Audorf, Jakob

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Brümmer

Audorf, Jakob, der Dichter des "Liedes der deutschen Arbeiter" oder -- wie es heute heißt -- der "Arbeitermarseillaise", wurde am 1. August 1835 zu Hamburg als der Sohn eines Haartuchwebers geb. u. erlernte nach seiner Konfirmation das Handwerk eines Schlossers u. Maschinenbauers. Nach fünfjähriger Lehrzeit wanderte er 1857 in die Schweiz, wo er in den deutschen Arbeitervereinen, den Pflanzstätten der damals entstehenden Sozialdemokratie, bald zu führender Stellung kam u. 1858 Präsident des Arbeitervereins in Winterthur wurde. Als solcher nahm er 1859 an der Schiller-Feier in Zürich teil, wo er den Sänger der Freiheit in zündender Rede erhob und Georg Herwegh und Hans Blum, den Sohn Robert Blums, kennen lernte. Jm Jahre 1861 wanderte er nach Paris und dann nach London, überall in den deutschen Arbeitervereinen tätig, und kehrte 1863 in die Heimat zurück. Der durch Lassalle geleiteten sozialen Bewegung schloß er sich mit glühendem Eifer an, und zur ersten Gedenkfeier für diesen Agitator (1864) dichtete er sein "Lied der deutschen Arbeiter". Die inneren Parteistreitigkeiten der "Genossen" ließen indessen sein Jnteresse an der Bewegung erkalten, und so zog er es vor, sich ihnen vorläufig zu entziehen u. 1868 nach Rußland zu gehen. Erst nach der 1875 auf dem Gothaer Kongreß erfolgten Union der Parteigenossen kehrte A. nach Hamburg zurück und trat hier in die Redaktion des eben begründeten "Hamburg-Altonaer Volksblatts" ein. Jm Jahre 1878 ging er zum zweitenmal nach Rußland; kaum heimgekehrt, traf ihn 1881 die Ausweisung aus Hamburg und der Umgegend auf Grund des Sozialistengesetzes vom Jahre 1878, und so wandte er sich zum drittenmal nach Rußland, wo er sechs Jahre eine Fabrik leitete und auch seine Lebensgefährtin fand, mit der er in glücklicher, aber kinderloser Ehe lebte. Jm Jahre 1887 kehrte er nach Hamburg zurück und trat in die Redaktion des "Hamburger Echo" ein, in welchem er als "Sonntagsplauderer" die Freuden und Leiden der hanseatischen Arbeiterschaft humorvoll in Reim und Prosa schilderte. Er blieb in dieser Stellung bis zu seinem Tode am 20. Juni 1898.

S: Reime eines deutschen Arbeiters (als Manuskr. gedruckt), 1889. - Deutsche Arbeiterdichtung. 2. Bd.: Gedichte v. Jakob Audorf, 1892.

Aus: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 1. 6. Aufl. Leipzig, 1913. http://www.deutschestextarchiv.de/book/show/bruemmer_lexikon01_1913

Quelle: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2021. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.