Shintaishi

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  • Japanisch: "Gedicht im Neuen Stil". Im Zuge der Modernisierung Japans in der Regierungszeit von Meiji Tenno (er regierte von 1867 bis 1912) eingeführte neue Form, mit freier Vers- und Silbenzahl, Wortschatz und Syntax der Alltagssprache, europäischen Genitivmetaphern. Gefördert wurde die Entwicklung durch die Übersetzung westlicher Lyrik. Die bahnbrechende Sammlung "Shintaishi-shō" (Sammlung von Gedichten im neuen Stil", 1882) enthielt Übersetzungen aus dem Englischen, aber auch fünf Gedichte der Übersetzer, die die fremden Gedichte nachahmten. Bis dahin bestand die japanische Lyrik ausschließlich aus 31-silbigen (Tanka) oder 17silbigen (Haiku) Gedichten mit festen Regeln. Auch der neue Stil bewegte sich anfangs im Rahmen der Tanka- (Waka-) oder Haikuform – erst in den 20er Jahren begannen einige Dichter in auch metrisch freien Formen zu schreiben.

Das Wort shi bedeutete ursprünglich Lyrik, speziell chinesische Lyrik. Heute wird es meist für Gedichte in modernem Stil angewandt. Man sprach auch von kindai-shi (moderner Lyrik) und nach dem 2. Weltkrieg von gendai-shi (zeitgenössischer Lyrik).

Diese Entwicklung veränderte auch die Dichtung in den traditionellen Formen. Dichter wie Yosano Tekkan und Masa-oka Shiki erneuerten diese Formen. Shiki prägte die Wörter Haiku und Tanka. Sie führten neue Motive ein und begannen, ihre Gedichte in Zeitschriften zu veröffentlichen und damit Schüler anzuleiten. Dieses Lehrer-Schüler-Verhältnis via Zeitschriften prägt auch das heutige Dasein der Lyrik.

Manche Dichter, darunter Yosano Akiko, Ishikawa Takuboku oder Hagiwara Sakutaro schrieben in mehreren Stilen, sowohl Waka und Haiku als Gedichte im neuen Stil. Die meisten Dichter aber pflegen eine einzige Form der Dichtung.