Rondeau

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Gattungsbezeichnung aus der Poetik und Musik. Als Gedichtform kommt es aus der französischen Literatur des 13. Jahrhunderts, wo es ein Tanzlied bezeichnet, in verschiedenen Formen, aber in der Regel mit nur zwei Reimpaaren und dem refrainartigen Wiederholen der Anfangsworte in der Mitte und am Ende des Gedichts. Deutsche Bezeichnungen: Ringelgedicht, Zirkelgedicht, Rundgedicht, Rundum, Rundreim.


Sulzer

[989] Rondeau. (Poesie; Musik) In der Poesie ist das Rondeau ein Lied von Doppelstrophen, die so gesungen werden, daß nach der zweyten Hälfte, die erste wiederholt wird, so wie es in den meisten Opern Arien gewöhnlich ist. Wenn diese Wiederholung natürlich seyn soll, so muß nothwendig in der zweyten Hälfte der Strophe etwas seyn, das die Wiederholung der ersten natürlich macht. Dieses hat, wie Rousseau sehr richtig anmerkt, nur in folgenden Fällen statt.

»So oft eine im ersten Theil ausgedrukte Empfindung einen überlegten Gedanken veranlasset, der im zweyten Theil sie verstärkt und unterstüzt; wenn die Beschreibung eines Zustandes, die den ersten Theil ausmacht, eine im zweyten vorkommende Vergleichung aufkläret; wenn ein Gedanken im ersten Theil, in dem zweyten bewiesen, oder bestätiget wird; wenn endlich im ersten Theile ein Vorsaz geäußert wird, davon im zweyten der Grund angegeben ist; in allen diesen Fällen ist die Wiederholung [989] natürlich, und alsdenn kann das Rondeau ein sehr angenehmes kleines Gedicht seyn.«1

Der Tonsezer, wählt nach dem Inhalt eine gerade, oder ungerade Taktart, von geschwinder oder langsamer Bewegung für den ersten Theil der Strophen. Für den zweyten Theil macht er, nach Beschaffenheit des Rondeau eine, oder mehrere Melodien in verschiedenen mit dem Tone des ersten Theils verwandten Tonarten. In beyden Theilen muß die Modulation so beschaffen seyn, daß der Schluß des ersten Theiles auf den Anfang jedes andern, und der Schluß jedes zweyten Theiles auf den Anfang des ersten immer passe.

1 S. Dict. de Mus. Art. Rondeau.

Quelle: Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 989-990. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20011448873


Meyers 1909

[127] Rondeau (franz., spr. rongdō) oder Rondel heißt ein einstrophiges Gedicht, das sich aus dem zum Rundtanz gesungenen Tanzlied entwickelt hat. Die ältesten französischen Rondeaus sind aus dem 13. Jahrh. Die einfachste Form ist die achtzeilige: AB a Aab AB, d.h. von dem zweizeiligen Refrain, der das R. beginnt, wird der erste Vers in der Mitte, werden beide Verse am Schluß der Strophe wiederholt. Man kannte auch längere Formen, doch war die achtzeilige, die seit dem 16. Jahrh. Triolett heißt, die beliebteste. Seit dem 15. Jahrh. begnügte man sich mit der Wiederholung der ersten Worte des Refrains und nannte diese Rentrement. Vgl. Pfuhl, Untersuchungen über die Rondeaus und Virelais (Königsb. 1887); G. Raynaud, Rondeaux et autres poésies du XV. siècle (Par. 1889).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 127. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000736282X


Brockhaus 1809

[332] Das Rondeau, (Poesie, Musik) ein kleines Gedicht oder Lied von mehrern Strophen, wovon allemahl die ersten nach Beendigung einer jeden folgenden Strophe wiedethohlt werden. Natürlich muß in diesen folgenden Strophen etwas enthalten sein, worauf die zu wiederhohlende erste Strophe jedes Mahl paßt. Eben dieß muß auch in Ansehung der Musik von dem Tonsetzer beobachtet werden, welcher nach Anleitung des Textes eine Hauptmelodie dazu setzt, und dann für die folgenden Strophen die Modulation so einrichtet, daß der Schluß jedes Mahl auf den Anfang der erstern paßt. Man hat nachher auch öfters Tonstücke für bloße Instrumentalmusik, und zwar besonders auch in Coneerten, Soloʼs etc. als Rondeauʼs bearbeitet (sie werden, wenn nicht ein besonderes Tempo angegeben ist, gewöhnlich in einer lebhaften Bewegung vorgetragen), so daß allemahl, nachdem ein einzelner Satz unter allerhand Abwechslungen der Modulation in verschiednen mit dem Haupttone verwandten Tonarten durchgeführt worden, das Hauptthema wiederhohlt wird.


Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 332.

Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000768855


Brockhaus 1837

[744] Rondeau und Rondo wird in der Musik ein Tonstück genannt, welches entweder eine Abtheilung von einer Symphonie, einem Concert oder einer andern größern Composition bildet oder auch als kürzeres musikalisches Werk für sich dastehen kann. Das Eigenthümliche desselben liegt darin, daß der Hauptgedanke desselben nach mehren Abwechselungen der Modulation immer als Refrain wiederkehrt. Als Composition für den Gesang wird das Rondeau auch Rundgesang genannt. – Man versteht unter Rondeau oder Ringelgedicht aber auch eine dem Sonett und Triolett verwandte lyrische Gedichtform von franz. Erfindung, welche gewöhnlich aus 13 Zeilen zusammengesetzt ist, von denen in der neunten und dreizehnten das erste Wort oder die Hälfte des ersten Verses als Refrain wiederholt werden und das eine ungleiche Zahl weiblicher und männlicher Reime hat.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 744. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000859990


Brockhaus 1911

[554] Rondeau (frz., spr. rongdoh), Rondo, Ringelgedicht, franz., dem Sonett verwandte Gedichtform; in der Musik: Satz eines Konzerts, Quartetts, einer Sinfonie oder Sonate, in welchem ein Hauptthema immer wiederkehrt.

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 554. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001505599


Damen Conversations Lexikon

[474] Rondeau, Rondo, in der Poesie (Ringel-, Rundgedicht), ein kleines, sonettartiges, ursprünglich 13 Zeilen enthaltendes Gedicht, von denen 2, meist die 9. und 13., den sogenannten Refrain, die Hälfte des ersten Verses wiederholen. Rondo in der Musik: der Satz eines Concerts, einer Sonate etc., oder ein besonderes Tonstück überhaupt, in dem der Hauptsatz, das Thema, als Refrain im Laufe der Tonwellen ein oder mehreremal wiederkehrt.

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 474. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001763253


Herder 1856

[764] Rondeau (rongdo), frz. Ringelgedicht, lyrisches Gedicht, meist von 43 Versen, von denen der 9. und 13. das erste Wort oder die erste Hälfte des ersten Verses wiederholen.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 764. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003495981


Pierer

[346] Rondeau (fr., Rongdoh), 1) (Ringelgedicht), kleines lyrisches Gedicht, besteht gewöhnlich aus 13 zehnsylbigen Versen (mit B. männlichen u. 5 weiblichen Reimen), deren 9. u. 13. das erste Wort od. die Hälfte des ersten Verses als Refrain wiederholen. Das R. ist französischen Ursprungs. 2) Tonstück, welches dem poetischen R. nachgebildet ist. Sonst hatte das R. eine ziemlich feste Form u. bestand zunächst aus dem Hauptsatze (Rondeausatz), welcher oft wiederkehrte u. zwei Theile hatte, deren erster gewöhnlich, auf der Dominante eine Halbcadenz[346] machte. In der Fortführung wurde gewöhnlich auf der Dominante wieder angefangen u. dann der Hauptsatz wiederholt. Hierauf folgten einige Theile in einer verwandten Molltonart, welche gewöhnlich Minore überschrieben waren, od. es geschah das Gegentheil, wenn der Hauptsatz selbst in Moll gesetzt war, in welchem Falle dann diese eingeschobenen Theile in der verwandten Dur-Tonart auftraten u. mit Majore überschrieben waren. Hierauf folgte noch einmal zum Schluß der Hauptsatz od. es gingen auch wohl noch einige Nebensätze vorher. Jetzt bindet man sich nicht mehr so streng an die hergebrachte Form u. nennt R. jedes Tonstück von nicht zu großem Umfange, in welchem der Hauptsatz oft wiederkehrt. Ein sehr kurzes R. wird Rondoletto genannt. Das R. im langsamen Zeitmaße wird auch Romanze genannt. Erfinder des R. soll Piccini gewesen sein. 3) So v.w. Rundgesang.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 346-347. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010769536