Bulgarische Sprache

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Pierer 1857

[445] Bulgarische Sprache, ist ein Dialekt der slawischen Sprache u. gehört zu der östlichen Gruppe derselben. Während die B. S. in ihrer alten Form (Altbulgarische Sprache) die kräftigste u. reichste von allen slawischen Sprachen war u. als Trägerin der kirchlichen Literatur sich über alle slawischen Länder verbreitete, ist sie, nach dem Sturze des Bulgarischen Reichs unter König Susman durch die Türken, i. J. 1392, durch den Einfluß der Walachischen u. Albanesischen Sprache um ihre Reinheit u. ihren Formenreichthum gekommen, u. die jetzige, Neubulgarische Sprache, hat im Nomen nur noch besondere Endungen für Nominativ u. Vocativ, während die andern Casus durch Präpositionen ausgedrückt werden; ebenso unvollkommen sind die Flexionsformen des Verbum; bereichert ist sie durch den Artikel worden, welcher aber dem Nomen angehängt wird. Grammatiken gibt es von Neosyt (1835), Christaki (1836), Wenelin (1837), Bogojew (1845), Riggs (1849); Wörterbücher haben Neosyt u. Stojanowicz vorbereitet. Die Literatur der Bulgaren ist die älteste unter allen Slawischen, indem in ihr die ersten christlichen Religionsschriften verfaßt wurden, namentlich die Bibelübersetzung durch Cyrillus u. Methodius. Außerdem gehören hierher noch die Schriften des Exarchen Johann von Bulgarien im 10. Jahrh, z.B. die Auszüge aus Johannes Chrysorrhoas u. eine Griechische Grammatik, Kormtschaja kinga (Romokanon) eine schon im 9. Jahrh. begonnene Übersetzung aller Regeln der Heiligen u. Kirchenväter aus dem Griechischen (vgl. Rosenkampf, Obosränie kormtschei, Mosk. 1829); die Übersetzung des Byzantiners Constantin Manas aus dem 14. Jahrh. Schon als seit 1157 die Bulgaren der Lateinischen Kirche zugeführt wurden, schwand das Bulgarische Schriftwesen, welches vorzugsweise ein kirchliches war; aber selbst die Trennung von den Lateinern, 1235 durch Johann Asan, brachte der Bulgarischen Literatur keine wesentlichen neuen Kräfte. u. die griechische Geistlichkeit der Bulgaren erhielt, wie noch jetzt, ihre liturgischen Bücher aus Rußland. Erst im 19. Jahrh. zeigten sich wieder einzelne schwache Spuren bulgarischer Schriftwerke, namentlich sind, seitdem der Bischof Sosronj von Wratscha 1806 ein Erbauungsbuch in bulgarischer Sprache herausgab, mehrere religiöse Schriften erschienen; Sapurow übersetzte die Evangelien u. die Britische Bibelgesellschaft ließ 1840 eine bulgarische Übersetzung des N. T. in Smyrna drucken. Reich sind die Bulgaren an Volksliedern, welche indeß mit den serbischen in Inhalt u. Form sehr übereinkommen; in Czelakowsky's Sammlung slawischer Volkslieder befindet sich auch eine Sammlung bulgarischer u. 1845 gab Bogojew 12 Historische Gedichte heraus. Neosyt gab eine Erziehungskunde heraus. An bulgarischen Zeitschriften erscheint seit 1843 der Bulgarische Morgenstern zu Odessa, von Aprilow, u. seit 1844 die Monatsschrift Philologia in Smyrna; seit 1856 auch ein Bulgarischer Kalender. Ein eigentlicher Mittelpunkt für die Bulgarische Literatur hat sich bis jetzt noch nicht gebildet, ihre Schriften erscheinen in Bukarest, Belgrad, Ofen, Krakau, Constantinopel, Smyrna u. Odessa.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 445. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009605983

Meyers 1905

[590] Bulgarische Sprache und Literatur, Die bulgarische Sprache gehört zur Südostgruppe der slawischen Sprachen. Ihr Gebiet wird im Norden von der Donau, im Westen von Serbien und Albanien, im Süden und Südosten von dem Sprachgebiete der Griechen begrenzt. Die südwestlichsten und südlichsten Punkte des kompakten Sprachgebiets sind der See von Ochrida, Kastoria, Saloniki und etwa Adrianopel, während im Osten, bis an das Schwarze Meer hin, die bulgarische Bevölkerung mit türkischer gemischt ist. Außerdem gibt es starke bulgarische Ansiedelungen in Rußland: im Süden von Bessarabien und nordwestlich vom Asowschen Meer. Im ganzen wird die bulgarische Sprache von etwa 5 Mill. Menschen gesprochen; von denen ungefähr die Hälfte auf das Fürstentum Bulgarien und Ostrumelien kommt. Als älteste Phase der bulgarischen Sprache (Altbulgarisch) wird jetzt gemeiniglich das Kirchenslawische (s.d.) angesehen. Das Bulgarische vom 12. Jahrh. an heißt das Mittelbulgarische, aus dem die moderne Sprache (Neubulgarisch) hervorging, wenngleich dieselbe der alten Sprache sehr unähnlich geworden ist, indem sie fast alle Deklinationsendungen, die Steigerungsform der Adjektiva und am Verbum den Dual, den Infinitiv und andre Formen verloren, anderseits sehr viel Fremdes aus den Nachbarsprachen aufgenommen hat. So teilt die jetzige bulgarische Sprache mit dem Walach ischen und Albanesischen die Anhängung des Artikels an die Substantiva, und ihr Wortschatz ist voll von türkischen, albanesischen, griechischen und rumänischen Eindringlingen. Die beste neubulgarische Grammatik ist bis jetzt die von A. und D. Kyriak Cankof (Wien 1852); ferner erwähnen wir die von Morse (engl., Konstant. 1859), die von Wagner (tschech., 2. Aufl., Prag 1884), die von Chleborad (Wien 1888) und die von Strauß und Dugovich (Leipz. 1895). Lexika lieferten Bogoroff (bulgarisch-französisch und französisch-bulgarisch, Wien 1869, 2 Bde., sehr mangelhaft), Duvernois (russisch-bulgarisch, Moskau 1885–89, 2 Bde.) und Miladinow (Bd. 1: deutsch-bulgarisch, Sofia 1897; Bd. 2: bulgarisch-deutsch [erste Hälfte], das. 1901), eine Chrestomathie Vazov und Veličkov (Philippopel 1884, 2 Bde., für Schulen). Die bulgarische Schrift ist cyrillisch, bis ins 12. Jahrh. auch glagolitisch (s. die Art. »Cyrillica« und »Glagolica«).

Weiter unter Bulgarische Literatur siehe unter Bulgarische Literatur


Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 590-591. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006381081


Brockhaus 1911

[286] Bulgarische Sprache, Zweig der slaw. Sprachen, gesprochen in Bulgarien, Ostrumelien und zum Teil in Mazedonien, zerfällt in den westbulgar. und den ostbulgar. Dialekt. Historisch sind zu unterscheiden: das Altbulgarische (s. Kirchenslawisch), das Mittelbulgarische (seit 13. Jahrh.) und das jetzige Neubulgarische (grammatisch verfallen). Schrift: cyrillisch. Grammatik von Cankof (1852); Wörterbücher von Bogorow (franz., 1869), Duvernois (russ., 1885-89), Najden Gerov (russ., 5 Bde., 1895-1904). Die (neue) bulgar. Literatur bietet wertvolle Sammlungen bulgar. Volkslieder und Märchen.

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 286. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000989878