ward 1841 Erzieher der jungen Fürsten Gallizin in Moskau und fand hier Muße, sich mit den slawischen Sitten und Sprachen vertraut zu machen. Von Moskau aus ging er 1844 nach Tiflis, um die Leitung eines pädagogischen Instituts und eine Lehrerstelle am dortigen Gymnasium zu übernehmen. Hier faßte B. den Plan zu seinem Werk »Die Völker des Kaukasus und ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen« (Frankf. 1848; 2. Aufl., Berl. 1855), wozu er sich unter Leitung seines Freundes Mirza Schaffy durch eifriges Studium der orientalischen Sprachen vorbereitete. Er durchwanderte 1845 Armenien, die Kaukasusländer und kehrte über die Krim, Kleinasien, Konstantinopel 1847 nach Deutschland zurück, wo er durch eine Übersetzung ausgewählter Gedichte von Kaslow, Puschkin und Lermontow (Leipz. 1843) und »Die poetische Ukraine«, eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder (Stuttg. 1845), bereits bekannt war. Von jetzt an finden wir B. in verschiedenen Stellungen, in München, Triest (als Redakteur des »Österreichischen Lloyd«), Berlin, Paris, Frankfurt, Bremen (hier als Redakteur der »Weserzeitung«), bis er 1854 auf Einladung des Königs Max von Bayern nach München übersiedelte, wo er die Professur der slawischen Sprachen an der Universität erhielt, die er 1858 mit der der altenglischen Literatur vertauschte. Im Herbst 1866 folgte er einem Ruf des Herzogs von Meiningen, um die Leitung der Hofbühne in Meiningen zu übernehmen. Hier lebte er, vom Herzog 1867 in den Adelstand erhoben, bis 1873, nachdem er die Intendanz schon 1869 niedergelegt hatte, hielt sich dann in Altona auf und siedelte 1877 nach Berlin über, von wo aus er 1880 zum Zweck von Vorlesungen eine Reise nach den Vereinigten Staaten unternahm. Seit seiner Rückkehr wohnte B. in Wiesbaden. Von seinen Schriften ist zunächst noch »Tausendundein Tag im Orient«, die Schilderung seiner Erlebnisse im Kaukasus etc. (Berl. 1850, 2 Bde.; 5. Aufl. in 1 Bd. 1891), von seinen Übertragungen fremder Dichtungen außer dem »Poetischen Nachlaß« Lermontows (das. 1852, 2 Bde.) noch die der »Poetischen Werke« Puschkins (das. 1854–55, 3 Bde.) und Turgenjews »Erzählungen« (Münch. 1864–65, 2 Bde.) zu erwähnen. Auch die 1851 erschienenen heitern und formgewandten »Lieder des Mirza Schaffy« (145. Aufl., Berl. 1893), sein bedeutendstes und beliebtestes Werk, das in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, kündigten sich als Übertragung an, stellten sich aber alsbald als eigne Dichtungen heraus. Seine betrachtungsreichen »Gedichte« (Brem. 1852), denen noch zwei Bände unter dem Titel: »Aus der Heimat und Fremde« (Berl. 1857 u. 1859) folgten, ferner die Sammlungen: »Aus dem Nachlasse Mirza Schaffys« (das. 1874, 17. Aufl. 1891), »Einkehr und Umschau« (Jena 1876, 3. Aufl 1877), »Aus Morgenland und Abendland« (Leipz. 1882, 3. Aufl. 1887) und »Neues Leben« (Bresl. 1886) erhoben sich nicht zu gleicher Bedeutung. Die poetische Übertragung Hafisischer Lieder: »Der Sänger von Schiras« (Berl. 1877, 3. Aufl. 1884), gaben B. Gelegenheit, seine Sprachvirtuosität zu offenbaren. Die »Lieder und Sprüche des Omar Chajjâm verdeutscht« (Bresl. 1881, 4. Aufl. 1889) schließen sich ihnen an. Minder glücklich war B. als Dramatiker und Erzähler. Sowohl die Tragödie »Demetrius« (Berl. 1856) und das Lustspiel »König Autharis Brautfahrt« (das. 1860) als die im »Theater« (das. 1876) gesammelten Dramen, deren interessantestes die Tragödie »Kaiser Paul« ist, endlich das Schauspiel »Alexander in Korinth« (Hannov. 1876; neue Bearbeitung. Leipz. 1883) entbehren bei vielen Einzelvorzügen der dramatischen Anlage. Als Epiker ließ B. zuerst die Dichtung »Ada, die Lesghierin« (Berl. 1853) erscheinen, an der die beschreibenden Partien zu rühmen sind. Einheitlicher zeigten sich die kleinen »Epischen Dichtungen« (Berl. 1863), unter denen »Herun und Habakuk« das Meisterstück ist. Von seinen Erzählungen verdienen die aus persönlichen Erinnerungen stammenden »Kleinern Erzählungen« (Münch. 1863) hervorgehoben zu werden und im Anschluß daran. »Ernst Bleibtreu« (Münch. 1863; 2. Aufl., Berl. 1889); »Vom Hof Elisabeths und Jakobs« (Jena 1871, 2 Bde.; 4. Aufl. 1882); »Aus deutschen Gauen« (das. 1871, 2 Bde.; 4. Aufl. 1882); der Roman »Das Herrenhaus in Eschenwalde« (das. 1872, 3 Bde.; 3. Aufl. 1878); »Kleine Geschichten aus fernem Lande« (Berl. 1872); »Gräfin Helene« (Stuttg. 1880).
Verdienstlich sind die Shakespeare und seiner Zeit gewidmeten Schriften Bodenstedts. In erster Linie steht hier das Werk »Shakespeares Zeitgenossen und ihre Werke« (Berl. 1858–60, 3 Bde.), mit Übertragungen aus Websters, Fords, Marlowes, Lillys und andern Dichtungen, dem die vorzügliche Verdeutschung von »Shakespeares Sonetten« (das. 1862,[130] 5. Aufl. 1892) folgte. Späterhin gab B. die beiden ersten Bände des »Jahrbuchs der deutschen Shakespeare-Gesellschaft« (Berl. 1866–67) und unter Mitwirkung von O. Gildemeister, A. Wilbrandt, P. Heyse, Herwegh u. a. eine neue Übersetzung der »Dramatischen Werke« Shakespeares (Leipz. 1866–72, 9 Bde.; 3. Aufl. 1878) heraus, der ein Buch über »Shakespeares Frauencharaktere« (Berl. 1875, 4. Aufl. 1887) folgte. Über die Staats- und Volksverhältnisse Rußlands verbreiten sich die »Russischen Fragmente« (Leipz. 1862, 2 Bde.). Als Aufzeichnungen aus seinem wechselvollen Leben veröffentlichte er: »Aus meinem Leben« (erster Teil: »Eine Königsreise, Erinnerungsblätter an König Max«, Leipz. 1879, 3. Aufl. 1883), die Beschreibung seiner Amerikareise: »Vom Atlantischen zum Stillen Ozean« (das. 1882) und »Erinnerungen aus meinem Leben« (Berl. 1888–90, 2 Bde.). 1880 begründete B. die in Berlin erscheinende »Tägliche Rundschau«. Neben einer Auswahl aus der großen Zahl seiner Gedichte (»Ausgewählte Dichtungen«, Berl. 1864) veranstaltete B. auch eine (unvollständige) Ausgabe seiner »Gesammelten Schriften« (das. 1865–1869, 12 Bde.). 1894 wurde ihm in Wiesbaden ein Denkmal errichtet. Vgl. »Friedrich v. B. Ein Dichterleben in seinen Briefen 1850–1892« (hrsg. von Schenck, Berl. 1893).
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 130-131. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006346405
Herder 1854
[582] Bodenstedt, Friedrich Martin, geb. 1819 zu Peine in Hannover, lebte von 1840–46 als Hofmeister und Lehrer zu Moskau und Tiflis, später Journalist in Triest und Bremen, schrieb: »Tausend und ein Tag im Orient« 1850, »Die Völker des Kaukasus« 1848, »Gedichte« 1852, »Ada die Lesghierin« 1853, übersetzte russ. Dichter, z.B. Koslow, Puschkin. Lermontow.
Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 582. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003239950
Pierer
[947] Bodenstedt, Friedrich Martin, geb. 1819 zu Peine in Hannover, widmete sich erst dem Kauf mannsstande, verließ aber seine Lehrstelle u. bezog die Göttinger Universität, um Geschichte u. Philosophie zu studiren. 1840 ging er nach Moskau als Erzieher in der Familie des Fürsten Galizin, blieb hier 4 Jahre u. beschäftigte sich in seinen Freistunden mit dem Studium der russischen Sprache u. slawischen Poesie; 1844 wurde er Director eines Lehrinstituts in Tiflis. Er bereiste 1845 den Kaukasus, die Krim u. Kleinasien u. kehrte über die Europäische Türkei u. die Ionischen Inseln 1846 nach Deutschland zurück, wo er in München u. 1848 in Triest als Redacteur des Lloyd u. dann längere Zeit in Berlin lebte. 1849 war er im Interesse der preußischen Freihandelspartei in Paris u. nahm 1850 Theil am Frankfurter Friedenscongreß, um für die deutsche Sache in Schleswig-Holstein zu sprechen. Ende 1850 übernahm er in Bremen die Redaction der Weserzeitung, gab diese Stellung jedoch bald wieder auf u. wandte sich 1855 nach München, wohin er berufen wurde, um in den Kreis der Dichter u. Schriftsteller einzutreten, welche der König Mar an seinem Hofe versammelte. Er schr.: Die Völker des Kaukasus u. ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen, Frankf. 1848 2. Aufl. 1855; Tausend u. ein Tag im Orient Berl. 1850, 2 Bde., u. Aufl. 1853; Die Einführung den Christenthums in Armenien, Berl 1850 unter bem Pseudonym Martin Reckenlob: Die neuen Nibelungen, 1851; Ada, die Lesghierin (Gedicht), Berl. 1853; Gedichte, 2 Aufl., Brem, 1853. übersetzte: Gedichte von Kaslow, Puschkiv u. Lermontow (aus dem Russischen), Lpz. 1843; Die poetische Ukraine (russische Volkslieder), Stuttg. 1845; Die Lieder des Mirza-Schaffy (aus dem Persischen), Berl. 1851, 3. Aufl. 1854; Michail Lermontows poetischer Nachlaß (aus dem Russ.), Berl, 1852; Alex. Puschkins poetische Werke (aus den Russ.), Berl. 1853.
Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 947. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009555862
Brockhaus 1911
[230] Bodenstedt, Friedr. von, Dichter und Schriftsteller, geb. 22. April 1819 zu Peine, bereiste 1844-45 den Kaukasus, die Krim und Kleinasien (»Die Völker des Kaukasus«, 2. Aufl. 1855; »1001 Tag im Orient«, 5. Aufl. 1891), seit 1854 Prof. in München, 1866-70 Leiter des Meininger Theaters, 1880-88 Herausgeber der »Täglichen Rundschau« in Berlin, gest. 18. April 1892 in Wiesbaden. Vornehmer, formgewandter Lyriker (»Lieder des Mirza-Schaffy«, 1851; 161. Aufl. 1902; »Gedichte«, 3. Aufl. 1859; »Aus dem Nachlaß des Mirza-Schaffy«, 1874, u.a.) und Übersetzer; ferner Epen (»Ada die Lesghierin«, »Sakuntala« etc.), Dramen (»Demetrius«, »König Autharis Brautfahrt«, »Alexander in Korinth« etc.), »Erzählungen und Romane« (7 Bde., 1871) u.a., »Erinnerungen aus meinem Leben« (2 Bde., 1888-90).
Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 230. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000969036