Wergeland, Henrik

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Meyers 1909

[537] Wergeland, Henrik, norweg. Dichter, geb. 17. Juni 1808 in Christiania, gest. daselbst 12. Aug. 1845, war der Sohn des einflußreichen Patrioten und Dänenhassers Nicolai W., Propst auf Eidsvold (vgl. seine Biographie von Bergsgaard, Christ. 1908), studierte in Christiania Theologie und erregte großes Aufsehen mit den durch Tagesfragen angeregten Farcen »Ah« (1827), »Irreparabile Tempus« (1828), die er nebst elf andern unter dem Pseudonym Siful Sifadda herausgab. Seine zahlreichen Schriften aus dieser Periode, unter anderm die Gedichtsammlungen 1829 und 1833, offenbarten einen Dichter von ungemeiner Begabung, der-aber durch wilde Phantasie und undurchsichtige, gleichsam überstürzte Form befremdete. Desto größere Popularität erwarb er sich als Führer der nationalistischen Partei, die im Anschluß an die Ideen des englischen Rationalismus und der Julirevolution für Freiheit und Selbstregierung des Volkes kämpfte. Als W. 1830 das Gedicht »Die Schöpfung, der Mensch und Messias« herausgab, in dem er in rationalistisch-republikanischem Geiste die wichtigsten Epochen in der Entwickelung des Menschengeschlechts darstellte, erschien von Welhaven (s. d.) eine ungünstige Kritik: »Henrik Wergelands Dichtkunst und Polemik« (1832), worin dieser Vertreter der dänischen Überlieferung das Einheimische als Barbarei der gemeinsam dänisch-norwegischen Kultur gegenüberstellte. Der daraus erwachsene Streit umfaßte alle Entwickelungsmöglichkeiten und die ganze Zukunft Norwegens (vgl. Norwegische Literatur). W. war durch seine Zeitungen »Statsborgeren« (1835–37) und »For Arbeidsklassen« (1840–45), durch Volksschriften, Reisen, Gespräche, Reden rastlos bemüht, das Volk aufzuklären, ließ sich aber bewegen, 1838 eine kleine Pension von dem ihn sehr schätzenden König Karl Johan und einen Posten als Reichsarchivar anzunehmen, und wurde infolgedessen von vielen als Verräter an seiner Sache betrachtet. Je einsamer es um ihn herum wurde, desto schöner entfaltete sich seine Kunst. Schon die Dramen »Die Kindsmörderin« (1825), »Die Campbells« (1838) und »Die Venezianer« zeigen größere Herrschaft über die sprudelnde Phantasie; seine Meisterwerke: »Jan van Huysums Blumenstück« (1840), »Der Jude«, »Die Jüdin« (deutsch dramatisiert von Winter-Hjelm, Leipz. 1894), »Der englische Lotse« (1844), schrieb er nebst vielen andern Dichtungen auf dem Krankenlager. W. zeichnete sich als Dichter durch großen Schönheitssinn, Kraft der Phantasie und tiefes Naturgefühl, als Politiker durch leidenschaftlichen Idealismus aus, so daß er in der norwegischen Geschichte als eine der bedeutendsten Gestalten hervorragt. Eine Ausgabe seiner Schriften besorgte Lassen (Christ. 1852 bis 1857, 9 Bde.), eine Auswahl erschien in Kopenhagen (1882–84, 9 Bde.). Vgl. Lassen, Henrik W. og hans Samtid (2. Aufl., Christ. 1877); Vullum, Henrik W. i Digt og Liv (das. 1881); Skavlan, Henrik W. (das. 1892); Koht, Henrik W. (das. 1907).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 537. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007688229


Pierer

[104] Wergeland, Henrik Arnold, geb. 17. Juni 1808 in Christiansand, studirte seit 1825 Theologie in Christiania u. lebte dann meist zu Eidsvold; weil er aber seiner politischen Ansichten wegen keine Pfarrstelle bekam, so studirte er seit 1834 in Christiania Medicin, wurde 1836 Custos der Universitätsbibliothek, erhielt seit 1838 eine Pension aus der königlichen Schatulle, wurde 1840 norwegischer Reichsarchivar in Christiania u. starb 12. Juli 1845 in Eidsvold. 1849 wurde ihm ein Monument in Christiania gesetzt. Er schr.: Sifulinische Farcen (nach seinem Pseudonym Siful Sifadda, dramatisirte Satiren), 1827; die Trauerspiele Sinclairs Tod, 1828, u. Die Kindesmörderin, 1837; die Dramen Opium u. Die indische Cholera; das Schauspiel Die Venetianer, 1840; das Singspiel Die Campbells, 1838; das Vaudeville, Die Seecadetten am Lande; das didaktische Gedicht, Die Schöpfung, der Mensch u. der Messias, 1830; die Gedichte Jan van Huysums Blumenstück, Der Spanier, mehre lyrische Gedichte; Blätter für arbeitende Klassen, 1839 ff.; Hytten eller Christian II. s. Afreise fra Norge, 1837; von seinen lyrischen Dichtungen erschien 1846 eine Auswahl, Gesammtausgabe seiner Werke Christiania 1851 ff., 9 Bde. Auch redigirte er den Staatsbürger.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 104. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20011277335


Brockhaus 1911

[972] Wergeland, Henrik Arnold, norweg. Dichter, geb. 17. Juni 1808 zu Kristiansand, gest. 12. Juli 1845 als Reichsarchivar zu Kristiania; beste Werke: das Singspiel »Die Campbells« und das Schauspiel »Die Venetianer« (1843; dän., 2. Aufl. 1877). »Gesammelte Werke« (9 Bde., 1852-57; Volksausg. 1893 fg.). – Biogr. von Lassen (2. Aufl. 1877), Skavlan (dän., 1892).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 972. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001677888