Poetische Lizenz

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Poetische Lizenz (Licentia poëtica, deutsch auch dichterische Freiheit), dem Gedicht "zugestandene" Abweichung a) vom "korrekten" Sprachgebrauch (oft zur Anpassung an Versmaß oder Reim) oder b) von "Tatsachen" (dann verwandt mit dem Vorwurf, dass die Dichter "lügen" (so schon bei Plato).


Meir von Rothenburg (1215-1293)

Frage. Macht sich nicht der liturgische Dichter, welcher erst schreibt, dass man Tongefäße, in denen man Sauerteig zubereitet hat, vor dem Pessachfest zerbrechen muss, und später erklärt, dass man sie im Holzschuppen aufbewahren kann, eines Widerspruchs schuldig?

Antwort. Es ist dichterische Freiheit, zwei widersprüchliche Aussagen zugleich zu treffen.

(Jerome Rothenberg, Harris Lenowitz (Ed.): Exiled in the Word: Poems & Other Visions of the Jews from Tribal Times to Present. With Commentaries by Jerome Rothenberg. Port Townsend, Washington: Copper Canyon Press, 1989, S. 15)


Pierer 1858

[116] Dichterische Freiheit (Licentia poëtica), Abweichungen von der gewöhnlichen Sprachregel, welche der Dichter des Versmaßes od. des Reimes wegen sich bisweilen erlaubt.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 116. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009782613


Meyers 1906

[877] Dichterische Freiheiten (poetische Lizenzen), Abweichungen von dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, die sich der Dichter, meist mit Rücksicht auf das Versmaß oder den Reim, in der Wortfügung und Wortbildung sowie im Gebrauch von Ausdrücken, die sonst in der Prosa nicht vorkommen, u. dgl. bisweilen erlaubt.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 877. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006488161