Lesen (Nietzsche)
23 [22] Fast bei allen Philosophen ist die Benutzung des Vorgängers und die Bekämpfung desselben nicht streng, und ungerecht. Sie haben nicht gelernt ordentlich zu lesen und zu interpretiren, die Philosophen unterschätzen die Schwierigkeit wirklich zu verstehen, was einer gesagt hat und wenden ihre Sorgfalt nicht dahin. So hat Schopenhauer ebensowohl Kant als Plato völlig mißverstanden. Auch die Künstler pflegen schlecht zu lesen, sie neigen zum allegorischen und pneumatischen Erklären.
Aus: Friedrich Wilhelm Nietzsche: Fragmente 1875-1879, Band 2 - Kapitel 24
[ENDE 1876 – SOMMER 1877]
[Dokument: Mappe loser Blätter]
Anmerkung:
pneu|ma|tisch <gr.-lat.>:
1. (Philos.) das Pneuma (1) betreffend.
2. (Theol.) geistgewirkt, vom Geist Gottes erfüllt;
pneumatische Exegese: altchristliche Bibelauslegung, die mithilfe des Heiligen Geistes den übergeschichtlichen Sinn der Schrift erforschen will.
Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. Mannheim 2007 [CD-ROM]
Pneu|ma das; -s <gr.; Hauch, Atem>:
1. (Philos.) in der Stoa ätherische, luftartige Substanz, die als Lebensprinzip angesehen wurde.
2. (Theol.) Geist Gottes, Heiliger Geist
Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. Mannheim 2007 [CD-ROM]