Perez, Jizchok Lejb

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Jizchok Leib Perez

(* 18. Mai 1852, nach anderen Angaben 20. Mai 1851 in Zamość in Polen; † 3. April 1915 in Warschau), polnischer jüdischer Schriftsteller, der hauptsächlich auf Jiddisch schrieb, einer der Pioniere der modernen jiddischen Literatur. Daneben schrieb er auch Hebräisch und Polnisch.

Als Feuilletonist benutzte er die Pseudonyme Luzifer, Lez und Ben Tamar.


Namensformen

  • Yiddish: יצחק־לייבוש פרץ
  • Deutsch: Jizchak Leib Perez, Isaak Leib Perez, Jizchok Lejb Perez, Itzhok Lejb Perez, Isaak Leib Peretz usw.; Jicxok-Lejbuš Perec (wissenschaftlich)
  • Englisch: Isaac Leib Peretz, Yitskhok Leybush Peretz
  • Polnisch: Icchok Lejb(usz) Perec


Leben

Perez wurde 1852 in Zamość, Gouvernement Lublin, Kongress-Polen, geboren und wuchs in einer religiösen Familie auf. Die Stadt war ein wichtiges Zentrum der jüdischen Aufklärung (Haskala). Seine Eltern waren Jehuda Perez (1825–1898) und Riwka Perez, geborene Lewin(1828–1914). Er war verheiratet mit Sara Lichtenfeld in einer arrangierten Ehe (1870, geschieden 1875; 2 Söhne, Lucjan und Jaakow); 1878 heirate er Helena (Nechama Rachel) Ringelhejm (1860–1938), die Ehe blieb kinderlos.

Er erhielt eine traditionelle jüdische Erziehung auf Hebräisch, lernte aber auch Russisch, Polnisch, Deutsch und Französisch. Obwohl er zunächst als Lehrer arbeitete (1876/77 in Warschau), wandte er sich schnell dem Schreiben zu und veröffentlichte seine erstes Buch mit hebräischer Poesie 1877 (Sippurim beschir, gemeinsam mit G. J. Lichtenfeld). Er machte ein Examen als Anwalt und praktizierte 10 Jahre in Zamość. 1887/88 wurde ihm die Anwaltslizenz von den russischen Behörden entzogen, weil sie ihn sozialistischer und polnisch-nationalistischer Umtriebe bezichtigten. 1890 fand er eine zeitweilige Arbeit als Mitglied einer Expedition, die statistische Daten über polnische Juden erhob. Diese Erfahrung schärfte sein soziales Bewusstsein (Bilder fun a Provints-Rayze). Ab 1891 lebte er permanent in Warschau, wo er einen kleinen bürokratischen Job bei der jüdischen Gemeinde erhielt. Während des ersten Weltkriegs engagierte er sich für die Versorgung heimatloser jüdischer Kinder.

An seiner Beerdigung nahmen 100.000 Trauergäste teil.


Werk

Seine Werke beschäftigten sich oft mit dem Leben der einfachen jüdischen Bevölkerung. Dabei standen Themen wie Armut, Tradition und der Kampf um Freiheit und Gleichberechtigung im Mittelpunkt. Bekannt ist Perez vor allem für seinen Einsatz von Symbolen und Metaphern in seinen Werken sowie für seine sensible Darstellung von Charakteren aus verschiedenen sozialen Schichten. Sein erstes publiziertes Werk auf Jiddisch war die Ballade Monisch (1888). Um 1907 initiierte er eine jiddische Theatergruppe in Warschau.

Perez' Einfluss auf das jiddische Schrifttum ist bis heute spürbar. Seine Werke wurden weit über die jüdischen Gemeinden hinaus bekannt und haben insbesondere im Kontext von sozialen Kämpfen und Bürgerrechtsbewegungen eine große Bedeutung erlangt. Perez starb im Jahr 1915 in Warschau und hinterließ ein bedeutendes literarisches Erbe.




Trivia

  • Er wurde neben seinem Sohn Lucjan auf dem jüdischen Friedhof in der Okopowastraße in Warschau begraben (kwatera 44a-3-12).
  • Der französische Autor Georges Perec ist ein entfernter Verwandter.
  • In mehreren polnischen Städten, so in Zamość, Warschau, Wrocław und Kutno, sind Straßen und Plätze nach ihm benannt. In Łódź gab es 1945-1968 eine nach ihm benannte jüdische Schule, die im Gefolge antisemitischer Umruhen im März 1968 aufgelöst wurde.

Bibliografie

Ausgaben auf Deutsch

  • Volkstümliche Erzählungen. Berlin : Jüd. Verl., [1913]
  • Die Nacht auf dem Alten Markt. Wien: Löwit, 1915 (auch 1920)
  • Jüdische Geschichten. Leipzig: Insel, 1916
  • Dreibuch. Berlin: Jüd. Verl., 1916
  • Chassidische Geschichten. Wien: Löwit, 1917 – 1919 [2. Aufl.] 5.-7. Tsd.
  • Die goldene Kette. Berlin: Löwit, 1917 – 1920
  • Aus dieser und jener Welt. Wien: R. Löwit, 1919
  • Adam und Eva. München: Georg Müller, 1919
  • Gleichnisse. Berlin: Verl. f. jüd. Kunst u. Kultur, 1920
  • Musikalische Novellen. Berlin: Verl. f. Jüd. Kunst u. Kultur, 1920
  • In Fesseln. Wien: Löwit, 1920
  • Die Zeit, 1923
  • Wundergeschichten. Berlin: Goldstein, [1935]
  • Chassidische Erzählungen. Berlin: Schocken Verl., 1936
  • Das ganze Jahr betrunken und am Purim nüchtern. In: Jüdisches Nachrichtenblatt / [Ausgabe Prag] Bd. 2, 22.03.1940, Nr. 12: 4
  • Erzählungen aus dem Ghetto. München: Winkler, 1961
  • Ostjüdische Erzähler. [Frankfurt a.M.] : Ner-Tamid-Verl., 1963
  • Geschichten am Sabbat. Frankfurt a.M.: Fischer Bücherei, 1964, Ungekürzte Ausg.
  • Der Golem. Freiburg i. Br.: Syrinx Presse, 1967
  • Baal-Schem als Ehestifter. Zürich: Krauthammer, 1967
  • Baal Schem als Ehestifter und andere Erzählungen, Verlag Volk und Welt, Berlin, 1969 (Illustrationen von Anatoli L. Kaplan; Nachwort Jutta Janke)
  • Baal Echem als Ehestifter und andere Erzählungen. Wien: Die Buchgemeinde, [1969]
  • Ojb nischt noch hecher und andere jiddische Geschichten [S.l.]: Schuster-Verlag, [1976?] (Schallplatte)
  • Ein Zwiegespräch. Leipzig: Dieterich, 1981, 1. Aufl., [1. - 20. Tsd.] – 1983, 2. Aufl. – 1989, 3. Aufl.
  • Ostjüdische Erzähler. Wiesbaden : Fourier, [1981 ?]
  • Des Rebben Pfeifenrohr. Berlin: Eulenspiegel-Verlag, 1983, 1. Aufl. – 1985, 2. Aufl. – 1989, 3. Aufl.
  • Jiddische Erzählungen. Zürich : Manesse-Verlag, 1984 – 1985, 2. Aufl. – 1997, 3. Aufl.
  • Die Seelenwanderung einer Melodie. Stuttgart : Edition Weitbrecht, 1984, [1. - 3. Tsd.]
  • Der Prozess mit dem Wind. Frankfurt am Main : Insel-Verl., 1987, 1. Aufl. – 1988, 2. Aufl.
  • Die Seelenwanderung einer Melodie. [München] : Goldmann, [1988], Genehmigte Taschenbuchausg., 1. Aufl.
  • Des Rebben Pfeifenrohr. Wiesbaden: Fourier, 1989
  • Annette Weber (Hrsg.): Isaak Leib Perez: Leben sollst du. Ostjüdische Erzählungen. Aus dem Jiddischen von Mathias Acher. Mit Bildern von Marc Chagall. Herder, Freiburg im Breisgau 1993.
  • Ein Lied der Liebe. Ostjüdische Erzählungen / Isaak Leib Perez/Scholem Alejchem. Mit Bildern von Marc Chagall. [Aus dem Jidd. von Alexander Eliasberg] Freiburg im Breisgau : Herder, 1995, 1. Aufl. – 1995, 2. Aufl.
  • Leben sollst du. Freiburg im Breisgau : Herder, 1993 – 1994, 2. Aufl. – 1995, 3. Aufl.
  • Der Bassgeiger. Bruchsal : Verl. für Kulturwiss., 2010, 1. Aufl.
  • Messias' Zeiten. Rudolstadt : Greifenverl., 2010
  • [Weinberg] Jüdische Lieder. Weinberg, Mieczysław. - Hamburg : Peer-Musikverlag, 2010 (Musiknoten)
  • Fünf Bücher von Jizchok-Leib Perez. Nürnberg : Musikverlag Ulrich Greve, 2022 Online Ressource
  • Musikalische Novellen. Nürnberg : Musikverlag Ulrich Greve, 2022 Online Ressource



Ausgaben auf Jiddisch

  • Gesamtausgabe (hebräisch und jiddisch), 1901
  • Šrifṭen. Petersburg : "Der Fraind", 1903
  • Progres-ojsgabe, 1908 (10 Bände)
  • Kinder-lider. Warschau: Kultur-lige, 1921
  • Ale ṿerḳ : miṭ bilder, faḳsimiln, geḳlibene perzenlekhe briṿ. Buenos Aires: National Yiddish Book Center, 1944
  • Oib nišṭ noch hecher. Hagen : A. Böning, 1996, 2., verb. Aufl.


Ausgaben auf Hebräisch

  • Gesammelte Hebräische Werke (Tuschiah-Ausgabe, 10 Bände), 1899–1901


Über Perez

  • Dan Miron: Bontshe. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 1: A–Cl. Metzler, Stuttgart/Weimar 2011