Apollonius
Apollonius
[52] Apollonius: unter diesem Namen giebt es mehrere berühmte Männer, von denen wir wenigstens zwei hier anführen:
1) Apollonius Rhodius, ein Dichter und Schüler des berühmten Callimachus, bekannt durch das Heldengedicht vom Zuge der Argonauten (Argonautica), welches in vier Büchern auch noch auf uns gekommen ist, und viel Studium verräth. Einzelne Stellen darin, und besonders die Episode von der Liebe der Medea, sind treflich.
2) Apollonius, von Tyana in Cappadocien, dessen Geburt mit der von Christus zusammentraf, ein Anhänger der pythagorischen Philosophie, und einer der größten Schwärmer seiner Zeit. Er führte ein äußerst strenges Leben, enthielt sich alles Weins und aller Fleischspeisen, beobachtete mit pünktlicher Genauigkeit ein fünfjähriges Stillschweigen: er fand [52] auch bald Anhänger, trat eine Reise nach Indien an, wo er nun ungeheuere Wunder gesehen zu haben vorgab, und nach seiner Rückkehr nach Ephesus und Smyrna that er Zeichen und Wunder, begab sich nach Griechenland, Rom, Spanien, Afrika etc. etc. und machte überall großes Aussehen; kam aber, als er nochmals nach Rom ging, und einen Aufruhr wider Domitian zu erregen suchte, in Lebensgefahr und starb endlich, man weiß nicht wo, nach Einigen im 80sten, nach Andern im 100sten Lebensjahre. Viel Aufsehens hatte er durch seine angeblichen Wunder, durch Unsichtbarmachen, Geistercitiren, Todte erwecken u. s. w., die noch durch seinen eifrigsten Schüler und Anhänger, Damis, weit größer gemacht wurden, erregt. Auch hatte er mehreres – über Astrologie, Opfer, Orakel etc. geschrieben, wovon jedoch nichts als eine Anzahl Briefe übrig ist. Indessen ließ sich aus allem so viel schließen, daß seine Philosophie keine andre als die Pythagoräische war; und da diese vorher immer nur als Geheimniß behandelt und blos den Eingeweihten mitgetheilt wurde, so gewann natürlich Apollonius, der sie populärer machte, übrigens aber kein Betrüger, sondern nur ein ausgezeichneter Schwärmer war, an Ansehen desto mehr.
Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 52-53.
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