Metrik (Opitz): Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 27. Oktober 2013, 00:09 Uhr



Das wir nun weiter fortfahren / so ist erstlich ein jeglicher verß / wie sie die Frantzosen auch abtheilen / (denn der Italiener zarte reimen alleine auf die weibliche endung außgehen) entweder ein foemininus, welcher zue ende abschiessig ist / vnd den accent in der letzten sylben ohne eine hat / Als:

Er hat rund vmb sich her das wasser außgespreitet /
Den köstlichen pallast des Himmels zue bereitet;

Oder masculinus, das ist / männlicher verß / da der thon auff der letzten sylben in die höhe steiget; als:

Den donner / reiff vnd schnee / der wolcken blawes zelt /
Ost / Norden / Sud vnd West in seinen dienst bestelt.

Nachmals ist auch ein jeder verß entweder ein iambicus oder trochaicus; nicht zwar das wir auff art der griechen vnnd lateiner eine gewisse grösse der sylben können in acht nemen; sondern das wir aus den accenten vnnd dem thone erkennen / welche sylbe hoch vnnd welche niedrig gesetzt soll werden. Ein Iambus ist dieser:

Erhalt vns Herr bey deinem wort.

Der folgende ein Trochéus:

Mitten wir im leben sind.

Dann in dem ersten verse die erste sylbe niedrig / die andere hoch / die dritte niedrig / die vierde hoch / vnd so fortan / in dem anderen verse die erste sylbe hoch / die andere niedrig / dir dritte hoch / &c. außgesprochen werden. Wiewol nun meines wissens noch niemand / ich auch vor der zeit selber nicht / dieses genawe in acht genommen / scheinet es doch so hoch von nöthen zue sein / als hoch von nöthen ist / das die Lateiner nach den quantitatibus oder grössen der sylben jhre verse richten vnd reguliren. Denn es gar einen übelen klang hat:

Venus die hat Juno nicht vermocht zue obsiegen;

weil Venus vnd Juno Jambische / vermocht ein Trochéisch wort sein soll: obsiegen aber / weil die erste sylbe hoch / die andern zwo niedrig sein / hat eben den thon welchen bey den lateinern der dactylus hat / der sich zueweilen (denn er gleichwol auch kan geduldet werden / wenn er mit vnterscheide gesatzt wird) in vnsere sprache / wann man dem gesetze der reimen keine gewalt thun wil / so wenig zwingen leßt / als castitas, pulchritudo vnd dergleichen in die lateinischen hexametros vnnd pentametros zue bringen sind. Wiewol die Frantzosen vnd andere / in den eigentlichen namen sonderlich / die accente so genawe nicht in acht nemen wie ich dann auch auff art es Ronsardts in einer Ode geschrieben:

Bin ich mehr als Anacreon /
Als Stesichór vnd Simonídes /
Als Antimáchus vnd Bion /
Als Phílet oder Bacchylídes?

Doch / wie ich dieses nur lust halben gethan / so bin ich der gedancken / man solle den lateinischen accenten so viel möglich nachkommen.