Charles d’Orléans

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Französischer König (1391-1465), Dichter


Brockhaus 1911

[318] Orléans (spr. -áng), Geschlecht. Die Stadt O. war mit ihrem Gebiete ein Lehn der Krone Frankreich, das unter den Valois und Bourbons mehrern Seitenzweigen des königl. Hauses als Herzogtum verliehen wurde. Karl VI. gab es 1391 seinem Bruder Louis, Grafen von Valois, geb. 1372, ermordet 23. Nov. 1407 zu Paris. Dessen Sohn Charles, Herzog von O., geb. 26. Mai 1391, gest. 4. Jan. 1465, ist als Dichter berühmt.

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 318-319. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001411438


Meyers 1908

[127] Orléans (spr. -ang), Name mehrerer Zweige des französischen Königshauses, deren zwei den Thron Frankreichs bestiegen, von der Grafschaft, dem spätern Herzogtum O., herrührend, das seit 1344 von den Königen aus dem Hause Valois, dann den Bourbonen wiederholt jüngern Söhnen als Apanage verliehen wurde. Der erste Herzog von O. war Philipp, vierter Sohn des Königs Philipp VI. (1344–75). Da er kinderlos starb, so verlieh nach dem Tode seiner Witwe Karl VI. das Lehen 1392 an seinen jüngern Bruder,. Ludwig I., Grafen von Valois, geb. 13. März 1372, gest. 23. Nov. 1407, den Begründer der Linie O.-Valois. Dieser, ein schöner, geistvoller und begabter, aber durchaus liederlicher und gewissenloser Fürst, Führer des französischen Adels, ward durch die Gunst der Königin Isabeau 1404 zum Reichsverweser an Stelle des erkrankten Königs Karl VI. ernannt, erregte aber durch drückende Steuern und verschwenderisches Hofleben die Unzufriedenheit des Volkes, an dessen Spitze sich der von Ludwig persönlich beleidigte Herzog Johann von Burgund stellte, der den Herzog von O. in Paris ermorden ließ. Aus des letztern Ehe mit Valentine Visconti stammten fünf Söhne und drei Töchter; ein unehelicher Sohn O.' war der Graf von Dunois, auch Bastard von O. genannt, welcher der Stifter des Hauses Dunois und Longueville (s. d.) wurde. Vgl. Jarry, La vie politique de Louis de France, duc d'O. 1372–1407 (Par. 1889). – Ludwigs ältester Sohn, Karl, Graf von Angoulême, dritter Herzog von O., geb. 26. Mai 1391 in Paris, gest. 4. Jan. 1465, vermählte sich zuerst mit Isabella, der Witwe Richards II. von England, dann mit der Tochter des Grafen von Armagnac. Er trat an die Spitze der Adelspartei der Armagnacs, um den Tod seines Vaters zu rächen, trieb aber hierdurch den Herzog von Burgund zum Bündnis mit England. In der Schlacht von Azincourt geriet er in die Gefangenschaft der Engländer (1415), aus der er erst nach 25 Jahren zurückkehrte. Hierauf vermählte er sich mit der Nichte des Herzogs von Burgund, Maria von Kleve, und lebte auf seinem Schloß zu Blois in dichterischer Muße. Ausgaben seiner Gedichte besorgten Guichard (Par. 1842), Champollion (das. 1842) und Héricault (das. 1874, 2 Bde.). Vgl. Beaufils, Étude sur Charles d'O. (Par. 1861). (...)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 127-128. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007191049


Pierer

4) Charles von O., Graf von Angoulème, ältester Sohn von O. 2), geb. 1391 zu Paris; hatte sich 1406 mit Isabelle, Tochter Karls III. u. Wittwe Richards II. von England, vermählt u., 1409 Wittwer geworden, heirathete er 1410 Bona von Armagnac u. brach gleich darauf mit einem Heere gegen den Herzog von Burgund, den Mörder seines Vaters, los. Seine Truppen (s. Armagnacs) bemächtigten sich der Stadt Paris u. des Königs, wurden aber 1411 von den Burgundern wieder vertrieben. Er schlug nun den Herzog von Burgund u. belagerte Paris, mußte aber die Belagerung aufheben. Der König versöhnte die Kämpfenden; bald jedoch entbrannte der Krieg von Neuem. 1415 wurde er in der Schlacht bei Azincourt von den Engländern schwer verwundet u. gefangen. Während seiner bis 1439 dauernden Gefangenschaft in England st. seine Gemahlin Bona. Er wurde hierauf gegen Ranzion losgelassen, versöhnte sich mit dem Herzog von Burgund u. heirathete Maria von Kleve, Nichte des Herzogs von Burgund. Dem König Karl VII. verdächtig geworden, zog sich der Herzog auf seine Güter zurück. Als er auf einer Versammlung der Reichsstände, welche Ludwig XI. nach Paris zusammen gerufen hatte, um Bretagne den Krieg zu erklären, sich den Rathschlägen des Königs widersetzte, klagte dieser ihn der Verrätherei an, u. O. wurde hierüber so aufgeregt, daß er wenige Tage darauf 4. Januar 1465 st. Seine hinterlassenen Poesien erschienen, Grenoble 1802, u. von Guichard u. Champoillon, Par. 1842.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 369-375. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20010562842