Multatuli: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 2. März 2023, 14:24 Uhr
Pseudonym des niederländischen Schriftstellers Eduard Douwes Dekker (* 2. März 1820 in Amsterdam; † 19. Februar 1887 in Ingelheim am Rhein). Seine Bücher, die sich kritisch mit der niederländischen Kolonialpolitik und der Kirche auseinandersetzten, veröffentlichte er unter Pseudonym. Multatuli kommt aus dem Lateinischen: „ich habe vieles ertragen“.
Meyers 1906
[597] Dekker, 1) Eduard Douwes, hervorragender niederländ. Schriftsteller, geb. 2. März 1820 in Amsterdam, gest. 19. Febr. 1887 in Niederingelheim am Rhein, trat frühzeitig in den holländischen Kolonialdienst, stieg in Indien rasch von Stufe zu Stufe und bekleidete bereits 1851 das verantwortungsvolle und angesehene Amt eines Assistentresidenten zu Amboina, von wo er 1856 in gleicher Eigenschaft nach Lebak versetzt wurde. Hier kam es zu offenen Differenzen zwischen D. und der holländischen Kolonialregierung in Batavia. D., der das erbarmungslose Ausbeutungssystem der Regierung der einheimischen Bevölkerung gegenüber aus eigner 17jähriger Erfahrung kennengelernt hatte, versuchte in Lebak mit diesem System zu brechen und den Javanern ein menschenwürdigeres Dasein zu verschaffen. Seine Beschwerden fanden aber in Batavia kein Gehör, er wurde im Gegenteil »ernstlich zurechtgewiesen«, worauf er es vorzog, seine Entlassung aus dem Staatsdienst zu nehmen. Er ging nach Holland zurück, um hier seine Gerechtigkeit für sich und seine Javaner zu suchen, aber seine Bemühungen, der Regierung die Augen zu öffnen über die Mängel des bestehenden Systems, blieben erfolglos. Da griff er zur Feder und schrieb einen Roman »Max Havelaar oder die Kaffee-Auktionen der Niederländischen Handelsgesellschaft« (Amsterdam 1860), den er unter dem seither beibehaltenen Schriftstellernamen Multatuli (v. lat. multa tuli, »ich habe viel erduldet«) veröffentlichte. Die javanischen Zustände sind darin mit glänzender Farbe und glühendem Gefühl geschildert; Natur und Menschen des Morgenlandes, die Tyrannei der indischen Regenten, die Habgier der europäischen Kaufleute treten in das hellste Licht. Der Roman, in einem blendenden, geistreichen Stil geschrieben, erregte in Holland ungeheures Aufsehen. D. entfaltete in den nächsten Jahren, zumeist getrieben durch bittere Not, eine erstaunliche Produktivität. Es erschienen »Minnebrieven« (1861), »Ideen« (1862–77, 7 Bde.), »Duizenden eenige Hoofdtukken over Specialiteiten« (1871) und »Millionen-studien« (1872). Die sieben Bände »Ideen« bilden das große Lebenswerk Dekkers und enthalten unter anderm das Drama »Vorstenschool« (1875, deutsch in Reclams Universal-Bibliothek) und die »Geschichte vom kleinen Walther«, Bilder aus dem Seelenleben eines Knaben, unstreitig der Höhepunkt in Dekkers Schaffen. Eine deutsche Ausgabe seiner Werke in 10 Bänden veranstaltete W. Spohr (Minden 1899ff.). Seine Briefe wurden veröffentlicht von seiner zweiten Lebensgenossin (Amsterd. 1890–92, 6 Tle.), die auch seine gesammelten Werke herausgab (das. 1892, 10 Bde.). Biographien gaben C. D. Busken Huet (inten Brinks »Hedendaagsche Letterkundigen«, 1885) und Meerkerk (Groning. 1900); vgl. auch C. Vosmaer, Een zaaier (Amsterd. 1874), und Th. Swart Abrahamsz, Eduard Douwes D. Eene ziektegeschiedenis (das. 1888).
Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 597.
Permalink:
http://www.zeno.org/nid/20006473652
Brockhaus 1911
[402] Dekker, Eduard Douwes, niederländ. Schriftsteller, geb. 2. März 1820 in Amsterdam, bis 1857 Steuerbeamter in Lebak (Java), gest. 19. Febr. 1887; schilderte unter dem Pseudonym Multatuli die ind. Verhältnisse in dem Roman: »Max Havelaar« (1860 u.ö.; auch deutsch), schrieb außerdem satir. Erzählungen, Dramen, polemische Schriften. »Gesammelte Werke« (10 Bde., 1892; deutsch 1899 fg.), [402] »Auswahl« (deutsch 1902), »Brieven« (Bd. 1-10, 1890-97). – Vgl. Huet (1886).
Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 402-403. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001038648