Baschkiren

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Die Baschkiren (baschkirisch Башҡорт/Baschqort, Plural: Башҡорттар/Baschqorttar; Russisch: Башки́ры) sind eine turksprachige Ethnie im Süden des Uralgebirges und seinem Vorland. Sie sind die Titularnation der Autonomen Republik Baschkortostan innerhalb der Russischen Föderation.

Die Baschkiren sind sprachlich eng mit den Wolga-Ural-Tataren verwandt. Über ihre Herkunft gibt es verschiedene Theorien (finno-ugrische, turkstämmige und iranischstämmige). Ihr Siedlungsgebiet kam im 16. Jahrhundert teils freiwillig, teils militärisch erzwungen, zu Russland. Jedoch gab es häufig Aufstände, weil sich viele Russen im Land niederließen und teilweise versucht wurde, die Baschkiren zu christianisieren.

Die meisten Baschkiren leben in der autonomen Republik Baschkortostan (baschkirisch Башҡортостан/Baschqortostan; russisch Башкортостан/Baschkortostan), früher Baschkirien (russisch Башкирия) genannt. In der Sowjetunion gab es die autonome Baschkirische ASSR (Autonome Sozialistische Sowjetrepublik).

Obwohl die Baschkiren ihre eigene autonome Republik haben, sind sie darin eine Minderheit. Nach der Volkszählung 2010 lebten im Land 36,1 % Russen, 29,5 % Baschkiren und 25,4 % Tataren, außerdem u.a. Tschuwaschen, Mari und Deutsche (1989: 11.000, 2010: 5.900, das sind 0,1 % der Bevölkerung). 2010 lebte 68 % der Baschkiren in Baschkortostan, die übrigen in anderen Teilen der Russischen Föderation sowie anderen Republiken wie Usbekistan, Kasachstan, Tadschikistan und der Ukraine.


Meyers 1905

[416] Baschkiren (richtiger Baschkurten, »Bienenführer«, von den Kirgisen Istäk genannt), ein zur uralisch-altaischen Gruppe der Mongolen gehöriges Volk im europäischen Rußland, das zwar die tatarische Sprache redet, aber seiner Körpermerkmale wegen zur finnischen Gruppe gerechnet, also für ein türkisch-finnisches Mischvolk gehalten werden muß. Gesichtsbildung und Farbe, Sitten und Lebensweise sind ganz tatarisch. Sie wohnen, 757,300 Seelen stark, meist im Gouv. Ufa, dann in Orenburg, weniger in Perm, Samara und Wjatka, sind Mohammedaner (Sunniten) und treiben Viehzucht und Ackerbau. Eine Lieblingsbeschäftigung ist daneben die Jagd, zu der sie sich nicht nur einer Art Windspiele, sondern auch äußerst geschickt abgerichteter Falken bedienen. Ihr Hauptreichtum besteht in ihren Pferden, auch ziehen sie Rindvieh, Kamele und Schafe, gewöhnlich Fettschwänze, und treiben in großem Umfang Bienenzucht. Den Winter verleben die B. großenteils in ihren Dörfern, aber mit Anbruch des Frühlings siedeln sie auf ihre Felder über, wo sie teils in Filzzelten (Kibitken), in Hütten aus Stangen und Baumrinde (Alassiks), teils in einem aus Balken gezimmerten Sommerhaus (Ui) leben. Die Frauen warten und melken die Kühe und Stuten, bereiten aus gegorner Stutenmilch den sogen. Kumys, das Lieblingsgetränk der B., ebenso die Hauptnahrung, den Krut, einen trocknen, steinharten, sauren Käse, und verrichten außerdem fast jede handwerksmäßige Arbeit, die im Haushalt vorkommt. Die Kleidung besteht bei den Männern in einem weiten weißen Kaftan von Nanking oder Tuch, mit Gürtel, aus Beinkleidern und einer spitzen Filz- oder Pelzmütze mit aufwärts abstehendem Rande. Die Weiber tragen einen langen Kaftan aus Seide oder Nanking und ein dicht mit roten Glasperlen, Korallen etc. belegtes Mützchen (s. Tafel »Asiatische Kultur II«, Fig. 4, Tafel III, Fig. 17). Die Mädchen gehen mit bloßem Haar. Die Toten begraben sie an vereinzelten Plätzen, welche die Sterbenden selbst erwählen. Zu ihren Kunstfertigkeiten gehört das Flötenspiel, wobei die Spielenden die Melodie mit einem in der Kehle gebildeten Grundton begleiten. – Die B., ein turanischer Stamm, wohnten schon im frühen Mittelalter am Ural; die Reisenden Plano Carpini und Rubruquis, die im 13. Jahrh. von ihnen als von einem am obern Ural wohnenden Volke sprechen, bemerken, daß die B. dieselbe Sprache reden wie die Ungarn, nennen das Land daher Major [416] Hungaria. Lange ein selbständiges Volk, wurden die B. Mitte des 13. Jahrh. von den Tataren unterworfen und gehörten nun zu drei Chanaten: zum sibirischen die jenseit des Urals (Sauralskije), zum kasanischen die am Fluß Bjelaja (Bjelskije), zum nogaischen die Bergbewohner (Gorskije). Als Iwan IV. das Chanat von Kasan 1552 zerstörte, unterwarfen die B. sich den Russen und erhielten als Hauptstadt 1573 Ufa. Doch empörten sich die B. wiederholt, bis sie 1741 endgültig unterworfen und 1798 zum Kriegsdienst herangezogen wurden. Sie bildeten nun, mit Bogen und Lanze bewaffnet, bis 1874 das Baschkirenheer, eine unregelmäßige Reiterei, und hatten, mit den Donischen Kosaken gemischt, den Uralfluß entlang die Grenze gegen Asien zu bewachen. 1874 wurde zuerst eine Schwadron, 1876 ein Regiment von B. errichtet, das mit gezogenen Gewehren bewaffnet ist. Vgl. Ujfalvy, Über B. etc. (»Russische Revue«, 1877, Heft 11).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 416-417. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006295851


Brockhaus 1809

[87] Die Baschkiren oder Baschkurt sind eine [87] Völkerschaft in Rußland, im Orenburgischen Gouvernement, und zwar im südlichen Theile des Uralschen Gebirges, und der mahomedanischen Religion zugethan. Ihr Hauptgewerbe ist Jagd, Vieh- und Bienenzucht, und als Waffen haben sie Pfeile, Bogen und Lanzen; wenige haben Feuergewehr und Säbel. Ein Lieblingstrank von ihnen, der aus gegohrner Pferde- oder Kameelmilch bereitet wird, heißt Kumüß. – Ehemals zogen sie unter Anführung eigner Fürsten im südlichen Sibirien umher; setzten sich aber nachher, von den sibirischen Chanen befeindet, in ihren jetzigen, obengedachten Gegenden fest, breiteten sich am Wolga- und Uralflusse aus, begaben sich unter die Oberherrschaft des kasanischen Chanats, und dann, als dieser Staat zerstöret wurde, unter den rußischen Zepter. An den 1774 von Pugatschew (s. dies. Artik. i. d. N.) angestifteten Unruhen nahmen sie, zu Empörungen ohnehin geneigt, starken Antheil, wurden aber, da sie schon 1770 auf 27,000 Familien angewachsen waren, sehr vermindert.

Quelle: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 87-88. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000784893


Brockhaus 1837

[188] Baschkīren (die) sind ein tatar. Volksstamm, der sich selbst Baschkurt nennt, seine Wohnsitze in den russ. Statthalterschaften Orenburg und Perm hat, Jagd, Viehzucht, Bienenzucht in hohlen Waldbäumen und wenig Ackerbau treibt, nur den Winter in den aus hölzernen Blockhäusern bestehenden Dörfern zubringt und den Sommer über größtentheils mit seinen Heerden umherzieht. Die Baschkiren unterscheiden sich durch plattere Gesichtsbildung und stärkern Gliederbau von den kasanischen Tataren; viele haben große Ohren, alle kleine Augen und die meisten dunkelbraune Bärte. Sie sind meist Mohammedaner, nehmen aber selten mehr als zwei Frauen, für die eine Art Kaufpreis in Vieh bezahlt wird, sprechen eine tatar. Mundart, verstehen mit arab. Buchstaben zu schreiben, sind gute Reiter, tragen nach asiat. Sitte lange Gewänder und im Winter Schafpelze und Pferdehäute. Ehedem zogen sie unter eignen Fürsten im südl. Sibirien umher, wählten aber, von den sibir. Khanen bedrängt, ihren Aufenthalt in der Gegend ihrer jetzigen Wohnplätze [188] und unterwarfen sich dem Khan von Kasan. Mit demselben kamen sie unter dem Zar Iwan dem Schrecklichen um 1552 an Rußland, dem sie anfänglich einen geringen Tribut in Geld, sowie einen Tribut an Honig, Wachs und Pelzwerk erlegten. In Folge wiederholter Empörungen, zuletzt 1774, hat ihr früherer Wohlstand sich sehr gemindert und ihre Zahl sehr abgenommen, sodaß sie 1779 nur etwa 140,000 Köpfe zählten. Sie haben eine den Kosacken ähnliche militairische Verfassung, dienen nur zu Pferde, stellen einen Theil der leichten unregelmäßigen Reiterei des russ. Heers, sind mit Bogen, Pfeilen und Lanze, neuerdings auch mit Feuergewehr bewaffnet und wählen sich ihre Hauptleute oder Attamanen zum Theil selbst. Meistens werden sie als Grenzwächter gegen Asien gebraucht, indessen führten die russ. Heere während des Befreiungskrieges, 1813–15, auch Abtheilungen von Baschkiren mit sich.

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 188-189. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000813508


Herders 1854

[418] Baschkiren (d.h. Bienenzüchter?), Hirtenvolk türk. Stammes in den russ. Gouvernementen Orenburg und Perm, auf 30000 Familien geschätzt. Sie stehlen gerne Pferde, sind aber sonst treu und tapfer; die meisten führen noch Pfeil u. Bogen nebst Lanze. Sie zahlen keine Abgaben, sind aber als irreguläre Reiter vom 17.–45. Jahre zur Heerfolge verpflichtet; 1813 sah man sie auch in Deutschland.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 418. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003225291


Pierer 1857

[368] Baschkiren (Baschkurt, d.i. Bienenzüchter), wohnen in den russischen Gouvernementen Wjätka, Perm Schamara u. Orenburg, etwa 300,000 Seelen an Zahl, sind semitischer Abstammung, muhammedanischen Glaubens, reden tatarisch, sind gute Reiter, unversöhnliche Feinde ihrer Nachbarn, der Kaisaken, denen sie auch an Muth u. Kraft überlegen sind, leben von Viehzucht, mitunter auch von Ackerbau, treiben Jagd, bringen den Winter in Dörfern zu u. bewohnen reine Holzstuben; im Sommer steht das ganze Dorf leer, Groß u. Klein ist mit dem Vieh auf dem Felde u. zieht mit Filzkibitken umher. Kumis (d.i. die in einem Schlauch gegohrene u. geschlagene Pferdemilch) u. Krut (d.h. steinhart getrockneter Käse) machen ihre vorzüglichste Nahrung aus. Ihre meisten Gebräuche sind tatarisch; ihr Obergeistlicherresidirt in Ufa. Übrigens sind sie treu, gefällig u. dienstfertig.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 368. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009477667


Brockhaus 1911

[157] Baschkīren, eigentlich Baschkurt, türk.-tatar. Volk im südl. Uralgebirge, gegen 750.000 Köpfe, teils seßhaft, teils nomadisierend, bekennen sich zum Islam (Sunniten).

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 157. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000940194