Poesie und Erfindung
Raoul Schrott: Die Erfindung der Poesie
Der Titel dieses Buches kann deshalb auch nichts anderes als eine Tautologie sein, die doppelte Bezeichnung ein und desselben Sinns, um den die Begriffe sich im Kreis drehen: Poesie und Erfindung. Sie beide bedeuten nichts anderes, als das Verfertigen und Hervorbringen von bisher noch nicht Vorhandenem — und ihre Überschneidung zeigt sich bereits in dem, was man früher einmal, mit einem sinnlichen Begriff, die Empfindung nannte. Doch nicht so schnell. Was diese zwei Worte zunächst weniger verstecken denn verraten, ist eine Art von Unentschiedenheit über ihre grammatikalische Kategorie, die nicht nur um einzelne Modalitäten, sondern auch um das Genus ihrer Verben kreist.
Aus: Raoul Schrott: Die Erfindung der Poesie. Gedichte aus den ersten viertausend Jahren. Reihe: Die Andere Bibliothek, 154. Eichborn, Frankfurt 1997, S. 9