Hertz, Wilhelm

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Meyers 1907

4) Wilhelm, Dichter und Literarhistoriker, geb. 24. Sept. 1835 in Stuttgart, gest. 8. Jan. 1902 in München, widmete sich zuerst der Landwirtschaft, studierte dann in Tübingen romanische und germanische Philologie und ging 1858 nach München, wo er sich dem Dichterkreis von Geibel, Heyse, Bodenstedt, Lingg etc. anschloß. Bald veröffentlichte er seine lebensfreudigen, glühenden und formell schönen »Gedichte« (Hamb. 1859). 1859 trat er als Leutnant in das württembergische Heer ein, nahm jedoch bald wieder seinen Abschied und machte eine größere wissenschaftliche Reise durch Frankreich, England und Schottland. Nach München 1861 zurückgekehrt, habilitierte er sich 1862 mit der Abhandlung »Der Werwolf, ein Beitrag zur Sagengeschichte« (Stuttg. 1861) als Privatdozent an der dortigen Universität und ward 1869 Professor der Literaturgeschichte am Polytechnikum daselbst. In seinen weitern Dichtungen, den kleinern Epen: »Lanzelot und Ginevra« (Hamb. 1860), »Hugdietrichs Brautfahrt« (Stuttg. 1863, 3. Aufl. 1880; illustriert von A. v. Werner, das. 1872), »Heinrich von Schwaben« (das. 1868, 3. Aufl. 1903), »Bruder Rausch. Ein Klostermärchen« (das. 1882, 4. Aufl. 1902), hat er die mittelalterlichen Stoffe graziös und formgewandt behandelt. Seine »Gesammelten Dichtungen« erschienen Stuttgart 1900 (2. Aufl. 1904). Als Forscher veröffentlichte er noch die Schriften: »Deutsche Sage im Elsaß« (das. 1872), »Die Nibelungensage« (Berl. 1877) und »Die Sage vom Parzival und dem Gral« (Bresl. 1882), »Aristoteles in den Alexander-Dichtungen des Mittelalters« (Münch. 1890), »Die Sage vom Giftmädchen« (das. 1893). Eine vorzügliche Leistung war seine Neubearbeitung von »Tristan und Isolde« von Gottfried von Straßburg, nach den Tristanfragmenten des Trouvère Thomas ergänzt (Stuttg. 1877, 4. Aufl. 1904), nicht ganz so gut gelungen die Übersetzung des »Parzival« von Wolfram v. Eschenbach (das. 1898, 3. Aufl. 1903). Außerdem lieferte er eine Reihe gelungener Nachbildungen altfranzösischer Dichtungen: »Rolandslied, das älteste französische Epos« (Stuttg. 1861), »Marie de France. Poetische Erzählungen nach altbretonischen Liebessagen« (das. 1862), »Aucassin und Nicolette« (Wien 1865) und »Spielmannsbuch«, Novellen in Versen aus dem 12. u. 13. Jahrh. (das. 1886, 2. Aufl. 1900). Vgl. R. Weltrich, Wilhelm H. (Stuttg. 1902).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 239-240. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006767737


Brockhaus 1911

[795] Hertz, Wilh., Dichter und Sagenforscher, geb. 24. Sept. 1835 in Stuttgart, seit 1869 Prof. am Polytechnikum in München, gest. das. 7. Jan. 1902; verfaßte die epischen Dichtungen »Lanzelot und Ginevra« (1860), »Heinrich von Schwaben« (1867), »Bruder Rausch« (1882), Beiträge zur Sagengeschichte, Übersetzungen altdeutscher und roman. Dichtungen u.a. – Vgl. Weltrich (1902).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 795. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001186809