Sängerkrieg auf der Wartburg: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 22. August 2025, 17:23 Uhr


Herders 1857

[672] Wartburgkrieg Name eines strophischen Gedichtes, dessen erster Theil das Lob Leopolds von Oesterreich und Hermanns von Thüringen aus dem Munde verschiedener Dichter, dessen zweiter einen Wettstreit des Wolfram von Eschenbach mit Klingsor von Ungerland in künstlichen mystischen Räthseln enthält. Der erste Theil soll in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh., der zweite noch später verfaßt sein. Ausgabe von Ettmüller 1830 und bei v. d. Hagen, Schriften über den W. von Koberstein (Alter und Bedeutung des Gedichtes) 1823 und von Lukas 1838. Anlaß zu dem Gedichte scheint ein Sängerkampf gegeben zu haben, der 1206 od. 1207 auf der Wartburg stattfand, die Sage aber würfelte hier Dichter zusammen, die theils geraume Zeit auseinander lebten, theils überhaupt fabelhaft sind z.B. Klingsor (s. d. A.).

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 672. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003563693


Pierer 1862

[865] Sängerkrieg auf der Wartburg, nach der Sage ein Dichterwettkampf, welcher 1206 od. 1207 auf der Wartburg am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen zwischen den damals berühmtesten Dichtern stattfand u. dessen Sujet das Lob des berühmtesten Fürsten jener Zeit war, mit der Bedingung, daß wer in dem Streite unterliege, gehenkt werden solle. Heinrich von Ofterdingen sang das Lob des Herzogs Leopold von Österreich, der Tugendhafte Schreiber u. Walther von der Vogelweide das des Landgrafen Hermann; da Heinrich für besiegt erklärt wurde, floh er zur Landgräfin Elisabeth, welche ihn unter ihrem Mantel verbarg u. dann ihm Erhaltung seines Lebens erwirkte, aber zugleich befahl, nach Ungarland zu ziehen u. den klugen Klingsor als Schiedsrichter herbeizuholen. Dieser kam u. begann nun unter Beihülfe der ihm dienstbaren Dämonen mit Wolfram von Eschenbach u.a. Dichtern einen neuen Wettkampf in Gelehrsamkeit u. Räthseln. Das mittelhochdeutsche Gedicht, welches jenen Wettkampf besingt, zum Theil vielleicht aus der Reminiscenz eines wirklich dort zu jener Zeit stattgefundenen poetischen Wettstreites, zum Theil aber aus bloßer Dichtung entstanden u. Kriec von Wartburg (Wartburgkrieg) genannt, ist ein Mittelding zwischen Streitgedicht u. Drama u. besteht aus zwei Theilen, deren erstergrößerer in dem sogenannten Thüringer Herren-Tone, in großen Strophen, die Lobgedichte der Fürsten, der andere im Schwarzen Tone, in kürzeren Strophen, den Räthselstreit erzählt; jener ist gewiß erst in der zweiten Hälfte, dieser zu Ende des 13. Jahrh. entstanden; der Verfasser ist unbekannt, Einige suchen die Entstehung des Gedichtes am Rheine u. glauben, daß es vielleicht ein Product der Mainzer Singschule sei. Das Gedicht, dessen Werth sehr überschätzt worden ist, hat in Frische u. Reichthum nichts mit den Poesien derer gemein, deren Namen die Wettkämpfer führen; es steht in der Manessischen Sammlung u. im 2. Bande von Hagens Minnesingern, auch herausgeg. von Zeune, Berl. 1818, u. Ettmüller, Ilm. 1830; vgl. Koberstein, Über das wahrscheinliche Alter u. die Bedeutung des Gedichtes vom Wartburger Kriege, Naumb. 1823; Lucas, Über den Krieg von Wartburg, Königsb. 1838; von Plötz, Über den S. a. d. W., Weim. 1851.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 865. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010811532


Götzinger Reallexicon 1885

[1069] Wartburgkrieg. Die Wartburg war unter der Herrschaft des Landgrafen Hermann von Thüringen der Sammelplatz der grossen Dichter. Da konnte wohl manchmal die Eifersucht und der Wetteifer der Sänger ein poetisches Turnier veranlassen, in welchen sie ihre Kräfte massen. In einen solchen Wettgesang, der im Jahre 1206 oder 1207 auf der Wartburg stattgefunden haben soll, werden wir durch das Gedicht »Der Wartburgkrieg« eingeführt. Die berühmtesten Sänger der damaligen Zeit sind daran beteiligt: Walther [1069] von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach und Reimar der Alte, ferner der tugendhafte Schreiber, Biterolf und Heinrich von Ofterdingen, von welch letzterem wir sonst so gut wie nichts wissen. Im ersten Teile des Gedichtes, im Streitgedicht, kämpfen die Sänger über den Vorzug von Fürsten. Heinrich von Ofterdingen macht sich anheischig seinen Herrn den Herzog Leopold VII. von Österreich zu preisen, gegenüber Wolfram von Eschenbach und dem tugendhaften Schreiber, welche den Landgrafen Hermann von Thüringen über den Österreicher stellen und gegenüber Biterolf, der die Stimme erhebt zur Verherrlichung seines Herrn, des Grafen von Henneberg. Walther von der Vogelweide zeigt sich anfangs ungehalten auf Österreich und gibt dem König von Frankreich vor allen andern Fürsten den Preis; später bereut er es, sich von Österreich losgesagt zu haben und vergleicht Leopold mit der Sonne. Heinrich von Ofterdingen gibt dies stillschweigend zu, ist durch eine unschöne List Walthers besiegt worden und soll nun durch den Henker Stempfel aus Eisenach hingerichtet werden. Zu seiner Hilfe ruft er den Zauberer Klingsor aus Ungarn, dieser erscheint und mit seinem Auftreten hebt der zweite Teil des Gedichtes an, den Simrock das Rätselspiel überschrieben hat. Klingsor giebt nämlich dem Wolfram von Eschenbach acht Rätsel auf, welche dieser mit Leichtigkeit löst. So hat der einfache Glaube des Minnesängers gesiegt über die schwarze Büchergelehrsamkeit des ungarischen Zauberers. Dieser will Rache nehmen für seine Niederlage und zugleich erfahren, mit welcher überirdischen Macht Wolfram im Bunde stehe, dass er die schwierigen Rätsel so schnell gelöst. Er beschwört zu diesem Zwecke den Teufel Nasion, der bei Nacht Wolfram heimsucht und ihn über den Lauf der Gestirne frägt. »Derjenige, der die Gestirne gemacht hat, regelt und kennt ihren Lauf, mich bekümmert das nicht«, ist die Antwort Wolframs, der zugleich durch das Zeichen des Kreuzes den Teufel zum Fliehen zwingt. An diesen zweiten Hauptteil des Wartburgkrieges, der mit dem ersten allerdings in einem ziemlich losen, aber doch in einem Zusammenhang steht, sind nun noch verschiedene Dichtungen gereiht, die mit dem Wartburgkrieg so gut wie nichts zu schaffen haben. Wer der Verfasser des Wartburgkrieges gewesen, ist nicht sicher anzugeben. Ohne Zweifel aber stammt er nicht von einem einzigen Dichter. Die Pariser Handschrift der Minnelieder bezeichnet als den Dichter Wolfram von Eschenbach, während die Jenaische Liederhandschrift den ersten Teil dem Heinreich von Ofterdingen, den Rätselkampf aber Wolfram von Eschenbach in den Mund legt. Auch die Entstehung der einzelnen Teile fällt in verschiedene Zeiten. Von jeher betrachtete man den Wartburgkrieg als einen Versuch, dem geistlichen Drama ein weltliches entgegenzusetzen. Der Dichter schloss sich bei diesem Unterfangen an das Streitgedicht an und verknüpfte mit diesem einen Rätselkampf, wie ihn seine Zeit liebte. Streitgedichte mit unter Sängern verteilten Rollen fand er bei den Franzosen vor unter dem Namen jeu parti. Vor dem Wartburgkrieg waren sie in Deutschland nicht volkstümlich, das einzige ausgenommen, das den Streit zwischen Sommer und Winter behandelt und als älteste Quelle solcher poetischer Wettkämpfe betrachtet werden kann. Rätselkämpfe dagegen kommen schon in der deutschen Mythologie vor. Dem Inhalte und der Form nach erhebt sich der Wartburgkrieg nicht über den[1070] Charakter des Streitgedichtes, und der erste Versuch rein deutscher Dramatik muss somit als misslungen bezeichnet werden, wie das ganze Gedicht überhaupt im grossen und ganzen poetisch wertlos genannt werden darf. Wohlthuend ist der Hauch der Ehrfurcht und der Bewunderung, welcher das ganze Gedicht durchweht, für den grössten deutschen Dichter des Mittelalters, für Wolfram von Eschenbach. Der Wartburgkrieg, herausgeg., geordnet, übersetzt und erläutert von K. Simrock. Stuttg. 1858.

Quelle: Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 1069-1071. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20002778289


Meyers 1909

[390] Wartburgkrieg (Sängerkrieg auf der Wartburg), ein poetischer Wettstreit, der nach mittelalterlicher Sage 1206 oder 1207 am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen zu Eisenach stattgefunden haben soll und in einem lyrisch-didaktischen Gedicht mittelhochdeutscher Sprache aus der Zeit um 1260 von einem unbekannten Verfasser geschildert ist. Auf die Wartburg wird dieser Kampf zuerst von dem thüringischen Chronisten Johannes Rothe (Anfang des 15. Jahrh.) verlegt. Das Gedicht läßt sieben Sänger, darunter Heinrich von Ofterdingen, Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Reinmar von Zweter, einander mit Liedern über den ruhmwürdigsten Fürsten auf Leben und Tod bekämpfen. Heinrich von Ofterdingen, der, entgegen den übrigen, das Lob des Herzogs Leopold von Österreich singt, verliert den Sieg gegen Walther von der Vogelweide, der den Thüringer Landgrafen preist. Der Überwundene will sich dem Schiedsspruch, der ihn der Hand des Henkers überantwortet, als einem ungerechten Urteil nicht unterwerfen; er ruft den Zauberer Klingsor aus Ungarland zu seinem Beistand herbei, der dann mit Wolfram von Eschenbach streitet, dem er mystische Rätselfragen vorlegt. Wolfram löst diese, so daß der endlich gleichfalls für besiegt erklärte Klingsor mit Zuhilferufung des Teufels droht. Das Gedicht ist strophisch gegliedert und in dialogischer Form abgefaßt, entbehrt aber eigentlichen dichterischen Wertes fast gänzlich. Erhalten ist es in zwei Bearbeitungen: in der sogen. Manessischen und der Jenaischen Handschrift der Minnesinger. Gedruckt liegt es vor inv. d. Hagens Sammlung der »Minnesinger«, Bd. 2 (Leipz. 1838), sowie in besondern, aber unzuverlässigen Ausgaben von A. Zeune (Berl. 1818) und Ettmüller (Ilmenau 1830). Die beste, aber auch nicht kritische Ausgabe (mit Übersetzung) lieferte Simrock (Stuttg. 1858). Vgl. Koberstein, Über das wahrscheinliche Alter und die Bedeutung des Gedichts vom W. (Naumb. 1823); R. Schneider, Der zweite Teil des Wartburgkrieges und dessen Verhältnis zum Lohengrin (Leipz. 1875); Strack, Zur Geschichte des Gedichtes vom W. (Berl. 1883); Wilmanns, Das Fürstenlob des Wartburgkriegs (»Zeitschrift für deutsches Altertum«, Bd. 28, 1884); Oldenberg, Zum W. (Rostocker Dissertation, 1892). In der Neuzeit fand die Sage vom W. durch Richard Wagner (»Tannhäuser«) dichterische Behandlung.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 390. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007674139


Brockhaus 1911

[952] Wartburgkrieg, Sängerkrieg auf der Wartburg, der Dichterwettkampf, der 1207 auf der Wartburg am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen stattgefunden haben soll; in wunderlicher, dunkler Weise behandelt in einem gegen 1250 entstandenen Gedicht (hg. von Ettmüller, 1830; übersetzt von Simrock, 1858); R. Wagner legte den Stoff seiner Oper »Tannhäuser« zugrunde.

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 952. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000166980X