Notker

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Brockhaus 1911

[288] Notker, mehrere Mönche in Sankt Gallen. Am berühmtesten: N. Balbŭlus (der Stammler), Heiliger, gest. 6. April 912, bes. um den Kirchengesang verdient durch Einführung der Sequenzen. – N. Labĕo (der Großlippige) oder Teutonĭkus. geb. 950, gest. 29. Juni 1022, verfaßte für die Klosterschule zu Sankt Gallen, die er zur höchsten Blüte hob, Übersetzungen und Erläuterungsschriften in deutscher Prosa, die zu den wichtigsten Denkmälern der althochdeutschen Sprache gehören. Erhalten sind die Psalmen und eine Reihe philos. Schriften (hg. von Piper, 1882-83).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 288. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001398172


Meyers 1908

[817] Notker (spr. nōtkēr), Name mehrerer St. Galler Mönche, unter denen hervorragen:

1) N. Balbulus (»der Stammler«), geb. um 830 wahrscheinlich zu Jonswil im jetzigen Kanton St. Gallen, gest. 6. April 912 in St. Gallen, machte sich um den Kirchengesang hoch verdient und ist der bedeutendste Dichter der lateinischen Sequenzen oder Prosen, d.h. rhythmischer Texte, die den früher textlosen Melodien des Halleluja untergelegt wurden. Wilmanns (in Haupts »Zeitschrift für deutsches Altertum«, Bd. 15, Berl. 1871) weist ihm 35 Melodien und 41 solcher Texte zu. 1513 erfolgte seine Seligsprechung. Vgl. G. Meyer von Knonau, Lebensbild des heiligen N. von St. Gallen (in den »Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft von Zürich«, 1877); Werner, Notkers Sequenzen (Aarau 1901).

2) N. Physicus (»der Arzt«), gest. 12. Nov. 975, Schüler des N. Balbulus, als Gelehrter, Maler, Schreibkünstler und besonders als Arzt am Hofe Kaiser Ottos I. hoch angesehen, schmückte die St. Galler Klosterkirche und mehrere Handschriften mit Gemälden und schrieb Verschiedenes in lateinischen Versen.

3) N. Labeo (»der Großlippige«) oder Teutonicus (»der Deutsche«), geb. um 952, gest. 29. Juni 1022 in St. Gallen an der Pest, brachte die St. Galler Klosterschule als Vorsteher zu ihrer höchsten Blüte. Die [817] Übersetzungen ins Deutsche und die deutschen Erklärungen, die er für seine Schüler fertigte, sind für unsre Kenntnis des Althochdeutschen von hervorragendem Wert. Erhalten haben sich davon besonders »die Psalmen« (nach der St. Galler Handschrift hrsg. in Hattemers »Denkmalen des Mittelalters«, Bd. 2. St. Gallen 1844–46; nach der Wiener Handschrift von Heinzel und Scherer, Straßb. 1876; eine sprachlich verjüngte Fassung bieten die sogen. Windberger Psalmen, hrsg. v. Graff, Quedlinb. 1839), »De consolatione philosophiae« von Boethius; »De nuptiis Mercurii et Philologiae« von Martianus Capella, »Die Kategorien und Hermeneutik des Aristoteles« (alle drei hrsg. von Graff, Berl. 1837); eine kurze Zusammenstellung der Rhetorik (hrsg. von W. Wackernagel in der »Zeitschrift für deutsches Altertum«, Bd. 4, Leipz. 1846). Eine neue Ausgabe von »Notkers und seiner Schule Schriften« besorgte Piper (Freiburg 1883–8 t, 3 Bde.). Vgl. Henrici, Die Quellen von Notkers Psalmen (Straßb. 1878); Kelle, Die St. Galler deutschen Schriften und N. Labeo (Münch. 1888), Untersuchungen zur Überlieferung, Übersetzung, Grammatik der Psalmen Notkers (Berl. 1889) und dessen Aufsätze über N. im 30. Bande der »Zeitschrift für deutsches Altertum« (das. 1886) und im 18. und 20. Bande der »Zeitschrift für deutsche Philologie« (Halle 1885 u. 1887).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 817-818. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007164750


Pierer 1861

[141] Notker, Name von fünf verdienten u. berühmt gewordenen Mönchen in St. Gallen, welche von späteren Schriftstellern nicht selten verwechselt worden sind:

1) St. N. (N. Balbulus), gestorben als Vorstand der Klosterschule in St. Gallen 912, besaß außer einer gründlichen Kenntniß der Bibel u. der Theologischen Literatur auch die der Musik u. Poesie u. galt für einen der größten Gelehrten seiner Zeit. Nachhaltig wirkende Bedeutung erhielten namentlich seine Bemühungen um den Kirchengesang, in welchem er die sogenannten Prosen ed. Sequenzen (s.d.) einführte. Außer gegen 50 dieser Texte (gesammelt in 1 Bd. von Pez' Thesaurus anecdotorum) u. mehren Hymnen (im 2. Bd. von Canisius' Lectiones antiquae) verfaßte er auch mehre theologische Schriften.

2) N. Physicus, ein Schüler des Vor., stand wegen seiner ärztlichen Kenntnisse am Hofe Otto's I. in besonderer Achtung u. wird auch als Musiker, Maler u. Schreibkünstler gerühmt.

3) N. der Abt (Abbas), ein Neffe des Vorigen, war vier Jahre Abt des Klosters St. Gallen u. begründete hier eine sehr erfolgreich wirkende Schule für die Söhne seiner Ministerialen.

4) N. der Propst, erst in St. Gallen, dann 972–1008 Bischof von Lüttich; er schr. u.a. das Leben des St. Remaclus.

5) N. Labeo od. Teutonicus, zeichnete sich durch umfassende Gelehrsamkeit aus, war in den Griechischen u. Römischen Klassikern ebenso bewandert, wie in der Bibel u. der Theologischen Literatur u. war zugleich auch Dichter, Maler, Arzt, Astronom u. Mathematiker. Unter seiner Leitung erreichte die St. Gallener Klosterschule ihre höchste Blüthe. N. st. 22. Juni 1002 an der Pest im Alter von 70 Jahren. Für die Zwecke des Unterrichts verfaßte er, zum Theil in Gemeinschaft mit Freunden u. gereifteren Schülern, eine Reihe von Übersetzungen u. Erläuterungsschriften in deutscher Prosa, welche zu den wichtigsten Denkmalen der Althochdeutschen Sprache gehören. Erhalten haben sich die Psalmen, die Kategorien des Aristoteles u. dessen Abhandlung Περὶ ἑρμηνείας, des Boethius' Schrift De consolatione philosophiae, die zwei ersten Bücher des Martia aus Capella, die Abhandlungen De octo tonis u. De syllogismis u. ein kleines Lehrbuch der Rhetorik. Verloren gegangen sind die Erklärung des Hiob, eines seiner bedeutendsten Werke; ferner Boethius' De trinitate, Gregor's Moralia in Hiob, Cato's Disticha u. Virgils Bucolica, die Andria des Terenz, die Principia arithmeticae.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 141. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010529446


Herders 1856

[362] Notker, Name von 4 berühmten Mönchen des Klosters Sankt Gallen. N. Balbulus, geb. 830 im Schloß Elg (Kanton Zürich), gest. 912, heilig gesprochen 1513, als Dichter um die Reinerhaltung und Weiterbildung des Kirchenliedes und Choralgesanges hochverdient. Außer seinen noch heute bewunderten Sequenzen schrieb N. ein Martyrologium, das Leben des hl. Gallus u.a.m. – N. Physicus, der Arzt, ein Schüler des Dichters, zeichnete sich nicht nur als Arzt sondern auch als Dichter, Maler u. Schreibkünstler aus. – Ein 3. N. wurde 972 Bischof von Lüttich, machte sich um die Wiederherstellung des Hochstiftes u. durch Gründung einer ausgezeichneten Schule verdient. st. 1008 und hinterließ eine Lebensbeschreibung des heil. Remaklus. – N. [362] Labeo (der Großlippige) oder Teutonicus (der Deutsche), gest. 1022 an der Pest, brachte die Klosterschule seines Stiftes zur höchsten Blüte, erwarb einen Namen in der deutschen Literaturgeschichte durch Verdeutschungen der Psalmen, hinterließ auch Uebersetzungen des Organon von Aristoteles, des Boëthius u.s.f.; Auslegungen über das Buch Job u. die Moralbücher Gregors d. Gr. sind verloren. Vgl. Ekkehard.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 362-363. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003450929


Eine Übersicht

der wichtigsten Träger des Namens Notker aus St. Gallen in der Catholic Encyclopedia