Lullus, Raimundus: Unterschied zwischen den Versionen
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[839] Lullus, 1) Raimundus (Ramon Lull), einer der seltsamsten Weltverbesserer des 13. Jahrh., geb. 1234 in Palma auf der Insel Mallorca, gest. 1315, führte anfangs ein wüstes, seit 1266 ein asketisches Leben und erfand eine seiner Meinung nach unfehlbare Kunst, andre durch Beweise und Gründe zur Einsicht der Wahrheit zu zwingen, von der er zunächst bei Juden und Mohammedanern zugunsten des Christentums Gebrauch zu machen gedachte. Zu diesem Zweck begab er sich seit 1291 dreimal nach Afrika, fand aber jedesmal üble Aufnahme und erlitt Mißhandlungen, anderen Folgen er starb. Die Ars magna Lulli oder Lullische Kunst, die später von Bruno, Athanasius Kircher u.a. wieder aufgenommen, ja selbst von Leibniz (in seiner »Universalwissenschaft«) dem Prinzip nach gebilligt wurde, bestand in einer mechanischen Methode, durch systematische Kombination der allgemeinsten Grundbegriffe (der Aristotelischen Kategorien und scholastischen Postprädikamente) unfehlbare Lösungen aller wissenschaftlichen Aufgaben zu finden. Zu diesem Zweck hatte L. eine eigne Maschine konstruiert und sein System mit der orientalischen Kabbala in Zusammenhang gebracht. Eine ausführliche Darstellung der lullischen Logik findet sich in Prantls »Geschichte der Logik«, Bd. 3, 18. Abschnitt (Leipz. 1867). Eine kritische Gesamtausgabe seiner Werke ist von Rossello (Palma 1886–1901) besorgt worden, der auch L.' »Obras rimadas« (das. 1859) herausgegeben hat. Die von Salzinger veröffentlichten »Opera omnia« (Mainz 1721–42, 10 Bde.) enthalten den größten Teil der Schriften. Seine Anhänger, die Lullisten, pflanzten Religionsschwärmerei und den Glauben an Alchimie längere Zeit fort. Vgl. Helfferich, R. Lull und die Anfänge der katalonischen Literatur (Berl. 1858); J. de Paula Canalejas, Las doctrinas del Doctor R. Lullo (Madr. 1870); Brambach, Des Raimundus L. Leben und Werke in Bildern des 14. Jahrhunderts (Karlsr. 1893); Barber, Raymond Lull (Lond. 1903). |
[839] Lullus, 1) Raimundus (Ramon Lull), einer der seltsamsten Weltverbesserer des 13. Jahrh., geb. 1234 in Palma auf der Insel Mallorca, gest. 1315, führte anfangs ein wüstes, seit 1266 ein asketisches Leben und erfand eine seiner Meinung nach unfehlbare Kunst, andre durch Beweise und Gründe zur Einsicht der Wahrheit zu zwingen, von der er zunächst bei Juden und Mohammedanern zugunsten des Christentums Gebrauch zu machen gedachte. Zu diesem Zweck begab er sich seit 1291 dreimal nach Afrika, fand aber jedesmal üble Aufnahme und erlitt Mißhandlungen, anderen Folgen er starb. Die Ars magna Lulli oder Lullische Kunst, die später von Bruno, Athanasius Kircher u.a. wieder aufgenommen, ja selbst von Leibniz (in seiner »Universalwissenschaft«) dem Prinzip nach gebilligt wurde, bestand in einer mechanischen Methode, durch systematische Kombination der allgemeinsten Grundbegriffe (der Aristotelischen Kategorien und scholastischen Postprädikamente) unfehlbare Lösungen aller wissenschaftlichen Aufgaben zu finden. Zu diesem Zweck hatte L. eine eigne Maschine konstruiert und sein System mit der orientalischen Kabbala in Zusammenhang gebracht. Eine ausführliche Darstellung der lullischen Logik findet sich in Prantls »Geschichte der Logik«, Bd. 3, 18. Abschnitt (Leipz. 1867). Eine kritische Gesamtausgabe seiner Werke ist von Rossello (Palma 1886–1901) besorgt worden, der auch L.' »Obras rimadas« (das. 1859) herausgegeben hat. Die von Salzinger veröffentlichten »Opera omnia« (Mainz 1721–42, 10 Bde.) enthalten den größten Teil der Schriften. Seine Anhänger, die Lullisten, pflanzten Religionsschwärmerei und den Glauben an Alchimie längere Zeit fort. Vgl. Helfferich, R. Lull und die Anfänge der katalonischen Literatur (Berl. 1858); J. de Paula Canalejas, Las doctrinas del Doctor R. Lullo (Madr. 1870); Brambach, Des Raimundus L. Leben und Werke in Bildern des 14. Jahrhunderts (Karlsr. 1893); Barber, Raymond Lull (Lond. 1903). |
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*) [91] Lullus, angelsächs. Missionar, von Bonifatius nach Deutschland berufen, folgte ihm 754 als Erzbischof von Mainz, gründete um 770 das Kloster Hersfeld, gest. das. 16. Okt. (Lullusfest) 786. – Vgl. Hahn (1883). Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 91. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001318918 |
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Aktuelle Version vom 24. Januar 2022, 12:43 Uhr
Herders 1856
[46] Lullus, Raimundus, geb. 1234 auf der span. Insel Majorca, studierte zu Paris und in den Schriften der Araber, suchte die Logik zu vereinfachen, ohne daß jedoch sein System, die Lullische Kunst genannt, Bedeutung erlangen konnte. Als er die Mohammedaner in Afrika bekehren wollte, wurde er mit Mühe gerettet u. st. 1315 in Folge der erlittenen Mißhandlung (Opera omnia, herausg. von Salzinger 10 Bde., Mainz 1721–42).
Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 46. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003420248
Pierer
[605] Lullus, 1) Angelsachse des 8. Jahrh., wurde in dem Kloster Malmesbury erzogen u. später von Bonifacius nach Deutschland berufen, welchen er nach Thüringen begleitete u. nach dessen Abgang nach Friesland, in Thüringen u. Hessen als Prediger des Christenchums vertrat; er wurde auch um 755 Nachfolger des Bonifacius als Erzbischof von Mainz, die Bestätigung dieser Würde erhielt er aber erst um 779 von Rom. Er gründete das Kloster Hersfeld u. st. hier 16. Oct. 786.
2) Raymund, genannt Doctor illuminatus, geb. um 1236 zu Palma auf Majorca aus edler Familie, war bis in sein 30. Jahr Seneschall am königlichen Hofe; von seinem sinnlichen Leben wurde er durch die nächtliche Erscheinung des gekreuzigten Erlösers belehrt u. widmete sich nun einem asketischen Leben. Er brach eine neue Bahn in der Grammatik, Dialektik u. Ontologie, um dadurch die Welt reformiren u. bes. Muhammedaner zu belehren; er lernte dazu das Arabische u. reiste 1291 nach Tunis; hier übel aufgenommen, predigte er in Neapel u. Majorca vor Juden u. Sarazenen; 1306 ging er wieder nach Nordafrika, fand aber in Bugia eine gleich unfreundliche Aufnahme,[605] wurde des Landes verwiesen u. lebte nun in Pisa mit verschiedenen Plänen zum Wirken für das wahre Christenthum beschäftigt, aber, namentlich bei dem Papste, kein Gehör dafür findend. Als er 1314 zum dritten Mal nach Afrika ging, wurde er dort gesteinigt u. st. 1315. Die Lullische Kunst (Große Kunst, Ars magna), durch welche er die Philosophie reformiren wollte u. welche ihm Christus selbst offenbaret haben sollte, ist nur eine neue Logik od. logisch-mechanische Methode, gewisse Klassenbegriffe zu combiniren u. damit alle wissenschaftlichen Aufgaben zu lösen, od. eigentlich über alles zu raisonniren u. disputiren. Die Begriffe theilte er in gewisse Örter (meist Kreisfiguren) u. verknüpfte sie so, daß man sogleich finden könnte, was sich über jeden Gegenstand sagen, wie sich jede Aufgabe lösen ließ. So sind auch. seine Definitionen fast lauter nichts sagende Kreisfiguren, z.B. Qualität ist ein Ding, wodurch ein anderes Ding eine Quale ist. Mit diesem System hatte L. einige Ideen aus der Philosophie der Araber u. der Kabbala (welche er zuerst unter den Christen gekannt zu haben scheint) in Verbindung gesetzt. In der Theologie beschäftigte sich L. bes. mit der Lehre von der Trinität u. der Prädestination, namentlich suchte er zu erweisen, wie letztere mit der menschlichen Freiheit zu vereinigen sei. In praktischer Hinsicht urtheilte er nicht günstig von dem Wallfahrtswesen. Opera, herausgegeben von Salzinger, Mainz 1721–42, 10 Bde., Fol., u. Opera, quae ad inventam ab ipso artem universalem pertinent, Strasb. 1598, nach Anderen 1651. Seine Anhänger, die Lullisten (wie Agrippa), pflanzten die Religionsschwärmerei u. den Glauben an die Goldmacherkunst, welche er für den König Eduard III. von England, vorgeblich zum Behuf eines Kreuzzuges 60,000 Pfund Goldes fertigend, geübt haben soll, nicht ohne manchen hellen Blick fort. Vgl. Cüsterer in Acta SS. Antw. T. V., Perroquet, Vendoine 1667; Helfferich, Raymund L. u. die Anfänge der catalonischen Literatur, Berl. 1858.
Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 605-606. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010370854
Meyers 1908
[839] Lullus, 1) Raimundus (Ramon Lull), einer der seltsamsten Weltverbesserer des 13. Jahrh., geb. 1234 in Palma auf der Insel Mallorca, gest. 1315, führte anfangs ein wüstes, seit 1266 ein asketisches Leben und erfand eine seiner Meinung nach unfehlbare Kunst, andre durch Beweise und Gründe zur Einsicht der Wahrheit zu zwingen, von der er zunächst bei Juden und Mohammedanern zugunsten des Christentums Gebrauch zu machen gedachte. Zu diesem Zweck begab er sich seit 1291 dreimal nach Afrika, fand aber jedesmal üble Aufnahme und erlitt Mißhandlungen, anderen Folgen er starb. Die Ars magna Lulli oder Lullische Kunst, die später von Bruno, Athanasius Kircher u.a. wieder aufgenommen, ja selbst von Leibniz (in seiner »Universalwissenschaft«) dem Prinzip nach gebilligt wurde, bestand in einer mechanischen Methode, durch systematische Kombination der allgemeinsten Grundbegriffe (der Aristotelischen Kategorien und scholastischen Postprädikamente) unfehlbare Lösungen aller wissenschaftlichen Aufgaben zu finden. Zu diesem Zweck hatte L. eine eigne Maschine konstruiert und sein System mit der orientalischen Kabbala in Zusammenhang gebracht. Eine ausführliche Darstellung der lullischen Logik findet sich in Prantls »Geschichte der Logik«, Bd. 3, 18. Abschnitt (Leipz. 1867). Eine kritische Gesamtausgabe seiner Werke ist von Rossello (Palma 1886–1901) besorgt worden, der auch L.' »Obras rimadas« (das. 1859) herausgegeben hat. Die von Salzinger veröffentlichten »Opera omnia« (Mainz 1721–42, 10 Bde.) enthalten den größten Teil der Schriften. Seine Anhänger, die Lullisten, pflanzten Religionsschwärmerei und den Glauben an Alchimie längere Zeit fort. Vgl. Helfferich, R. Lull und die Anfänge der katalonischen Literatur (Berl. 1858); J. de Paula Canalejas, Las doctrinas del Doctor R. Lullo (Madr. 1870); Brambach, Des Raimundus L. Leben und Werke in Bildern des 14. Jahrhunderts (Karlsr. 1893); Barber, Raymond Lull (Lond. 1903). 2) Heiliger, s. Lul.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 839. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007023936
Heiligenlexikon 1882
[49] 8B. Raymundus Lullus, M. (29. März al. 29. u. 30. Juni). Dieser selige Franciscaner-Priester und Martyrer führte den Titel erleuchteter Lehrer; er war beinahe in allen Zweigen des menschlichen Wissens bewandert. Geboren i. J. 1236 zu Palma auf der Insel Majorca aus cinem angesehenen Catalonischen Geschlechte, kam er anfänglich an den königlichen Hof, wo er mehrere Aemter begleitete, und lebte dort einige Jahre sehr leichtsinnig und lasterhaft. Nach seiner Bekehrung erlernte er zu Paris die arabische Sprache und ging dann, theils um seine Sünden abzubüßen, theils um die Sünder und Ungläubigen zu bekehren, als Missionär dreimal nach Afrika, wo er zu Bugia i. J. 1315 von den Saracenen gesteinigt wurde. Sein Gedanke, daß jeder die Religion als die wahre erkennen müsse, welche von Gott die würdigsten Vorstellungen habe und lehre, womit er eine Art Anschauungsunterricht verbunden sehen wollte (ars magna), wäre für alle Zeiten richtig, wenn der böse Wille und die Macht der Vorurtheile nicht stärker wären, als die höchste Erkenntniß. Aus diesem Grunde hatten seine Disputationen mit saracenischen Gelehrten nur wenig Erfolg. Sein Leib wurde nach Majorca, wo er geboren war, transferirt. Einige seiner vielen Schriften sind wegen angeblicher Irrthümer verdächtiget worden, weßhalb sie Papst Gregor XI. verboten haben soll. Das angebliche Breve dieses Papstes ist aber unächt und unterschoben. Die Fälscher wollten zwei Personen, einen Heiligen und einen Papst, in ungerechten Verdacht bringen. Seine Werke sind i. J. 1740 zu Mainz in zehn Quartbänden erschienen.
Quelle: Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 49. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000311306X
Brockhaus 1911
[91] Lullus, Raimundus, Scholastiker und Alchimist, geb. 1235 zu Palma auf Mallorca, nach wildem Leben Franziskaner und Missionar in Afrika, gest. 30 Juni 1315. Die Ars magna Lulli oder Lullische Kunst bezweckte durch schematische Anordnung der Begriffe eine übersichtliche Erkenntnis und sichere Beweisführung. Als Alchimist Hauptvertreter der mittelalterlichen Magie. Gesamtwerke (»Obras«) hg. von Rossolló (1886 fg.); letzterer gab auch L.' Gedichte in katalon. Sprache (»Obras rimadas«) heraus (1859). – Vgl. Brambach (1893).
Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 91. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001318926
Eisler 1912
[435] Lullus (Lullius), Raymundus, geb. 1235 in Palma (auf Majorca), als Jüngling sehr ausschweifend, dann fromm und mit Visionen begabt, Franziskaner, reiste wiederholt nach Afrika, um die Mauren zu bekehren, gest. 1315. L., der auch die Kabbala zu seinen Spekulationen heranzieht, will die Logik reformieren, indem er die »große Kunst« (ars magna) der Erfindung, der Findung von Wahrheiten durch mechanische Kombination elementarer Begriffe lehrt, aus welcher sich eine »scientia generalis« ergeben soll. Die »große Kunst« ist eine Anleitung zur Erfindung dessen, was sich von jedem Gegenstand sagen läßt und wie jede wissenschaftliche Aufgabe zu lösen ist. Die allgemeinsten Begriffe, ferner die universalen Prädikate der Dinge werden auf (sieben) übereinander angebrachten, konzentrischen, um einen gemeinsamen Mittelpunkt drehbaren Kreisen verzeichnet; durch Drehung der Kreise erhält man alle möglichen Begriffskombinationen betreffs eines Gegenstandes. Der größte Kreis enthält allgemeine Fragen (Was? Wovon? Warum? Wann? usw.); er ist der Schlüssel der Erfindung (»clavis inventionis«). Diese »Lullische Kunst« hatte in der Folge viele Anhänger, darunter Arnoldus de Villanova, Agrippa, G. Bruno, Leibniz u. a. Die Lehre von den »doppelten Wahrheiten« wird von L. bekämpft, Glaube und Vernunft lassen sich in Einklang bringen. Gott hat die Welt nach den in ihm liegenden Ideen aus Nichts geschaffen und den Dingen eine erhaltende Kraft verliehen. Gottes Selbsterkenntnis ist der Grund seiner Dreieinigkeit (vgl. Lessing). SCHRIFTEN: Opera, 1598, 1609, 1721 ff., 1886 ff. – Vgl. HELFFERICH, R. L., 1858. – PRANTL, Gesch. d. Logik, III.
Quelle: Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 435. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000182743X