Japanische Sprache, Schrift und Literatur

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Pierer 1959

[751] Japanische Sprache u. Literatur. Die Japanische Sprache scheint eine Sprachfamilie für sich zu bilden, zu welcher nur noch die Sprache der Lieukieuinseln, vielleicht auch die Sprache der Ainos auf Jeso u. der Kurilen gehört. Im Allgemeinen nähert sie sich dem Typus der großen Turanischen Sprachfamilie u. trägt wie diese den Charakter der agglutinirenden Sprachen. Der reinste Dialekt des Japanischen wird auf der Insel Nippon in der Provinz Jamato gesprochen; im Norden u. Süden des Reichs ist die Sprache durch Einwanderungen u. häufige Berührungen mit Fremden unreiner. Im 3. Jahrh. n. Chr. wurden bereits die Werke des Confucius in Japan eingeführt, aber erst im 6. Jahrh. durch die Einführung des Buddhismus aus China wurde das Studium der Chinesischen Sprache u. Schrift allgemein verbreitet. In Japan gibt es eine doppelte Aussprache des Chinesischen, eine allgemein geltende, Kanwon, u. eine andere, Gowon, die nur von den Priestern u. Ärzten gebraucht wird. Trotzdem hat das Chinesische auf die eigentliche japanische Volkssprache keinen Einfluß gehabt; die eingedrungenen Wörter sind leicht als Fremdwörter zu erkennen u. müssen sich den syntaktischen Regeln des Japanischen fügen. Die Grundlage der japanischen Schriftsprache bildet den reineren u. älteren Dialekt von Jamato; obgleich dieselbe von der neueren Volkssprache nicht unbedeutend abweicht, so wird sie doch ganz allgemein, in Japan verstanden. Man bedient sich ihrer vorzüglich in der höheren Literatur, der Geschichtsschreibung, der Dichtkunst u. am Hofe des geistlichen Oberhaupts, u. sie zerfällt wieder in zwei Sprechweisen: Naiden für die religiösen u. Gheden für die profanen Schriften gebraucht.

Das Schriftwesen der Japaner ist sehr complicirt. Seit der Bekanntschaft mit den Chinesen (285 n. Chr.) bedienten sich die Japaner der chinesischen Schriftzeichen. Da aber die chinesische Begriffsschrift nicht geeignet war zur lautlichen Darstellung des grundverschiedenen einheimischen Idioms, so wurden bereits seit dem 8. Jahrh. japanische Syllabare gebildet, denen die chinesischen Charaktere, jedoch als Lautzeichen, zu Grunde liegen. Das graphische System der Japaner besteht aus 47 Charakteren, die aus ebensoviel idiographischen Zeichen der Chinesen abgeleitet sind. Es ist entschieden syllabisch. Das Syllaber Irofa besteht aus folgenden Sylbenzeichen: I, ro, fa, ni, fo, fe, to, tsi, ri, mu, ru, wo, wa, ka, jo, ta, re, so, tsu, ne, na, ra, mu, u, wi, no, o, ku, ja, ma, ke, fu, ko, je, te, a, sa, ki, ju, me, mi, si, e, fi, mo, se, su, n. Die Japanesen haben verschiedene Syllabare, die man in zwei Klassen theilen kann: A) die erste Klasse bilden diejenigen, welche aus den reinen chinesischen Charakteren gebildet sind, dahin gehört vor Allem a) das Syllabar Kata-kana, das älteste aller japanischen Irofas, das von dem in China gebildeten Japaner Kibi (st. 775 n. Chr.) aus Elementen chinesischer Charaktere aufgestellt wurde. Die einzelnen Schriftzeichen bleiben bei demselben stets isolirt. Man bedient sich desselben vorzugsweise, um zur Seite der chinesischen Charaktere die Aussprache derselben nach der japanischen Mundart zu fixiren, die Bedeutungen derselben in der Volkssprache anzugeben u. um die grammatischen Beziehungen der Redetheile auszudrücken. Die vollen Formen dieser Schriftcharaktere werden wie unsere Initialen gebraucht. b) das Syllabar Man-yo-kana (d.i. Charaktere der 10,000 Blätter), genannt nach der alten Gedichtsammlung Man-yò-siu, welche mit diesem Irofa geschrieben war. Es hält sich genau an die Form der chinesischen Schriftzeichen. Die zweite Klasse bilden B) die Syllabare, welche aus der chinesischen Cursivschrift Tsao-schu abgeleitet sind. Dahin gehören: a) das Syllabar Fira-kana, welches aus dem Anfange des 9. Jahrh. stammt u. eine Art schwer lesbarer, mannichfacher Verbindungen u. Verschlingungen fähiger Cursivschrift bildet. Man bedient sich desselben namentlich in historischen Schriften, Romanen, Poesien, Werken der leichten Literatur, überhaupt in Büchern, welche zu weitester Verbreitung bestimmt sind. Noch cursiver ist b) Jamato-kana, mit welchem namentlich die Schriftstücke in der heutigen japanischen Volkssprache geschrieben werden. c) Das Syllabar des Zyak-seô ist nach seinem Erfinder, einem Bonzen, benannt, der um 1000 n. Chr. lebte. Mehrere Zeichen desselben weichen kaum vom Fira-kana ab. Außerdem gibt es noch einige andere Syllabare, die jedoch selten zur Anwendung kommen.[751] Eine ganz besondere Schriftart ist das Bon-zi, welches die Mönche bisweilen brauchen u. welches aus dem Devanagari der Inder entstanden ist. Die Japaner schreiben von oben nach unten in verticalen Zeilen, die sich parallel von der Rechten zur Linken folgen.

Die Japanische Sprache hat kein h u. l, für ersteres wird f, für letzteres r gebraucht. Die Nomina sind flexionslos; die Casus werden durch hinten angehängte Partikeln bezeichnet Nom. va, Gen. no, Dat. ni, Acc. wo, Abl. yori etc., der Pluralis durch die (nach dem Rang des Sprechenden od. zu Bezeichnenden verschiedenen) Suffixe tatsi, su, domo, ra, od. durch Verdoppelung des Wortes fito der Mensch, Plur. fitobito (statt fitofito). Eigentliche Adjectiva gibt es nur wenige, die anderen werden entweder durch Verba, die eine Eigenschaft anzeigen, od. durch den Genitiv ausgedrückt. Die Zahlwörter sind: 1 fitos, 2 futats, 3 mits, 4 yots, 5 itsuts, 6 muts, 7 nanats, 8 yats. 9 kokonots, 10 towo. Die Personalpronomina der ersten u. zweiten Person scheinen gänzlich verloren gegangen zu sein; dafür gebraucht man gewisse, den Rang od. das gegenseitige Verhältniß der Sprechenden bezeichnenden Wörter, so daß dasselbe Wort, je nach den Umständen, für die eine od. die andere Person gebraucht werden kann. Ein Pronomen relativum existirt nicht, sondern dasselbe wird durch die Stellung des Verbum vor das Substantiv ausgedrückt, z.B. kita fito der Mensch, welcher gekommen ist, aber fito kita der Mensch ist gekommen. Das Verbum hat keine Formen für Personen u. Zahlen. Die Wurzel des Verbum dient als eine Art Verbalsubstantivum u. wird auch als Verbum finitum gebraucht, wenn mehrere Sätze hinter einander in gleicher Construction stehen, welchen Falls nur das Verbum am Ende des letzten Satzes flectirt wird. An diese Wurzel hängt man mit verschiedener Modification der letzten Wurzelsylbe die Endung ru für das Präsens, ta für das Präteritum, o für das Futurum. Das Negativum wird durch die Endung nu od. zu gebildet. Andere Partikeln dienen zur Bezeichnung der Modi. Die Wortstellung ist ziemlich das Gegentheil der unsrigen; nach dem Subject folgt das Object u. die anderen abhängigen Casus, dann das Verbum, dann die unseren Conjunctionen entsprechenden Partikeln.

Die Schriften der Japaner sind entweder in Chinesischer od. in Japanischer Sprache verfaßt. Die Werke der strengen Gelehrsamkeit sind meist rein chinesisch, ohne alle Zuthat der Volkssprache verfaßt, wie z.B. die Annalen Wa-nen-kei; od. sie sind, obgleich chinesisch geschrieben, mit einer japanischen Interlinearversion versehen, in welcher entweder alle Wörter od. nur die schwierigeren u. wichtigeren an der Seite der chinesischen Charaktere in Japanischer Sprache mit dem Syllabar Kata-kana geschrieben werden. Die Übersetzung steht zur rechten Seite der chinesischen Charaktere in der Reihenfolge derselben, während durch gewisse Zeichen, Zahlen etc. zur Linken die Wortfolge angedeutet wird, wenn man die chinesischen Charaktere in J-r S. lesen will. Die eigentlichen in J-r S. verfaßten Bücher sind selten rein japanisch, sondern ein Gemisch von Chinesisch u. Japanisch; es liegt jedoch die japanische Grammatik u. Wortfolge dabei zu Grunde, auch müssen die vielen eingestreuten chinesischen Schriftzeichen gleich als japanische Wörter gelesen werden. Diese Vermischung herrscht in den meisten gedruckten Werken vor u. selbst die gewöhnlichen Briefe etc. werden so geschrieben.

Die Japanische Literatur ist reich in allen Fächern. Von einer großen Encyklopädie (gedruckt in Jeddo 1714, 105 Bde.) hat Abel-Rémusat (Notices et extraits, Bd. 11) eine ausführliche Analyse gegeben. Unter den historischen Werken sind zu nennen die Annalen: Nippon o daï itsi ran (französisch von Fitsingh, herausgegeben von Klaproth, Par. 1834); ferner in Chinesischer Sprache die kurzen Annalen Wa-nen-kei von Asia Jamabito, der sie zuerst 1820 in Miako herausgab; umfassendere Annalen von 661 v. Chr. bis 696 n. Chr., die zuerst 1228 (später u. A. Jeddo 1709, 30 Bde.) gedruckt wurden. Von allen Provinzen u. wichtigen Städten des Reichs gibt es voluminöse geographisch-topographische Beschreibungen, mit reichem historischem Detail, Abbildungen der wichtigsten Baudenkmäler etc. Der Geographie u. Geschichte der japanischen Nebenländer gewidmet sind San koks tsu ran to sets (Beschreibung der drei Reiche, Liukiu, Jeso u. Korea, französisch von Klaproth, Par. 1832) u. die fünf Bücher koreanischer Geschichte (Jeddo 1750). Auch besitzen die Japaner Landkarten, die zwar ein rohes, aber ziemlich getreues Bild des Reiches geben. Mehrere hat Siebold in Europa bekannt gemacht. Die Naturgeschichte, namentlich die Botanik, hat viele Bearbeiter gefunden. Dahin gehören Rudimenta physices (1804, 5 Bde.); Species florum diversae (1765, 8 Bde.); De natura herbarum et arborum (1823, 3 Bde.), von der Naturforschenden Gesellschaft in Owari herausgegeben; De crystallis atque rebus in lapidem versis (1772, 15 Bde.); Synopsis florae origine Europeae (1828, 3 Bde.), eine Übersetzung von Thunberg's Synopsis plantarum japonicarum. Eine japanische Botanik wurde neuerdings in Nordamerika (New York 1855) herausgegeben. Die Monographien über einzelne Blumen u. Pflanzengeschlechter sind sehr zahlreich. Die Naturforschenden Gesellschaften von Sin-jo-do u. Owari geben ihre Denkschriften heraus. Viele chinesische Werke sind in Japan vermehrt herausgegeben worden, worunter auch der berühmte Pen-thsao (1769, 31 Bde.). Vortrefflich ausgestattet ist die Literatur der chinesischen u. japanischen Lexikographie u. Grammatik. Chinesisch-japanische Wörterbücher sind: Tse-wei (9 Bde.); Sin zoo zi lin gjok ben, Novus et auctus literarum ideographicarum thesaurus (herausgegeben von Siebold in der Bibl. Japonica, Bd. 1, 1833); Sjo gen zi ko, Thesaurus linguae Japonicae, verfaßt von Makinosima Terutake im 17. Jahrh., zuerst gedruckt Jedde 1698 (herausgegeben von Siebold, in der Bibl. Japon., Bd. 2); ferner Te-fiki-sets-yo-slou-daï-zen, vom Jahr 1808, enthält 25,000 japanische Wörter mit ihren chinesischen Äquivalenten; Bunkan-sets-yo-tsou-bo-zo, enthält 50,000 Wörter; ferner Kwai Gjok-ben dai-zen, mehrmals gedruckt; unter anderem herausgegeben von Mori-Teï-sai 1780, ist das chinesische Wörterbuch Yu-pien mit japanischer Erklärung; ähnlich ist Sin-so Zi-rin gyok-ben, gedruckt 1828. Hierzu kommen Wörterbücher der älteren J-n S. u. der Synonymen. Ein japanisches Wörterbuch mit holländischer Übersetzung verfaßte Sada-josi (gedruckt 1810, 5[752] Bde.); ein holländisch-japanisches Wörterbuch verfaßte Halma (Jeddo, 20 Bde.). Auch für das Studium des Sanskrit sind Hülfsmittel vorhanden; ebenso gibt es Glossare für die Sprache der Aino u. das Koreanische. Der Buddhismus u. der Confucianismus haben auch in Japan eine reiche Literatur hervorgerufen. Wie in China, so sind auch in Japan die Landwirthschaft u. Gewerbkunde Gegenstand zahlreicher Schriften geworden. Es gibt Lehrbücher über allerlei Handwerke u. Künste, wie z.B. über das Eisenschmieden, die Erzgießerei, die Stickerei, die Kunst Thee zu kochen, Wallfische zu fangen etc. Der japanische Handelsstand besitzt auch seine Adreßbücher, ebenso die größeren Städte, wie z.B. Jeddo. Das genaueste Werk über die Verwaltung u. Regierungsform des Reichs ist das Speculum rei militaris, Jeddo 1818, 5 Bde. Die Medicin u. Pharmacie sind ebenfalls gut vertreten. Korjosai, ein Schüler Siebold's, verfaßte ein Werk über die bei den Europäern gebräuchlichen Arzneipflanzen (Nangasaki 1826). Viele japanische Bücher sind durch Holzschnitte illustrirt; auch gibt es Bücher, welche blos aus Holzschnittbildern bestehen, z.B. eine Sammlung von Nachbildung der Gemälde des Tanin, des berühmtesten japanischen Malers (1802, 3 Bde.). Gleich reich u. mannichfaltig ist auch die poetische Literatur der Japaner (vgl. Pfitzmaier, Beitrag zur Kenntniß der ältesten Japanischen Poesie, Wien 1852; Derselbe, Über einige Eigenschaften der japanischen Volkspoesie, Wien 1852). Die Japaner besitzen viele zum Theil sehr alte Lieder mythologischen u. historischen Inhalts. Ihr berühmtestes episches Gedicht ist Fei-ke monogatari od. die Geschichte der Feike-Dynastie, welches von Inkinaga nach 1183 verfaßt u. durch einen blinden Sänger, Namens Seobuts, unter dem Volke verbreitet wurde. Es ist öfter gedruckt (z.B. Jeddo 1710, 12 Bde.). Der lyrischen Gattung (Uta) gehörten u.a. an das Speculum carminum, eine Sammlung von 1000 Distichen, die zuerst 905 publicirt wurden; die berühmte Gedichtsammlung Manjô-sju (d.i. Sammlung der 10,000 Blätter), aus dem 8. Jahrh. (gedruckt z.B. 1684, 30 Bde.); die Gedichte des Sjoleis (st. 1459), eines der berühmtesten Dichter der Japaner. Die epigrammatische Gattung (Haikkai), sowie das Drama sind ebenfalls gut vertreten. Sehr zahlreich sind die Romane; dahin gehören Das Leben des Fürsten Iwagi (1806, 12 Bde.); Die Thaten der berühmten Jungfrau Kagami, 1803, 5 Bde.; Die sieben glücklichen u. die sieben unglücklichen Dinge (1808, 5 Bde.); Sechs Wandschirme in Gestalten der vergänglichen Welt (herausgegeben von Pfitzmaier, Wien 1847); Die Liebensabenteuer der Otoba u. des Tansitsi (1822, 2 Bde.) etc. Auch die belletristischen Taschenbücher, welche alljährlich erscheinen, sind den Japanern nicht fremd. Die christliche Literatur ist noch nicht sehr bedeutend; das N. T. soll schon im 17. Jahrh. (Mijako 1613) japanisch vorhanden gewesen sein. Eine Übersetzung des Lucasevangeliums erschien 1856 in New York.

Das Studium der J-n S. u. L. hat bis auf die jüngste Zeit in Europa nur sehr wenig Theilnahme gefunden. Zwar wurden durch die Jesuiten, welche bald nach der Entdeckung (1542) ihre Missionen in Japan begründeten, verschiedene Grammatiken, wie von Alvarez (Amakusa 1593, 1604), Rodriguez (Nangasaki 1604), Collado (Rom 1632) u. einem Portugiesen (Arte breve da lengoa, Japona, Amacoa 1620) verfaßt u. mehrere Wörterbücher zusammengestellt, so Diction. lat.-lusitanicum ac japonicum, Amac. 1595; Vocabolario da lingoa de Japam, Nangas. 1603; Vocab. de Japon declarado en portuguez y en castellano, Manila 1630; Collado, Dictionarii linguae japonicae compendium, Rom 1632; allein diese Werke sind höchst mangelhaft. Als die Missionen gegen Ende des 17. Jahrh. ein Ende nahmen (s. Japan, Gesch.) blieben blos die Holländer mit Japan in Verbindung, die aber nur ihren Handel im Auge behielten; Reisende, wie Kämpfer, Thunberg, Titsingh, van Overmeer-Fischer n. A. förderten zwar die Kenntniß des Landes, seiner Bewohner u. Geschichte, wenig aber die der Sprache u. Literatur. Als vereinzelte Erscheinungen sind aus dem 18. u. dem Anfang des 19. Jahrh. nur die Arbeiten des Basken Oyangurek, Arte de la lingua Japona, Mexico 1738, u. Landresse's Übersetzung der Grammatik des Rodriguez, herausgegeben von Abel-Remusat, Par. 1825; Supplement von W. v. Humboldt, Paris 1826. Eingehender beschäftigten sich mit dem Japanischen Siebold, Epitome linguae Japonicae, Batavia 1826; J. Hoffmann, Proeve eener Japansche Spraakkonst des Donker Curtius, Leyden 1857; Léon de Rosny, Elements de la langue Japon., Par. 1856; W. H. Medhurst. Englisch-japanisches u. Japanisch-englisches Vocabular, Bat. 1830; Pfitzmaier, Japanisches Wörterbuch, Wien 1852 ff.; Léon de Rosny, Dictionnaire, ebd. 1858, Heft 1, Goschkewitsch, Russisch-japanisches Wörterbuch, Petersb. 1857. Die reichste Sammlung japanischer Bücher ist bis jetzt die früher Siebold'sche in Leyden (verzeichnet in Siebold's u. Hoffmann's Catalogus librorum japonicorum, Leyd. 1845); weniger bedeutend sind die in Paris, Wien u. Petersburg.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 751-753. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010158634


Meyers 1907

[196] Japanische Sprache und Literatur. Die japanische Sprache, deren älteste uns bekannte literarische Denkmäler vor etwa anderthalbtausend Jahren entstanden sind, schließt sich in ihrem Charakter eng an den uralaltaischen Sprachstamm an. Auch sie ist eine agglutinierende, kennt als einzige Wort- und Formbildungsmittel die Zusammensetzung und Suffixion, hat Spuren von Vokalharmonie, und ihre Syntax steht, was die Wortstellungsgesetze und die Häufigkeit partizipialer Konstruktionen anlangt, in auffallender Übereinstimmung mit der Sprache der Mandschu (s. d.). Daß sie auch etymologisch dieser Sprache und somit dem ganzen Stamm verwandt sei,[196] ist aber bis jetzt ebensowenig voll erwiesen wie eine Verwandtschaft mit dem Koreanischen. Unter ihren verschiedenen Dialekten hat bald der von Yamato, insbes. der der Hauptstadt Miako, die Oberhand gewonnen, so daß Yamato kotoba (»die Sprache von Yamato«) der Ausdruck für das reine Japanisch ist, dies im doppelten Gegensatz, einmal zu der seit dem 15. Jahrh. in Aufnahme gekommenen neujapanischen Sprache, die stark mit chinesischen Ausdrücken durchsetzt und in ihren Formen vielfach verändert und abgeschliffen ist, dann im Gegensatze zu den nicht schriftmäßigen Dialekten. Die Sprache ist sehr arm an Lauten. Ursprünglich bestand jede Silbe nur aus einem der Vokale a, e, i, o, u, mit oder ohne vorhergehenden Konsonanten, und als organisch verschiedene Mitlauter besitzt sie nur k, g; f (h), b, p; t, d (vor i und u: ts und ds gesprochen); m, n, r, s. z; w, y, also kein besonderes li, l etc. Erst in verhältnismäßig neuerer Zeit ist ein Schluß-n (aus mu entstanden) als besondere Silbe in Gebrauch gekommen. Da nun außerdem i und yi, u und wu, e und we etc. nicht voneinander geschieden werden, so zählt die Sprache im ganzen nur 68 offene Silben. Veränderungen in der Aussprache haben jene ursprüngliche Einfachheit modifiziert, z. B. sto für fito, szru für suru, ōi für wofoki. So bedeutend die Bildsamkeit des Japanischen, seine Fähigkeit zur Schöpfung zusammengesetzter und abgeleiteter Wörter, sein Formenreichtum ist, so ist doch die Erlernung seiner grammatischen Elemente nicht eben schwierig; denn der Agglutinationsprozeß ist überall durch einfache, durchgreifende Gesetze geregelt. Allein das Verständnis, die Analyse der Texte wird oft sehr durch die geschilderten Eigentümlichkeiten des Lautwesens, durch den Mangel einer genügend feststehenden Orthographie und einer sichtbaren Abgrenzung der Wörter und Sätze (durch Trennungen und Trennungszeichen) erschwert. Dazu kommt, daß, wer sein Studium nicht nur auf die ältesten, rein japanischen Sprachdenkmäler beschränken will, notwendig auch der chinesischen Sprache und Schrift einigermaßen kundig sein muß. Die Beeinflussung des sprachlichen Ausdrucks durch Regeln der Etikette ist eine Eigenschaft, die das Japanische mit vielen Sprachen Asiens gemein hat; die Stellung des Redenden zum Angeredeten und beider zu dem Dritten, von dem etwa die Rede ist, will berücksichtigt sein. – Die Japaner bedienen sich verschiedener Syllabare, Iroha genannt. Jedes derselben besteht aus den Zeichen für die 48 Grundsilben, zu denen noch das Schluß-n hinzukommt. Alle diese Zeichen sind der chinesischen Schrift entlehnt, und ihre Reihenfolge ist nach einem Verschen geordnet, das mit »iro ha« anhebt. Die gebräuchlichsten Syllabare sind das Katakana (s. d. und die »Schrifttafeln«), eine Kürzung chinesischer Zeichen, meist nur in zweisprachigen Texten angewendet, und das Hiragana (s. d.), die im Verkehr üblichste, aber schwierigste Schrift. Doppelpunkte und Ring zur Rechten des Buchstabens dienen dazu, aus f: b, p, aus t: d, aus k: g, aus s: z zu machen. Um das Verständnis chinesischer Texte und deren Ablesung in japanischer Sprache zu erleichtern, ist ein Notensystem erfunden worden. Neuerdings herrscht in Japan eine starke Strömung zugunsten der Einführung der europäischen (lateinischen) Schrift. An der Spitze der Bewegung steht die Gesellschaft Rōmaji-kai, die durch eine Zeitung für Verbreitung ihrer Bestrebungen wirkt. Grammatiken: von Alvarez (Amacusa 1593), Rodriguez (Nagasaki 1604, Macao 1620, Par. 1825), Collado (Rom 1632), Oyanguren (Mexiko 1738), o. Siebold (»Isagoge«, Leiden 1841), de Rosny (Par. 1857,4. Ausg. 1872), Donker Curtius (Leiden 1857; bearbeitet von Hoffmann und Pagès, Par. 1861), Alcock (Schanghai 1861), J. J. Hoffmann (Leiden 1868; deutsche Ausg., das. 1877; mit dem Nachtrag: »Japanische Studien«, das. 1878), Brown (Schanghai 1863), Aston (3. Aufl., Lond. 1905), Noack (Leipz. 1886), Chamberlain (Lond. 1887), Balet (Tokio 1899), Lange (Berl. 1890; dazu »Einführung in die japanische Schrift«, das. 1897, u. »Übungs- und Lesebuch«, das. 1904, in den Lehrbüchern des Seminars für orientalische Sprachen in Berlin); Lesebuch von Plaut (ebenda 1891). Vgl. auch Grunzel, Entwurf einer vergleichenden Grammatik der altaischen Sprachen (Leipz. 1895). Wörterbücher: von Calepini (Amacusa 1595, Rom 1870, Par. 1870); anonyme: Nagasaki 1603, Manila 1630; von Collado (Rom 1632–38), Medhurst (Batavia 1830, 1839), Goschkewitsch (Petersb. 1857), de Rosny (Par. 1857), Pages (das. 1858), Hepburn (5. Aufl., Tokio 1894), Satow und Masakata (»English-Japanese dictionary«, 3. Aufl., Lond. 1904), Lehmann (Tokio 1877), Seidel (Berl. 1904) u. a.

[Literatur.] Am Beginn der japanischen Literatur stehen die beiden in chinesischen Ideogrammen ausgezeichneten Geschichtswerke »Kojiki« (»Geschichte des Altertums«, abgeschlossen 712 n. Chr., von der Götter- und Heroenzeit bis 628 n. Chr. reichend; engl. von Chamberlain, Lond. 1882) und »Nihon gi« (»Japanische Annalen«, 720 abgeschlossen, bis 696 reichend; engl. von Aston, Lond. 1896; deutsch von Florenz, Yokohama u. Leipz. 1901 u. 1903; vgl. auch Midfords »Tales of Old Japan«, deutsch von Kohl, Leipz. 1875). Die im »Kojiki« und »Nihongi« eingestreuten, meist volkstümlichen Lieder sind die ältesten Denkmäler der japanischen Sprache und Poesie. Dieselbe Regsamkeit, Gewandtheit und Empfänglichkeit, mit der sich die Japaner heute die Errungenschaften europäischen Wissens und Denkens zu eigen machen, haben sie auch damals bewährt, als sie zuerst chinesische Kultur und dann buddhistisch-indische Religion auf ihren Boden verpflanzten. Und was diesem selbst ureigen ist, seine Geschichte, seine Geographie, sein Natur- und Kulturleben, haben sie früh schon in das Bereich ihrer vielseitigen Schriftstellerei gezogen. Die nationale Bewegung, die auf die Zeit der Übernahme der chinesischen Kultur folgte, fand ihren Ausdruck in der Liedersammlung der »zehntausend Blätter«: »Manyoshu« (veranstaltet von Yakamochi, 759 unvollendet abgebrochen; z. T. verdeutscht von Pfizmaier in den »Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften«, Wien 1872), während Mihuni eine Anthologie der in Japan damals eifrig gepflegten chinesischen Poesie, das »Kwaifuso« (»Sammlung bezeichnender Stücke«, von etwa 650–780 reichend), zusammenstellte. Unter den Dichtern des »Manyoshu« ragen hervor Hitomaro (ca. 662–709), Akahito (Mitte des 8. Jahrh.) und Yakamochi, der Sammler, selbst (gest. 785). Der Wechsel von Zeilen zu je 5 und 7 Silben, der hier gegenüber den freiern Metren der Lieder des »Kojiki« und »Nihongi« zur Regel ausgebildet wird, bestimmt die japanische Metrik der ganzen Folgezeit. In ihrer Blüte zeigt sich die altjapanische Lyrik im »Kokinshu« (»Alte und neue Gedichte«, z. T. verdeutscht von R. Lange: »Altjapanische Frühlingslieder«, Berl. 1884, »Sommergedichte« in der Zeitschrift »F'oung pao«, Leiden 1891, und Gramatzky: »Winterlieder«, das. 1892). Die bedeutendsten der im »Kokinshu« vertretenen Dichter sind [197] Narihira (825–880) und Tsurayuki (882–916), einer der Sammler, als Verfasser des »Tosa-nikki« (»Tagebuch von Tosa«) auch der erste japanische Prosaschriftsteller, der sich der japanischen Silbenschrift bediente. Für den Geist der Poesie scheinen namentlich zwei Haupteigentümlichkeiten des Volksgeistes bestimmend gewesen zu sein: eine fast schwärmerische Empfänglichkeit für Naturschönheiten und der bekannte romantisch-heroische Sinn der Japaner. Während das »Manyoshu« noch seine Entstehung der Liebhaberei und dem Patriotismus eines Privatmannes verdankt e, wurde das »Kokinshu« bereits auf Veranlassung des Kaisers zusammengestellt. Bis 1439 folgen noch 20 solche offizielle Anthologien, deren keine jedoch an Ruhm und Bedeutung die beiden ersten erreicht. Es ist dies die Periode des japanischen Minnesanges in ihrem Aufblühen und Verfall. Mehr und mehr wurde das Kurzgedicht zu fünf Zeilen (5+7+5+7+7 Silben), »Tanka« genannt, zur fast ausschließlich angewendeten Form, und das Stoffgebiet beschränkte sich auf gewisse konventionelle Gegenstände. Eine weitere Beschränkung bedeutet das »Haikai« (aus 5+7+5 Silben bestehend und sehr wohl das japanische Epigramm zu nennen), dessen hervorragendster Vertreter Basho (1644–94; vgl. Chamberlain in den »Transactions of the Asiatic Society of Japan«, 1902) gleichzeitig mit den europäischen Epigrammatikern John Owen, Fr. v. Logau u. a. dichtete und wie diese am Ausgange der großen lyrischen Bewegung des Mittelalters steht. – Eine ähnliche parallele Entwickelung zeigt die japanische Epik. Ihre Anfänge sind die romantischen »Monogataris« aus dem 10.–13. Jahrh. Als eines der ersten ist das »Ise-Monogatari«, das die Schicksale des Dichters Narihira behandelt, zu erwähnen, das berühmteste ist das »Genji-Monogatari« der Frau Murasaki-Shikibu (um die Wende des 10. und 11. Jahrh.), diese neben Frau Sei Shonagon, Verfasserin der vielgepriesenen Skizzensammlung »Makura-Soshi«, die bedeutendste Repräsentantin der sehr reichen Frauenliteratur jener Zeit. Das »Genji-Monagatari« (z. T. ins Englische übersetzt von Suyematsu, Lond. 1882) gilt seines reinen Stils und zahlreicher liebenswürdiger Episoden wegen als klassisches Hauptwerk der japanischen Prosa. Ein Nachfolger Sei Shonagons ist Kenko (1283 bis 1350) mit seinem »Tsurezure-Gusa« (»Aphorismen aus meinen Mußestunden«). Als eine Art volkstümliches Epos darf das »Heike-Monogatari« (im 13. Jahrh. entstanden) gelten, das von fahrenden Sängern zur Biwa vorgetragen ward; ein eigentliches Nationalepos fehlt. Die Zahl der Monogataris ist sehr groß, ihr Inhalt bald kriegerisch, bald abenteuerlich, bald märchenhaft; in den Wirren, die der Restauration durch Jyeyasu vorangingen, verfiel wie die Lyrik, so auch die Epik. Erst durch sie nahm die literarische und nun auch die eigentlich wissenschaftliche Betätigung einen neuen Aufschwung. An Stelle der buddhistischen Mystik und Scholastik des Mittelalters tritt, durch die Wiederbelebung der chinesischen Studien vorbereitet, der Neokonfuzianismus, der seinerseits ganz ähnliche Wandlungen durchmacht wie die neue mitteleuropäische Philosophie, die zur selben Zeit begründet wurde.

Der moderne japanische Roman hat seinen Vorläufer in Ibara Saikaku (1642–93), der den gekünstelten, galanten Geist seiner Epoche repräsentiert. Jetzt auch wird die Schriftstellerei zum Gewerbe. Seinen Höhepunkt erreicht der japanische Roman in dem überaus fruchtbaren Kyokutei Bakin (1767–1848), dem japanischen Walter Scott; von seinen zahlreichen, zumeist historischen Romanen gilt der »Hakken-Den« (»Die Geschichte der acht Hunde«) betitelte als der vorzüglichste. Neben ihm sind noch zu nennen Ryutei Tanehiko (1780–1842), Verfasser des Romans »Von den sechs Wandschirmen« (deutsch von Pfizmaier, Wien 1847), und Tamenaga Shunsui (gest. 1842), Verfasser des Roninromans »Treu bis in den Tod« (deutsch von Hensel, nach Edw. Grey, Stuttg. 1895), beide kaum weniger fruchtbar als Bakin. Ihre Nachfolger beherrschen noch heute den japanischen Zeitungsroman. Die rege kritische Tätigkeit, welche die Restauration im Gefolge hatte, fand ihre Hauptvertreter in dem Manyoshu-Gelehrten Kamo Mabuchi (1697–1769) und seinem Schüler Motoori Norinaga (1730–1801), dem Kommentator des »Kokinshu«. Das japanische Drama, das einerseits auf die komischen Zwischenspiele in den religiösen Mysterien des Schintokults, anderseits auf die Anregung durch das chinesische Drama zurückzuführen sein wird, erhielt seine eigentliche Ausgestaltung erst im 17. und 18. Jahrh., der großen Dramenepoche der japanischen Literatur. In dieser Zeit wirkte Chikamatsu Monzaimon (1653–1724), Japans Shakespeare und Moliere zugleich, der größte im heroischen Trauerspiel und Begründer des bürgerlichen Schau- und Lustspiels. Neben ihm traten eine ganze Reihe von Dichtern auf, meist Direktoren ihrer Theater, vor allem in Kioto und Osaka. Die vornehmsten ihrer Schöpfungen werden noch heute gespielt. Das »No« der alten Zeit, mit seiner musikalischen Begleitung und Tanzeinlagen unsern ältern Opern zu vergleichen, wird ebenso noch weiter gepflegt, und auch das deklamatorische »Joruri« und die Marionettenspiele erfreuen sich unverminderter Beliebtheit. Vgl. Florenz, Japanische Dramen (Leipz. 1900); Lequeux, Le thêatre japonais (Par. 1889); Bénazet, Le thêatre an Japon (das. 1901); Mc. Clatchie, Japanese Plays (Lond. 1890) und Osman Edwards in den »Transactions and Proceedings of the Japan Society« (1902). – Die japanische Moderne beginnt um 1880 unter dem Einfluß der nun erst in Japan allmählich bekannt werdenden europäischen Literaturen, zumal der englischen. Zahlreiche Werke werden übersetzt, Tsubouchi Yuzo, Erzähler und Dramendichter, schreibt seine Abhandlung vom Geist der Romanliteratur, und Toyama Masakazu, Yatabe Ryokichi- und Tetsujiro Inouye geben ihre »Gedichte im neuen Stil« heraus. Von den später Ausgetretenen müssen der Realist Yamada Taketaro, Erzähler und Lyriker, ferner die Novellisten Ozaki Koyo und Koda Rohan genannt werden. Die japanische Bühne erfuhr eine Umgestaltung nach europäischem Vorbild durch Kawakami, den Begründer des »Soshi Shibai«, der »Jungen Bühne«. Vgl. Florenz in den »Mitteilungen der Deutschen Ostasiatischen Gesellschaft in Tokio« (Yokohama 1892) und O. Hausers Anthologie (s. unten). Charakteristisch für die japanische Belletristik ist die Vorliebe für illustrierte Bücher, deren Abbildungen trotz der naivsten Zeichenfehler meist lebendig und sprechend sind. Das Wortspiel, bei uns nur einer untergeordneten Art des Witzes dienend, versieht wie in der chinesischen, so auch in der japanischen Dichtung eine sehr wichtige Funktion. Daß auch die japanische Literatur ihre schmutzigen Auswüchse hat, darf weder verneint noch verschwiegen werden; anzuerkennen ist nur, daß dort im Volke Schmutz als Schmutz gilt und nicht, wie nur zu oft bei uns, in lüsterner Weise beschönigt wird. Sieht man von dieser Schattenpartie ab, so muß man rühmen, daß in den[198] belletristischen Büchern, soweit sie uns zugänglich geworden sind, ein frischer, gesunder Geist herrscht. Heldenmut, aufopfernde Treue, strenges, empfindliches Ehrgefühl, Mitleid und Milde gegen Schwache und Notleidende, mannhafte Ergebung in das Schicksal, tief wurzelnde Achtung vor Gesetz und Sitte, Verachtung, oft schneidige Satire gegen alles Kleinliche und Gemeine: das sind die Gesinnungen, die sich darin spiegeln. Gewalttaten oft der gräßlichsten Art, der aufbrausenden Natur des stets streitbaren Volkes entsprechend, werden oft genug erzählt; allein immer ist das Erhabene oder das Rührende Genosse des Entsetzlichen. Über die japanische Literatur im allgemeinen orientieren: W. G. Aston, A history of Japanese literature (Lond. 1899; franz. Ausg., Par. 1902); Tomitsu Okasaki, Geschichte der japanischen Nationalliteratur (Leipz. 1899); K. Florenz, Geschichte der japanischen Literatur (das. 1905, Bd. 1); O. Hauser, Die japanische Dichtung (Berl. 1904). An poetischen Anthologien sind vorhanden: Léon Rosny, Si-ka-zen-jô, Anthologie japonaise (Par. 1871); B. H. Chamberlain, The classical poetry of the Japanese (Lond. 1880); K. Florenz, Dichtergrüße aus dem Osten (8. Aufl., Leipz. 1904) und Weißaster und andre Gedichte (4. Aufl., das. 1904); O. Hauser, Die japanische Lyrik von 1880–1900 (das. 1904). Bibliographie: Hoffmann, Catalogus librorum et manuscriptorum japonicorum (Leid. 1845); Pagès, Bibliographie japonaise (Par. 1859); die Bibliographie bis 1862 von R. Gosche in der »Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft«, Bd. 20, Supplement (Leipz. 1868); »Bibliotheca japonica, Verzeichnis einer Sammlung japanischer Bücher in 1408 Bänden« (Wien 1875) und F. v. Wenkstern, A bibliography of the Japanese empire (Lond. u. Leiden 1895).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 196-199. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006837638


Brockhaus 1911

[892] Japanische Sprache, Schrift und Literatur. Die japan. Sprache hat den Charakter der ural-altaischen Sprachen, bildet aber einen eigenen Sprachstamm, unterscheidet sich vom Chinesischen durch ihre Mehrsilbigkeit. Die Schriftsprache beruht auf der alten, von der Volkssprache, in die zahlreiche chines. Wörter und Phrasen eingedrungen sind, vielfach abweichenden Sprache. Der japan. Schrift liegt die chines. zugrunde, sie hat zwei Syllabare, das einfache Katakana und das Hiragana. Wie in China schreibt man mit Pinseln von oben nach unten und von rechts nach links [Tafel: Literatur I, 13]. – Die japan. Literatur ist reich in allen Fächern mit Ausnahme der epischen Dichtung. Die älteste Sammlung japan. Gedichte ist das sog. »Manyōshū« (»Die zehntausend Blättersammlung«), von dem Dichter Tsurayuki (882-946) rührt die »Kokinshū« (»Sammlung von Altem und Neuem«). Bes. beliebt sind die »Monogatari« (romantische Erzählungen) und »Shōsetsu« (Novellen). »Irohabunko« von Tamenaga-Shunsui (gest. 1842) enthält die Lebensbeschreibungen der 47 treuen Rōnin (Vasallen). Die dramatische Literatur weist drei Gattungen auf, die »No« der »Utai«, Szenen religiösen und lyrischen Inhalts, das »Kyogen« (Posse) und das populäre Drama der Neuzeit (»Kabuki Shibai«). Ferner gibt es Reisebeschreibungen, philos., lexikalische Werke etc. – Verdient um die Kunde der japan. Sprache und Literatur Siebold, de Rosny, Medhurst; Grammatiken von L. de Rosny (1865), Hoffmann (1877), Aston (3. Aufl. 1905), Lange (1890 u.[892] 1904); Literaturgeschichte von Okasaki (1898), Aston (engl., 1899, franz., 1902), Hauser (1904), Florenz (1905 fg.); Übersetzungen von Chamberlain (1880), Florenz (8. Aufl. 1904), Weißaster (4. Aufl. 1904), Hauser (1904).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 892-893. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001222589