Gurk, Paul
Paul Gurk
deutscher Schriftsteller (Roman, Drama, Lyrik).
Paul Gurk (Pseudonym: Franz Grau; * 26. April 1880 in Frankfurt (Oder); † 12. August 1953 in Berlin) war ein deutscher Dramatiker, Erzähler und Romancier. Für seinen historischen Roman Thomas Münzer erhielt er 1921 den Kleist-Preis. Trotz seines umfangreichen Werkes von über 40 Dramen und 50 Romanen (25 veröffentlicht) gilt er als vergessener Schriftsteller. (...) Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof der Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin, Müllerstraße 72/73, Berlin-Mitte (Wedding), nur wenige hundert Meter von seiner letzten Wohnung in der Afrikanischen Straße 144b entfernt. Es war bis zum Jahr 2009 als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet. / https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Gurk
"Paul Gurk wurde am 26. April 1880 ohne sein Zutun in Frankfurt a.d. Oder als Sohn eines Postfahrers geboren und stammt aus kleinbäuerlichen Verhältnissen. Nach dem sehr frühen Tode seines Vaters, der sich auf den Überlandfahrten die tödliche Erkältung holte, kam er 1885 nach Berlin zu Verwandten (Barbier und Heilgehilfe), die ihn von sich weg erzogen. Er besuchte die Gemeindeschule und wurde als vorzüglicher Schüler für die Lehrerlaufbahn bestimmt. Präparandenanstalt und das Berliner Seminar für Stadtschullehrer besuchte er ohne Lehrbücher. 1900 mußte er den geplanten Beruf aufgeben, da sich leichte Ermüdbarkeit der Stimme einstellte. Vielleicht war diese leichte Ermüdbarkeit nur ein Gleichnis seiner Erfahrungen mit Menschen, von den Schülern der Versuchsschule angefangen, die sein unbegrenztes Staunen über ihre Fähigkeit zu lügen und zu verleumden erregten.
Paul Gurk wurde dann Bürogehilfe beim Magistrat Berlin, erwies sich als brauchbar und erklomm Stufe für Stufe die Leiter bis zum kleinen mittleren Magistratsbeamten. 1924 ließ er sich als Stadtobersekretär in den Wartestand versetzen, in dem er, obwohl inzwischen längst pensioniert, im Grunde noch lebt.
Mit dem fünften Jahr begann Paul Gurk ohne jede Anregung zu zeichnen, mit dem siebzehnten Jahr Verse zu machen und gleichzeitig in Tönen sich zu versuchen. Von diesem Dreigestirn schied leider später der Ton aus Mangel an Zeit und Gelegenheit aus. Es blieb die Beschäftigung mit den Farben und den Worten, die er jetzt noch, im Grunde ohne jede Förderung und jedes Verständnis der Umwelt, betreibt.
1921 erhielt Paul Gurk für sein gesamtes Bühnenwerk (es lagen bis dahin fast dreißig Stücke vor) den Kleistpreis. Bis dahin war überhaupt nichts von ihm erschienen. Eine Reihe von Bühnenwerken wurde in den nächsten Jahren gespielt, erregte Aufsehen und Widerspruch, zu einem dauernden Bühnenerfolg konnte es P.G. nicht bringen. Nach Novellen, Romanen, Sprüchen, Fabeln erschienen in der Essener Verlagsanstalt die Romane "Serenissimus", "Gapon sucht den Zaren", "Büroassistent Tölke" unter dem Pseudonym Franz Grau, weil die Reisenden den Buchhändler Paul Gurk als Typ der Erfolglosigkeit ablehnten. In jüngster Zeit hat sich mit dem Erreichen des amtlichen Alters starkes Interesse für die Arbeiten des P.G. gezeigt, was für die Jahre nach seinem Tode zu den glücklichsten Aussichten Raum läßt.
Am 6. August 1943 wurde P.G. evakuiert - nach über 200 Luftalarmen. Er lebt seitdem in dem Harzdorf Nienstedt genauso anonym wie in Berlin, nur unter noch weit primitiveren und schlimmeren Umständen. Er schreibt auch ohne jede Hoffnung weiter. Noch jetzt gilt, was er vor einem Jahr genau in einer Selbstdarstellung zur Novelle "Die Traumstadt des Kaisers Kien-lung" schrieb: Die völlige Einsamkeit und Abgeschlossenheit meines Lebens hat nie seine außerordentliche innere Spannweite des Erlebens und Schaffens gehindert."
Aus einer biographischen Aufzeichnung Paul Gurks vom 8. Mai 1944 in Nienstedt, wiedergegeben in Paul Gurk, Seltsame Menschen (Erzählungen), Berlin: Waldemar Hoffmann Verlag, 1959. Hier nach Paul Gurk (1880-1953) Gedichte 1939-1945 Eine Auswahl Mit einem Nachwort und Anhang hrsg. von Irmgard Elsner Hunt Vergessene Autoren der Moderne XXIX hrsg. von Franz-Josef Weber und Karl Riha Universität-Gesamthochschule Siegen Siegen 1987, S. 50.