Fürstenschulen

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Brockhaus 1837

[129] Fürstenschulen heißen die drei aus eingezogenen Klostergütern und in ehemaligen Klostergebäuden vom Kurfürsten Moritz von Sachsen 1543 gestifteten Erziehungs- und wissenschaftlichen Unterrichtsanstalten zu Pforta, Meißen und Grimma. Eine große Anzahl Knaben und Jünglinge werden in ihnen theils unentgeltlich, theils für ein geringes Kostgeld erzogen und erhalten eine wissenschaftliche Vorbildung, die[129] sich namentlich in Beziehung auf classische Sprachen durch Gründlichkeit und Vollständigkeit von jeher vortheilhaft ausgezeichnet hat. Früher war die Einrichtung dieser Schulen streng klösterlich; die Schüler wohnten in Zellen zu zweien oder vieren beieinander und den ältern war die Beaufsichtigung der jüngern überlassen. Daraus hatte sich ein Pennalismus (s.d.) gebildet, der mit den Erziehungsgrundsätzen neuerer Zeit in Widerspruch stand und eine Umbildung nöthig machte. Die Zellen sind gegenwärtig abgeschafft, die Schüler wohnen in größerer Anzahl in geräumigen Zimmern zusammen und werden von jüngern Lehrern (Collaboratoren) beaufsichtigt. Auch der Lehrplan hat zeitgemäße Umänderungen erfahren. Die größte und berühmteste Fürstenschule ist die Schulpforte, ehemals ein Cistercienserkloster, in einer reizenden Gegend, eine Stunde von Naumburg an der Saale, einzeln gelegen. Sie hatte anfangs 100, nachher 150 Zöglinge. Jeder kursächs. Stadt stand das Recht der Besetzung einer Anzahl von Freistellen zu, und einige adelige Familien hatten ein gleiches Vorrecht. Gegenwärtig sind die Schüler in zwölf Zimmer vertheilt, von denen je zwei unter der Aufsicht eines zwischen ihnen eine eigene Stube bewohnenden Collaborators stehen, und schlafen in sechs Schlafsälen. Das Lehrerpersonal besteht aus einem Rector, sieben Professoren, einem Tanzlehrer, einem Musiklehrer und einem Lehrer im Zeichnen und Schreiben. Das Rechnungswesen wird von einem eignen Rentmeister geführt. Eine Bibliothek von etwa 5000 Bänden steht Lehrern und Schülern zum Gebrauch frei. Die Pforte hat 1808 einen verbesserten Lehrplan erhalten und ist seit 1815 preußisch. – Die Fürstenschule zu Meißen führt den Namen Afranum, weil sie ehemals ein der heil. Afra geweihtes Kloster war. Sie hat 120 Stellen und darunter 20 Koststellen, acht Professoren, einen Schreiblehrer, einen Musiklehrer und einen Tanzlehrer, eine ansehnliche Bibliothek, und ist seit 1812 neu eingerichtet. – Die noch später erst umgestaltete Fürstenschule zu Grimma an der Mulde, daher Moldanum genannt, befand sich ursprünglich in Merseburg. Dann wurde ihr 1550 das ehemalige Augustiner-Eremiten-Kloster zu Grimma übergeben, welches in neuester Zeit eines Neubaus bedurfte, der 1828 eingeweiht wurde. Sie hat 85 Stellen, theils Frei-, theils Koststellen, fünf Professoren und mehre Unterlehrer, und eine Bibliothek von mehr als 4000 Bänden. Die Zahl der Schüler ist auf den Fürstenschulen nicht beschränkt, indem nach eingeholter königl. Erlaubniß auch solche, die nicht stiftungsmäßige Stellen haben und Extraneer genannt werden, am Unterrichte Theil nehmen dürfen. – Zu den Fürstenschulen rechnet man auch die hennebergsche Landesschule zu Schleusingen, welche 1577 gestiftet wurde und zuweilen auch die von dem Geschlechte Witzleben 1554 gestiftete Klosterschule zu Roßleben im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, wegen ihrer den Fürstenschulen ähnlichen Einrichtung.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 129-130. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000828505


Herders 1854

[826] Fürstenschulen, heißen vorzugsweise die 3 Gelehrtenschulen zu Pforta (Schulpforta) an der Saale bei Naumburg, Meißen und Grimma, welche Kurfürst Moriz von Sachsen 1542 und 1543 aus eingezogenem Klostergut stiftete. Pforta bekam 100, Meißen 120, Grimma 85 Freistellen für arme Schüler; die F. zeichneten sich von jeher durch sorgfältige Pflege des Studiums der alten Sprachen u. bis in die neuere Zeit durch Beibehaltung klösterlicher Formen aus; Männer wie Klopstock, E. Lessing u.a. holten ihre erste Bildung bei ihnen. Auch die Thomasschule zu Leipzig, die Landesschule zu Schleusingen u.a.m. wurden mehr oder minder nach dem Muster der F. eingerichtet.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 826. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003342859


Pierer 1858

[805] Fürstenschulen (Landschulen), die vom Kurfürsten Moritz zu Sachsen 1543 aus den eingezogenen Klostergütern gestifteten u. noch bestehenden Landschulen Pforta, Meißen u. Grimma (ursprünglich in Merseburg), in denen eine Anzahl Schüler (Alumnen), freien Unterricht, Kost u. Wohnung erhalten, od. nur eine gewisse kleine Summe für dieselben zahlen. Die Frei- u. Koststellen werden theils vom Landesherrn durch das Consistorium, theils von bestimmten Städten vergeben. Andere Schüler wohnen u. speisen bei den Lehrern, nehmen aber am Unterrichte Theil u. sind einer weniger strengen Ordnung unterworfen (Extraneer, Kostgänger) Die Schule zu Schleusingen zählte man ebenfalls zu den F., auch wohl, doch uneigentlich, die zu Roßleben.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 805. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009962794


Götzinger 1885

[248] Fürstenschulen heissen im Gegensatz gegen die städtischen Schulen die drei sächsischen, auf einer Stiftung des Landesfürsten beruhenden und unter seiner unmittelbaren Aufsicht geleiteten Gymnasien zu Meissen, Pforta und Grimma. Sie wurden aus den durch die Reformation frei gewordenen geistlichen Gütern, namentlich der Klöster errichtet und zwar die Schulen zu Meissen und Pforta im Jahr 1553, diejenige zu Grimma 1549 durch Herzog Moritz von Sachsen, namentlich unter Mitwirkung der Räte Dr. Kommerstadt und Ernst von Miltitz.

Quelle: Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 248. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20002772086


Meyers 1907

[222] Fürstenschulen, sächsische (auch Landesschulen). die vom Kurfürsten Moritz von Sachsen 1543[222] aus eingezogenen Klostergütern zu Pforta (s.d.), Meißen (St. Afra, s. Meißen) und Grimma (s.d.), letztere ursprünglich zu Merseburg (bis 1550), gegründeten gelehrten (lateinischen) Schulen, in denen die Zöglinge (Alumnen) teils unentgeltlich, teils gegen Erlegung eines mäßigen Schul- und Kostgeldes unterhalten und unterrichtet werden. Außer den eigentlichen Alumnen können auch Extraneer (Kostgänger der Lehrer und Stadtschüler) zugelassen werden. Nach dem Vorbilde der F. sind im 16. Jahrh. noch manche andre Schulen, namentlich in alten Klöstern, eingerichtet worden, so in Ilfeld am Harz (1546), Roßleben a. Unstrut (1554; dem Geschlecht von Witzleben gehörig), Schleusingen (1577) u. a. Die sächsischen F., von denen Pforta 1815 preußisch geworden ist, haben als Pflegerinnen der humanistischen Studien stets guten Ruf gehabt und bis heute bewahrt. Vgl. Flathe, St. Afra (Leipz. 1879); Rößler, Geschichte der Fürsten- und Landesschule Grimma (das. 1891); Schmidt und Kraft, Die Landesschule Pforta (das. 1844); Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts (2. Aufl., das. 1896).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 222-223. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006644163


Brockhaus 1911

[633] Fürstenschulen oder Landesschulen, die von Kurfürst Moritz von Sachsen aus den Gütern eingezogener Klöster [633] in Schulpforta (St. Marien), Meißen (St. Afra; beide 1543) und Grimma (1550, ursprünglich in Merseburg) gestifteten Alumnatsgymnasien mit 6 Klassen.

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 633-634. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001125184