Wolfenstein, Alfred

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Alfred Wolfenstein

(* 28. Dezember 1883 in Halle an der Saale; † 22. Januar 1945 in Paris) war deutscher Lyriker, Dramatiker, Novellist, Essayist des Expressionismus und Übersetzer.


Leben und Werk

Alfred Wolfenstein war der Sohn eines jüdischen Kaufmanns und begann in den 1890er Jahren eine Lehre in einer Holzhandlung. Bereits in diesen Jahren schrieb er Gedichte, von denen allerdings keine erhalten sind.[1]

Er und seine Familie zogen 1901, über eine kurze Phase in Dessau, nach Berlin. Daher beendete er seine Lehre nicht, sondern besuchte bis 1905 das Askanische Gymnasium in Berlin. Um aufgenommen zu werden, musste er in einer niedrigeren Klassenstufe beginnen, als seine zuletzt besuchte. Hier nennt er gegenüber Klassenkameraden ein anderes Geburtsjahr, um sein wahres Alter zu vertuschen. Der Umzug in die Stadt und das Leben dort müssen Wolfenstein tief geprägt haben, da alle Gedichte in seinem Band 'Die Gottlosen Jahre' (1914) dieses Motiv beinhalten.[2]


Erste Periode 1910-1914

Um 1910 legte Wolfenstein sein Juristisches Examen ab und und wurde Gerichtsreferendar. Sein erstes erhaltenes Gedicht, wie auch viele Folgende, veröffentlichte er 1912 bis 1914 in der Zeitschrift 'Aktion'. Da er zu diesem Zeitpunkt bereits 28 Jahre alt war, führte Wolfenstein gegenüber Freunden die Verheimlichung seines wahren Geburtsjahrs fort und gab 1888 oder 1885 an. Dadurch wollte er sich selbst wohl in eine jüngere Generation von expressionistischen Autoren eingliedern.[3] Dies gelang so gut, dass selbst später sein Sohn Frank Wolfenstein und seine Frau Henriette Hardenberg sein wahres Geburtsjahr nicht kannten.


Zweite Periode 1914-1919

In der Zeit des Kriegsausbruchs und mit dem Ende des Frühexpressionismus besuchte Wolfenstein, aller Wahrscheinlichkeit nach, München. Dort kannte er Johannes R. Bechler und Rainer M. Rilke und schrieb als anerkannter Autor für Zeitschriften wie 'Die neue Rundschau', 'Die weißen Blätter', 'Zeit Echo', 'Summa', 'Aufbruch', 'Wieland' und weiterhin für 'Aktion'.[4]

Im Mai 1916 traf Wolfenstein auf Romain Rolland, wodurch er mit Ideen des Pazifismus in Berührung kam. Einen Monat später umging er die Einberufung in den Kriegsdienst und im selben Jahr zog er nach München, gab die Juristerei auf, wurde freier Schriftsteller und heiratete die Dichterin Henriette Hardenberg. In den folgenden Jahren lernte er Friedrich Burschell kennen und veröffentlichte die Werke:

  • 'Die Freundschaft' 1917
  • 'Die Nackten' 1918
  • 'Der Lebendige' 1918

Alfred Wolfensteins radikale Politische Ansichten veranlassten ihn dazu, sich nie einer Partei anzuschließen. Dennoch wurde er im Mai 1919, zu der Zeit als Reichswehrverbände in München einmarschierten und die Macht der Räteregierung unter Leitung der Kommunistischen Partei brachen, von einer Nachbarin als Bolschewik bezeichnet. Daraufhin wurde er abgeführt, aber aufgrund der Bekanntschaft mit einem Offizier bald wieder laufen gelassen.[5 ]

Auch wenn diese Situation für Wolfenstein glimpflich ausging, so sind Bekannte wie Kurt Eisner und Gustav Landauer ermordet worden. Dies verursachte einen Positionswandel Wolfensteins und er vermerkte in seinem selbstverfassten Lebenslauf:[6]

„Die Periode des Gedichts liegt für jetzt hinter mir. Ich glaube nun auf der Erde zu beginnen, […] mit dem Drama, das sich vom lyrischen Ich wie der Wald vom Baum unterscheidet.“[7]


Dritte Periode (1919-1933)

  • 'Menschlicher Kämpfer' 1919
  • 'Der Mann. Fünf szenische Dichtungen' 1922
  • 'Bäume in den Himmel' 1922
  • 'Mörder und Träumer' 1923
  • 'Der Flügelmann. Eine Dichtung' 1924
  • 'Der Narr der Insel. Drama in acht Bildern' 1925

1924 verlegte Wolfenstein seinen Wohnsitz wieder zurück nach Berlin, um im Zentrum des Expressionismus der zwanziger Jahre arbeiten zu können, doch der Erfolg seiner Dramen blieb aus. Seinen Lebensunterhalt verdiente Wolfenstein hauptsächlich als Übersetzer, freier Schriftsteller und kurzfristig beim Rundfunk.[8] Als Übersetzer bearbeitete er bis 1925 Texte von Gérard de Nerval, Shelley, Poe, Molière, Victor Hugo und Paul Verlaine. Zwei Jahre später wurde seine Ehe geschieden.

  • 'Bewegung' 1928
  • 'Celestina' 1928
  • 'Die Nacht vor dem Beil' 1929


Exil

Nach den Umwälzungen im Deutschen Reich zu Beginn des Jahres 1933 floh Wolfenstein im März nach Prag und wurde tschechischer Staatsbürger. Hier begann er wieder mit dem Schreiben von Gedichten, welche sein eigenes Schicksal widerspiegeln.[9] Weiterhin fuhr er mit seiner Arbeit als Übersetzer fort, schrieb Kurzgeschichten, welche unter dem Titel 'Die gefährlichen Engel' 1936 veröffentlicht wurden und arbeite an der 1938 veröffentlichten Anthologie 'Stimmen der Völker. Die schönsten Gedichte aller Zeiten und Länder'.

Als 1939 die Wehrmacht auf Prag zu rückte floh Wolfenstein mit Geld des Hilfskomitees für notleidende deutsche Dichter, welches von seinem Freund Burschell geleitet wurde, nach Paris. Hier schrieb er kurzfristig für Tageszeitungen und die 'Neue Weltbühne'. Im Juni 1940 war er erneut gezwungen zu fliehen, wurde aber gefasst und für drei Monate im Gefängnis Santé festgehalten. Hier schrieb er in eigener Todesgewissheit den Gedichtzyklus 'Der Gefangene'.[10] Durch den glücklichen Zufall, dass einer der Offiziere den Namen des Dichters kannte, ließ dieser ihn frei. Daraufhin floh Wolfenstein nach Nizza.

Dort übersetzte er Werke von Emily Brontë und arbeitete an einem Roman, den er nie beenden konnte. Er lebte in der Pension Miramar und erhielt eine Aufenthaltserlaubnis, doch da der Einflussbereich der Gestapo beständig wuchs, lebte Wolfenstein in ständiger Angst und musste sich versteckt halten.[11]

Nachdem Paris 1944 befreit wurde, kehrte Wolfenstein dorthin zurück. Unter dem Namen Albert Worlin und verelendet lebte er in einem Hotel. Aufgrund eines Herzleidens wurde er im Hospital Rothschild behandelt, welches er auch erholt verließ. Doch wenige Wochen später, am 22. Januar 1945, beging Alfred Wolfenstein, durch eine Überdosis Schlafmitteln, Selbstmord. Er wurde auf dem Cimetière Parisien de Pantin beigesetzt.


Bibliographie

[12]


Selbständige Schriften

Lyrik

  • 'Die gottlosen Jahre', Berlin 1914.
  • 'Die Freundschaft', Berlin 1917.
  • 'Menschlicher Kämpfer. Ein Buch ausgewählter Gedichte' Berlin 1917.
  • 'Der gute Kampf. Eine Dichtung', Dresden 1920.
  • 'Bewegung. Eine Auswahl Dichtungen', Berlin 1918.


Prosa

  • 'Der Lebendige. Novellen aus den Jahren 1911 und 1913', München 1918.
  • 'Unter den Sternen. Novelle', Dessau 1924.
  • 'Bewegungen', Berlin 1928.
  • 'Die gefährlichen Engel. Dreißig Geschichten', Mährisch-Ostrau 1936.


Essay

  • 'Jüdisches Wesen und neue Dichtung', Berlin 1922.


Theater

  • 'Die Nackten. Eine Dichtung', Leipzig 1917.
  • 'Mörder und Träumer. Drei szenische Dichtungen', Berlin 1923.
  • 'Der Mann, Fünf szenische Dichtungen', Freiburg 1922.
  • 'Der Flügelmann. Eine Dichtung', Dessau 1924.
  • 'Der Narr der Insel. Drama in acht Bildern', Berlin 1925.
  • 'Bäume in den Himmel. Drama in drei Akten', Berlin 1926. (geschrieben 1922)
  • 'Die Nacht vor dem Beil. Drama in neun Bildern', Stuttgart 1929. (geschrieben 1927)
  • 'Celestina. Schauspiel in zwei Teilen (Neudichtung)', Berlin 1929.


Sekundärliteratur

  • Fischer, Peter: „Alfred Wolfenstein – der Expressionismus und die verendende Kunst“, Fink Verlag, München 1968.
  • „Killy Literaturlexikon . Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes . Register“ (Bd. 13), De Gruyter Verlag, Berlin 2012, S. 536.


Quellennachweis

[1] Fischer, S. 25.

[2] ebd.

[3] Fischer, S. 23.

[4] Fischer, S. 30.

[5] Fischer, S. 37.

[6] Fischer, S. 38.

[7] Aus einem selbstverfassten Lebenslauf von 1921.

[8] Fischer, S. 41.

[9] Fischer, S. 42.

[1]0 Fischer, S. 44.

[11] Fischer, S. 45.

[12] Fischer, S. 236.


Studentischer Beitrag, SS 2014