Das Morgenlied (Trakl)
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Georg Trakl
Das Morgenlied
Nun schreite herab, titanischer Bursche, Und wecke die vielgeliebte Schlummernde dir! Schreite herab, und umgürte Mit zartlichten Blüten das träumende Haupt. Entzünde den bangenden Himmel mit lodernder Fackel, Daß die erblassenden Sterne tanzend ertönen Und die fliegenden Schleier der Nacht Aufflammend vergehen, Daß die zyklopischen Wolken zerstieben, In denen der Winter, der Erde entfliehend, Noch heulend droht mit eisigen Schauern, Und die himmlischen Fernen sich auftun in leuchtender Reinheit. Und steigst dann, Herrlicher du, mit fliegenden Locken Zur Erde herab, empfängt sie mit seligem Schweigen Den brünstigen Freier, und in tiefen Schauern erbebend Von deiner so wilden, sturmrasenden Umarmung, Öffnet sie dir ihren heiligen Schoß. Und es erfaßt die Trunkene süßeste Ahnung Wenn Blütenglühender du das keimende Leben Ihr weckest, des hohe Vergangenheit Höherer Zukunft sich zudrängt, Das dir gleich ist, wie du dir selber gleichst, Und deinem Willen ergeben, stets Bewegter, Daß an ihr ein ewig Rätselvolles In hoher Schönheit sich wieder künftig erneuert.
Erste Gedichtveröffentlichung Trakls, erschien am 26. Februar* 1908 in Salzburger Volkszeitung. So angegeben in:
Das dichterische Werk. Auf Grund der historisch-kritischen Ausgabe von Walther Killy und Hans Szklenar. Redaktion Friedrich Kur. München: dtv, 1972 (11. Aufl., 72.-79. Tsd.), S.318 (Text ebd. S. 101).
- nicht 26. April, wie im Artikel Georg Trakl bei Wikipedia (eingesehen 17. September 2021) angegeben wird.