Kleist, Ewald Christian von

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Brockhaus 1809

[314] Ewald Christian von Kleist, 1715 zu Zeblin in Pommern aus einem durch mehrere Helden berühmten Geschlecht geboren. Seine Aeltern gaben ihm eine vortreffliche Erziehung: im 9. Jahre schickten sie ihn in die Jesuiterschule nach Cron in Großpohlen, und im 15. auf das Gymnasium zu Danzig; im 17. ging er auf die Universität nach Königsberg, um die Rechte zu studiren. Hier gewann er die Liebe zur Gelehrsamkeit, die ihn nachher immer vor Männern seines Standes auszeichnete, die Kenntniß der alten Literatur, der Philosophie, der Mathematik und der Rechte, und die Fertigkeit in den neuern Sprachen. Von hier reiste er, um sich Weltkenntniß zu verschaffen, zu seinen Anverwandten nach Dänemark, die ihn bald so lieb gewannen, daß sie ihn zu einem Bürger ihres Vaterlandes zu machen wünschten. Er bewarb sich um einige Civilstellen; aber seine Bemühungen schlugen ihm fehl. Er wählte nun auf Anrathen seiner Anverwandten den Militairstand, und wurde i. J. 1736 Dänischer Offizier. Er studirte nun alles, was in das Gebiet der Kriegswissenschaft gehört, mit Eifer, verließ aber den Dänischen Dienst bald, ging gleich bei dem Antritt der Regierung Friedrichs II. nach Berlin, und wurde dem König vorgestellt, der ihn zum Lieutenant bei des Prinzen Heinrichs Regiment ernannte. Die Feldzüge, die der König in den ersten Jahren seiner Regierung unternahm, gaben [314] ihm Gelegenheit, seine militairischen Talente auszubilden. Im Grunde scheint jedoch Kleist nie wahre Neigung für den Soldatenstand gehabt zu haben, den ihn auch nur der Zufall wählen ließ, und sich nur durch die Vorstellung seiner Pflicht und die Bewunderung seines großen Königs mit demselben versöhnt zu haben. Dieser Streit seines Schicksals mit seinen Wünschen, welche auf Ruhe gerichtet waren, verbunden mit einer unglücklichen Liebe, die sich im J. 1738 entspann, hat ihn auch vielleicht zum Dichter gemacht (in dem Sinne, in welchem sich diese Worte ohne Unsinn sagen lassen), oder doch seinen Gedichten den Hauptcharakter der sanften Schwermuth, der in ihnen herrscht, aufgedrückt. Sein ältestes Gedicht ist an seinen Schulfreund, den Rittmeister Adler, i. J. 1739 geschrieben. Nicht leicht machte ein Deutsches Gedicht, und zwar von einem noch unbekannten Verfasser, ein so schnelles Glück als sein Frühling, welcher zuerst i. J. 1749 bloß für die Freunde des Verfassers gedruckt wurde. Kleist hatte ein sehr glückliches Talent, Gegenstände der sichtbaren Natur zu schildern, wozu seine täglichen einsamen Spazirgänge viel beitrugen, die er seine poetische Bilderjagd nannte. Im J. 1757 wurde Kleist Obrist-Wachmeister bei dem Hausenschen-Regiment, welches von Halle nach Leipzig in Garnison kam. In Leipzig erwarb er sich Gellerts und Weißeʼs vertrauten Umgang. Nach der Roßbacher Schlacht übertrug der König Kleisten die Aufsicht über das Leipziger große Lazareth. Im Jahr 1759 focht er unter dem Prinzen Heinrich in der Kunnersdorfer Schlacht, erhielt zwölf starke Contusionen und wurde in die beiden ersten Finger der rechten Hand verwundet, so daß er den Degen in der linken halten mußte. Er hatte mit seinem Bataillon bereits drei Batterien erobert, führte es gegen die vierte an, wurde durch eine Kugel in den linken Arm verwundet, nahm den Degen wieder in die verwundete rechte Hand, drang weiter vor, und war noch 30 Schritte von dieser letzten Batterie, als ihm durch einen Kartätschenschuß das rechte Bein zerschmettert wurde. Er wurde hinter die Fronte getragen; ein Feldscher wollte ihn eben verbinden, als derselbe in den Kopf geschossen wurde. Bald darauf kamen Kosaken, zogen ihn nackend aus und warfen ihn [315] in einen Sumpf. In der Nacht fanden ihn einige Russische Husaren, zogen ihn aufs Trockne und bedeckten ihn mit einem Mantel. Einer von ihnen wollte ihm einen halben Gulden geben: Kleist weigerte sich ihn anzunehmen; aber der Husar warf das Geld mit eben dem edlen Unwillen auf den Mantel, womit er ihn bedeckt hatte, und ritt davon. Die Kosaken kamen am Morgen wieder und beraubten ihn nochmahls. Gegen den Mittag ließ ihn ein Russischer Offizier, der gegen Mittag vorbei ging und dem er sich entdeckte, nach Frankfurt an der Oder bringen. Eilf Tage nach der Schlacht trennten sich die zerschmetterten Knochen und zerrissen eine Pulsader; er starb an einer Verblutung den 24. August 1759. Sein Freund Utz hat ihm ein würdiges Grablied gesungen, und Nicolai durch das Chrengedächtniß, das er ihm schrieb, das erste Beispiel einer guten Deutschen Biographie geschrieben. Durch seine Talente und seinen vortrefflichen Charakter hatte sich Kleist nicht nur die Freundschaft der besten Köpfe seiner Nation erworben, sondern auch jeder gebildete Deutsche zollte ihm Bewunderung; und sein Name wird in der Deutschen Literatur, welche er zuerst mit bilden half, unvergeßlich sein.

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 314-316. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000756660


Brockhaus 1838

[613] Kleist (Ewald Christian von) wurde 1715 zu Zeblin bei Köslin in Pommern geboren und erhielt seine Erziehung auf der Jesuitenschule zu Krone in Großpolen und auf dem Gymnasium zu Danzig, von wo er 1731 auf die Universität zu Königsberg ging, um sich dem Studium der Rechte zu widmen. Nachdem er sich eine sehr ausgebreitete Bildung, namentlich auch mathematische und Sprachkenntnisse erworben hatte, besuchte er Anverwandte in Dänemark, trat endlich in dänische Kriegsdienste und wurde 1736 Offizier. Bald darauf verließ er jedoch die dän. Dienste und trat in preußische. Erst später trat K. als Dichter auf und fand außerordentlichen Beifall. Sein Gedicht »Der Frühling« wurde zuerst 1749 nur für Freunde gedruckt, erlangte aber bald eine große Berühmtheit und erlebte mehre Auflagen. In diesem Gedichte zeigte K. sein ihm eigenthümliches Talent zur Schilderung der Natur. Nachdem er 1757 Obristwachtmeister bei dem Haufen'schen Regiment geworden war, kam er nach Leipzig in Garnison und wurde hier Gellert's und Weiße's Freund. In der Schlacht bei Kunersdorf wurde K. 1759 das rechte Bein zerschmettert. Er brachte die Nacht hülflos auf dem Schlachtfelde zu und wurde erst am nächsten Tage nach Frankfurt a. d. O. gebracht, wo er am 11. Tage darauf an seiner Wunde starb. Von K.'s Gedichten erschienen 1756 und 1758 Sammlungen und Sammlungen seiner Werke von Ramler (2 Bde., Berl. 1760) und von Körte (2 Bde., Berl. 1825).

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 613. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000838004


Damen Conversations Lexikon

[151] Kleist, Ewald Christian von, Ewald Christian von, der Dichter des Frühlings, geb. 1715 bei Köslin, widmete sich frühzeitig dem Studium der ernsten und schönen Wissenschaften, trat hierauf in dänische Militairdienste, verließ dieselben 1740 und wurde von Friedrich II. in der preußischen Armee angestellt. Unglückliche Liebe begeisterte ihn zum Dichter. 1749 erschien sein »Frühling,« ein didaktisches Gedicht. Mitten im Kriegsgetümmel dichtete er zahlreiche Oden, Lieder etc. Zum Major ernannt, focht er in der Schlacht bei Kunnersdorf und fiel dort von mehrern Kugeln getroffen. Erst am folgenden Mittag wurde er ausgeplündert auf dem Schlachtfelde gefunden, von einem russ. Offizier nach Frankfurt gebracht, wo er den 24. Aug. 1759 in Folge einer Verblutung starb. Von Charakter war er redlich und bieder. Seine poet. Leistungen, besonders sein »Frühling« sichern ihm ein ehrenvolles Andenken.

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 151. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001743228


Herders 1855

[609] Kleist, Ewald Christian v., ein trefflicher, durch den ihm weit nachstehenden Gleim angeregter Dichter, geb. 1715 auf dem Rittergute Zeblin bei Köslin in Pommern, gebildet auf der Jesuitenschule zu Kron in Großpolen, studierte später zu Danzig und Königsberg die Rechte, nahm aber 1736 dän., unter Friedrich II. preuß. Kriegsdienste, machte die Feldzüge von 1744 und 45 mit, war 1752 als Werbeoffizier in der Schweiz und st. am 4. Aug. 1759 an den Wunden, die er in der Schlacht bei Kunnersdorf erhalten hatte. K.s »Frühling« verdiente 1749 die begeisterte Aufnahme, die ihm zu Theil wurde, denn obwohl die Einheit des Gedankens fehlt, zumal der Frühling nur Bruchstück eines größern aber niemals erschienenen lyrisch-didactischen Gedichtes ist, u. die Hexameter sammt ihrer Vorschlagsilbe nichts taugen, so war er doch ein kecker Sprung aus der Stubenpoesie in die Wirklichkeit u. reiht ein Bild ans andere, die meist für eine ächtdichterische Erfassung der Natur Zeugniß ablegen. Seine übrigen Gedichte (in Oden, Liedern u.s.f. trat K. gleich Ramler u. Gleim als vorherrschend preuß. Dichter auf) stehen trotz der schönen Form dem Frühling weit nach. Sämmtliche Werke durch Körte, 5. Ausgabe Berlin 1853.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 609. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003400174


Meyers

[125] Kleist, 1) Ewald Christian von, namhafter Dichter, geb. 7. März 1715 auf dem väterlichen Gut Zeblin unweit Köslin in Pommern, gest. 24. Aug. 1759 in Frankfurt a. O., besuchte das Gymnasium in Danzig und die Universität in Königsberg, ward 1736 dänischer Offizier, 1740 aber von Friedrich II. reklamiert und zum Leutnant beim Regiment des Prinzen Heinrich ernannt. Gleim, der zu jener Zeit in Potsdam lebte, weckte zuerst Kleists dichterische Begabung, und Ramler, den K. 1749 kennen lernte, lehrte ihn die Feile an seine Geisteswerke legen, vielfach freilich ohne Schonung der fremden Eigentümlichkeit. Eine unglückliche Liebe trübte früh die natürliche Heiterkeit von Kleists Gemüt. Nachdem er 1744–1745 den zweiten Schlesischen Krieg mitgemacht, rückte er 1749 zum Stabskapitän auf, und zwei Jahre später erhielt er eine Kompanie. Auf einer Reise in die Schweiz, wo er von Juni 1752 bis Februar 1753 auf Werbung war, verkehrte er freundschaftlich mit Bodmer und Sal. Geßner. Nach einer überstandenen schweren Krankheit hatte er im Mai 1756 eben angefangen, eine Kur in Freienwalde zu gebrauchen, als ihn ein Befehl zum Regiment zurückrief und er ins Feld zog. Schon 1757 ward er zum Major und bald darauf zum Direktor eines in Leipzig errichteten Feldlazaretts ernannt. In letzterer Stadt begann er sein kleines Epos »Cissides und Paches« und gewann unter anderm auch die aufrichtige Freundschaft Lessings, der ihn bestimmte, ein Trauerspiel zu schreiben. Es entstand der Entwurf des »Seneca«, ein Fehlversuch, wofür ihn K. selbst erkannte. Im Mai 1758 folgte K. dem Korps des Prinzen Heinrich, das die Reichsarmee bis hinter Hof zurücktrieb; trotz mehrfacher Zurücksetzung konnte er sich nicht entschließen, seinen Abschied zu nehmen. In der Schlacht bei Kunersdorf 12. Aug. 1759 drang er an der Spitze seines Bataillons gegen eine feindliche Batterie vor, ward an der rechten Hand verwundet, nahm aber den Degen in die Linke und stürmte weiter, als ihm drei Kartätschenkugeln das rechte Bein zerschmetterten. Ohnmächtig blieb K. die Nacht über auf dem Schlachtfeld liegen, wurde von Kosaken ausgeplündert und erst 13. Aug. nach Frankfurt a. O. gebracht. Hier erlag er seinen Wunden und ward von der russischen Garnison ehrenvoll begraben. Kleists reines Gemüt spiegelt sich in allen seinen Poesien, vorzüglich in den Erzählungen: »Die Freundschaft« und »Arist« sowie in dem Idyll »Irin«. Korrektheit des Ausdrucks, glücklich gewählte Bilder, in denen er gewöhnlich die Natur mit frischem Leben zeichnet, sowie Fülle und Wohlklang der Diktion charakterisieren seine Gedichte, unter denen sein beschreibendes Gedicht »Der Frühling« wohlverdienten Beifall errang; es war ursprünglich als Teil eines größern Gedichts: »Die Landluft«, gedacht und erschien zuerst 1749 bloß für Freunde gedruckt, erlebte aber später zahlreiche Auflagen. Außer im beschreibenden Gedicht versuchte sich K. auch in der Fabel, im Idyll und in der Hymne. Seine »Sämtlichen Werke« sind von Ramler (Berl. 1760, 2 Bde.), W. Körte (mit Biographie, das. 1803, 2 Bde.; 5. Aufl. 1853), neuerdings mit den »Briefen von und an K.« von A. Sauer (das. 1884, 3 Tle.) herausgegeben worden. Vgl. Einbeck, Ewald Chr. v. K. (1861); Chuquet, De Ewaldi Kleistii vita et scriptis (Par. 1887).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 125-128. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006901689


Brockhaus 1911

[974] Kleist, Ewald von, Dichter, geb. 7. März 1715 zu Zeblin in Pommern, trat 1740 in den preuß. Kriegsdienst, als Major in der Schlacht bei Kunersdorf schwer verwundet, gest. 24. Aug. 1759 zu Frankfurt a. O., verfaßte stimmungsvolle Elegien, Idyllen, Oden, poet. Erzählungen etc.; bes. bekannt sein beschreibendes Gedicht »Der Frühling« (1749). Werke hg. von Sauer (3 Bde., 1880-82).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 974. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001255134