Canzone
Canzone
Brockhaus 1837
[378] Canzōne heißen eine Art lyrischer Dichtungen, welche sich die Italiener im 13. Jahrh. von den provençalischen Dichtern aneigneten und deren Form vorzüglich von Petrarca (s.d.) eine bestimmte Ausbildung erhielt. Sie besteht in Stanzen oder Abtheilungen von einer willkürlichen Zahl elf- und siebensylbiger Verse, deren Reime sich nach von dem Dichter durchzuführenden Regeln folgen. Unter den deutschen Dichtern haben sich A. W. Schlegel, Göthe und Zedlitz in dieser Dichtungsart ausgezeichnet. In der Musik werden unter Canzone und Canzonetta im Allgemeinen größere und kleinere Lieder und Gesänge verstanden.
Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 378. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000817341
Herders Conversations-Lexicon
Canzone, eine Form der italien. Lyrik, begründet durch die provençalischen Dichter, dann besonders von Petrarca und Alamanni ausgebildet. Die C. des Petrarca besteht aus beliebig vielen Strophen (Stanzen), die Stanze aus zwei Hälften (fronte und sirima genannt); die Stanzen sind abwechselnd aus 11 und 7füßigen Versen gebildet; eine kürzere Strophe schließt das Gedicht. Die C. des Alamanni (Pindarica) hat freieres Metrum; wie bei den griech. Chören entspricht der erste Theil einem zweiten (Strophe und Antistrophe) und ein dritter (Epode) macht den Schluß. Die C. a ballo oder Ballata wurde zum Tanze gesungen, abwechselnd vom Chore, einer einzelnen Stimme und wieder vom Chore.
Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 786. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003258572
Pierer 1857
[647] Canzōne (ital., fr. Chanson), 1) jedes Lied od. Liedchen; 2) (Poet.), lyrische Dichtart, provenzalischen Ursprungs, schon im 13. Jahrh. in Italien gebräuchlich, von Petrarca in bestimmte Form gebracht (daher C. Petrarchesca) u. von den Toscanern ausgebildet (daher C. Toscana). Ihre Stanzen sind aus 11- u. 7sylbigen Versen gebildet; der 1. Theil derselben zerfällt in 2 gleiche Hälften (Fronte, Piedi) mit correspondirenden Reimen; der 2. (Sirima, Volte) ist von freierer Bildung. Nach einer Reihe von 5–10 solcher Stanzen schließt die C. mit einer kleinen Stanze (Ripresa, Congedo, Commiato, Chiusa), worin der Dichter von seinem Liede Abschied nimmt u. ihm die Weisung des Ortes seiner Bestimmung gibt. Neben dieser regelmäßigen C. gab es schon früh die C. distēsa, wo die Verse der Strophe nicht reimten, sondern erst ihre Reime in den entsprechenden Versen der folgenden Strophen fanden. Einzelne Strophen verbanden die Dichter auch durch Anhänge u. Zusätze (Catene od. Monili). Die C. Anacreontĭca besteht aus kleineren Stanzen u. kürzeren Versen; die C. Pindarĭca (C. alla Greca), von kühnerem Schwunge u. freierem Metrum, wird getheilt in Volta, Rivolta u. Stanza od. Ballata, Contraballata u. Stanza, entsprechend der Theilung in Strophe, Antistrophe u. Episode in der griechischen Ode, u. wurde erst im 16. Jahrh. durch Luigi Alamanni eingeführt u. durch Chiabrera ausgebildet, welcher Letztere seine sehr willkürlich gebildeten C. auch Canzonette nannte. C. a ballo (Balleta), bis zum 16. Jahrh. eine der ältesten italienischen Dichtarten, beim Tanze gesungen. Deutsche C-n hat u.a. A. W. Schlegel gedichtet u. K. Förster petrarcische nachgeahmt. 3) Jede Melodie überhaupt, welche zum Thema für Variationen dient. 4) Sonst ein kleines Singstück für 4 u. mehr Stimmen. Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 647. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009634029
Meyers 1907
[583] Kanzōne (ital. Canzone, »Lied«), eine lyrische Dichtform, die sich schon bei den Provenzalen und Nordfranzosen findet und von den Italienern besonders ausgebildet wurde. Sie dient stets nur zum Ausdruck der edelsten Gedanken und Gefühle und besteht aus einer Reihe gleichgeformter Strophen (bei den ältern Italienern meist 5–10), denen oft ein kürzeres »Geleit« folgt. Eine Strophe hat in der Regel 7–20 Verse, Endecasillabi, Settenari und selten Quinari. Meist hat jede Strophe neue Reime. Die Strophe zerfällt in zwei, seit Petrarca durch einen Reim verbundene ungleiche Teile. Der erste ist entweder ungegliedert (fronte), oder, weit häufiger, in zwei gleiche Teile gegliedert (piedi). Der zweite ist ungegliedert (sirima, coda) oder in zwei gleiche Teile gegliedert (volte, versi). Die Strophe hat piedi und volte, piedi und sirima oder fronte und volte. Fronte und sirima verwirft schon Dante. Das Geleit (congedo etc.) schließt sich im Bau genau an den zweiten Teil der Strophe an, nur braucht es nicht so lang zu sein. Ende des 17. Jahrh. führte Guidi die K. mit freien Strophen ein. Leopardi schrieb die berühmtesten dieser Art. In Deutschland dichteten Kanzonen außer den Romantikern (Schlegel etc.) Platen, Rückert, Zedlitz (»Totenkränze«), Bechstein (»Luther«), K. Förster, Dingelstedt, M. Waldau u. a. - In der Musik bezeichnete man mit K. im 15.–16. Jahrh. vorzugsweise weltliche mehrstimmige Gesänge von volksmäßiger Faktur. Die Canzonette napoletane, siciliane und die ebenfalls zu den Kanzonen gehörigen Villoten und Villanellen etc. entsprechen den deutschen »Liedern« (Frische teutsche Liedlein, Gassenhäwerlin, Reuterliedlein etc.). Die bereits bei Johann de Muris (14. Jahrh.) vorkommende Bezeichnung Cantilena für mehrstimmige Sätze schlichter Faktur dürfte wohl die ältere Form des Namens sein. Kunstvoller als die italienischen waren die französischen Kanzonen (Chansons, Canzoni francesi) gearbeitet, die bereits gegen Ende des 17. Jahrh. durch die beiden Gabrieli auch auf die Orgel und ein Ensemble von Instrumenten übertragen wurden (Canzoni da sonar, auch kurzweg Sonate genannt). Vgl. Sonate.[583]
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 583-584. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006866751
Brockhaus 1911
[930] Kanzone, aus dem Provenzalischen stammende Form der ital. Lyrik, die ihre klassische Gliederung bes. durch Dante und Petrarca erhielt. Canzone Petrarchésca oder Toscāna, ein größeres lyrisches Gedicht von einer Anzahl Strophen (stanze), die aus elf- und siebensilbigen Versen gebildet sind und in Verszahl, Versart und Reimstellung einander genau entsprechen, gewöhnlich mit einer kürzern Strophe schließend, die eine Anrede des Dichters an das Gedicht enthält.
Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 930. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001237543