Haller, Albrecht von

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Albrecht Viktor Haller

(seit 1749 Albrecht von Haller, auch Albert de Haller * 16. Oktober 1708 in Bern; † 12. Dezember 1777 ebenda) war ein Schweizer Mediziner und Universalgelehrter, insbesondere Naturforscher, der unter anderem als Begründer der modernen experimentellen Physiologie gilt und vor allem von Göttingen aus wirkte, sowie als Dichter. https://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_von_Haller


Albrecht von Haller (also known as Albertus de Haller; 16 October 1708 – 12 December 1777) was a Swiss anatomist, physiologist, naturalist, encyclopedist, bibliographer and poet. A pupil of Herman Boerhaave, he is often referred to as "the father of modern physiology." https://en.wikipedia.org/wiki/Albrecht_von_Haller


Albrecht von Haller ou Albert de Haller (né Haller, le 16 octobre 1708 à Berne, mort le 12 décembre 1777 à Berne) est un médecin, scientifique, naturaliste, penseur et critique littéraire suisse, dont les travaux dans le domaine de l'anatomie, de la physiologie, de la connaissance des plantes et de la bibliographie ont fait référence pendant plusieurs siècles. https://fr.wikipedia.org/wiki/Albrecht_von_Haller


  • Versuch Schweizerischer Gedichten, Bern 1732 (darin Die Alpen von 1729) online; «Zweyte, vermehrte und veränderte Auflage» u.d.T. Versuch von Schweizerischen Gedichten von 1734, online, «Neunte, rechtmäßige, vermehrte und veränderte Auflage» u.d.T. Versuch Schweizerischer Gedichte von 1762, online.


Meyers 1907

Haller 2) Albrecht von, Botaniker, Anatom, Physiolog, Arzt und Dichter, geb. 16. Okt. 1708 in Bern, gest. daselbst 12. Dez. 1777, studierte seit 1723 Medizin in Tübingen, seit 1725 in Leiden, erwarb daselbst 1727 die medizinische Doktorwürde, besuchte dann London und Paris, studierte in Basel Mathematik und praktizierte seit 1729 als Arzt in Bern, wo er seit 1734 anatomische Vorlesungen hielt und 1735 zum Stadtbibliothekar ernannt wurde. Während dieser Zeit bereiste er jährlich die Alpen behufs botanischer Forschungen, deren Resultat die »Enumeratio stirpium helveticarum« (Götting. 1742) war. Sein »Versuch schweizerischer Gedichte« (Bern 1732; neuer Abdruck in Kürschners »Deutscher Nationalliteratur«) erfreute sich des Beifalls Bodmers. 1736 ging er als Professor der Medizin, Anatomie, Botanik und Chirurgie nach Göttingen und gründete hier den Botanischen Garten und das Anatomische Theater mit einer Anstalt für anatomisches Zeichnen. Dabei erschienen Kommentare zu Boerhaaves Vorlesungen (Götting. 1739–44), das »Iter helveticum« (das. 1740), Boerhaaves »Methodus studii medici« (Amsterd. 1751, 2 Bde.) und seit 1742 für die von Wetstein in Amsterdam herausgegebene »Bibliothèque raisonnée« zahlreiche kritische Beiträge. Einen ausgebreiteten Ruf verschafften ihm damals besonders seine »Icones anatomicae« (Götting. 1743–50, 8 Hefte), seine »Primae lineae physiologiae« (das. 1747; 4. Aufl. von Wrisberg, das. 1780; deutsch, Berl. 1769; neue Aufl., als »Grundriß der Physiologie« umgearb. von Leveling, Erlang. 1796 u. ö., 2 Bde.), die später erweitert u. d. T.: »Elementa physiologiae corporis humani« (Laus. 1757–66, 8 Bde.) erschienen. 1750 übernahm H. den Vorsitz in dem von ihm gestifteten Kollegium der Wundärzte; 1751 ward auf seinen Vorschlag eine Entbindungsanstalt gegründet und die königliche Sozietät der Wissenschaften eröffnet, zu deren immerwährendem Präsidenten er ernannt wurde. Während dieser Zeit war er von Kaiser Franz I. geadelt, nach Oxford, Utrecht, Halle, Berlin und Petersburg berufen, vom König von England zum Staatsrat und Leibarzt ernannt und 1745 in den Großen Rat seiner Vaterstadt aufgenommen worden. 1753 legte er seine Ämter, mit Ausnahme der Präsidentschaft der königlichen Sozietät, nieder und kehrte nach Bern zurück, wo er als Ammann bald wieder eine bedeutende Tätigkeit entwickelte. Zum Mitgliede des akademischen Senats, bald darauf zum Direktor der Salzwerke zu Bex und Aigle, dann auch zum Mitgliede des Sanitätskollegiums, der ökonomischen Kommission etc. ernannt, verbesserte er die Einrichtung jener Salzwerke, gab der akademischen Schule zu Lausanne eine zweckmäßigere Einrichtung, veranlaßte neue medizinisch-polizeiliche Maßregeln und die Errichtung eines Waisenhauses in seiner Vaterstadt, vermittelte 1764 die Grenzstreitigkeiten zwischen Bern und Wallis und ordnete 1767 die kirchlichen Angelegenheiten des Waadtlandes. Gleichzeitig erschienen die »Bibliotheca botanica« (Zürich 1771–72, 2 Bde.); die »Bibliotheca anatomica« (das. 1774–77, 2 Bde.); die »Bibliotheca chirurgica« (Basel 1774–75, 2 Bde.); der Anfang der »Bibliotheca medicinae practicae« (das. 1776–87, 4 Bde.) und »De functionibus corporis humani praecipuarum partium« (Bern 1777–78, 4 Bde.). Auch fuhr er fort, die »Commentarii societatis Gottingensis«, für die er allein 1200 (!) Rezensionen geliefert haben soll, und andre Zeitschriften mit Abhandlungen zu bereichern. Die wichtigern Rezensionen erschienen in der »Sammlung kleiner Hallerscher Schriften« (2. Aufl., Bern 1772, 3 Bde.). – H. ist als Anatom und Physiolog der hauptsächliche Träger dieser Wissenschaften im 18. Jahrh. Seine zahlreichen Bereicherungen der Anatomie machte er in den »Opuscula anatomica minora« (Lauf. 1762 bis 1768, 3 Bde.) und den erwähnten »Icones anatomicae« bekannt. Die pathologische Anatomie behandelte er in seinen »Opuscula pathologica« (Laus. 1755); der Zootomie wurde durch seine Tierzergliederungen und der Entwickelungsgeschichte durch seine Beobachtungen über das bebrütete Ei der Weg gebahnt. In der Physiologie füllte er die Lücken in Harveys Lehre vom Blutumlauf aus und stellte über den Blutlauf in den feinsten Gefäßen Ansichten auf, die im wesentlichsten noch heute Geltung haben. Auch über den mechanischen und chemischen Teil der Atmung verbreitete er richtigere Ansichten in der Abhandlung »De respiratione experimenta anatomica« (Götting. 1746 u. 1749), in den »Mémoires sur la respiration« sowie im 2. Bande der »Opera minora«. Er unterschied zuerst die drei Eigenschaften der Muskelfasern: Elastizität, das Vermögen, auf Nervenreize, und die Fähigkeit, auf mechanische und chemische Reize selbständig zu reagieren. Die letztere Eigenschaft nannte er Irritabilität, ein Begriff, auf den, indem man ihn verallgemeinernd auf Nerven, Schleimhäute, Drüsen etc. übertrug, in der Folge ganze pathologische Systeme gebaut worden sind. Auf dem Gebiet der Botanik gab er in einer Habilitationsschrift: »De methodico studio botanices absque praeceptore« (Götting. 1736), die Grundzüge zu einem natürlichen System, das sowohl auf den Habitus der Pflanzen und ihre natürliche Verwandtschaft als auf die Verhältnisse der Befruchtungswerkzeuge gegründet war. Über Linnés Leistungen gab er eine schonungslose Kritik unter dem Namen seines 15jährigen Sohnes Gottlieb Emanuel heraus: »Dubia ex Linnei fundamentis hausta« (Götting. 1751).

Als Dichter trug H. zu dem hohen Aufschwung, den die deutsche Poesie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. nahm, bedeutend bei. Seit der Herrschaft der schlesischen Dichter war H. der erste, welcher der Sprache Kraft und Kernhaftigkeit, der Poesie einen tiefern [659] Gehalt verlieh. Am berühmtesten wurde er durch seine beschreibenden Lehrgedichte: »Die Alpen« (1729; Neudruck, mit einer Beilage und Kupfern, von Geifer, Bern 1902) und »Vom Ursprung des Übels« (1734), letzteres der Vorläufer der großen Masse von Lehrgedichten über das große Thema, mit dem sich damals die Philosophie abquälte. Doch ist er auch in der Lyrik hervorragend, namentlich in der Behandlung der Ode. Seine »Gedichte« (12. Aufl. von Wyß, Bern 1828; mit Biographie neu hrsg. von L. Hirzel, Frauenfeld 1882) wurden ins Französische, Italienische und Englische übersetzt. In spätern Jahren schrieb er politische Romane mit der besondern Absicht, nachzuweisen, daß es bei der Staatsverfassung eines Landes auf deren Handhabung, nicht auf die Form ankomme. Diese »Staatsromane« sind: »Usong« (Bern 1771; zuletzt das. 1778), »Alfred, König der Angelsachsen« (Götting. 1773) und »Fabius und Cato« (das. 1774), worin die absolute, die beschränkte und die aristokratisch-republikanische Staatsform behandelt wird. Hallers »Tagebuch seiner Beobachtungen über Schriftsteller und über sich selbst« wurde von Heinzmann (Bern 1787), die »Tagebücher seiner Reisen nach Deutschland, Holland und England 1723–1727« von Hirzel (Leipz. 1883) herausgegeben; aus Hirzels Nachlaß veröffentlichte H. Fischer den »Briefwechsel zwischen Albrecht v. H. und E. F. v. Gemmingen. Nebst dem Briefwechsel zwischen Gemmingen und Bodmer« (Stuttg., Liter. Verein, 1901). Vgl. Zimmermann, Das Leben des Herrn v. H. (Zürich 1775); Hermine Chavannes, Biographie d'Albert de H. (Laus. 1840, 2. Aufl., Par. 1845); Baggesen, H. als Christ und Apologet (Bern 1865); Henle in den »Göttinger Professoren« (Gotha 1872); Blösch, Hirzel u. a., Albrecht v. H., Denkschrift (Bern 1877); Frey, A. v. H. und seine Bedeutung für die deutsche Literatur (Leipz. 1879); Bodemann, Von und über A. v. H. (ungedruckte Briefe und Gedichte etc., Hannov. 1885); Bondi, Das Verhältnis von Hallers philosophischen Gedichten zur Philosophie seiner Zeit (Leipz. 1891); Widmann, A. v. Hallers Staatsromane (Biel 1893); O. v. Greyerz, Albrecht H. als Dichter (Dresd. 1902); Jenny, H. als Philosoph (Basel 1902).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 659-660. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000673457X


Brockhaus 1809

[160] Albrecht von Haller gehört zu den berühmtesten Männern unsers Jahrhunderts, und kann wegen der Menge der Wissenschaften, die er umfaßte, und wegen des ausgebreiteten Einflusses, den er in verschiedenen Lagen seines Lebens als akademischer Lehrer, als practischer Arzt und als Staatsmann hatte, dem großen Leibnitz ohne Bedenken an die Seite gesetzt werden, wenn ihn gleich dieser an Scharfsinn und wahrem philosophischen Geiste übertroffen haben sollte. Er wurde 1708 zu Bern geboren, und bestimmte sich frühzeitig für die medicinischen Wissenschaften, die er zuerst in Tübingen und dann in Leyden unter dem berühmten Boerhave erlernte. Einige Reisen nach England, Frankreich und der Schweiz beschäftigten ihn bis zu dem Jahre 1728, wo er sich in Bern niederließ und Lazaretharzt ward. Die Stifter der Universität Göttingen, welche diese neue Pflanzschule der Wissenschaften mit den gelehrtesten Männern in jedem Fache zu besetzen wünschten, ersuchten ihn (1736), als Lehrer der Anatomie, Chirurgie und Botanik dahin zu kommen; und Haller, der eine so treffliche Gelegenheit, sich einen ausgezeichneten Wirkungskreis zu verschaffen und Vielen nützlich zu werden, nicht vorbeigehen lassen wollte, gab ihren Bitten Gehör, und vermehrte den Ruhm der neu gegründeten Universität bis in das Jahr 1753, wo ihn die Stärke der Vaterlandsliebe, eine mit seinem ersten Eintritt in Göttingen beginnende Abneigung gegen diesen Ort, und der Wunsch, seinen Mitbürgern nützlich zu werden, vermochte, nach Bern zurückzukehren. Er ward Mitglied des großen Raths daselbst, verbesserte in dieser Stelle die Medicinal-Anstalten des [160] Landes, beendigte einige politische Zwiste des Cantons Bern mit den übrigen Schweizer Cantons, und arbeitete noch überdieß eine Menge gelehrter Schriften aus. Wen auch diese letztern nicht gerade interessiren sollten, der würde doch Hallern aus seinen frühern Gedichten und politischen Romanen lieb gewonnen haben, wovon die erstern als vortreffliche Werke der feurigen Einbildungskraft der Jugend, und die letztern als Denkmahle des reifen Verstandes und des geübten Denkens mit Recht bewundert werden. Die nehmliche Aufmerksamkeit verdient das Tagebuch, das nach Hallers Tode, der 1777 erfolgte, erschien, und worin er mit der unparteilichsten Offenherzigkeit über seine Leidenschaften und Schwächen geurtheilt und sogar seinen Hauptfehler, den Stolz und das Wohlgefallen an Gunstbezeugungen von Königen und Fürsten, unverhohlen dargestellt hat. Es war aber leicht verzeihlich, daß er auf die Freundschaft der Großen stolz war, denn nur wenig Gelehrte können sich von ihnen solcher ausgezeichneten Belohnungen und Ehrenbezeugungen rühmen als Haller.

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 160-161. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000753793


Brockhaus 1838

[315] Haller (Albrecht von), welcher der Große zubenannt worden, ist ein als Dichter und Gelehrter ausgezeichneter und um die Wissenschaften in mehr als einer Beziehung hochverdienter Mann. Er wurde 1708 zu Bern im Schoos einer altpatrizischen Familie geboren, zeichnete sich schon in seiner Jugend durch ungemeine Lernbegierde aus und besuchte erst die Universität Tübingen, dann Leyden, wo er von dem berühmten Boerhaave in den medicinischen Wissenschaften unterrichtet wurde. Nachdem er 1726 Doctor der Medicin geworden, machte er eine Reise nach London und Paris und trat mit den ausgezeichnetsten Ärzten in persönlichen Umgang. Nach der Schweiz zurückgekehrt, studirte H. zu Basel unter des berühmten Mathematikers Joh. Bernouilli Leitung die höhere Mathematik, unternahm zur Kräftigung seiner Gesundheit eine Alpenreise, auf welcher er Pflanzen sammelte, und hielt Vorlesungen über Anatomie. Eine ausgezeichnete Beschreibung der Schweizerpflanzen und ein berühmtes Lehrgedicht: »Die Alpen« waren die Frucht der erwähnten Alpenreise. Nachdem sich H. 1729 in seiner Vaterstadt als praktischer Arzt niedergelassen hatte, kam er bald durch seine Gelehrsamkeit und die öffentlichen Vorlesungen, welche er über Anatomie hielt, in Ruf; doch waren ihm die von ihm 1732 herausgegebenen »Schweizerischen Gedichte« in Bezug auf eine öffentliche Anstellung mehr nachtheilig als förderlich. Er nahm daher 1736 einen Ruf an die neugestiftete Universität in Göttingen zum Professor der Anatomie und Botanik an. Hier blieb er 17 Jahre und arbeitete mit ungemeinem Fleiß und seltenem Scharfsinn eine große Anzahl botanischer, anatomischer und physiologischer Werke aus, die seinen Ruhm über die ganze gebildete Welt ausbreiteten und zur Folge hatten, daß gelehrte Gesellschaften und Fürsten in Anerkennung seiner Verdienste wetteiferten. Kaiser Franz I. erhob ihn mit seiner Nachkommenschaft 1749 in den Reichsadelstand, der König von England und Hanover ernannte ihn zum Staatsrath, in seiner Vaterstadt Bern nahm man ihn in den großen Rath als Mitglied auf. Noch erwarb sich H. in Göttingen besondere Verdienste durch thätigen Antheil an der Stiftung (1751) der dortigen kön. Gesellschaft der Wissenschaften, zu deren immerwährendem Präsidenten er ernannt wurde. Bei [315] den hohen Ehren, die H. genoß, machte ihm in Göttingen doch auch die Misgunst unangenehme Stunden, und dies war der Grund, daß er 1753 seine Entlassung nahm und nach Bern zurückkehrte, wo man ihn zum Amman erwählte. Als solcher wirkte er höchst segensreich und war zugleich als Schriftsteller noch ebenso thätig, wie früher. Umgeben von einer zahlreichen Familie starb H. gegen Ende des Jahres 1777. – Sein Sohn Gott lieb Emanuel von H. trat als Geschichtschreiber auf; berühmter aber wurde der Enkel Karl Ludw. von H., geb. zu Bern 1768. Derselbe hat im Interesse des Aristokratismus und Katholicismus mit Geist und Scharfsinn eine, »Restauration (Wiederherstellung) der Staatswissenschaften« geschrieben, und ist, nicht zu seinem Vortheil, auch dadurch bekannt geworden, daß er von der reformirten zur katholischen Kirche übergetreten ist, diesen Schritt aber noch geraume Zeit geheim gehalten, und als Mitglied des Raths zu Bern sogar noch den Amtseid, für Aufrechthaltung der protestantischen Lehre wachen zu wollen, geschworen hat. Er hielt sich nach dem 1821 erfolgten öffentlichen Bekenntnisse seines Übertritts abwechselnd in Paris und Solothurn auf und ist in der letzten Stadt 1834 in den kleinen Rath aufgenommen worden.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 315-316. Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000083176X


Herders 1855

[210] Haller, Albrecht von, der weltberühmte Physiolog, Botaniker und zugleich Bannerträger des 2. Blütenalters der deutschen Dichtkunst, wurde geb. 1708 zu Bern, studierte seit 1723 Medicin zu Tübingen, alsdann zu Leyden, wo sein Lehrer Boerhave ihm den Doctorhut [210] überreichte, machte Reisen u. besaß als Arzt, Botaniker u. Dichter der »Alpen« (1732) schon einen bedeutenden Namen, als er 1736 von Bern an die junge Universität Göttingen berufen wurde. Hier gründete er den botan. Garten u. die Entbindungsanstalt, half die Akademie ins Leben rufen und während seine dichterische Fruchtbarkeit aufhörte, trug der außerordentliche Ruhm, welchen er als Lehrer sowie durch sehr zahlreiche Schriften und Entdeckungen im Gebiete der Naturwissenschaften (er ist z.B. Urheber der epochemachenden Lehre von der Irritabilität) ärntete, namhaft dazu bei, die Poesie wiederum in Ansehen zu bringen. Als Dichter emancipirte er sich von Lohenstein und blieb gleich Hagedorn dem Streite der Gottschedianer und Schweizer ferne, gab im Gegensatz zu Hagedorn der Poesie Hoheit und Würde, ernste und männl. Gesinnung, körnige Sprache und guten Versbau, worüber man für jene Zeit die zuweilen übertrieben pathetische Sprache u. kleinliche Manier gern vergißt. Außer den noch heute genießbaren Alpen u.a. Gedichten, unter denen die lyrischen mitunter trocken sind, lieferte er Lehrgedichte, deren Inhalt an Leibnitzens Theodicee erinnert, z.B. vom Ursprung des Uebels u. welche ihn zum Reigenführer der Lehrdichter Lichtwer, Kästner, von Kreuz u.a. machten, daneben Romane (Usong, Alfred u.a.), welche die verschiedenen Regierungsformen darstellten. Seit 1745 war H. Mitglied des großen Rathes von Bern, 1753 kehrte er nach Bern zurück und begleitete viele Ehrenstellen, bis er 1777 zu Bex st. Unter den wissenschaftl. Werken behaupten die Elementa physiologiae (8 Quartanten) sowie die Bibliotheca botan. chirurg. anatom. et medicinae pract., zusammen 15 Quartanten, noch heute Werth. Gedichte in 12. Aufl., Bern 1828. H. selbst hinterließ ein Tagebuch seiner Beobachtungen über Schriftsteller und sich selbst, Bern 1787, 2 B.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 210-211. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003363023


Pierer 1859

Haller 2) Albrecht von H., genannt der große H., geb. 16. Octbr. 1708 in Bern, wo sein Vater, aus einem alten angesehenen Schweizergeschlecht abstammend, Rechtsgelehrter war. Von seinem 12. Jahre an besang er allerhand Gedichte in deutschen Gedichten, für welche ihn bes. Lohenstein, Canitz u. Brockes Muster waren; studirte seit 1723 in Tübingen u. dann in Holland Medicin, 1728 in Basel Mathematik, zugleich faßte er eine Vorliebe für Botanik, in welcher Beziehung er auch mit Joh. Geßner eine Reise durch die Schweiz unternahm. 1729 wurde er Arzt in Bern, 1736 Professor der Medicin, Anatomie, Botanik u. Chirurgie an der neu errichteten Universität Göttingen. Er gründete daselbst den Botanischen Garten, das Anatomische Theater, eine Anstalt für anatomische Zeichnungen, ein Collegium der Wundärzte, eine Hebammenschule u. entwarf den Plan der königlichen Akademie der Wissenschaften. 1739 wurde er großbritannischer Leibarzt u. 1749 großbritannischer Staatsrath, auch vom Kaiser Franz I. in den Reichsadelstand erhoben. Später zog er sich nach Bern zurück, in dessen Großen Rath er schon 1745 aufgenommen worden war, blieb jedoch Präsident der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften, wozu er gleich bei deren Entstehen ernannt worden war. Zum Amman seiner Vaterstadt erwählt, blieb er dies bis 1773 u. st. 12. Dec. 1777. Seine Gedichte erschienen zuerst anonym als Versuch schweizerischer Gedichte, Bern 1732, 12. Ausg. ebd. 1828; Alpen: ein Lehrgedicht, deutsch u. französisch von V. E. Tscharner, Zürich 1773, Bern 1795; anatomische Werke; Icones anatomicae, 7 Hefte, Gött. 1745–55, gr. Fol.; Opera academica minora anatomici argumenti. Lauf. 1762–68, 3 Bde,; physiologische Werke: Elementa physiologiae corporis hum., ebd. 1757–66, 8 Bde.; dazu von J. G. Fr. Franz ein Auctuarium, 3 Hefte u. der 1. Thl. des vierten Frkf. 1780, 2. Aufl. als De partium corpor. hum fabrica et functionibus, Bern 1777, 8 Bde., deutsch von J. S. Halle (u. F. L. Tribolet), Lpz. 1759–76, 8 Thle.; Primae lineae physiol., Gött. 1747, 4 Aufl. von H. A. Wrisberg, ebd. 1780, deutsch zuerst Berl. 1769, u. Aufl. als: Grundriß der Physiologie, mit den Verbesserungen von H. A. Wrisberg, S. Th. Sömmerring u. F. Th. Meckel, umgearbeitet von H. M. von Leveling, in 2 Bdn. Erl. 1796 u.ö.; botanische Werke Iter alpinum anni 1731 u. Iter helvet. anni 1739 in den Opuscula botan., Gött. 1749; Enumeratio stirpium Hel vetiae, ebd. 1742, 2 Bde., Fol.; Ad enumerationem stirpium Hel v. emendationes et auctuaria, Bern 1760–65, 6 Thle., 2. Ausg. als: Hist. stirpium Helvetiae indig, ebd. 1768, 3 Bde., Fol.; Enum plantarum horti regii et agri gotting., Gött. 1753; Bibliotheca botanica, Zürich 1771 f., 2 Bde. Unter dem Namen seines Sohnes schrieb er mehrere botanische Briefe gegen Linné. Medicinische Werke: Ausgabe von: Boerhaaves Praelectio nes acad. in proprias institutiones rei med.,., auch Methodus studii med., u.m. (vgl Boerhaave); ferner: Artis medicae principes. Lauf. 1769–74, 11 Bde., u. 2. verb. Aufl. von Ph R. Vicat, ebd. 1784–87 (latein. Übersetzung des Hippokrates, Aretäos, Alexander von Tralles, Rhazes u. die Werke von Celsus u. Cölius Aurelianus); Disputationes anatomicae sel, Gött. 1746–52, 7 Bde.; Disputationen u. Sammlungen von Schriften: Collectio disputationum chirurg. sel., Laus. 1777; Disputationes ad morborum hist. et curat. facientes, ebd. 1756 bis 1760, 7 Bde.; Sammlung kleiner Schriften, Bern 1771, vollständiger als: Kleine deutsche Schriften, ebd. 1771 f., 3 Thle. Er schrieb auch den Roman Usong, eine morgenländische Geschichte, ebd. 1771; u. theologische Schriften: Briefe über die wichtigsten Wahrheiten der Offenbarung, ebd. 1772; Briefe zur Vertheidigung der Offenbarung, ebd. 1775–77, 3 Thle., der 1. Thl. n. Aufl. 1777. Nach seinem Tode erschienen noch: Vorlesung über gerichtliche Arzneiwissenschaft, ebd. 1782 u. 84, 2 Thle; Tagebuch seiner Beobachtungen über Schriftsteller u. über sich selbst, herausgeg. von Heinzmann, ebd. 1787; Tagebuch der medicinischen Literatur der Jahre 1746–74, herausgeg. von[880] J. J. Römer u. P. Usteri, ebd. 1760, 3 Bde. Sein früheres Leben beschrieb J. G. Zimmermann, Zür. 1755; Tscharners Lobrede auf H., Bern 1778, u. Eloge hist. d'Alb de Haller, Basel 1778 (von Sennebier); Biographie de A. de H., Lauf. 1640.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 880-881. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010069585