Ortlepp, Ernst

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Ernst Ortlepp (* 1. August 1800 in Droyßig; † 14. Juni 1864 bei Schulpforte) war ein deutscher Dichter des Vormärz. https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Ortlepp


Ernst Ortlepp (August 1, 1800 - June 14, 1864) was a German poet. https://en.wikipedia.org/wiki/Ernst_Ortlepp


Pierer 1861

[388] Ortlepp, Ernst, geb. 1800 in Droyßig bei Zeitz studirte in Leipzig u. lebte dann daselbst, vielseitig literarisch beschäftigt; er zeichnete sich bald als sehr fruchtbarer, bes. politischer Dichter aus; lebte seit[388] 1836 in Stuttgart u. in Zeitz, wo er jetzt in unfreiwilliger Versorgung ist. Er schr.: Osterlied für Europa, Lpz. 1831; Pfingstlied, ebd. 1831; Gedichte, 1831; Die Cholera (episch-lyrisches Gedicht), Lpz. 1832; Polenlieder, Altenb. 1831; Polens Sterbelied, Lpz. 1831; Gustav Adolf, ebd. 1831; Zur 200jährigen Jubelfeier der Breitenfeld-Leipziger Schlacht u. zur Lützener Schlacht, ebd. 1832; Deutschlands Erntefest, ebd. 1832; Das Siebengestirn der Kriegshelden, ebd. 1833, u.v.a., zum Theil wieder gesammelt in: Frankreich, Rußland, Deutschland u. Polen, Hamb. 1832, u. Lyra der Zeit, Frankf. 1833; schr. ferner: Lieder eines politischen Tagwächters, Stuttg. 1843; Klänge aus dem Saalthal, Naumb, 1856; die Romane:. Cölestin, ebd. 1833; Briefe eines Unglücklichen, ebd. 1833; Die Geächteten, ebd. 1836; ferner: Canstatt u. seine Umgebungen, Canst. 1848 u.m.a.; gab eine gereimte Bearbeitung von Reinecke Fuchs, Lpz. 1836, 4. Aufl. ebd 1841, u. Rabeners Werke heraus u. übersetzte Byron u. Shakespeare. Gesammelte Werke, Winterthur 1845, 3 Bde.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 388-389. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010565388


Aus Goethes Tagebuch

1828 Juli

29. Besuchte mich ein junger Mann Namens Ortlepp aus Schkölen, dessen Geisteszustand ich bedauern mußte. Er zeigte schon früher ein gewisses poetisches Talent, hat sich aber in die ästhetisch-sentimentalen Grillen so verfitzt, daß er gar kein Verhältniß zur Außenwelt finden kann. Er ist schon 28 Jahre alt und gab mir zu peinlichen Betrachtungen Anlaß. NB. War früh der jüngere Frommann auf eine Stunde hier gewesen, den ich die Zahnischen Blätter sehen ließ.

http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Tagebücher/1828/Juli?hl=ortlepp


Glasenapp: Ortlepp und Wagner

Als Standquartier und Versammlungsort der ›eleganten‹ und ›modernen‹ Belletristik Leipzigs diente damals vorzüglich, besonders um die Messenzeit, Kintschys Konditorladen: hier versammelte sich die schöngeistige und politisierende ›jung-europäische‹ Welt, um Grog, Kaffee oder Chokolade zu trinken, Eis oder Gebackenes zu genießen oder auch Journale zu lesen; hier verkehrte, außer Laube, der nicht unbegabte, unglückliche Dichter der ›Polenlieder‹, Ernst Ortlepp, seit kurzem von Naumburg her übergesiedelt und ›gleich diesem, literarischen und poetischen Studien obliegend; Gustav Schlesier, Wagners Schulgenosse von der Dresdener Kreuzschule her und mit ihm zur Leipziger Nikolaischule übergegangen, dessen wir bereits (S. 104) gedachten, und mit dem er hier, Schellings transszendentalen Idealismus‹ diskutierte; und an manches solche Leipziger Beisammensein einer sorglosen Jugendzeit mochte Wagner in der Folge in der entbehrungsvollen kalten Pariser Fremde denken, wenn er die Worte niederschrieb: ›Deutscher zu sein ist herrlich, wenn man zu Haus ist, wo man Gemüt, Jean Paul und bayrisches Bier hat, wo man sich über die Hegelsche Philosophie oder die Straußischen Walzer streiten kann‹ usw. – Und in der Tat war es eine nicht wiederkehrende sorglos ungebundene Jugendzeit, in der sich der werdende Künstler von seiner Umgebung gefördert, gehoben und getragen fühlte, je weniger noch die zutage getretene künstlerische Eigenart den Widerspruch dieser – näheren und ferneren – Umgebung heraufbeschwor. (...)

Zur Charakteristik Ortlepps, der übrigens nur indirekt und episodisch in Wagners Leben eingreift, diene außer seinem Polenenthusiasmus und sonstigen jungeuropäischen Tendenzen noch der Hinweis auf eine andere ausgeprägte Eigenschaft, die ihn zu Wagner in eine lebhaftere geistige Beziehung setzen konnte. Dies war seine unbegrenzte Verehrung für Beethoven, wie sie u. a. in seiner begeisterten Schrift: ›Beethoven, eine phantastische Charakteristik‹ (Leipzig, Hartknoch) zutage tritt. Geboren um 1800 in einem kleinen Orte bei Naumburg, siedelte er um die Zeit von Laubes erster Leipziger Niederlassung ebenfalls dahin über, mußte die Stadt jedoch, bald nach Laubes Ausweisung, wegen seiner politischen Gedichte ebenfalls verlassen. Er ging mit Schlesier nach Stuttgart, wo damals A. Lewald als Herausgeber der ›Europa‹ im Mittelpunkt eines regen literarischen Verkehrs stand, geriet aber dort in so dürftige Verhältnisse, daß er wieder in seine Heimat zurückkehren mußte. ›Körperliche und geistige Leiden brachen endlich seine moralische Kraft; er ergab sich dem Trunke und sank immer tiefer ins Elend; am 14. Juni 1864 wurde er im [174] Mühlgraben (kleine Saale) beim Dorfe Almrich tot aufgefunden‹. (...)

(...) Und die Ortleppsche Besprechung im ›Kometen‹ lautet: ›Das Konzert begann mit einer neuen Symphonie von einem sehr jungen Manne, Richard Wagner. Ein erster Versuch kann nicht leicht ein Meisterwerk sein, um so weniger, wenn er fast als reine Nachahmung dasteht; indes kann sich dessenungeachtet darin ein sehr bedeutendes Talent aussprechen. Das gilt auch von Wagners Symphonie Wagner hat Beethoven, ja sogar eine bestimmte Symphonie desselben, die A dur-Symphonie, vor Augen gehabt, und das architektonische Gebäude der seinigen danach eingerichtet. Weit entfernt, an dem Anfänger dies zu tadeln, loben wir, daß er sich ein so hohes Vorbild erwählte, um so mehr, je glücklicher er es in vieler Hinsicht zu erreichen verstand... Als besonders gelungen erschien uns das (wenn auch ziemlich genau nach dem der A dur-Symphonie gearbeitete) Andante; nicht billigen können wir die Trompetenfuge des letzten Satzes. Hat sich Wagner zur Selbständigkeit erhoben, und wird, statt des Verstandes, erst sein Gemüt die Mechanik der Tonkunst handhaben, so sind wir überzeugt, daß er Großes leisten wird. Seine Symphonie fand lauten Beifall. Wie wir hören, wird er bald mit einer Oper auftreten.‹

Quelle: Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 155-180. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007750285


Nietzsche über Ortlepps Tod

Der alte Ortlepp ist übrigens todt. Zwischen Pforta und Almrich fiel er in einen Graben und brach den Nacken. In Pforta wurde er früh morgens bei düsterem Regen begraben; vier Arbeiter trugen den rohen Sarg; Prof. Keil folgte mit einem Regenschirm. Kein Geistlicher. Wir sprachen ihn am Todestag in Almrich. Er sagte, er gienge sich ein Logis im Saalthale zu miethen. Wir wollen ihm einen kleinen Denkstein setzen; wir haben gesammelt; wir haben an 40 Thl.

Brief an Wilhelm Pinder in Heidelberg, <Naumburg, 4. Juli 1864> http://www.nietzschesource.org/#eKGWB/BVN-1864,432


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