Zincgref, Julius Wilhelm

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Julius Wilhelm Zincgref

Julius Wilhelm Zincgref, gelegentl. auch Zinkref und Zengravius, (* 3. Juni 1591 in Heidelberg; † 12. November 1635 in St. Goar) war ein deutscher Lyriker, Spruchdichter und Herausgeber. https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Wilhelm_Zincgref


In der Litteraturgeschichte aber hat sich Z. nicht durch dieses Unternehmen [die Apophtegmata] sondern durch seine erwähnte Publication der ersten Ausgabe der Opitzischen Gedichte seinen festen Platz gesichert. Diese Veröffentlichung bedeutet einen Wendepunkt in der Geschichte der deutschen Lyrik, weil alle theoretischen Bestrebungen, die langsam die Wandlung im Kunstschaffen vorbereiteten, hier ihren ersten deutlichen künstlerischen Ausdruck fanden. In Straßburg im J. 1624, als Z. bei Marescot als Dolmetsch angestellt war, hatte er die ihm von seinem Heidelberger Freunde Martin Opitz anvertrauten Manuscripte der „Teutschen Poemata vnd Aristarchus“ zum Druck befördert, und damit seinem eigenen Ziele, der in der Entwicklung begriffenen deutschen Dichtung neue Wege zu weisen, gedient. Dieses Werk ist das Ergebniß des geistig angeregten Verkehrs, den Opitz mit gleichstrebenden Freunden gepflegt hatte, die alle von dem gleichen patriotischen Streben erfüllt waren, den Deutschen eine deutsche Litteratur zu schaffen. Sie ist aus demselben Gedanken geboren, der die Apophthegmen und andere Sammlungen Zincgref's gezeugt hat, nur daß die Dichtungen ihrer|Natur nach dauernde und tiefere Wirkungen ausüben mußten. Und das sprechendste Denkmal dieses Heidelberger Freundeskreises ist in den von Z. der Opitzedition beigedruckten „Auserlesenen Gedichten Deutscher Poeten" enthalten, die er als ein „Muster vnnd Fürbild wornach sich der liebe Teutsche in seiner Teutschen Poeterei hinfüro etlicher massen zu regulieren“ habe, angesehen wissen wollte. Die Gährung in der sich die Lyrik damals befand ist deutlich erkennbar. Die „alte Welt“ kämpft mit den neuen Strömungen, und das Ringen von Volks- und Kunstdichtung findet in einer Mischung beider Elemente einen glücklichen Abschluß, einer Mischung, aus der im Verlaufe der Entwicklung allmählich das deutsche Gesellschaftslied entstand. — Zincgref's eigene Dichtungen in dieser Auswahl, 22 an der Zahl, verrathen eine stärkere poetische Individualität, als sie uns etwa aus seinen lateinischen Jugendgedichten in der von J. L. Weidner herausgegebenen „Triga amicopoetica“ entgegentritt. Mit den schmucklosen Formen und der Anlehnung an das ältere volksthümliche Lied, wird geschickt der Apparat der gelehrten Renaissancelyrik verbunden, aber starke eigene Empfindung verleiht dieser Mischgattung den Charakter des Erlebten. / Waldberg, Max von, "Zincgref, Julius Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 45 (1900), S. 306-311 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11885870X.html#adbcontent


Buchveröffentlichungen

  • Auserlesene Gedichte Deutscher Poeten gesammelt von Julius Wilhelm Zinkgref, 1624 (= Neudrucke deutscher Litteraturwerke des 16. und 17. Jahrhunderts, Band 15), neu herausgegeben von Wilhelm Braune, Halle (Saale): Niemeyer, 1879
  • Gesammelte Schriften, hrsg. Dieter Mertens und Theodor Verweyen. Gesammelte Schriften. Berlin : De Gruyter, 1978 ff (Neudrucke deutscher Literaturwerke, N.F. Bd. 28 ff.)
    • Bd. 2. Emblemata ethico-politica / Teilbd. 1. Text, 1993
    • Bd. 2. Emblemata ethico-politica / Teilbd. 2. Erläuterungen und Verifizierungen, 1993
    • Bd. 3. Facetiae pennalium, 1978
    • Bd. 4. Apophthegmata teutsch / Teilbd. 1. Text, 2011
    • Bd. 4. Apophthegmata teutsch / Teilbd. 2. Erläuterungen und Identifizierungen, 2011
    • Bd. 5. Deutsche Kleinschriften, 2023
  • Der Teutschen scharfsinnige, kluge Sprüch. Leipzig : Reclam, [1982], 1. Aufl. (2. 1985 – 3. 1989)
  • Scharfsinnige Sprüche der Deutschen. Bremen : Europäischer Hochschulverlag, 2010

Meyers 1909

[935] Zincgref, Julius Wilhelm, Dichter, geb. 3. Juni 1591 in Heidelberg, gest. 12. Nov. 1635 in St. Goar, studierte in Heidelberg die Rechte und bereiste 1611–16 die Schweiz, Frankreich, England und die Niederlande. Während des Dreißigjährigen Krieges mußte er als Generalauditeur bei der Besatzung zu Heidelberg nach Eroberung der Stadt (1623) die Flucht ergreifen und verlor dadurch fast sein ganzes Besitztum. Er ging nach Frankfurt, von da nach Straßburg und wurde später Landschreiber erst in Kreuznach, darauf in Alzey. Nach der Schlacht bei Nördlingen flüchtete er nach St. Goar. Sein Hauptwerk sind die »Apophthegmata«, eine Sammlung von denkwürdigen Aussprüchen deutscher Männer (Straßb. 1626 u. ö., mit Zusätzen von Leonhard Weidner, 1644 u. ö.). Als Dichter neigte sich Z. der Weise Weckherlins zu. Am höchsten steht sein »Soldatenlob« (Frankf. 1632), eine Nachahmung des Tyrtäos. In der von ihm besorgten Ausgabe von Martin Opitz' »Teutschen Poemata« (Straßb. 1624) veröffentlichte er im Anhang »Auserlesene Gedichte deutscher Poeten« (Neudruck von Braune, Halle 1879), Gedichte von Melissus, Weckherlin, sich selbst und andern Dichtern des Heidelberger Kreises. Vgl. Schnorr von Carolsfeld im »Archiv für Literaturgeschichte«, Bd. 8 (Leipz. 1878).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 935. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007723644


Brockhaus 1911

[1026] Zincgref (Zinkgref, Zinckgref), Jul. Wilh., Dichter, geb. 3. Juni 1591 zu Heidelberg, gest. 12. Nov. 1635 zu St. Goar; Hauptwerk: »Der Teutschen scharpfsinnige kluge Sprüch, Apophthegmata genannt« (2 Bde., 1626-31 u.ö.). – Vgl. Schnorr von Carolsfeld (im »Archiv für Literaturgeschichte«, Bd. 8, 1878).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 1026. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001698850