Albanien
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In der Familie ist der Mann unumschränkter Herr. Das Weib zieht oft mit in den Kampf. Verlobung, Hochzeit, Ehe zeigen noch viele Spuren altbarbarischer Gebräuche, wie Brautkauf und Brautraub. In den religiösen Anschauungen aller Stämme hat sich noch sehr viel Heidnisches erhalten. Die Tracht wechselt nach den Stämmen, besteht aber meist in roter oder weißer Mütze und Turbanschal, knopfloser, weißer Weste, weißer Fustanella, weißen Beinkleidern (s. Tafel »Volkstrachten II«, Fig. 23 u. 24). Immer ist der Albanese bewaffnet.
Hauptbeschäftigung sind Viehzucht und Ackerbau. Die Häuser aus Holz und Lehm gleichen denen griechischer Bauern oder sind wegen der durch die Blutrache bedingten Unsicherheit fensterlose, festungsartige Steinbauten mit Schießscharten. Die A. singen viel und gut; es gibt unter ihnen Erzähler, Sänger; das Volkslied ist in der Regel elegisch. Der Tanz ist die Albanitika, verwandt der griechischen Romaika. A. werden zuerst von dem Geographen Ptolemäus erwähnt, als deren Hauptstadt er Albanopolis nennt. Die Landschaft, in der sie wohnten, hieß später im gegischen Dialekt Arberia oder Arbin, woraus das moderne griechische Arbaniten und das türkische Arnauten hervorgegangen ist. Vgl. G. v. Hahn, Albanesische Studien (Jena 1854); Derselbe, Reise durch das Gebiet des Drin und Wardar im J. 1863 (Wien 1870); Fallmerayer, Das albanesische Element in Griechenland (Münch. 1857–60, 3 Tle.); G. Meyer, Essays und Studien zur Sprachgeschichte und Volkskunde (Berl. 1885); Diefenbach, Völkerkunde Osteuropas, Bd. 1 (Darmst. 1880); Erber, La colonia albanese di Borgo Erizzo (Ragusa 1883); A. Degrand, Souvenirs de la Haute-Albanie (Par. 1901).
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 259-260. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006207162