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(rumänisch Basarabia, ukrainisch Бессарабія, russisch Бессарабия)
(rumänisch Basarabia, ukrainisch Бессарабія, russisch Бессарабия)


historische Landschaft zwischen dem Schwarzen Meer im Süden sowie den Flüssen Pruth im Westen und Dnister im Osten. Der Name hat keine Beziehung zum Wort Arabien, sondern kommt vom walachischen Fürstengeschlecht Basarab, das dort im 13. und 14. Jahrhundert herrschte. Das Land gehörte als östlicher Teil zum Fürstentum Moldau. 1487 eroberten die Osmanen zunächst den südlichen Teil (Budschak, heute zur Ukraine), später wurde das ganze Land osmanischer Vasallenstaat. 1806 besetzte Rußland die Fürstentümer Walachei und Moldau. Der darauf folgende 7. Russisch-Türkische Krieg endete 1812 mit dem Frieden von Bukarest, in dem Rußland im Gegenzug zum "Verzicht" auf die Walachei und den Westen von Moldau Bessarabien sowie Gebiete im Kaukasus erhielt. 1859 vereinigten sich die Walachei und der Rest von Moldau zu, 1861 wird daraus das Königreich Rumänien. 1918 war Bessarabien kurzzeitig unabhängig, bevor es im November zusammen mit der Bukowina zu Rumänien kommt. 1940 erzwingt Stalin die Abtretung Bessarabiens und der Nordbukowina an die Sowjetunion, daraus wird die Sowjetrepublik Moldawien gebildet, nur der Norden und Süden (Budschak) gehören zur Ukrainischen Sowjetrepublik. Nach dem Zerfall der Sowjetunion entsteht aus der Moldawischen Sowjetrepublik die Republik Moldawien/ Moldau.
historische Landschaft zwischen dem Schwarzen Meer im Süden sowie den Flüssen Pruth im Westen und Dnister im Osten. Der Name hat keine Beziehung zum Wort Arabien, sondern kommt vom walachischen Fürstengeschlecht Basarab, das dort im 13. und 14. Jahrhundert herrschte. Das Land gehörte als östlicher Teil zum Fürstentum Moldau. 1487 eroberten die Osmanen zunächst den südlichen Teil (Budschak, heute zur Ukraine), später wurde das ganze Land osmanischer Vasallenstaat. 1806 besetzte Rußland die Fürstentümer Walachei und Moldau. Der darauf folgende 7. Russisch-Türkische Krieg endete 1812 mit dem Frieden von Bukarest, in dem Rußland im Gegenzug zum "Verzicht" auf die Walachei und den Westen von Moldau Bessarabien sowie Gebiete im Kaukasus erhielt. 1859 vereinigten sich die Walachei und der Rest von Moldau, 1861 wird daraus das Königreich Rumänien. 1918 war Bessarabien kurzzeitig unabhängig, bevor es im November zusammen mit der Bukowina zu Rumänien kommt. 1940 erzwingt Stalin die Abtretung Bessarabiens und der Nordbukowina an die Sowjetunion, daraus wird die Sowjetrepublik Moldawien gebildet, nur der Norden und Süden (Budschak) gehören zur Ukrainischen Sowjetrepublik. Nach dem Zerfall der Sowjetunion entsteht aus der Moldawischen Sowjetrepublik die Republik Moldawien/ Moldau.


Die Bevölkerung besteht zum überwiegenden Teil aus Rumänen. Erst 1989 wurde das moldauische Rumänisch Amtssprache. Von 1930 bis 1991 wurde die Sprache jedoch in kyrillischer Schrift geschrieben. Bedingt durch die lange Zugehörigkeit zu Rußland und zur Sowjetunion sprechen die meisten Bewohner auch Russisch.
Die Bevölkerung besteht zum überwiegenden Teil aus Rumänen. Erst 1989 wurde das moldauische Rumänisch Amtssprache. Von 1930 bis 1991 wurde die Sprache jedoch in kyrillischer Schrift geschrieben. Bedingt durch die lange Zugehörigkeit zu Rußland und zur Sowjetunion sprechen die meisten Bewohner auch Russisch.
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1930 wurden im sowjetischen Moldawien außer Rumänisch auch Russisch, Ukrainisch, Gagausisch, Ungarisch, Bulgarisch, Jiddisch und Deutsch gesprochen.
1930 wurden im sowjetischen Moldawien außer Rumänisch auch Russisch, Ukrainisch, Gagausisch, Ungarisch, Bulgarisch, Jiddisch und Deutsch gesprochen.


== Meyers 1905 ==

[757] Bessarabien, ein Gouvernement des südwestlichen Rußland (s. Karten »Rußland« u. »Rumänien«), vom Schwarzen Meer, dem Dnjestr und dem Pruth umschlossen, welch letzterer die Grenze gegen die Moldau und Bukowina bildet, umfaßt 45,632 qkm (828,7 QM.). Der südlichste Teil ist flaches, mit hohem Gras überwuchertes Steppenland, die Budshaksteppe (s. d.), der mittlere und nördliche sind hügelig, von zahlreichen Flußtälern und Schluchten durchzogen. Außer den erwähnten Grenzflüssen sind der Kagalnik und der Jalpusch als Hauptflüsse des Landes zu nennen. Das Klima ist im Sommer sehr heiß, namentlich im S., im Winter dagegen ziemlich streng; das Jahresmittel beträgt 9,7°. Die Bevölkerung bezifferte sich 1897 auf 1,936,403 Seelen (42 auf 1 qkm). Hier leben Moldauer (fast 50 Prof. der Gesamtbevölkerung), Russen (vorzugsweise Ruthenen und Kleinrussen), Bulgaren, Griechen, Armenier, Juden, Tataren, Zigeuner sowie zahlreiche deutsche Kolonisten. Die deutschen Kolonien (ca. 27) befinden sich durchweg im Kreis Akkerman und zeichnen sich durch verhältnismäßig hohen Wohlstand aus. In der Nähe von Akkerman liegt auch eine Schweizerkolonie. Im nördlichen Teil ist der Ackerbau gut entwickelt, der südliche ist hauptsächlich Weideland, der mittlere Teil ist noch von beträchtlichen Wäldern bedeckt. Haupterwerbszweige der Bevölkerung sind Ackerbau und Viehzucht; am meisten gebaut werden Weizen und Mais; außerdem liefert der Boden Leinsamen, Gerste, Tabak, Melonen und Kürbisse, wild wachsenden Safran und Krapp etc. Auch Obst- und Maulbeerbäume, Rüben sowie insbes. Wein gedeihen vortrefflich. Der Viehstand weist 311,822 Pferde, 794,200 Rinder und gegen 2 Mill. Schafe, unter diesen 180,000 feinwollige, auf. Außerdem finden sich Schweme, Ziegen, viel Wild, Büffel, wildes Geflügel, z. B. Trappen, Kraniche, Reiher etc., sehr viele Fische, Bienen etc. Das Mineralreich liefert etwas Salz (1897: 6,4 Mill. kg), Salpeter, Marmor etc. In der letzten Zeit sind erfolgreiche Versuche mit der Seidenkultur gemacht worden. Die Industrie ist nur auf den Lokalbedarf berechnet. 1889 zählte man 801 Fabriken mit 3392 Arbeitern und einem Produktionswert von etwas über 1 Mill. Rubel. B. wird von einem Zivilgouverneur verwaltet und ist in acht Kreise (Akkerman, Bender, Bjelzy, Chotin, Ismail, Kischinew, Orgjejew und Soroki) eingeteilt. Hauptstadt ist Kischinew. – B., von skythischen Nomadenstämmen bewohnt, kam 106 n. Chr. als östlicher Teil von Dacien durch Trajan in lockere Abhängigkeit von Rom, ward im 3. Jahrh. von den Goten besetzt, dann der Schauplatz verheerender Völkerzüge, hierauf von dem Statum der Bessen (von denen es seinen Namen führt), später nacheinander von den Ugrern, Petschenegen, Kumanen etc. bewohnt. Seit 1367 gehörte es zur Moldau und war abwechselnd im Besitz der Tataren und der Türken. Ein Zankapfel in den Kriegen zwischen Rußland und der Türkei, wurde B. durch den Frieden von Bukarest 28. Mai 1812 mit Rußland vereinigt. Im Frieden von Adrianopel 1829 kamen auch die Donaumündungen etc. an Rußland. Doch wurde der Landstrich zwischen dem Pruth und Jalpuch und der südliche Teil bis zum Trajanswall, mit den Festungen Ismail und Kilia, etwa 11,000 qkm mit 180,000 Einw, durch den Pariser Frieden 1856 an die Moldau zurückgegeben. In dem Berliner Frieden von 1878 erhielt Rußland 9274 qkm mit 127,000 Einw. zurück. Vgl. Nakko, Geschichte Bessarabiens von den ältesten Zeiten an (Odessa 1873).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 757.


== Brockhaus 1909 ==

[118] Bessarabien, eine Landschaft am schwarzen Meere, zwischen dem nördlichen Arm der Donau und dem Dniester, die zugleich nebst Budgiak (Budschak), welches auch das tatarische Bessarabien genannt wird, zusammen über 400 Quadratmeilen ausmacht, aber nicht mehr als etwa 400,000 Einwohner hat, welche meistens aus nomadischen Tataren bestehen. Als ein ebenes und fruchtbares Land wird es auch mehr zur Viehzucht als zum Ackerbau benutzt; übrigens aber erkennt es die Oberherrschaft der Türken an.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 118.
Permalink:
http://www.zeno.org/nid/20000785466


== Damen Conversations Lexikon ==

[39] Bessarabien (Geographie), eine Provinz im südlichen Rußland, von 800 Quadrat Meilen, zwischen dem schwarzen Meere, Podolien, der Moldau und Siebenbürgen gelegen, ein wenig bevölkertes aber fruchtbares Land (man zählt auf dem großen Flächenraume nur 660,000 Menschen). Der Norden ist waldig, von Bergen und Hügeln durchzogen, der Süden eine große Ebene, eine Steppe, von Flüssen und Sümpfen durchschnitten, doch im Ganzen ein ergiebiger Boden. Die Wälder liefern Wildpret, die Ebenen Getreide und Gemüse, Obstfrüchte aller Art und namentlich vielen guten Wein, dessen Kultur immer im Steigen ist. 1826 wurden schon 50,000 Eimer gekeltert. Viel rother Wein wird auf Wermuth gegossen, [39] wodurch ein ungemein kräftiges und gesundes Getränk entsteht Die Viehzucht ist beträchtlich. Große Herden von Rindern, Pferden und Schafen weiden in den großen Ebenen. Die Fischerei ist sehr ergiebig, das Meer, die Seen und Ströme liefern Schildkröten, Krebse und Fische aller Art in Menge. Zahlloses Wassergeflügel belebt die stehenden Gewässer. Von Mineralien ist vorzüglich Salz reichhaltig vorhanden; doch bergen die fast gar nicht durchforschten Gebirge gewiß noch Schätze anderer Art. Die Bewohner waren früher Nomaden und haben sich erst unter russischer Hoheit an feste Wohnsitze gewöhnt. Jetzt gibt es 8 Städte, 16 Flecken und 1050 Dörfer. Die Bewohner sind Russen, Moldauer, Griechen, Juden, Armenier, Zigeuner. Unter diesen verschiedenen Einwohnern sind vorzüglich die Moldauer merkwürdig. – Das weibliche Geschlecht ist durch seine Schönheit ausgezeichnet und in der Regel fleißiger als das männliche. Die Frauen verfertigen ihre und ihrer Männer Kleidungsstücke selbst. Reinlichkeit in der Wohnung wie in der Kleidung zeichnet sie bis zum ärmsten Bauerweibe hinab aus. Ihre Kleidung ist malerisch und reizend. Im Sommer tragen sie ein blendend weißes, enges, mit farbigen Streifen und Stickereien verziertes Hemd, das bis an die Knöchel reicht und über den Hüften von einem leichten Gürtel gehalten wird. Den Kopf bedeckt ein weißes Tuch und den Unterrock vertritt eine schwarze wollene gestreifte Schürze, welche oft von einem hellrothen Gürtel umschlungen wird. Die Kopfbedeckung ist geschmackvoll gestickt und gewöhnlich das Meisterwerk ihrer eigenen Kunstfertigkeit. Sie wissen es sehr geschmackvoll über dem Scheitel zu falten. Die Wohlhabendern ziehen über das Hemde noch einen kurzen Talar von heller Seide, mit weiten Aermeln und Pelzwerk verbrämt. Bei kalter Witterung tragen sie eine Art Weste von hellem Seidenstoff ohne Aermel um die Brust, im Winter aber einen häßlichen Schafpelz, der sie entstellt. Die Frauen der höhern Stände (der Bojaren) kleiden sich französisch,[40] die Männer aber behalten ihre orientalische, prachtvolle Nationaltracht. – Die Hauptstadt ist Kischenew, liegt am Byk, ist schön gebaut, hat ein Gymnasium, einen Krongarten, drei prächtige marmorne Springbrunnen und gegen 20,000 Einwohner.
–n.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 39-41.
Permalink:
http://www.zeno.org/nid/20001715682


== Brockhaus 1837 ==

[238] Bessarabien, die südwestlichste Provinz des russ. Reichs, durch die Donau von der Türkei, durch den Pruth von der Moldau getrennt, außerdem vom östr. Galizien, vom Dniester und schwarzen Meere begrenzt, hat auf 890 ! M. 600,000 Einw., darunter 8000 Zigeuner; übrigens besteht die Bevölkerung aus Moldauern, Griechen, Juden, Armeniern, Russen, etwa 9000 deutschen Ansiedlern, und Bulgaren, von denen noch im J. 1830 gegen 50,000 aus der Türkei einwanderten. Die Provinz besteht aus dem eigentlichen B. und einem Theile der Moldau, wurde 1812 im Frieden von Bukarescht von der Türkei an Rußland abgetreten und hat höchst fruchtbaren Boden, der aber nur wenig angebaut ist. Besonders blühend sind dagegen Viehzucht, Fischerei, much Wein- und Obstbau, und mit Vieh, Wolle, Häuten, Talg, Obst, Wein, Wachs u.s.w. wird ein ansehnlicher Handel getrieben; die vorzüglichsten Gewerbe sind Branntweinbrennerei, Gerberei und Seifensiederei; Salz liefern einige Seen in großer Menge, dagegen fehlt es an Holz und Wasser. Die Hauptstadt Kischenew am Byk, der [238] Sitz eines Bischofs, hat 18,000 Einw. und ein akademisches Gymnasium; weiter sind zu bemerken die in der Kriegsgeschichte oft erwähnten Festungen Choczim am Dniester mit 4000 und Bender mit 5000 Einw., in der Nähe das Dorf Warnitza, wo Karl XII. (s.d.) von 1709–12 lebte; die Festung Ismail am nördl. Donauarme, mit lebhafter Schifffahrt und 9000 Einw., bekannt durch die Eroberung des russ. General Suwaroff im Dec. 1789, welche 33,000 Türken das Leben kostete; Kilianova mit 3500 Einw., die viel Kaviar bereiten; Beltzy mit 3000 Einw. und wichtigen Viehmärkten, von denen jährlich an 60,000 fette Ochsen bis nach Östreich getrieben werden, und Akjerman an der Mündung des Dniester ins schwarze Meer, mit 12,500 Einw., wichtigem Handel, Schiffswerften und einer Messe. Hier wurde im Oct. 1826 zwischen Rußland und der Türkei der akjermaner Vertrag geschlossen, dessen Nichterfüllung von Seiten der letztern 1828 zu einem Kriege zwischen beiden Mächten führte, den der Friede von Adrianopel (s.d.) endigte. Im Mittelpunkte von B., an beiden Ufern des Kagilnik, wurden 1814–15 den Einwanderern aus den durch den Krieg verheerten europ. Ländern große Ländereien angewiesen und von daher schreibt sich auch meist die oben erwähnte deutsche Bevölkerung in 19 Dörfern, welche die Namen von Orten, z.B. Beresina, Leipzig, Paris u.s.w. führen, wo die russ. Heere 1812–13 gesiegt haben; auch besteht hier eine Schweizercolonie, Helvetia, die Weinbau mit gutem Erfolge betreibt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 238-239.
Permalink:
http://www.zeno.org/nid/20000814563


== Herder 1854 ==

[513] Bessarabien, zwischen der Moldau. Galizien, Bulgarien und dem schwarzen Meere bei 800 QM. groß mit 800000 E., Walachen, Bulgaren, Griechen. Zigeunern, Tataren. Juden und eingewanderten Deutschen. B. besteht größtentheils aus grasreichen Steppen, daher dort bedeutende Viehzucht, an der Donau angeschwemmtes fruchtbares Land, aber ungesundes Klima; ist 1812 im Frieden von Bukarest von der Pforte an Rußland abgetreten worden.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 513.
Permalink:
http://www.zeno.org/nid/20003233200


== Pierer ==

[675] Bessarabien, 1) russische Provinz zwischen dem Schwarzen Meere, dem Pruth u. Jalpuch, grenzt im N. an Podolien, im O. an Cherson, im S. u. W. an die Moldau u. im NW. an Galizien; hat 794 QM., ist im Allgemeinen fruchtbar, im N. waldreich, gebirgig u. hügelig, im S. baumlose Steppen u. Weideland (Rudschäks), dünn bevölkert, Einw.: 7–800,000, Moldauer, Juden, Armenier, Zigeuner, Russen, Griechen, welche größtentheils Ackerbau u. Viehzucht treiben, doch steht die Landwirthschaft noch auf sehr niedriger Stufe u. die Industrie befindet sich noch in der Kindheit. Flüsse: Pruth u. Jalpuch, in die Donau mündend, Kagalnick, Sarata u. Dniestr mit dem Nebenfluß[675] Kobolta; meist bilden diese bei ihrem Ausfluß Seen u. Sümpfe (Limanen). Naturproducte: Gemüse (Gurken, Kürbisse, Melonen etc.), Obst, Getreide (Hirse, Gerste, Mais), Flachs, Hanf, Tabak, Färbekräuter, Mohn, Wein, namentlich am Dniestr-Liman in vorzüglicher Qualität, Wildpret, Bären, Luchse, Wölfe, Pferde, Büffel, Schafe, Schweine, viele Wasservögel u. Fische (Hausen, Sterlete); die Gebirge sind reich an Salz, Steinkohlen, Salpeter u. Marmor. Das Klima ist im Ganzen gesund u. mild. Sitz der Regierung u. des Civilgouverneurs ist Kischenew. Die Provinz zerfällt in 5 Kreise: Chotin, Beltzy, Kischenew, Bender u. Akjerman. 2) (Gesch.). Die Bewohner B-s waren früher skythische Nomadenstämme. Oft besiegt, nie bezwungen, machten sie auch keinen eigentlichen Theil des Römischen u. Byzantinischen Reiches aus. Später verschmolz B. wohl mit dem Bulgarischen Reich. Seit dem 13. Jahrh. gehörte es zur Moldau u. erhielt damals seinen Namen von der moldauischen Fürstenfamilie Bessaraba, s.d. (Gesch.). Beim Einfall der Türken nahmen die dort wohnenden Tataren den Islam an u. wurden von den Türken als dem moldanischen Hospodar unterworfen betrachtet, wenn dieser auch nicht immer die Oberherrschaft behaupten konnte. Später kam das Land unter die Botmäßigkeit des Tatarkhan, ein Verhältniß, welches im Frieden von Kutschuk Kainardschi (1774) förmlich anerkannt wurde, obgleich es noch immer dem Namen nach zur Moldau gehörte. Seitdem sich die Grenzen zwischen Rußland u. der Türkei regulirten, gehörte B. auch wohl letzterer an. Als sich der Khan bald darauf Rußland unterwarf, blieb es unter türkischer Botmäßigkeit, bis zum Frieden von Buckarest 1812, in Folge dessen B. an Rußland abgetreten wurde. Beim Frieden von Adrianopel 1829 kamen noch einige Annexa an Rußland, wodurch die Donaumündungen der Türkei verloren gingen. Diese Annexa, ein. Landstrich zwischen dem Pruth u. Jalpuch u. der südliche Theil bis zum Trajanswall, wurden von Rußland in Folge des Pariser Friedens, 1856, wieder abgetreten u. zur Moldau geschlagen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 675-676.
Permalink:
http://www.zeno.org/nid/20009516514


== Brockhaus 1911 ==

[194] Bessarabien, Gouvernement im südöstl. Rußland, zwischen dem Schwarzen Meer, Dnjestr, Pruth und der untern Donau, 45.632 qkm, 1.933.436 E. (darunter Rumänen, Bulgaren, Griechen, Tataren, deutsche Kolonisten), 8 Kreise; Hauptstadt Kischinew. B. kam 1812 von der Türkei an Rußland; der südl. Teil gehörte 1856-78 zu Rumänien.

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 194.
Permalink:
http://www.zeno.org/nid/20000953997

Aktuelle Version vom 26. Februar 2022, 20:59 Uhr



Bessarabien

(rumänisch Basarabia, ukrainisch Бессарабія, russisch Бессарабия)

historische Landschaft zwischen dem Schwarzen Meer im Süden sowie den Flüssen Pruth im Westen und Dnister im Osten. Der Name hat keine Beziehung zum Wort Arabien, sondern kommt vom walachischen Fürstengeschlecht Basarab, das dort im 13. und 14. Jahrhundert herrschte. Das Land gehörte als östlicher Teil zum Fürstentum Moldau. 1487 eroberten die Osmanen zunächst den südlichen Teil (Budschak, heute zur Ukraine), später wurde das ganze Land osmanischer Vasallenstaat. 1806 besetzte Rußland die Fürstentümer Walachei und Moldau. Der darauf folgende 7. Russisch-Türkische Krieg endete 1812 mit dem Frieden von Bukarest, in dem Rußland im Gegenzug zum "Verzicht" auf die Walachei und den Westen von Moldau Bessarabien sowie Gebiete im Kaukasus erhielt. 1859 vereinigten sich die Walachei und der Rest von Moldau, 1861 wird daraus das Königreich Rumänien. 1918 war Bessarabien kurzzeitig unabhängig, bevor es im November zusammen mit der Bukowina zu Rumänien kommt. 1940 erzwingt Stalin die Abtretung Bessarabiens und der Nordbukowina an die Sowjetunion, daraus wird die Sowjetrepublik Moldawien gebildet, nur der Norden und Süden (Budschak) gehören zur Ukrainischen Sowjetrepublik. Nach dem Zerfall der Sowjetunion entsteht aus der Moldawischen Sowjetrepublik die Republik Moldawien/ Moldau.

Die Bevölkerung besteht zum überwiegenden Teil aus Rumänen. Erst 1989 wurde das moldauische Rumänisch Amtssprache. Von 1930 bis 1991 wurde die Sprache jedoch in kyrillischer Schrift geschrieben. Bedingt durch die lange Zugehörigkeit zu Rußland und zur Sowjetunion sprechen die meisten Bewohner auch Russisch.

Nach dem Anschluß an Rußland wurden Deutsche als Siedler ins Land geholt. Im zweiten Weltkrieg werden die Deutschen aus Bessarabien im Zuge der Germanisierungspolitik nach Polen umgesiedelt.

1930 wurden im sowjetischen Moldawien außer Rumänisch auch Russisch, Ukrainisch, Gagausisch, Ungarisch, Bulgarisch, Jiddisch und Deutsch gesprochen.


Meyers 1905

[757] Bessarabien, ein Gouvernement des südwestlichen Rußland (s. Karten »Rußland« u. »Rumänien«), vom Schwarzen Meer, dem Dnjestr und dem Pruth umschlossen, welch letzterer die Grenze gegen die Moldau und Bukowina bildet, umfaßt 45,632 qkm (828,7 QM.). Der südlichste Teil ist flaches, mit hohem Gras überwuchertes Steppenland, die Budshaksteppe (s. d.), der mittlere und nördliche sind hügelig, von zahlreichen Flußtälern und Schluchten durchzogen. Außer den erwähnten Grenzflüssen sind der Kagalnik und der Jalpusch als Hauptflüsse des Landes zu nennen. Das Klima ist im Sommer sehr heiß, namentlich im S., im Winter dagegen ziemlich streng; das Jahresmittel beträgt 9,7°. Die Bevölkerung bezifferte sich 1897 auf 1,936,403 Seelen (42 auf 1 qkm). Hier leben Moldauer (fast 50 Prof. der Gesamtbevölkerung), Russen (vorzugsweise Ruthenen und Kleinrussen), Bulgaren, Griechen, Armenier, Juden, Tataren, Zigeuner sowie zahlreiche deutsche Kolonisten. Die deutschen Kolonien (ca. 27) befinden sich durchweg im Kreis Akkerman und zeichnen sich durch verhältnismäßig hohen Wohlstand aus. In der Nähe von Akkerman liegt auch eine Schweizerkolonie. Im nördlichen Teil ist der Ackerbau gut entwickelt, der südliche ist hauptsächlich Weideland, der mittlere Teil ist noch von beträchtlichen Wäldern bedeckt. Haupterwerbszweige der Bevölkerung sind Ackerbau und Viehzucht; am meisten gebaut werden Weizen und Mais; außerdem liefert der Boden Leinsamen, Gerste, Tabak, Melonen und Kürbisse, wild wachsenden Safran und Krapp etc. Auch Obst- und Maulbeerbäume, Rüben sowie insbes. Wein gedeihen vortrefflich. Der Viehstand weist 311,822 Pferde, 794,200 Rinder und gegen 2 Mill. Schafe, unter diesen 180,000 feinwollige, auf. Außerdem finden sich Schweme, Ziegen, viel Wild, Büffel, wildes Geflügel, z. B. Trappen, Kraniche, Reiher etc., sehr viele Fische, Bienen etc. Das Mineralreich liefert etwas Salz (1897: 6,4 Mill. kg), Salpeter, Marmor etc. In der letzten Zeit sind erfolgreiche Versuche mit der Seidenkultur gemacht worden. Die Industrie ist nur auf den Lokalbedarf berechnet. 1889 zählte man 801 Fabriken mit 3392 Arbeitern und einem Produktionswert von etwas über 1 Mill. Rubel. B. wird von einem Zivilgouverneur verwaltet und ist in acht Kreise (Akkerman, Bender, Bjelzy, Chotin, Ismail, Kischinew, Orgjejew und Soroki) eingeteilt. Hauptstadt ist Kischinew. – B., von skythischen Nomadenstämmen bewohnt, kam 106 n. Chr. als östlicher Teil von Dacien durch Trajan in lockere Abhängigkeit von Rom, ward im 3. Jahrh. von den Goten besetzt, dann der Schauplatz verheerender Völkerzüge, hierauf von dem Statum der Bessen (von denen es seinen Namen führt), später nacheinander von den Ugrern, Petschenegen, Kumanen etc. bewohnt. Seit 1367 gehörte es zur Moldau und war abwechselnd im Besitz der Tataren und der Türken. Ein Zankapfel in den Kriegen zwischen Rußland und der Türkei, wurde B. durch den Frieden von Bukarest 28. Mai 1812 mit Rußland vereinigt. Im Frieden von Adrianopel 1829 kamen auch die Donaumündungen etc. an Rußland. Doch wurde der Landstrich zwischen dem Pruth und Jalpuch und der südliche Teil bis zum Trajanswall, mit den Festungen Ismail und Kilia, etwa 11,000 qkm mit 180,000 Einw, durch den Pariser Frieden 1856 an die Moldau zurückgegeben. In dem Berliner Frieden von 1878 erhielt Rußland 9274 qkm mit 127,000 Einw. zurück. Vgl. Nakko, Geschichte Bessarabiens von den ältesten Zeiten an (Odessa 1873).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 757.


Brockhaus 1909

[118] Bessarabien, eine Landschaft am schwarzen Meere, zwischen dem nördlichen Arm der Donau und dem Dniester, die zugleich nebst Budgiak (Budschak), welches auch das tatarische Bessarabien genannt wird, zusammen über 400 Quadratmeilen ausmacht, aber nicht mehr als etwa 400,000 Einwohner hat, welche meistens aus nomadischen Tataren bestehen. Als ein ebenes und fruchtbares Land wird es auch mehr zur Viehzucht als zum Ackerbau benutzt; übrigens aber erkennt es die Oberherrschaft der Türken an.

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 118. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000785466


Damen Conversations Lexikon

[39] Bessarabien (Geographie), eine Provinz im südlichen Rußland, von 800 Quadrat Meilen, zwischen dem schwarzen Meere, Podolien, der Moldau und Siebenbürgen gelegen, ein wenig bevölkertes aber fruchtbares Land (man zählt auf dem großen Flächenraume nur 660,000 Menschen). Der Norden ist waldig, von Bergen und Hügeln durchzogen, der Süden eine große Ebene, eine Steppe, von Flüssen und Sümpfen durchschnitten, doch im Ganzen ein ergiebiger Boden. Die Wälder liefern Wildpret, die Ebenen Getreide und Gemüse, Obstfrüchte aller Art und namentlich vielen guten Wein, dessen Kultur immer im Steigen ist. 1826 wurden schon 50,000 Eimer gekeltert. Viel rother Wein wird auf Wermuth gegossen, [39] wodurch ein ungemein kräftiges und gesundes Getränk entsteht Die Viehzucht ist beträchtlich. Große Herden von Rindern, Pferden und Schafen weiden in den großen Ebenen. Die Fischerei ist sehr ergiebig, das Meer, die Seen und Ströme liefern Schildkröten, Krebse und Fische aller Art in Menge. Zahlloses Wassergeflügel belebt die stehenden Gewässer. Von Mineralien ist vorzüglich Salz reichhaltig vorhanden; doch bergen die fast gar nicht durchforschten Gebirge gewiß noch Schätze anderer Art. Die Bewohner waren früher Nomaden und haben sich erst unter russischer Hoheit an feste Wohnsitze gewöhnt. Jetzt gibt es 8 Städte, 16 Flecken und 1050 Dörfer. Die Bewohner sind Russen, Moldauer, Griechen, Juden, Armenier, Zigeuner. Unter diesen verschiedenen Einwohnern sind vorzüglich die Moldauer merkwürdig. – Das weibliche Geschlecht ist durch seine Schönheit ausgezeichnet und in der Regel fleißiger als das männliche. Die Frauen verfertigen ihre und ihrer Männer Kleidungsstücke selbst. Reinlichkeit in der Wohnung wie in der Kleidung zeichnet sie bis zum ärmsten Bauerweibe hinab aus. Ihre Kleidung ist malerisch und reizend. Im Sommer tragen sie ein blendend weißes, enges, mit farbigen Streifen und Stickereien verziertes Hemd, das bis an die Knöchel reicht und über den Hüften von einem leichten Gürtel gehalten wird. Den Kopf bedeckt ein weißes Tuch und den Unterrock vertritt eine schwarze wollene gestreifte Schürze, welche oft von einem hellrothen Gürtel umschlungen wird. Die Kopfbedeckung ist geschmackvoll gestickt und gewöhnlich das Meisterwerk ihrer eigenen Kunstfertigkeit. Sie wissen es sehr geschmackvoll über dem Scheitel zu falten. Die Wohlhabendern ziehen über das Hemde noch einen kurzen Talar von heller Seide, mit weiten Aermeln und Pelzwerk verbrämt. Bei kalter Witterung tragen sie eine Art Weste von hellem Seidenstoff ohne Aermel um die Brust, im Winter aber einen häßlichen Schafpelz, der sie entstellt. Die Frauen der höhern Stände (der Bojaren) kleiden sich französisch,[40] die Männer aber behalten ihre orientalische, prachtvolle Nationaltracht. – Die Hauptstadt ist Kischenew, liegt am Byk, ist schön gebaut, hat ein Gymnasium, einen Krongarten, drei prächtige marmorne Springbrunnen und gegen 20,000 Einwohner. –n.

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 39-41. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001715682


Brockhaus 1837

[238] Bessarabien, die südwestlichste Provinz des russ. Reichs, durch die Donau von der Türkei, durch den Pruth von der Moldau getrennt, außerdem vom östr. Galizien, vom Dniester und schwarzen Meere begrenzt, hat auf 890 ! M. 600,000 Einw., darunter 8000 Zigeuner; übrigens besteht die Bevölkerung aus Moldauern, Griechen, Juden, Armeniern, Russen, etwa 9000 deutschen Ansiedlern, und Bulgaren, von denen noch im J. 1830 gegen 50,000 aus der Türkei einwanderten. Die Provinz besteht aus dem eigentlichen B. und einem Theile der Moldau, wurde 1812 im Frieden von Bukarescht von der Türkei an Rußland abgetreten und hat höchst fruchtbaren Boden, der aber nur wenig angebaut ist. Besonders blühend sind dagegen Viehzucht, Fischerei, much Wein- und Obstbau, und mit Vieh, Wolle, Häuten, Talg, Obst, Wein, Wachs u.s.w. wird ein ansehnlicher Handel getrieben; die vorzüglichsten Gewerbe sind Branntweinbrennerei, Gerberei und Seifensiederei; Salz liefern einige Seen in großer Menge, dagegen fehlt es an Holz und Wasser. Die Hauptstadt Kischenew am Byk, der [238] Sitz eines Bischofs, hat 18,000 Einw. und ein akademisches Gymnasium; weiter sind zu bemerken die in der Kriegsgeschichte oft erwähnten Festungen Choczim am Dniester mit 4000 und Bender mit 5000 Einw., in der Nähe das Dorf Warnitza, wo Karl XII. (s.d.) von 1709–12 lebte; die Festung Ismail am nördl. Donauarme, mit lebhafter Schifffahrt und 9000 Einw., bekannt durch die Eroberung des russ. General Suwaroff im Dec. 1789, welche 33,000 Türken das Leben kostete; Kilianova mit 3500 Einw., die viel Kaviar bereiten; Beltzy mit 3000 Einw. und wichtigen Viehmärkten, von denen jährlich an 60,000 fette Ochsen bis nach Östreich getrieben werden, und Akjerman an der Mündung des Dniester ins schwarze Meer, mit 12,500 Einw., wichtigem Handel, Schiffswerften und einer Messe. Hier wurde im Oct. 1826 zwischen Rußland und der Türkei der akjermaner Vertrag geschlossen, dessen Nichterfüllung von Seiten der letztern 1828 zu einem Kriege zwischen beiden Mächten führte, den der Friede von Adrianopel (s.d.) endigte. Im Mittelpunkte von B., an beiden Ufern des Kagilnik, wurden 1814–15 den Einwanderern aus den durch den Krieg verheerten europ. Ländern große Ländereien angewiesen und von daher schreibt sich auch meist die oben erwähnte deutsche Bevölkerung in 19 Dörfern, welche die Namen von Orten, z.B. Beresina, Leipzig, Paris u.s.w. führen, wo die russ. Heere 1812–13 gesiegt haben; auch besteht hier eine Schweizercolonie, Helvetia, die Weinbau mit gutem Erfolge betreibt.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 238-239. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000814563


Herder 1854

[513] Bessarabien, zwischen der Moldau. Galizien, Bulgarien und dem schwarzen Meere bei 800 QM. groß mit 800000 E., Walachen, Bulgaren, Griechen. Zigeunern, Tataren. Juden und eingewanderten Deutschen. B. besteht größtentheils aus grasreichen Steppen, daher dort bedeutende Viehzucht, an der Donau angeschwemmtes fruchtbares Land, aber ungesundes Klima; ist 1812 im Frieden von Bukarest von der Pforte an Rußland abgetreten worden.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 513. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003233200


Pierer

[675] Bessarabien, 1) russische Provinz zwischen dem Schwarzen Meere, dem Pruth u. Jalpuch, grenzt im N. an Podolien, im O. an Cherson, im S. u. W. an die Moldau u. im NW. an Galizien; hat 794 QM., ist im Allgemeinen fruchtbar, im N. waldreich, gebirgig u. hügelig, im S. baumlose Steppen u. Weideland (Rudschäks), dünn bevölkert, Einw.: 7–800,000, Moldauer, Juden, Armenier, Zigeuner, Russen, Griechen, welche größtentheils Ackerbau u. Viehzucht treiben, doch steht die Landwirthschaft noch auf sehr niedriger Stufe u. die Industrie befindet sich noch in der Kindheit. Flüsse: Pruth u. Jalpuch, in die Donau mündend, Kagalnick, Sarata u. Dniestr mit dem Nebenfluß[675] Kobolta; meist bilden diese bei ihrem Ausfluß Seen u. Sümpfe (Limanen). Naturproducte: Gemüse (Gurken, Kürbisse, Melonen etc.), Obst, Getreide (Hirse, Gerste, Mais), Flachs, Hanf, Tabak, Färbekräuter, Mohn, Wein, namentlich am Dniestr-Liman in vorzüglicher Qualität, Wildpret, Bären, Luchse, Wölfe, Pferde, Büffel, Schafe, Schweine, viele Wasservögel u. Fische (Hausen, Sterlete); die Gebirge sind reich an Salz, Steinkohlen, Salpeter u. Marmor. Das Klima ist im Ganzen gesund u. mild. Sitz der Regierung u. des Civilgouverneurs ist Kischenew. Die Provinz zerfällt in 5 Kreise: Chotin, Beltzy, Kischenew, Bender u. Akjerman. 2) (Gesch.). Die Bewohner B-s waren früher skythische Nomadenstämme. Oft besiegt, nie bezwungen, machten sie auch keinen eigentlichen Theil des Römischen u. Byzantinischen Reiches aus. Später verschmolz B. wohl mit dem Bulgarischen Reich. Seit dem 13. Jahrh. gehörte es zur Moldau u. erhielt damals seinen Namen von der moldauischen Fürstenfamilie Bessaraba, s.d. (Gesch.). Beim Einfall der Türken nahmen die dort wohnenden Tataren den Islam an u. wurden von den Türken als dem moldanischen Hospodar unterworfen betrachtet, wenn dieser auch nicht immer die Oberherrschaft behaupten konnte. Später kam das Land unter die Botmäßigkeit des Tatarkhan, ein Verhältniß, welches im Frieden von Kutschuk Kainardschi (1774) förmlich anerkannt wurde, obgleich es noch immer dem Namen nach zur Moldau gehörte. Seitdem sich die Grenzen zwischen Rußland u. der Türkei regulirten, gehörte B. auch wohl letzterer an. Als sich der Khan bald darauf Rußland unterwarf, blieb es unter türkischer Botmäßigkeit, bis zum Frieden von Buckarest 1812, in Folge dessen B. an Rußland abgetreten wurde. Beim Frieden von Adrianopel 1829 kamen noch einige Annexa an Rußland, wodurch die Donaumündungen der Türkei verloren gingen. Diese Annexa, ein. Landstrich zwischen dem Pruth u. Jalpuch u. der südliche Theil bis zum Trajanswall, wurden von Rußland in Folge des Pariser Friedens, 1856, wieder abgetreten u. zur Moldau geschlagen.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 675-676. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009516514


Brockhaus 1911

[194] Bessarabien, Gouvernement im südöstl. Rußland, zwischen dem Schwarzen Meer, Dnjestr, Pruth und der untern Donau, 45.632 qkm, 1.933.436 E. (darunter Rumänen, Bulgaren, Griechen, Tataren, deutsche Kolonisten), 8 Kreise; Hauptstadt Kischinew. B. kam 1812 von der Türkei an Rußland; der südl. Teil gehörte 1856-78 zu Rumänien.

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 194. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000953997